Lebensdaten
1899 – 1966
Geburtsort
Schwarmstedt (Kreis Fallingbostel) bei Hannover
Sterbeort
Cologny bei Genf
Beruf/Funktion
Wirtschaftswissenschaftler
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118601989 | OGND | VIAF: 17304050
Namensvarianten
  • Röpke, Wilhelm
  • Röpke, Wilhelm
  • Repke, Vilʹgelʹm
  • mehr

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Zitierweise

Röpke, Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118601989.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus Ärztefam.;
    V Wilhelm (1868–1929), Dr. med., Arzt in Hannover, Sanitätsrat, S d. Konrad (1837–94), aus Niedernstöcken, Dr. med., Arzt in Sch., Sanitätsrat, u. d. Agnes Schünemann (1837–1903), aus Kirchwalsede;
    M Margarethe (1871–1934), T d. Ludwig Rechten (1839–1928), aus Trupe-Liliental, Gymnasiallehrer, u. d. Marie Antoinette Winckler (1845–1906);
    Stettin 1922 Eva (1901–83, s. W, L), studierte Philol. in Marburg/Lahn, T d. Georg Fincke (1871–1929), aus Xions (Posen), Konrektor in Stettin, u. d. Martha Taggatz (1879–1964), aus Stettin;
    1 S, 2 T;
    N Hans Willgerodt (* 1924), o. Prof. f. wirtschaftl. Staatswiss. in Bonn u. Köln (s. Kürschner, Gel.-Kal. 2001; L).

  • Biographie

    Unmittelbar nach dem Abitur in Stade (1917) studierte R. Staatswissenschaften, Jura und Volkswirtschaft in Göttingen. Noch 1917 zum Kriegsdienst eingezogen und 1918 in Frankreich verwundet, setzte er 1918 zunächst in Göttingen, dann in Tübingen, seit 1919 in Marburg sein Studium fort, wo er sich nach der Promotion 1921 bei Walter Troeltsch als Privatdozent der politischen Ökonomie mit „Die Konjunktur“ (1922) habilitierte. Anschließend in einer Kommission des Auswärtigen Amtes tätig, wurde er 1924 ao. Professor in Jena und hielt sich 1926/27 als Visiting-Professor der Rockefeller-Foundation in den USA zum Studium der dortigen Agrarprobleme auf. 1928 erfolgte seine Berufung nach Graz, 1929 nach Marburg. Seine frühen Schriften z. B. über „Die Theorie der Kapitalbildung“ (1929), „Geld und Außenhandel“ (1925) und „Finanzwissenschaft“ (1929) decken fast alle damaligen wesentlichen ökonomischen Forschungsschwerpunkte ab. 1931 wurde R. Mitglied der sog. Brauns-Kommission, der Gutachterkommission zur Arbeitslosenfrage. Entgegen seiner wirtschafts- bzw. ordoliberalen Grundüberzeugung forderte er in dieser Kommission und in Artikeln als Antwort auf die Sondersituation und zur Rettung der Marktwirtschaft eine aktive Konjunkturpolitik und ein staatliches, kreditfinanziertes Investitionsprogramm als „Initialzündung“, das er erst später in „Crisis and cycles“ (1936) theoretisch eindeutiger begründete. Seine Konjunkturtheorie integriert u. a. Elemente der monetären Überinvestitionstheorie, das Wirken des Akzelerators und die Disproportionalität der Produktionsstruktur. 1933 verließ R. Deutschland, nachdem er bereits 1930 in einem Wahlaufruf an das Niedersächs. Landvolk vor dem Nationalsozialismus gewarnt hatte und im Sept. 1933 in den Ruhestand versetzt worden war. Von Kemal Atatürk berufen, ging er als Ordinarius für Nationalökonomie an die Univ. Istanbul. 1937 holte ihn William Rappard als Professor an das Institut des Hautes Etudes Internationales nach Genf, an dem er bis zu seinem Tod wirkte. Rufe dt. Universitäten nach 1945 lehnte er ab. Neben „Die Lehre von der Wirtschaft“ (1937, 131994, u. a. franz. 1940, engl., span. Überss.) entstand in der frühen Genfer Zeit die bereits mit Alexander Rüstow (1885–1963) in Istanbul gedanklich vorbereitete, mehrfach übersetzte (u. a. engl., franz., span.) sozialkritische Trilogie „Die Gesellschaftskrisis der Gegenwart“ (1942, Faks. 2002), „Civitas humana“ (1944) und „Internationale Ordnung“ (1945), mit der er für einen „dritten Weg“ mit den Elementen Marktwirtschaft, Freihandel und Humanismus (christl. Personalismus) sowie kleinen, dezentral-übersichtlichen Lebensräumen eintrat und die Wegbereiter der sozialen Marktwirtschaft stark beeinflußte. Seine Studie und Streitschrift zur konsequenten Westintegration (Die dt. Frage, 1945, u. a. engl., franz., ital. Überss.) fand viel Beachtung. Seine späteren Schwerpunkte bildeten der Kampf gegen den Kommunismus und die Kritik des keynesianischen „Fiskalsozialismus“. Ferner ist sein Eintreten für multilateralen Freihandel (contra EWG) und eine Goldumlaufwährung hervorzuheben sowie das Einfordern weiterer konsequenter Liberalisierung (z. B. Währungskonvertibilität),|dem er auch in seinem Gutachten für die Bundesregierung „Ist die dt. Wirtschaftspolitik richtig?“ (1950) Nachdruck verlieh. In seinem Spätwerk tritt verstärkt die kulturkonservative Kritik an Kommerz und Konsum hervor (Jenseits v. Angebot u. Nachfrage, 1958, ⁵1979).

    R., dessen Publikationen (ca. 20 Bücher u. 800 Artikel) stets auf drängende wirtschaftspolitische, soziologische und ethische Fragen bezogen waren, beeindruckte durch eine prinzipiengeleitete Persönlichkeit und eine ausgeprägte ökonomische Hermeneutik, d. h. die Fähigkeit, komplexe gesamtwirtschaftliche Konstellationen zu erfassen. Als Nationalökonom prägte R. einige Begriffe für wirtschaftspolitische Probleme, die in den allgemeinen wiss. Sprachgebrauch eingegangen sind (u. a. Initialzündung, zurückgestaute Inflation). Methodisch stand er im Fadenkreuz von Historismus, Staatswissenschaften und aufkeimender formaler Theoriebildung. Die produktiven Spannungen zwischen seinen wirtschafts- und sozialpolitischen Vorstellungen und seine Haltung zwischen Liberalismus und Konservativismus werden deutlich z. B. in seiner Forderung nach einer marktwirtschaftlich-freiheitlichen Wirtschaftsverfassung in Verbindung mit dem Vorschlag einer gegensinnigen Raumordnungspolitik oder der Befürwortung der Mobilität der Produktionsfaktoren bei gleichzeitiger Forderung nach vitalpolitischer Verwurzelung und Seßhaftigkeit. Seine noch heute anregenden kulturkritischen Werke machten ihn weit über die Grenzen seines Fachs hinaus bekannt.|

  • Auszeichnungen

    Premio Cremisini (Rom 1952);
    Gr. BVK (1953, mit Stern 1964);
    Dr. h. c. in litt. human. (Columbia Univ. 1954);
    Dr. h. c. ès sciences politiques (Genf 1960);
    Dr. h. c. (TU München 1964);
    Hugo Grotius-Medaille in Silber (1960);
    Willibald-Pirkheimer-Medaille (1962);
    korr. Mitgl. d. Inst. de France (1959);
    Mitgr. d. Mont-Pèlerin-Soc. (1947, Präs. 1960–62);
    Mitgl. d. Beirats u. Ehrenmitgl. d. Aktionsgemeinschaft Soz. Marktwirtschaft.

  • Werke

    Weitere W Das Kulturideal d. Liberalismus, 1947;
    Ausgew. Werke, 6 Bde., hg. F. A. v. Hayek u. a., 1978;
    Briefe, hg. v. Eva Röpke, 1976.

  • Literatur

    E. Hoppmann u. a., In memoriam W. R., 1968 (W-Verz., P);
    K. Wittebur, Die dt. Soziol. im Exil, 1991, S. 46 f.;
    H. Peukert, Das sozialökonom. Werk W. R.s, 1992;
    N. Piper (Hg.), Die gr. Ökonomen, 1994, S. 202-07;
    H. Willgerodt, in: Ordo, 48, 1997, S. 65-82;
    Ordo, 50, 1999;
    H. Klausinger, German anticipations of the Keynesian revolution? The Case of Lautenbach, Neisser and R., in: Europ. Journal of the History of Economic Thought 6, 1999, S. 378-403;
    J. Zmirak, W. R., Swiss Localist, Global Economist, 2001;
    W. R., Die Ges.krisis d. Gegenwart, Faks., Mit Kommentarbtrr. v. F. A. Blankart, H. F. Peukert, B. Schefold u. J. Starbatty, 2002;
    Eva Röpke u. F. Böhm, in: Marburger Gel. (L, P);
    Lex. Konservatismus;
    Staatslex.;
    BHdwE.

  • Autor/in

    Helge Peukert
  • Zitierweise

    Peukert, Helge, "Röpke, Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 734-735 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118601989.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA