Lebensdaten
1907 – 1995
Geburtsort
Wiesbaden
Sterbeort
Berlin-Zehlendorf
Beruf/Funktion
Jurist
Konfession
katholisch
Namensvarianten
  • Wengler, Willi (eigentlich)
  • Wengler, Willi August
  • Wengler, Wilhelm
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Zitierweise

Wengler, Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz140463.html [27.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus niederschles. Fam.; V Friedrich Wilhelm (1870–1935, ev.), Bademeister in W., S d. Johann Heinrich (1833–1906), Freihäusler in Peadauschke (Biadaszka, Niederschlesien), u. d. Susanna Tretschak (1839–86), aus Schlabitz; M Anna Marie (1875–1964, kath.), T d. Anton Haas (1850–1920), Nagelschmied in Holzhausen an d. Haide (Unterlahnkreis), u. d. Maria Josepha Theodora Corcelius (1841–1900); Ur-Gvv Karl, Freimann in Peadauschke, Ur-Gvm Peter Conrad Haas, Tagelöhner in Laufenselden (Amt Langenschwalbach); – 1) Glienicke/ Nordbahn 1936 1939 Johanna (1902–2000, 2] Clyde E. Keeler, 1900–94, Humangenetiker u. a. in Harvard), Ph. D., Dipl.-Handelslehrerin, T d. Heinrich Gustav Abel (1859–1924), Bankier in Duisburg, u. d. Mechthild(e) Beckmann (1868–1938), 2) Berlin-Hermsdorf 1944 Käthe (1911–83), Dipl.-Bibl., 1933–41 am KWI f. ausländ. u. internat. Privatrecht, T d. Otto Wilhelm Paul Göring, Schiffsarb. in Magdeburg, u. d. Johanna Augusta Elisa Matthies; kinderlos.

  • Biographie

    W. studierte nach dem Abitur 1927 am Staatlichen Realgymnasium Wiesbaden (Oranienschule) bis 1930 Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Frankfurt/M., wo er 1931 von Hans Lewald (1883–1963) mit einer völkerrechtlichen Arbeit zum Dr. iur. promoviert wurde. 1931–33 war er als Rechtsreferendar apl. Assistent am Seminar für Internationales Privatrecht. 1933 erfolgte bei Wilhelm Gerloff (1880–1954) eine weitere Promotion zum Dr. rer. pol. über das Recht der Doppelbesteuerung, danach war W. in Berlin Referendar und nebenamtlicher Assistent von Ernst Rabel (1874–1955) am KWI für ausländisches und internationales Privatrecht, nach dem Assessorexamen 1935 als Referent.

    Seit 1938 war W. wissenschaftlicher Hilfsarbeiter bei Viktor Bruns (1884–1943) am KWI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Berlin; es bestand freundschaftliche Zusammenarbeit mit Helmuth James Graf v. Moltke (1907–45). Nach 1945 betonte W. seine Zugehörigkeit zum „Moltke-Kreis“.

    1937–44 war W. Mitglied im „Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund“. Seit 1941 hatte er einen Lehrauftrag für vergleichendes Kolonialrecht an der Univ. Berlin und war Mitglied im Kolonialrechtsausschuß der „Akademie für Deutsches Recht“. 1942 wurde W. als völkerrechtlicher Berater zum OKW unter Admiral Wilhelm Canaris (1887–1945) abgeordnet, am 14. 1. 1944 wegen „staatsfeindlicher Äußerungen“ von der Gestapo für mehrere Monate inhaftiert. Seit Juli 1944 Soldat in Sanitäts- und Dolmetschereinheiten der Wehrmacht, geriet er bei Kriegsende im Raum München in amerik. Gefangenschaft.

    Im Aug. 1945 wurde W. als Vortragender Rat stellv. Leiter der Rechtsabteilung in der „Zentralverwaltung Verkehr“ der Sowjet. Besatzungszone in Berlin. 1946 trat er im franz. Sektor der SPD bei, 1948 wurde er an der Univ. Berlin ohne formale Habilitationsschrift auf Gutachten von Lewald, Martin Wolff (1872–1953) und Leo Raape (1878–1964) für Internationales Privatrecht und Völkerrecht habilitiert und Professor mit Lehrauftrag. An den Vorbereitungen zur Gründung der Freien Universität (FU) beteiligt, übernahm er hier 1949 einen Lehrstuhl für Internationales Recht, Rechtsvergleichung und Allgemeine Rechtslehre (Dekan 1951, em. 1975). 1950–69 war er Direktor des Instituts für Internationales und Ausländisches Recht und Rechtsvergleichung. Bildungsreformen, insbesondere infolge des Berliner Universitätsgesetzes von 1969, beeinträchtigten das Verhältnis W.s zur FU; insbesondere fühlte er sich von einer universitären Selbstverwaltung, in deren Gremien die Ordinarien keine Mehrheit besaßen, nicht repräsentiert. 1970 untersagte er für die „Geltungszeit der gegenwärtigen Berliner Universitätsgesetze“ eine postume Ehrung für seine Person durch „nach diesen Gesetzen bestellte Organe“.

    W. war einer der bedeutendsten Vertreter der Disziplinen Völkerrecht und Internationales Privatrecht in der Bundesrepublik. Dies fand seinen Niederschlag in zahlreichen Veröffentlichungen, darunter der Kommentierung des Internationalen Privatrechts im Großkommentar „RGRK“ (Reichsgerichtsrätekommentar, 1981) und zahlreichen Gutachten. Seine Darstellung „Völkerrecht“ (2 Bde., 1964) berücksichtigt die Rechtstheorie und -soziologie, das Internationale Privatrecht, die völkerrechtlichen Grundbegriffe und die Normtypen sowie das materielle Völkerrecht. W.s vielschichtiges wissenschaftliches Werk zeichnet sich aus durch die Ausrichtung auf praktische Anwendbarkeit und einen betont realistischen, undogmatischen Zugang. Innerhalb der Völkerrechtswissenschaft kam W., bei allem Ansehen auch im Ausland und zahlreichen Schülern, eine Sonderrolle zu, die sich z. B. in seiner Distanz zum MPI für ausländisches öffentliches Recht zeigte; dessen Direktoren Carl Bilfinger (1879–1958) und Hermann Mosler (1912–2001) hielt er fehlende Distanz zur NS-Vergangenheit vor. Pointiert argumentierte W., etwa 1974 angesichts des Auslieferungsersuchens der DDR-Behörden gegen den Flüchtling Ingrid Brückmann, gegen den juristischen Fortbestand des Dt. Reichs und die Zugehörigkeit der Westsektoren Berlins zur Bundesrepublik. Zur „Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht“ sowie „generell zu den Netzwerken der Staats- und Völkerrechtler“ hielt W. „kritische Distanz“ (Michael Stolleis); die Gründe hierfür waren auch persönlicher Art. Zu W.s Schülern zählen Klaus Wähler (* 1926) und Christian Kohler (* 1943).

    Seit 1996 besteht in Berlin die „Käthe und Wilhelm Wengler-Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Forschung, Bildung und Erziehung auf dem Gebiet des internationalen Privat- und Völkerrechts“. Seit 2016 befindet sich W.s Bibliothek, eine der größten völkerrechtlichen Bibliotheken des dt. Sprachraums, an der HU Berlin.

  • Auszeichnungen

    A Mitgl. d. Vereinigung d. Dt. Staatsrechtslehrer (1950);
    Mitgl. d. Inst. de droit internat. (1955), Präs. (1973–75);
    Dr. iur. h. c. (Thessaloniki 1972;
    Louvain-la-Neuve, 1978;
    Coimbra, 1981);
    BVK am Bande (1977).

  • Werke

    |Btrr. z. Problem d. internat. Doppelbesteuerung, Diss. Frankfurt/M. 1935, Nachdr. 1996;
    Stud. z. Lehre v. Primat d. Völkerrechts, Diss. Frankfurt/M. 1936;
    Die Verw.organisation d. Kolonien im trop. Afrika, 1937;
    Friedenssicherung u. Weltordnung, 1947, ²1948;
    Die Grundlagen e. dt. Außenpol., 1955;
    Völkerrecht u. Reichskonkordat v. 1933, 1956;
    Der Begriff d. Polit. im internat. Recht, 1956;
    Die Kampfmaßnahme im Arb.recht, 1960;
    Das völkerrechtl. Gewaltverbot, 1967;
    Die Hochschulgesetze d. Welt, 1968;
    Die Unanwendbarkeit d. Europ. Sozialcharta im Staat, 1969;
    Gutachten z. internat. u. ausländ. Fam.- u. Erbrecht, 1971;
    Documents on the Arab Israel Conflict, The Resolutions of the United Nations Organization, 1971 (mit J. Tittel);
    Internat. Privatrecht, 1974 (mit P. Picone);
    Jur. Luftbrücken v. Karlsruhe n. West-Berlin, Bemm. z. Brückmann-Fall, in: JZ 1974, H. 17, S. 528–35;
    Die Mitbestimmung u. d. Völkerrecht, Ein Gutachten über d. Vereinbarkeit d. Mitbestimmungsgesetzgebung in d. Bundesrep. mit d. dt.-amerik. Handelsvertrag, 1975;
    Das Bürgerl. Gesetzbuch mit bes. Berücksichtigung d. Rechtsprechung d. Reichsger. u. d. BGH, Kommentar, hg. v. Mitgll. d. BGH, Bd. 6, T. 2: Internat. Privatrecht, 121981;
    Berlin in völkerrechtl. Übereinkommen d. Bundesrep. Dtld., 1984;
    Der Inlandsbegriff im dt. Recht mit bes. Berücksichtigung d. Personenstandsrechts, 1986;
    Das Selbstbestimmungsrecht d. Völker als Menschenrecht, 1986;
    Schrr. z. dt. Frage, 1948–1986, hg. v. G. Zieger, 1987;
    Der Spycatcher-Fall u. d. internat. Privatrecht, Der vorbehaltene Tätigkeitsbereich d. Staaten, Vortrr., 1989;
    IPR-Rechtsnormen u. Wahl d. Vertragsstatuts, 1991;
    unvollst. W-Verz. in: J. Tittel (Hg.), Multitudo legum (s. L). Qu Nachlaß: Univ.archiv FU Berlin(P);
    einzelne Korr. in Staatsbibl. Berlin (Archiv Mohr Siebeck), Archiv d. MPG Berlin, DLA (Nachlaß Dolf Sternberger), Univ.archiv Heidelberg (Nachlaß Gustav Radbruch), Berlin;
    StA Hamburg;
    StadtA Wiesbaden;
    Univ.archiv Frankfurt/M.

  • Literatur

    |F. v. Schlabrendorff, W. W., Wesen u. Gestalt, in: J. Tittel (Hg.), Multitudo legum, ius unum, FS f. W. W. z. 65. Geb.tag, 1973, S. 1–10 (W-Verz., P);
    E. R. Zivier, Der Rechtsstatus d. Landes Berlin, Eine Unters. n. d. Viermächte-Abkommen v. 3. Sept. 1971, ²1974;
    E. Jayme, in: Jur.ztg. 1977, S. 415;
    ders., ebd. 1995, S. 1058;
    ders., W. W. als Internat.privatrechtler, Eine persönl. Erinnerung u. Würdigung, in: Zs. f. öff. Recht u. Völkerrecht 2016, S. 579–95;
    G. Ress, W. W. als Völkerrechtler, ebd., S. 597–612;
    C. Kohler, W. W. (1907–1995), Biogr.-zeitgeschichtl. Aspekte, ebd., S. 613–31;
    F. Lange, Kolonialrecht u. Gestapo-Haft, W. W. 1933–1945, ebd., S. 633–59;
    W. Rudolf, W. W. z. 70. Geb.tag, in: AöR 1977, S. 610 f.;
    K. Wähler, in: NJW 1982, S. 1449;
    ders., ebd. 1987, S. 2135;
    ders., ebd. 1995, S. 2908;
    G. Zieger, W. W. z. 80. Geb.tag, in: AöR 1988, S. 121 ff.;
    S. Lönnendonker, FU Berlin, Gründung e. pol. Univ., 1988, S. 308, 310–13 u. 336;
    J. F. Tent, FU Berlin|1948–1988, Eine dt. Hochschule im Zeitgeschehen, 1988, S. 208, 247, 324 u. 511;
    W. Schubert (Hg.), Protokolle d. Ausschüsse d. Ak. f. Dt. Recht, Bd. 12, bes. S. XXXVIII;
    R.-U. Kunze, Ernst Rabel u. d. KWI f. internat. u. ausländ. Privatrecht 1926 bis 1945, 2004, S. 114 f. u. 130 f., M. Schüring, Minervas verstoßene Kinder, 2006, S. 240 ff.;
    R. Hachtmann, Wiss.management im „Dritten Reich“, 2007, S. 1147 ff.;
    R.Rürup, Schicksale u. Karrieren, 2008, S. 358 f. (P);
    A. Zimmermann, Rechtswiss. in Zeiten v. Diktatur u. Demokratie am Bsp. W. W., in: H. Hattenhauer u. a. (Hg.), Gedenkschr. Jörn Eckert, 2008, S. 1005–26;
    K. Kleibert, Die Jur. Fak. d. HU zu Berlin im Umbruch, 2010, S. 100–12 u. 243–49 (P);
    M. Stolleis, Gesch. d. öff. Rechts in Dtld. IV, 2011, S. 43, 78, 86 u. 207;
    H. Kier, Die „Affäre W.“, in: Jb. d. jur. Zeitgesch. 14, 2013, S. 168–211;
    Kürschner, Gel.-Kal. 1987;
    Wi. 1995 / 96.

  • Autor/in

    Martin Otto
  • Zitierweise

    Otto, Martin, "Wengler, Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 781-783 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz140463.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA