Lebensdaten
1900 – 1975
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Oxford
Beruf/Funktion
klassischer Philologe ; Arabist ; Philosoph ; Übersetzer
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 123279933 | OGND | VIAF: 66506686
Namensvarianten
  • Walzer, Richard Rudolf
  • Walzer, Richard
  • Walzer, Richard Rudolf
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen in der NDB Genealogie

Verknüpfungen auf die Person andernorts

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Walzer, Richard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd123279933.html [23.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus jüd. Kaufmannsfam. in B.;
    V Max (* 1964), aus B.;
    M Elfriede (* 1878), aus B., T d. Hugo Mannheim (* 1848) u. d. Selma Schlesinger (* 1853), aus Groß Strehlitz b. Oppeln (Strzelce Opolskie, Oberschlesien);
    1927 Sofie (eigtl. Martha Eva) (1901–75), T d. Bruno Cassirer (1872–1941), Verl. in B. (s. NDB III; L) u. d. Else Cassirer (1874–1941);
    kinderlos.

  • Biographie

    Nach dem Abitur 1918 am Werner-Siemens-Realgymnasium, Berlin-Schöneberg, begann W. an der Univ. Berlin 1918 das Studium zunächst der Medizin sowie des Hebräischen. Zur Klassischen Philologie, insbesondere zum Studium des Griechischen, gelangte er durch die Vorlesungen von Ulrich v. Wilamowitz-Moellendorf (1848–1931), danach führte ihn v. a. Werner Jaeger (1888–1961) zum phil. und med. Denken der Antike. Nach Promotion (1927) und Habilitation (1932) wurde W. in Berlin zum Privatdozenten für Klassische Philologie ernannt. Infolge der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ wurde W. 1933 aus rassischen Gründen entlassen, während er mit seiner Frau in Italien weilte, und kehrte nicht nach Deutschland zurück. Mit der Unterstützung ital. Kollegen konnte er seine Lehr- und Forschungstätigkeit an der Univ. Rom weiterführen. Nachdem er bereits vor der Promotion das Studium des Arabischen bei Gotthelf Bergsträßer (1886–1933) aufgenommen hatte, traten arab. Übersetzungen der griech. Philosophen und Ärzte und deren Rezeption im arab.-islam. Mittelalter in das Zentrum seiner Forschung. Bei einem Aufenthalt in Istanbul (1933) führte ihn Hellmut Ritter (1892–1971) in die dortigen Sammlungen arab. Handschriften ein, beide beschrieben „Arab. Übersetzungen griech. Ärzte in Stambuler Bibliotheken” (1934). Wegen der auch in Italien schwieriger werdenden|politischen Lage folgte W. der Familie seiner Frau nach England. Sir W. David Ross (1877–1971) ermöglichte W. 1938 einen Neubeginn in Oxford. 1942 wurde W. Lecturer in Mediaeval Philosophy (Arabic and Hebrew) und Fellow des Oriel College, 1950 Senior Lecturer in Arabic and Greek Philosophy. 1960 auf eine eigens geschaffene Readership für arab. und griech. Philosophie in Oxford berufen, erhielt W. 1962 eine Professur am neugegründeten St. Catherine’s College, wo er bis 1970 wirkte. Nach Ernennung zum Honorarprofessor der Univ. Hamburg (1952) hielt W. auch dort regelmäßige Vorlesungen.

    W. wies der Klassischen Altertumswissenschaft wie der Orientalistik neue Horizonte und begründete das Wissen von der Kontinuität und Erneuerung des griech. Erbes, v. a. der Philosophie, im Islam. Auf seine Dissertation „Magna moralia und aristotelische Ethik“ (1929) folgten weitere Arbeiten im engeren Umkreis der klassischen Philologie, so die Rezensionen der Fragmente von Aristoteles (1934) und Heraklit (1939). Bereits seine Berliner Antrittsvorlesung „Klassische Altertumswissenschaft und Orientalistik“ (1933) skizzierte, wie die oriental. Überlieferung andernwärts verlorene und verschüttete Quellen und Traditionslinien freilegen könne. Die erste Frucht seiner arab. Studien war die Edition der arab. übersetzten Schrift Galens „Über die med. Erfahrung“ (1933, publ. 1944). Im ital. Exil gab er Galens Schrift „Über die Siebenmonatskinder“ nach einer arab. Handschrift heraus (1935). Gemeinsam mit H. Ritter edierte und kommentierte er eine ethische Abhandlung des frühen „Philosophen der Araber“, al-Kindī (1938); eine weitere Abhandlung des Kindī, die Einführung in die Schriften des Aristoteles, bearbeitete er noch in Rom zusammen mit Michelangelo Guidi (1940). Kommentierte Editionen der arab. Plato-Tradition unternahm W. gemeinsam mit Paul Kraus (1904–44) und Franz Rosenthal (1914–2003): Galens Kompendium des platonischen Timaeus (1951) und al-Fa¯ra¯bīs Abriß der platonischen Philosophie (1943). Auf „Galen on Jews and Christians“ (1947) folgten zwei Beiträge zur Ethik Galens nach arab. Zeugnissen (1949 u. 1953). Anhand der Organon-Überlieferung verfolgte W. in „New light on the Arabic translations of Aristotle“ (1953) die Kontinuität der logischen Schultradition bei den arab. Übersetzern und Kommentatoren. Ins Zentrum seiner Forschung trat nunmehr die islam. Philosophie, ihre Quellen, zugleich ihre Eigenart und innere Problematik. Auf eine Arbeit über die große Ethik des Iraners Miskawaih (1956) folgten „New studies on al-Kindī“ (1957) und eine Reihe zusammenfassender Darstellungen. Dem Gelehrten al-Fa¯ ra¯ bī ( 950) und seiner phil. Grundlegung der islam. Theokratie, Prophetie und Offenbarung widmete W. die unablässige Bemühung seiner letzten Jahre. Krönung seines Lebenswerks war eine neue Edition von al-Fa¯ ra¯ bīs „Prinzipien der Ansichten der Bewohner der vortrefflichen Stadt“ (posthum 1986), der er eine engl. Übersetzung und einen umfangreichen Kommentar beifügte.

    Zu den jüngeren Gelehrten, deren Promotions- und Forschungsvorhaben W. anregte – z. T. gemeinsam mit dem ihm eng verbundenen Arabisten Samuel Miklos Stern (1920–69) – gehören H. Vivian B. Brown (London), David R. W. Bryer (Oxford), Charles Genequand (Genf), Ahmad Abdalhamid Ghorab (Kairo), Ilai Alon (Tel Aviv) und Friedrich Wilhelm Zimmermann (Oxford).

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. d. Inst. for Advanced Study, Princeton Univ. (1953–54), d. British Ac. (1956) u. d. Mainzer Ak. d. Wiss. u. d. Lit. (1962);
    Ehrenmitgl. d. Dt. Morgenländ. Ges. (1973);
    Gr. BVK (1968).

  • Werke

    Weitere W u. a. al-Farabi on the Perfect State, Abu¯ Nas.r al-Fa¯ ra¯ bī’s Maba¯ di’a¯ ra’ ahl al-madī’na al-fa¯d. ila, A revised text with introduction, translation, and commentary, 1985 (Ed.);
    Galen, On medical experience, in: Three treatises on the nature of science, hg. v. M. Frede, 1985 (Übers.);
    Aristotelis Ethica Eudemia, 1991 (Ed. mit J. M. Mingay);
    Hellmut Ritter, in: Oriens 23 / 24, 1974, S. 1–6 (Nachruf);
    Gesammelte Schrr.: Greek into Arabic, 1962;
    Bibliogr. (bis 1968): A. Kleinknecht, List of the published works of R. W., in: Islamic philosophy and the classical tradition, Essays presented […] to R. W. on his seventieth birthday, hg. v. S. M. Stern, A. Hourani u. V. Brown, 1972, S. 5–16 (P);
    Nachlaß: Nat. Library of Israel, Archives dep.

  • Literatur

    |A. Bullock, in: Islamic philosophy […], hg. v. S. M. Stern u. a., 1972 (s. W);
    F. W. Zimmermann, in: Der Islam 53, 1976, S. 1–3;
    ders., in: The Dict. of British Classicists, 3. Bd., 2005, S. 1021–23;
    F. Wehrli, in: Gnomon 48, 1976, S. 221 f.;
    G. Endreß, in: Zs. d. Dt. Morgenländ. Ges. 127, 1977, S. 8–14 (P);
    D. A. Russell, in: Proceedings of the British Ac. 73, 1987, 705–10 (P);
    L. Deitz, in: Oxford DNB;
    zur Fam.: G. Brühl, Die Cassirers, Streiter f. d. Impressionismus, 1991.

  • Porträts

    |Photogr., um 1970, Abb. in: Islamic philosophy […], hg. v. S. M. Stern u. a., 1972 (s. W), Frontispiz;
    Photogr. v. W. Stoneman, Abb. in: Proceedings of the British Ac. 73, 1987, S. 705;
    Photogr. v. G. Endreß, 1973, Abb. in: Zs. d. Dt. Morgenländ. Ges. 127, 1977, n. S. 8.

  • Autor/in

    Gerhard Endreß
  • Zitierweise

    Endreß, Gerhard, "Walzer, Richard" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 387-388 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd123279933.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA