Lebensdaten
1861 – 1907
Geburtsort
Bozen
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Komponist
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 118622404 | OGND | VIAF: 17411840
Namensvarianten
  • Thuille, Ludwig Wilhelm Andreas Maria
  • Thuille, Ludwig Wilhelm Andrae Maria
  • Thuille, Ludwig
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Thuille, Ludwig, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118622404.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus savoyard. Fam., die n. Südtirol zuwanderte;
    V Johann Andreas (1810–72, 1] Therese, 1821–45, T d. Martin Tschurtschenthaler, Handelsmann), Buch- u. Kunsthändler in B., S d. Barthlma (1763–1810), Schulmeister, Organist in Sarntal (Südtirol), u. d. Genovefa Leitner;
    M Maria (1826–67), T d. Josef Offer (1785–1875), Handelsmann in Gries am Brenner (Südtirol), Ger.kassier, Landstand, u. d. Not(h)burga Sartor;
    1 B, 5 Schw (3 früh †), 2 HalbSchw (1 früh †) Maria (1843–1931, Adalbert Marchesani, 1828–83, aus B., Advokat in Neumarkt, Oberpfalz, u. in B.);
    1887 Emma (1865–1946), T d. Ignaz v. Dietl (1811–97), aus Salzburg, bayer. Gen.lt., 1866 Gen.stabschef b. Gen.kommando Würzburg u. Chef d. Gen.stabs d. 4. Inf.-Div., 1867 Kdt. d. Festung Ulm, 1873 Gouverneur v. Germersheim, 1876–78 v. Ingolstadt (s. BJ IV, Tl.; B. Ph. Schröder, Die Generalität d. dt. Mittelstaaten 1815–1870, 1984, I, S. 190, Nr. 170), u. d. Luise v. Schumacher (1834–91);
    1 S Eduard Eugen (1888–1909), 1 T Hedwig (1890–1964, Walter Courvoisier, 1875–1931, Arzt, Komp., Schüler v. T., Prof. an d. Ak. d. Tonkunst in M., s. NDB III; HLS).

  • Biographie

    Bereits vor dem Tod des Vaters, von dem er ersten Musikunterricht erhielt, kam T. als Gymnasiast an das Benediktinerstift Kremsmünster, wo er als Chorsänger eingesetzt wurde. 1876 holte die Witwe des Komponisten Matthäus Nagiller (1815–74), Pauline ( 1881), zu der sich eine Art Mutter-Sohn-Verhältnis entwickelte, den jungen T. nach Innsbruck. Hier erhielt er neben dem Gymnasiumsbesuch Unterricht bei Josef Pembaur d. Ä. (1848–1923) in Klavier, Orgel und Theorie und schuf eine Reihe von Kompositionen, so neben 35 Liedern u. a. auch drei Klaviersonaten. 1877 lernte T. in Innsbruck Richard Strauss (1864–1949) kennen – Pauline Nagiller und Strauss’ Mutter waren befreundet –; daraus entwickelte sich eine lebenslange persönliche und künstlerische Freundschaft, die sich in einem ausführlichen Briefwechsel, aber auch im Verfertigen von Klavierauszügen von Strauss’ „Don Juan“ (1890) und „Macbeth“ (1892) niederschlug. Auch später suchte Strauss gelegentlich T.s Rat in kompositorisch-handwerklichen Fragen.

    1879 übersiedelte T. nach München, wo er ein Studium an der Kgl. Musikschule (der späteren Akademie der Tonkunst) bei Josef Rheinberger (1839–1901) (Orgel u. Musiktheorie) sowie Karl Bärmann (1811–85) (Klavier) begann. Nach Beendigung der Studien 1882 – als Examensstück spielte T. sein eigenes, pianistisch brillantes Klavierkonzert – arbeitete er als Privatlehrer, unternahm Konzertreisen und hatte erste Erfolge als Komponist, v. a. mit dem ungewöhnlich besetzten Sextett für Bläser und Klavier op. 6 (UA 1889, veröff. 1891), seinem bis heute meistgespielten Werk. Von großer Bedeutung für T. war die Begegnung mit dem seit 1886 in München ansässigen Alexander Ritter (1833–96), der zum Wortführer und Mentor einer Gruppe von Künstlern und jungen Komponisten wurde; dieser sog. „Ritterschen Tafelrunde“ schlossen sich u. a. auch Strauss, Max v. Schillings (1868–1933), Hermann Bischof (1868–1936), Fritz Neff (1873–1904) und Friedrich Rösch (1862–1925) an. Durch Ritter wurde der bisher an der Wiener Klassik sowie Brahms orientierte T. mit der Musik und Gedankenwelt der Neudt. Schule, v. a. Wagners und Liszts, vertraut und damit in seiner künstlerischen Entwicklung entscheidend geprägt.

    Seit 1883 konzentrierte sich T. auf die Lehre an der Akademie der Tonkunst sowie die Kompositionstätigkeit. Zunächst als Aushilfslehrer für Klavier und Harmonielehre beschäftigt, fungierte er seit 1884 bereits als ordentlicher Lehrer. 1890 erfolgte die Ernennung zum Professor, 1903 wurde T. als Nachfolger Rheinbergers Professor für Komposition; seit 1891 hatte er auch als Leiter des „Männergesangvereins Liederhort“ gewirkt. Er starb vermutlich an Herzversagen.

    Obwohl kein genuiner Dramatiker, trat T. doch mit seinen Opern am öffentlichkeitswirksamsten hervor. Erwies sich die erste Oper, „Theuerdank“ auf ein Libretto Ritters (UA München 1897, Dir.: R. Strauss), noch als Mißerfolg, war das Nachfolgewerk, der 1908 in Karlsruhe von Felix Mottl (1856–1911) uraufgeführte „Lobetanz“ nach einem Libretto von Otto Julius Bierbaum, ein an vielen Bühnen nachgespielter Erfolg (so 1911 u. a. an der Met in New York) und machte T.s Namen international bekannt.

    Auch wenn sein kompositorischer Ruhm bald verblaßte, ist T. als eine der wichtigsten Musikerpersönlichkeiten der Zeit um 1900 anzusehen. In seinem Werk vereinigen sich die Einflüsse der gegensätzlichen musikästhetischen Strömungen: ein v. a. durch Rheinberger vermittelter Konservativismus sowie handwerkliche Meisterschaft mit neudt. Elementen. Seine Tonsprache überschreitet dabei jedoch weder formal noch harmonisch die Grenze des Faßlichen, bleibt trotz aller Alterationsharmonik stets moderat. Mit diesen Kompositionsmaximen wirkte T. als Haupt der sog. „Münchner Schule“ in der Nachfolge Ritters schulbildend und vermittelte diese einer großen Zahl jüngerer Komponisten, u. a. Walter Courvoisier (1875–1931), Ernest Bloch (1880–1959), Walter Braunfels (1882–1954), August Reuß (1871–1935), Clemens v. Franckenstein (1875–1942), Edgar Istel (1880–1948), Wolfgang v. Waltershausen (1882–1954), Hermann Abendroth (1883–1956), Rudolf v. Ficker (1886–1954), Rudi Stephan (1887–1915) und Joseph Suder (1892–1980).|

    T.s 1907 gemeinsam mit Rudolf Louis (1870–1914) veröffentlichte, in vielen Auflagen verbreitete „Harmonielehre“ war eines der maßgeblichen Lehrwerke der Zeit; sie verstand sich als „empirisch“ (Vorwort), für den praktischen Musiker konzipiert, schlug jedoch auch historisch den Bogen in die Musikgeschichte und stellte das musikalische Kunstwerk ins Zentrum. Überdies berücksichtigte sie – zumindest in der von T. mitverantworteten ersten Auflage – die dt. Moderne, die für ihn primär im Schaffen von Richard Strauss verkörpert war, mit zahlreichen Werkbeispielen.

  • Auszeichnungen

    A Frankfurter Mozart-Preis (1883);
    Prinzregent Luitpold-Preis (1896);
    bayer. Ludwigsmedaille f. Kunst u. Wiss. (1902);
    Mitgl. d. Preuß. Ak. d. Künste, Berlin (1906);
    T.-Ges. (seit 2007).

  • Werke

    Weitere W u. a. Oper: Gugeline (n. e. Libretto v. O. J. Bierbaum), UA Bremen 1901;
    Orchesterwerke: Romant. Ouverture, 1897;
    Kammermusik: 2 Sonaten f. Violine u. Klavier, 2 Streichquartette; Klavier- u. Orgelmusik; Chorwerke: A Cappella-Werke f. Männerchor u. f. gemischten Chor; Chorwerke mit Orchester; ca. 90 Liedkomp. (davon 43 gedr.); – Schrr.: Harmonielehre, 1907 (mit R. Louis), 10 1933 neu bearb. v. W. Courvoisier, engl. u. d. T. An annotated english translation of Harmonielehre of R. L. u. L. T., hg. v. R. Schwarz, Diss. Washington 1982; – Nachlaß: Bayer. Staatsbibl. München.

  • Literatur

    L F. Munter, L. T., 1923;
    E. Istel, in: Monogrr. moderner Musiker, 1, 1906, S. 35–45;
    ders., in: Musical Quarterly, Jg. 18, 1932, S. 463–70;
    R. Louis, Die dt. Musik d. Gegenwart, 1903, ³1912;
    C. Neumann, Die Harmonik d. Münchner Schule um 1900, 1939;
    A. Asteriades, Die Lieder f. Solostimme u. Klavier v. L. T., Diss. Erlangen 1979;
    A. Ott (Hg.), Richard Strauss u. L. T., Briefe d. Freundschaft 1877–1907, 1969;
    R. Münster u. H. Hell, Jugendstil-Musik? Münchner Musikleben 1890–1918, Ausst.kat. Bayer. Staatsbibl. München 1987 (P);
    B. Edelmann, E. Istel u. a., L. T., 1993 (vollst. W-Verz., L);
    Richard Strauss – L. T., Ein Briefwechsel, hg. v. F. Trenner, 1980;
    B. Edelmann, Kgl. Musikschule u. Ak. d. Tonkunst in München 1874–1914, in: Gesch. d. Hochschule f. Musik u. Theater München, hg. v. S. Schmitt, 2005, S. 111–206;
    ders., L. T.Komp. im Schatten v. Richard Strauss, in: Zu Unrecht vergessen, Künstler im München d. 19. u. 20. Jh., 2009, S. 189–210 (P);
    R. Wason, Frühe Lieder d. „Münchner Schule“ im Spiegel d. Liedschaffens L. T.s, in: Josef Rheinberger, Werk u. Wirkung, hg. v. St. Hörner u. H. Schick, 2004, S. 13–154;
    I. Birkin-Feichtinger, „Besonders die Gutheil war aber einzig!“, Otto Julius Bierbaum, L. T., Gustav Mahler u. Lobetanz, in: Richard Strauss Jb., 2012, S. 37–64;
    Grove;
    MGG;
    MGG²;
    Kosch, Theater-Lex.;
    BJ XII, S. 282–95 u. Tl.;
    ÖML; ÖBL.

  • Porträts

    P Gem. v. P. Schroeter, Tempera, 1899 (Bayer. Staatsbibl. München), Abb. in: R. Münster u. H. Hell, Jugendstil-Musik? (s. L), S. 292; – Gedenktafel mit Porträtrelief, 1922, am Geb.haus in Bozen, Mustergasse 6.

  • Autor/in

    Stephan Hörner
  • Zitierweise

    Hörner, Stephan, "Thuille, Ludwig" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 214-216 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118622404.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA