Lebensdaten
1892 – 1988
Geburtsort
Mainz
Sterbeort
Mainz
Beruf/Funktion
Kunsthistoriker ; Christlicher Archäologe ; Museumskustos
Konfession
katholisch
Namensvarianten
  • Volbach, Wolfgang Fritz

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Zitierweise

Volbach, Wolfgang Fritz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz137395.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus in Wipperfürth ansässiger Fam.;
    V Fritz (1861–1940, kath.), Dr. phil., Dirigent, Komp., Musikwiss., 1887 Lehrer am Kgl. Inst. f. Kirchenmusik in Berlin, Dirigent d. Akad. Liedertafel u. d. Chors d. Klindworthschen Konservatoriums ebd., 1891 Leiter d. Oratorienver. „Mainzer Liedertafel u. Damengesangverein“, 1900 Prof., 1907 Univ.musikdir. u. ao. Prof. f. Musikwiss. in Tübingen, 1917 Gründer u. Leiter d. Dt. Symphonieorch. in Brüssel, 1918–25 Städt. Musikdirektor (1921 Gen.musikdir.) in Münster, 1919–29 o. Prof. f. Musikwiss. ebd., Vf. e. Autobiogr. „Erlebtes u. Erstrebtes“, 1956 (s. L), S d. Friedrich, Kaufm. in Wipperfürth (Rheinland), u. d. Luise Ammann, aus Heidelberg;
    M Käthe (Ginsberg) (1868–1934), T d. Friedrich Dernburg (1833–1911), Dr. iur., Hofger.advokat in Darmstadt, Redakteur d. „Berliner Tagblatt“, 1875–80 Chefredakteur d. „Nat.-Ztg.“, nat.-lib. Politiker (s. NDB III*; Hess. Biogr.);
    B Walther (Ps. Richard Walter) (1897–1996, Claire Neufeld, 1895–1993), Dr. phil., Regisseur, Theaterwiss., 1920–24 Assistent v. Max Reinhardt am Dt. Theater in Berlin, Kritiker b. d. „Berliner Morgenpost“, 1924–33 Regisseur an div. dt. Theatern, emigrierte 1933 mit seiner jüd. Frau n. Wien, Regisseur am Volkstheater u. an d. Volksoper, 1936 n. Großbritannien u. 1937 in d. USA, 1939–41 Assistant Prof. f. Theaterwiss. an d. Marquette Univ. in Milwaukee, 1942 / 43 Dir. d. Opernbereichs am Cleveland Inst. of Music, 1946 Doz. an d. Texas Christian Univ., 1965–71 Prof. f. Theatergesch. an d. Univ. of Massachusetts in|Amherst (s. BHdE II; Kosch, Theater-Lex.; Hdb. Exiltheater; DBE);
    1) Darmstadt 1929 Luise Wilhelmine Maria (1904–36), T d. Bernhard Adelung (1876–1943), Bgm. in M., soz.demokrat. Pol., Staatspräs. d. Volksstaates Hessen (s. NDB I), u. d. Johanna Gross (1879–1944), aus M., 2) 1948 Vivyan Eyles (Ps. Lydia Holland) (1909–84, 1] 1934–47 Mario Praz, 1896–1982, Lit.wiss., Anglist, Kunsthist., 1924 Prof. an d. Univ. of Liverpool, 1932–34 an d. Univ. of Manchester, 1934–66 an d. La Sapienza in Rom, 1962 Order of the British Empire, 1969 Mitgl. d. American Ac. of Arts and Sciences, s. Dict. of Art Historians), brit. Schriftst., Übers., 3) 1987 Dorothee Renner (1925–2009), aus Mannheim, Dr. phil., wiss. Mitarb. v. V., 1966–87 Bibl. u. wiss. Mitarb. an d. Ak. d. Wiss. u. Lit. Mainz, Textilforscherin (s. Personenlex. Christl. Archäol.; W);
    1 S aus 1) Fritz (1930–2011, Marisa Reguzzoni), 1960–66 u. 1967–85 Geographic Analyst u. Informatiker b. Control Data Corporation u. 1966 / 67 b. Electronic Associates Inc., 1 vorehel. S aus 2) (früh †).

  • Biographie

    Nach dem Besuch des Herbstgymnasiums in Mainz und des Gymnasiums in Bensheim (bis 1910) studierte V. Kunstgeschichte und Klassische Archäologie in Tübingen, München und Berlin, wo ihn der Kunsthistoriker Adolph Goldschmidt (1863–1944) prägte, sowie in Gießen. 1915 wurde er mit der von dem Kunsthistoriker Christian Rauch (1877–1976) betreuten Arbeit „Die Darstellung des hl. Georg zu Pferd in der dt. Kunst des Mittelalters“ in Gießen promoviert (gedr. 1917). Nach kurzer Tätigkeit am Röm.-German. Zentralmuseum in Mainz wechselte V. 1916 an das neue Nassau. Landesmuseum in Wiesbaden. Im folgenden Jahr berief ihn Wilhelm v. Bode (1845–1929) an die Abteilung der Bildwerke der christlichen Epochen (Frühchristl.-Byzantin. Sammlung) des Ks.-Friedrich-Museums in Berlin zu Oskar Wulff (1864–1946) (zunächst Volontär u. Wiss. Hilfsarbeiter, 1927 Kustos, 1.4.1933 Ernennung z. Prof.). Im Rahmen dieser Tätigkeit bereiste er Europa, Ägypten und die Türkei. 1931 organisierte V. mit Georges Duthuit und Georges Salles die internationale Ausstellung „L’Art byzantin“ in Paris. In Berlin sorgte er für eine Neuaufstellung der Frühchristlich-Byzantinischen Sammlung (eröffnet 1932). Hier fand er auch Zugang u. a. zu führenden Zentrumspolitikern und Vertretern der kath. Sozialbewegung z. B. Carl Sonnenschein (1876–1929), Georg Schreiber (1882–1963), Joseph Wirth (1879–1956) und Wilhelm Marx (1863–1946). Wegen der jüd. Herkunft der Familie seiner Mutter und seiner strikten Ablehnung des Nationalsozialismus wurde V. am 1. 12. 1933 aufgrund des sog. Arierparagraphen entlassen. Daher emigrierte er 1934 über Neapel nach Rom und fand unter Pio Franchi de’Cavalieri (1869–1960) eine Anstellung am Museo Sacro der Biblioteca Apostolica Vaticana, das er neu ordnete und katalogisierte.

    Daneben lehrte er 1934–42 Museumskunde und Restaurierung am Pontificio Istituto di Archeologia Cristiana. V. wurde in seiner Arbeit von Papst Pius XI. unterstützt. Berufungen an die New School for Social Research in New York 1940 und nach Chicago konnte V. nicht annehmen. Während des Exils baute V. schnell Verbindungen zu anderen Gelehrten und dt. Exilanten auf. Hierzu zählte u. a. seit Ende 1942 die „Deutsche Anti-nationalsozialistische Vereinigung Südeuropa“ (auch: „Anti-Nazi-Komitee“), eine Gruppe von bürgerlichen Intellektuellen, Kommunisten und Sozialdemokraten um den kath. Arzt Willy Nix (1906–88), für die V. während der dt. Besatzung nach eigener Aussage im Winter 1943–44 alliierte Soldaten in den Bergen hinter Tivoli unterstützte und versorgte. Dazu gehörten außerdem der ehemalige Mainzer Diözesanpriester Albert Münch (1905–80), der jüd. Arzt Dr. Leo Bing sowie der Kunsthistoriker und Schriftsteller Rolf Schott (1892–1977), ferner der Bildhauer Anton (Toni) Fiedler (1899–1977), der Journalist Anton Marstaller, der Kaufmann Ludwig Muckermann (1899–1976), der KPD-Funktionär Heinrich Ohlenmacher (* 1900), der Journalist Erich Stock (* 1904) und der Kirchenhistoriker Karl Werth (* 1905). Darüber hinaus verfügte V. zu ital. Antifaschisten (u. a. zu Alcide De Gasperi, 1881–1954) innerhalb und außerhalb des Vatikans über gute Beziehungen. 1945 berief das Oberregierungspräsidium Hessen-Pfalz V. als Leiter der Abteilung für Volksbildung nach Neustadt/ Weinstraße (Amtsantritt Sommer 1946). 1947 ging er als Kulturreferent und Regierungsdirektor an das neu gebildete Kultusministerium des Landes Rheinland-Pfalz, wo er für Denkmalpflege, Museen und Bibliotheken zuständig war. 1950 wurde V. Zweiter Direktor des Röm.-German. Zentralmuseums in Mainz, 1953–58 schließlich Direktor. Im Ruhestand organisierte er noch bedeutende Ausstellungen z. B. 1963 „Koptische Kunst, Christentum am Nil“ in der Villa Hügel in Essen und 1963 / 64 im Kunsthaus Zürich sowie 1964 (mit Manolis Chatzidakis, 1909–98) die Europaratsausstellung byzantin. Kunst in Athen.

    V.s Interessen erstreckten sich sowohl auf die Archäologie als auch auf die Kunstgeschichte. Seine berufliche Tätigkeit und das Profil seiner Veröffentlichungen weisen ihn als einen Museumsmann aus, einen Sammler aus Leidenschaft mit vielfältigen Interessen und| Expertisen. Das von V. bevorzugte wiss. Genre war der Katalog: Er hat Tausende von Exponaten aus ganz unterschiedlichen Bereichen analysiert und beschrieben: aus der spätantik-christl. Kunst, mit besonderem Schwerpunkt im Bereich des spätantiken Ägypten, aus der ital., aber auch der russ. Kunst des Mittelalters. Hervorzuheben sind v. a. seine Beschreibungen spätantiker und mittelalterlicher Elfenbeinarbeiten und Textilien.

  • Auszeichnungen

    A korr. Mitgl. d. Pontificia Acc. Romana di Archeologia (1936);
    Gr. BVK (1972).

  • Werke

    |u. a. Elfenbeinarbb. d. Spätantike u. d. frühen MA, 1916, ²1952, ³1976;
    Metallarbb. d. christl. Kultes in d. Spätantike u. im frühen MA, 1921;
    Mittelalterl. Elfenbeinarbb., 1922;
    Die altchristl. u. mittelalterl. byzantin. u. ital. Bildwerke, 1923 (mit O. Wulff);
    Die Elfenbeinbildwerke, 1923;
    Kultgeräte d. christl. Kirche im frühen MA, 1925;
    Spätantike u. kopt. Stoffe aus ägypt. Grabfunden in d. Staatl. Museen, 1926 (mit O. Wulff);
    Ma. Bildwerke aus Italien u. Byzanz, 1930;
    Spätantike u. frühma. Stoffe, 1932;
    Art Byzantin, Cent planches reproduisant un grand nombre de pièces choisies parmi les plus représentatives des diverses tendances, [1933] (Hg. mit G. Duthuit u. G. Salles);
    German. Schmuck d. frühen MA, 1933 (mit W. A. v. Jenny);
    Itinerario, Biblioteca Apostolica Vaticana, 1938;
    I tessuti del Museo Sacro Vaticano, 1942;
    Altchristl. (Kopt.) Kunst aus Ägypten im Staatl. Kunstgebäude v. 15. Juni–15. Aug. 1951, Ausst.kat. Württ. Landesmus. Stuttgart 1951;
    Frühchristl. u. byzantin. Kleinkunst, 1954;
    Frühchristl. Kunst, Die Kunst d. Spätantike in West- u. Ostrom, 1958 (mit M. Hirmer);
    Röm. Erinnerungen, in: Allg. Ztg., Neuer Mainzer Anz. v. 3. 10. 1958 (autobiogr.);
    Kopt. Kunst, Christentum am Nil, 3. Mai-15. Aug. 1963 in Villa Hügel, Essen u. Nov. 1963 – Jan. 1964 Zürich, Ausst.kat. [1963] (mit D. Renner);
    Il tessuto nell’arte antica, 1966;
    Frühzeit d. MA, 1968 (mit J. Hubert u. J. Porcher);
    Byzanz u. d. christl. Osten, 1968 (mit J. Lafontaine-Dosogne);
    Avori di scuola ravennate nel V e VI secolo, 1977;
    W-Verz.: Bibliogr. v. H. Bott, in: Jb. d. Röm.-German. Zentralmus. 5, 1958, XIV–XX;
    R. Hamann-Mac Lean, ebd. 19, 1972, S. XVII– XXVIII;
    Nachlaß: Privatbes. Prof. Dr. Wolfram Kinzig (Univ. Bonn, Ev.-Theol. Fak.).

  • Literatur

    |W. Heist (Hg.), Wiss. u. Turbulenz, Der Lebensweg d. W. F. V. aus Mainz, 1972 (mit Autobiogr., zahlr. P);
    W. Kinzig, in: Lb. Klass. Archäologen NS I, S. 141–57 (P);
    ders., in: Personenlex. Christl. Archäol., S. 1296–98 (P);
    ders., Ein dt. Gel. im Widerstand, in: Rom f. Bildungsbürger, hg. v. W. C.-W. Clasen, E. Hauschildt u. W. Kinzig, 2014, S. 61–70 (P);
    E. Ehler, C. Fluck u. G. Mietke (Hg.), Wiss. u. Turbulenz, W. F. V., e. Wissenschaftler zw. d. beiden Weltkriegen, 2017 (P);
    Nassau. Biogr.;
    BHdE II;
    Biogr. Hdb. Kunsthist.;
    Metzler Kunsthist. Lex.;
    The Grove Enc. of Medieval Art and Architecture, 2012;
    zu Fritz ( 1940): K. Hortschansky (Hg.), F. V. (1861–1940), Komp., Dirigent u. Musikwiss., 1987 (P);
    G. Rothmund-Gaul, Zw. Taktstock u. Hörsaal, Das Amt d. Univ.musikdir. in Tübingen 1817–1952, 1998, S. 157–203;
    Rhdb.;
    MGG²;
    Nassau. Biogr.;
    Oxford Music Online;
    DBE.

  • Autor/in

    Wolfram Kinzig
  • Zitierweise

    Kinzig, Wolfram, "Volbach, Wolfgang Fritz" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 80-82 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz137395.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA