Lebensdaten
1892 – 1946
Geburtsort
Stannern (Stonařov) bei Iglau (Jihlava, Mähren)
Sterbeort
(hingerichtet) Nürnberg
Beruf/Funktion
Politiker
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 118764934 | OGND | VIAF: 52485312
Namensvarianten
  • Seyß-Inquart, Arthur
  • Seyß, Arthur
  • Seyss-Inquart, Arthur
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Zitierweise

Seyss-Inquart, Arthur, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118764934.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Emíl Zajtich (seit etwa 1906/07 Seyß, später S.-I.) (1843–1920), Mittelschullehrer, Gymnasialdir. in Olmütz, S d. Johann Christoph u. d. Antonia Inquart; M Auguste (luth.), T d. Richard Hyrenbach u. d. Julie v. Wachter;
    Gr-Ov Heinrich Rr. v. Inquart (1816–96, österr. Rr. 1881), Hofrat d. Finanzverw.; 5 ältere Geschw u. a. Richard (1883–1941, 1920 altkath., zuletzt kath.), kath. Priester, Rel.lehrer, 1911–20 Prof. a. k. k. Taubstummen-Inst. in Wien, Lyriker, Verw.beamter b. Landesgericht in Wien, 1929 Gründungsdir. d. Bundesanstalt f. Erziehungsbedürftige in Kaiserebersdorf, 1940 Oberreg.rat (s. Teichl; Biogr. Lex. Böhmen; ÖBL; Hist. Lex. Wien VI);
    1916 Gertrud, T d. Karl Maschka (* 1868), aus Pilsen, Dr. iur., 1899–1920 im österr. Kriegsmin. tätig, Gen.auditor, dann Richter, Vors. e. Berufungssenats im Landesger. in Wien, HR (s. Jb. d. Wiener Ges., 1929), u. d. Karoline Komareck;
    1 S, 2 T; Schwägerin Hildegard Maschka ( Dr. Rolf Starke).

  • Biographie

    S. besuchte Gymnasien in Olmütz und Baden bei Wien und studierte anschließend in Innsbruck Rechtswissenschaften (Dr. iur. 1917). 1914–18 leistete er Kriegsdienst, zuletzt als Oberleutnant der Reserve. Heimgekehrt, arbeitete er als Rechtsanwalt und Experte für Arbeitsrecht 1921–38 mit eigener Kanzlei in Wien. Aus streng kath. Milieu stammend, betonte er seit seiner frühesten Jugend sein Deutschtum innerhalb des Nationalitätenkonflikts der Monarchie. Er war u. a. Vorstandsmitglied und Obmannstellvertreter des „Österreichisch-deutschen Volksbundes“, des „Steirischen“ und schließlich „Deutsch-österreichischen Heimatschutzes“, der „Deutschen Gemeinschaft“ und seit Okt. 1934 Obmannstellvertreter des „Deutschen Klubs“. Nach dem Verbot des „Deutschösterreichischen (steirischen) Heimatschutzes“ am 19.6.1933 verstärkte S. seine Kontakte zur NSDAP. Während des Juliputsches 1934 tauchte er in der Steiermark unter. Nach dem Juli-Abkommen 1936 setzte S. als Gewährsmann des dt. Gesandten in Wien, Franz v. Papen (1879–1969), seine politische Karriere fort. 1937 zum Staatsrat des „Ständestaates“ für die „Angelegenheiten der Befriedung der nationalen Kreise“ ernannt, suchte er über das „Volkspolitische Referat“ der „Vaterländischen Front“ und als Exponent des „Deutschsozialen Volksbundes“ den semilegalen Aktionsradius der „illegalen“ NSDAP zu festigen. Als Vertrauensmann Hitlers wurde S. am 16.2.1938 Bundesminister für Inneres und Sicherheit im IV. Kabinett Schuschnigg.|Nach dem am 11.3.1938 unter dt. Druck erfolgten Rücktritt Kurt v. Schuschniggs (1897–1977) wurde S. Bundeskanzler und förderte die innerösterr. „Machtübernahme“ durch die Nationalsozialisten. Himmler beförderte ihn am 12.3. zum SS-Gruppenführer, am 13.3.1938 wurde er Mitglied der NSDAP. Nach dem Rücktritt von Wilhelm Miklas (1872–1956) übernahm S. am selben Tag aufgrund der Verfassung von 1934 die Agenden des Bundespräsidenten und vollzog damit formalrechtlich den „Anschluß“ Österreichs an das Dt. Reich. Vom 13.3.1938 bis zum 1.5.1939 fungierte er schließlich als Reichsstatthalter der Ostmark an der Spitze der durch das „Wiedervereinigungsgesetz“ in eine Landesregierung umgewandelten Bundesregierung. Er wurde am 1.4.1938 zum „Reichstreuhänder der Arbeit für Österreich“. Nach dem Münchner Abkommen hatte S. die Oberhoheit über das „Sudetenland, Südböhmen und Südmähren“ inne. Nach der Auflösung der Reichsstatthalterei durch das „Ostmarkgesetz“ im Mai 1939 amtierte S. als Reichsminister ohne Geschäftsbereich, bis er als Verwaltungschef für das südliche Polen (Sept. 1939) und als Stellvertreter Hans Franks (Okt. 1939) ins Generalgouvernement Polen entsandt wurde. Seit dem 18.5.1940 „Reichskommissar der besetzten Niederlande“, trug S. die Verantwortung für die „Gleichschaltung“ der niederl. Wirtschaft, die Deportation von Arbeitskräften für die dt. Rüstungsindustrie, die Verfolgung der jüd. Niederländer und der in den Niederlanden lebenden jüd. Flüchtlinge aus dem Reichsgebiet sowie für die brutalen Maßnahmen zur Brechung des niederl. Widerstands (Geiselerschießungen). Seit 1941 SS-Obergruppenführer, sammelte S. weitere Mitgliedschaften in karrierefördernden Vereinigungen. Hitler sah ihn im Testament vom 29.4.1945 als Außenminister der Regierung Dönitz vor. Am 30.4.1945 trat S. als Reichskommissar in Kapitulationsverhandlungen mit US-General Bedell Smith ein, ehe er am 4. Mai von kanad. Truppen beim Versuch zu fliehen festgenommen wurde.

    In Nürnberg wurde S. von der Planung eines Angriffskrieges freigesprochen, wenngleich, ähnlich wie bei Franz v. Papen, seine Rolle im März 1938 kritisch beurteilt wurde. In allen anderen Punkten (Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen d. Menschlichkeit, Anführung u. Organisation d. vorgenannten Verbrechen) wurde er schuldig gesprochen, wobei neben den Verbrechen in Polen und in den Niederlanden (rücksichtslose Ausbeutung wirtschaftl. Ressourcen, brutale Vernichtung v. Widerstand, Aufbieten

    v. ca. 500 000 Sklavenarbeitern für die dt. Rüstungsindustrie u. Verantwortung für den Tod von ca. 100 000 jüd. Holländern) auch seine Verantwortung als Reichsstatthalter in Österreich im Hinblick auf die Beschlagnahmung jüd. Eigentums, die erzwungenen Auswanderungen von Juden, deren Verschleppung in Konzentrationslager und das Novemberpogrom angeführt wurden. Überdies hielt die Urteilsbegründung seine Mitverantwortung für die Deportation jüd. Österreicher nach dem Osten und die Verfolgung politischer Gegner fest. Das Gericht anerkannte zwar S.s teilweise mäßigende Proteste gegen das Vorgehen von SS-Dienststellen, betonte aber andererseits sein willfähriges Zusammenwirken mit diesen. Im Verlauf des Verfahrens ließ S., verteidigt von dem Wiener Rechtsanwalt Gustav Steinbauer, auch Momente der Schuldeinsicht erkennen. Während die Vertreter der Sowjetunion und Großbritanniens von Beginn an die Todesstrafe forderten, traten die USA erst später diesem Standpunkt bei. Die Franzosen plädierten bis zum Schluß für lebenslangen Kerker. S. wurde schließlich zum Tod verurteilt und gehängt.

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Ak. f. Dt. Recht (1938, Präs. 1943);
    Führer d. Dt. Alpenver.;
    Vizepräs. d. Vereinigung zw.staatl. Verbände u. d. Dt.-franz. Ges.;
    Präs. d. Konsularak. Wien;
    Ehrenmitgl. d. Dt. Ges. f. Wehrpol. u. Wehrwiss. u. d. Dt. Brucknerges.

  • Werke

    Vier J. in d. Niederlanden, Ges. Reden, 1944;
    Idee u. Gestalt d. Reiches, 1944;
    Worum es geht, Worte an die Führer d. H. J., 1944.

  • Literatur

    H. J. Neumann, A. S., 1970;
    W. Rosar, Dt. Gemeinschaft, S. u. d. Anschluß, 1971;
    P. Broucek, Kath.-nat. Persönlichkeiten, 1979;
    J. Michman, Planning for the final solution against the background of developments in Holland in 1941, in: Yad Vashem Studies 17, 1986, S. 145–80;
    R. Amstädter, Der Alpinismus, 1996;
    H. Zebhauser, Alpinismus im Hitlerstaat, 1998;
    Hist. Lex. Wien;
    Mandatare im Ständestaat (P);
    Biogr. Lex. Drittes Reich;
    ÖBL;
    Österr. Personenlex. (P);
    Lilla, MdR;
    Qu
    Der Prozeß gegen d. Hauptkriegsverbrecher vor d. Internat. Mil.ger.hof Nürnberg, 14. Nov. 1945 – 1. Okt. 1946, 1947–49;
    G. Steinbauer, Ich war Verteidiger in Nürnberg, 1950.

  • Autor/in

    Dieter A. Binder
  • Zitierweise

    Binder, Dieter A., "Seyss-Inquart, Arthur" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 302-303 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118764934.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA