Dates of Life
1777 – 1858
Place of birth
Würzburg
Place of death
Rom
Occupation
Maler ; Bildhauer ; Kunstsammler ; Kunstagent König Ludwigs von Bayern ; Mäzen
Religious Denomination
katholisch?
Authority Data
GND: 118628356 | OGND | VIAF: 7381976
Alternate Names
  • Wagner, Johann Martin von
  • Wagner, Martin von
  • Wagner, Johann Martin von
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Places

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Citation

Wagner, Martin von, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118628356.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogy

    V Peter W. (1730–1809, 1] Maria Cordula Curé, Wwe d. Johann Wolfgang van der Auwera, 1708–56, würzburg. Hofbildhauer, s. NDB I; AKL), würzburg. Hofbildhauer, Erbe v. van Auweras Werkstatt, S d. Thomas (1691–1769), aus Gebsattel b. Rothenburg/ Tauber, Bildhauer in Kloster Obertheres (s. L);
    M Margareta ( 1806), T d. Mattheus Rössinger, Scheidermeister in W.;
    Ur-Gvv Jeremias (1661–1738), aus Bellershausen b. Rothenburg, Bildhauer in Gebsattel;
    4 Schw Maria Margaretha (1769–1806), künstler. tätig, Anna Regina (1775–n. 1858, François [Franz] Riboudet, 1758–1824, aus Besançon, Kaufm., Galanteriewarenhändler, Kunstsammler, emigrierte n. Bamberg, wo er 1801 d. Bürgerrecht erhielt), Anna Margaretha (* 1780, Wilhelm Herbst, würzburg. Offz.), Franziska (1787–1806?);
    – ledig;
    kinderlos;
    N Josefa (Josefine) Riboudet ( n. 1853, 1822 Heinrich Frhr. v. Pöl[l]nitz, 1796–1853, auf Aschbach, Hundshaupten usw., bayer. Kämmerer u. Hptm. à la suite, Ehrenrr. d. Malteserordens, s. Gotha. Geneal. Tb. d. Frhrl. Häuser 34, 1884, S. 650 f.);
    Urur-Gr-N Sigmund (Ordensname Winfried) Frhr. v. Pölnitz (1901–78), Dr. theol., Dr. phil., Benediktiner in St. Bonifaz in München, Kirchenhist., Prof., päpstl. Hausprälat, Domkapitular in Bamberg, Vf. d. ersten Biogr. v. W. (s. Bayer. Bll. f. Volkskde. 5, 1978; H. Alzheimer, Volkskde. in Bayern, 1991, S. 207 f.; GHdA 69, Frhrl. Häuser A XI, 1979, S. 315; NDB 20*; L), Götz Frhr. v. Pölnitz (1906–67), Wirtsch.hist.

  • Biographical Presentation

    Von der Schule wechselte W. 1791 in die Bildhauerwerkstatt seines berühmten Vaters, fühlte sich jedoch mehr zur Malerei hingezogen. Nach Fürsprache des befreundeten Mainzer Koadjutors Karl Theodor v. Dalberg (1744–1817) besuchte er ab 1797 die Wiener Akademie der bildenden Künste, die er 1802 mit einer preisgekrönten Zeichnung verließ. Neben der Kunst des Direktors Heinrich Füger (1751–1818) war v. a. der frische Klassizismus Eberhard Wächters (1762–1852) für W. prägend. 1803 gewann er die von Goethe gestellte Preisaufgabe „Odysseus, Polyphem besänftigend“. Nach einem kurzen Aufenthalt 1803 / 04 in Paris im Atelier Jacques Louis Davids, besonders aber im Musée Napoleon im Louvre, reiste er nach Rom, um dort Ende Mai 1804 ein ungewöhnliches Künstlerleben zu beginnen. Möglich wurde dies durch eine Professur für die Zeichnenden Künste an der Univ. Würzburg, die Goethe mit Hilfe des in Würzburg lehrenden Philosophen Schelling (1775–1854) für seinen Schützling erreicht hatte. Von der gerade bayerisch gewordenen Univ. Würzburg wurde W. für zwei Studienjahre in Rom bei vollem Gehalt von 600 fl. beurlaubt. Dank Goethes Empfehlungen erhielt W. Zugang zur röm. Kunstwelt und interessierten Kreisen, u. a. unterrichtete er den preuß. Gesandten Wilhelm v. Humboldt (1767–1835) im Zeichnen. 1806 wurde sein privilegierter Aufenthalt von dem nunmehr in Würzburg regierenden Ghzg. Ferdinand von Toscana (1769–1824) verlängert. Da W. sein Amt jedoch nie ausübte, stellte die Universität 1810 die Zahlungen ein (der Dienstvertrag wurde erst 1823 aufgelöst). In Rom schuf W. ein Monumentalgemälde „Rat der Griechen vor Troja“, das – 1808 von Kg. Maximilian I. Joseph erworben – seinen frühen Ruhm begründete. Als Goethe auf einige von W. gesandte Entwürfe nicht wie erwünscht reagierte, erlosch die Beziehung; später dienten ihm des öfteren Gedichte Schillers als Vorlage. Intensiv studierte W. die röm. Kunstwerke der Antike, auch solche des Mittelalters, und entwickelte eine profunde Kennerschaft.

    Nach dem Tod des Vaters hielt sich W. 1809 in Würzburg und München auf. Den künstlerischen Nachlaß Angelika Kauffmanns (1741–1807), den der bayer. Kronprinz Ludwig (1786–1868) erwerben wollte, beurteilte W. so negativ, daß Ludwig, tief beeindruckt von diesem allen anderen Meinungen entgegengesetzten Urteil, ihn engagierte. W. wurde sein engster Kunstberater und Agent, v. a. in Rom, um für das geplante Antikenmuseum in München, die „Glyptothek“, erstrangige Werke zu beschaffen. Seit 1810 bezog er dafür ein Gehalt als bayer. Staatspensionär.

    Nach der sensationellen Entdeckung der Giebelfiguren des Aphaia-Tempels in Aegina 1811 sandte Ludwig den widerstrebenden W. im Sept. 1812 zur Auktion auf die griech. Insel Zakynthos – eine gefährliche und heikle Mission. Da die Ausgräber wegen der franz. Seeblockade die Antiken nach Malta geflüchtet hatten, mußte W. anhand weniger Gipsabgüsse entscheiden. Er zeichnete noch die Friesplatten des Apollon-Tempels von Bassae-Phigalia, riet Ludwig jedoch von deren Erwerb ab (heute in London). Im Aug. 1813 zurück in Rom, bewerkstelligte W. 1815 die Übernahme der Ägineten aus Malta und leitete später mit Bertel Thorwaldsen die gewünschten Restaurierungen. Der herausragende Rang der Münchner Sammlung ist entscheidend W.s umfassendem Wissen und seinem Blick für höchste Qualität zu verdanken.

    Seine eigene künstlerische Tätigkeit geriet in den Hintergrund ob der permanenten Beanspruchung durch Ludwigs Sammelwünsche. Dank seines diplomatischen Geschicks glückte W. 1813 der Ankauf des vielbegehrten „Barberinischen Fauns“ – Krönung all seiner mühsamen röm. Erwerbungen. 1820 traf das Werk in München ein. Die Publikation des Frieses von Bassae-Phigalia 1814 als Stichwerk rief – da nicht mit ihnen abgesprochen – neben Lob auch deutliche Kritik der Ausgräber hervor, u. a. von Carl Haller v. Hallerstein (1774–1817). Heute noch von Bedeutung sind W.s Beobachtungen in seinem 1817 mit Schelling publizierten „Bericht über die Äginetischen Bildwerke“. 1819 erschienen in Rom seine Umrißstiche zu Schillers Gedicht „Das Eleusinische Fest“ als Buch. Die dezidierte Friesform der Szenen bewegten Leo (v.) Klenze (1784–1864) wie auch Kronprinz Ludwig, W. 1822 mit dem 85 m langen Fries für die geplante Walhalla zu beauftragen. Dieser entwarf und modellierte die Szenen zur Geschichte der Deutschen von der Frühgeschichte der Germanen bis zur Christianisierung durch Bonifatius (ausgeführt v. Peter Schöpf, 1804–75, u. Ferdinand Pettrich, 1798–1872, in Rom, Carrara-Marmor, 1837 vollendet). Weitere bildnerische Entwürfe für die Giebel der Walhalla und der Glyptothek sowie 1841 für das Siegestor in München folgten. Gemalt hat W. nichts mehr, dafür rastlos gezeichnet, v. a. nach Homer und der Bibel, seiner Lieblingslektüre.

    Im Okt. 1823 war W. als Nachfolger Schellings zum Generalsekretär der Bayer. Akademie der Bildenden Künste ernannt worden; für dieses – niemals angetretene – Amt erhielt er bis zu seiner Ruhestandsversetzung 1846 ein Gehalt von 1500 fl. Ab 1827 verwaltete er das röm. Domizil Ludwigs, die Villa Malta, nachdem es ihm gelungen war, diese für den König zu erwerben. Im Zentrum der großen|dt.röm. Künstlerschar stehend, war W. Mitbegründer der Dt. Bibliothek und Cicerone unzähliger Rombesucher. Unter den Münchner Künstlern schätzte W. besonders seinen Freund Friedrich v. Gärtner (1791–1847), den er Ludwig erfolgreich als Architekten empfahl. Sein von 1803 bis zum Tode geführtes Briefjournal bildet zusammen mit der meist einseitig erhaltenen Korrespondenz eine unschätzbare Quelle für die Röm. und Münchner Kunstgeschichte. Die ihm 1841 angetragene Direktion der Münchner Galerie lehnte er ab. Die vom Vater ererbte große Kunstsammlung ergänzte er durch Antiken, Zeichnungen und Kupferstiche, aber auch Gemälde, unter denen das Triptychon Gherardo Starninas (um 1410) hervorragt. Von den Nazarenern als Heide gescholten, blieb er bei aller Liebe zur Antike, speziell zur Rachegöttin Nemesis, ein guter Katholik, der sogar der Confraternita des Campo Santo Teutonico angehörte und schließlich dort auch begraben wurde. Den Großteil seiner Kunstsammlung und seines Vermögens von 40 000 fl. vermachte er der Univ. Würzburg als Stiftung unter der Bedingung freien Zuganges und der Bestellung eines Konservators. Höher geschätzt als seine großartig begonnene, dann verharrende Kunst werden heute seine wissenschaftlich fundierte Kennerschaft und sein Mäzenatentum.

  • Primary Sources

    |erhaltene Korr. W.s 1798–1858, u. a. ca. 400 Briefe Kg. Ludwigs I. v. Bayern im M. v. W. Mus. d. Univ. Würzburg, W.s Briefe an Kg. Ludwig im Geh. Hausarchiv, HStA München; autobiogr. Notizen: Bayer. Staatsbibl. München Cgm 6238; Personalakte W.s im Archiv d. Univ. Würzburg, Archiv d. Rektorats u. Senats; Nachlaß Heigel im Archiv d. Bayer. Ak. d. Wiss., München.

  • Works

    Weitere W u. a. Ausstattungskonzept f. d. Pompejanum in Aschaffenburg, 1843;
    Schrr.: Bassorilievi antichi della Grecia o sia fregio del Tempio di Apollo Epicurio in Arcadia, Disegnato dagli originali da Gio. Maria (sic!) Wagner (…), Rom 1814;
    Über d. Kolosse v. Monte Cavallo, in: Kunstbl. 1824, S. 369 ff.;
    Über d. Gruppe d. Niobe u. ihre ursprüngl. Aufstellung, ebd. 1830, S. 201 ff.

  • Literature

    |ADB 40;
    e. krit. Monogr. liegt bisher nicht vor;
    K. Th. v. Heigel, Ludwig I. v. Bayern u. M. W., [o. J.];
    Die Kgl. Ak. d. Bildenden Künste zu München: 1808–1858, FS z. Hundertj.feier, hg. v. E. v. Stieler, 1909;
    P. Winfrid Frhr. v. Pölnitz OSB, Ludwig I. v. Bayern u. J. M. v. W., 1929;
    H. Ragaller, M. v. W. 1777–1858, Gem., Handzeichnungen, Ausst.kat. M.-v.-W.-Mus. d. Univ. Würzburg 1977, S. 1–71;
    ders., M. v. W.s Erwähnungen seiner Werke im Cgm 6238 (I, II) in d. Staatsbibl. München, in: Mainfränk. Jb. f. Gesch. u. Kunst 30, 1978, S. 64–74;
    ders., J. M. v. W. 1777–1858, Maler, Bildhauer, Kunstagent Ludwigs I. v. Bayern, Liebhaberdruck aus d. Echterhaus Würzburg 1979, S. 1–36;
    G. Beckel, J. M. v. W., in: Fränk. Lb. 8, 1978, S. 228–55;
    ders., Streiflichter, Nachrr. aus M. v. W.s Papieren, in: Mainfränk. Jb. f. Gesch. u. Kunst 32, 1980, S. 183–94;
    B. Hardtwig, Nach-Barock u. Klassizismus, 1978, S. 377–84 (Rat d. Griechen, mit ausführl. L-Verz.);
    V. Hoffmann u. K. Koppe, M. v. W. Mus. d. Univ. Würzburg, Gem.kat., 1986;
    T. Kossatz, „Auf nach Hellas’ heil’ger Erde“, J. M. v. W.s Reise n. Griechenland 1812 / 13, Ausst.kat. M. v. W. Mus. 1989, S. 1–48 (d. Ausst. 1988 auch in d. Goethe-Instituten Athen u. Thessaloniki);
    A. Kossatz-Deißmann u. T. Kossatz, M. v. W., Dionysos u. d. Seeräuber, in: H. Froning, T. Hölscher u. H. Mielsch (Hg.), Kotinos, FS f. Erika Simon, 1992, S. 469–78;
    R. Wünsche, Ludwigs Skulpturenerwerbungen f. d. Glyptothek, in: K. Vierneisel u. G. Leinz (Hg.), Ausst.kat. Glyptothek München 1830–1980, 1980;
    ders., Bildnis aus den Wellen: wie M. v. W. erst im Wasser u. dann in d. Münchner Glyptothek landete, in: Aviso, 2001, H. 3, S. 30–33;
    W. Nerdinger (Hg.), Friedrich v. Gärtner, e. Architektenleben, 1791–1847, Ausst.kat. Stadtmus. München 1992 (mit Abdruck sämtl. Briefe Gärtners an W.);
    ders. (Hg.), Leo v. Klenze, Architekt zw. Kunst u. Hof 1784–1864, Ausst.kat. Stadtmus. München 2000 (mit CD-ROM, darauf u. a. sämtl. 125 Briefe Klenzes an W.);
    M. Meine-Schawe, J. M. v. W., „Die griech. Helden vor Troja“ u. Neues z. Künstlerbiogr., in: Weltkunst 73, 2003, S. 863 f.;
    H. Glaser, H. Putz, F. Dunkel u. a. (Hg.), Briefwechsel zw. Kg. Ludwig I. v. Bayern u. Leo v. Klenze, 9 Bde., 2004–11;
    B. Kraus, Ludwig I. u. seine Kunstberater am Bsp. J. M. v. W., in: Kg. Ludwig I. v. Bayern u. Leo v. Klenze, Symposion aus Anlaß d. 75. Geb.tags v. Hubert Glaser, hg. v. F. Dunkel, 2006, S. 81–104;
    S. Kummer u. U. Sinn (Hg.), J. M. v. W., Künstler, Sammler, Mäzen, Ausst.kat. M. v. W. Mus. d. Univ. Würzburg 2007;
    ders., M. v. W. bittet um Urlaub in Rom, neue Dokumente z. Frühzeit d. Würzburger Klassizisten, in: Mainfränk. Jb. f. Gesch. u. Kunst 61, 2009, S. 236–66;
    N. Struckmeyer, in: Pariser Lehrjahre, Lex. z. Ausbildung dt. Maler in d. franz. Hauptstadt, begr. v. B. Savoy, hg. v. F. Nerlich, 2012, S. 302–06 (alle Informationen v. T. Kossatz);
    S. Morét, Von Lambert Krahe zu J. M. v. W., Krahes Zeichnungsslg. im Kontext spätbarocker u. klassizist. Künstlerslgg., in: K. Bering (Hg.), Lambert Krahe, 2013, S. 81–102;
    Kg. Ludwig I. v. Bayern u. J. M. v. W., Der Briefwechsel, hg. v. M. Baumeister, H. Glaser u. H. Putz, T. I / 1–2: 1809–1815, bearb. v. M. R. Hofter u. J. Selch, 2017;
    Nagler;
    A. Andresen, Die Dt. Maler-Radirer, 1866–74;
    F. v. Bötticher, Malerwerke d. 19. Jh., 1901, S. 962 f., Nr. 6;
    ThB;
    Dict of Art;
    zu Thomas: H.-P. Trenschel, Btrr. z. Leben u. Werk d. Bildhauers J. T. W., in: Mainfränk. Jb. f. Gesch. u. Kunst 28, 1976, S. 55–94.

  • Portraits

    |frühe gezeichnete Selbstporträts;
    Gipsbüste v. unbek. dt.röm. Bildhauer;
    Pastell v. F. Jagemann, 1805;
    Ölgem. v. A. Riedel, 1831 (alle M.-v.-W.-Mus., Würzburg);
    Bronzebüste v. H. E. Freund, o. J. (München, Glyptothek);
    Selbstporträt am Ende d. Walhalla-Frieses, o. J.;
    Marmorbüste v. P. Schöpf, in W.s Grabmal, 1858 (Rom, Campo Santo Teutonico).

  • Author

    Tilman Kossatz
  • Citation

    Kossatz, Tilman, "Wagner, Martin von" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 240-242 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118628356.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographical Presentation

    Wagner: Johann Martin v. W., Historienmaler und Bildhauer, wurde am 24. Juni 1777 zu Würzburg geboren und von seinem Vater, dem Hofbildhauer Johann Peter Alexander W. (1750, 1809) frühe im Zeichnen unterrichtet, besuchte das Gymnasium, verließ aber achtzehnjährig die Anstalt, um sich der Bildhauerkunst zu widmen. Er zeichnete nach Gypsabgüssen und nach der Natur, trieb Anatomie und Perspective, ging dann aber, um Maler zu werden, mit Empfehlungen des Fürstbischofs Dalberg 1797 nach Wien, wo er an der unter Füger's Leitung florirenden Akademie fünf Jahre lang in der damals beliebten Methode mit großem Fleiße copirte und malte, sodaß er schon 1802 mit seinem Carton „Aeneas, der die Venus um den Weg nach Carthago befragt“ den ersten Preis errang. Günstiger als Füger mit seinem engherzigen Kram wirkte auf W. der geniale Wächter, welcher von seinen Reisen nach Paris und Rom einen universellen Blick und eine wirklich kunsthistorische Bildung mitgebracht hatte. Vorerst verließ W. 1802 Wien, welches ihm nichts mehr bieten konnte und reiste über Salzburg und durch die Schweiz nach Würzburg zurück, wo zwei Bilder, „eine heilige Familie“ und „die Rückkehr der Frauen vom Grabe Christi“ entstanden. Dann machte er sich an die Lösung einer von Goethe im Namen der Weimarer Kunstfreunde 1803 gestellten Preisaufgabe, darstellend wie Odysseus dem Polyphem Wein credenzt. Ohne das Resultat seiner Zeichnung abzuwarten, begab sich W. 1804 nach Paris, wo ihn die freudige Nachricht überraschte, daß seine Composition (welche in der Jenaer Lit. Ztg. 1804 von Goethe beschrieben und abgebildet wurde) den ausgesetzten Preis von 60 Dukaten erhielt, zugleich mit seiner Ernennung zum Professor der Zeichnungskunst an der Universität Würzburg, womit noch der erfreuliche Zusatz verbunden war, daß er mit seinem vollen Gehalt von 600 Gulden einen zweijährigen Urlaub zur weiteren Ausbildung in Rom anzutreten habe. Am 31. Mai 1804 betrat er die ersehnte Stadt, deren Zauber ihn dann zeitlebens gefangen hielt. W. studirte ebenso die antike Plastik, den Homer und die Bibel, wie die Schöpfungen von Raphael und Michelangelo; von allen Seiten strömten ihm Anregungen und Ideen zu, unermüdlich warf er sie in Skizzen. Zeichnungen und Aquarellen aufs Papier und erhielt, glücklicher wie vorher Carstens und Wächter, allgemeinen Beifall. „Eine unerschöpfliche Phantasie führte ihm ideale Stoffe und Gestalten zu, weise Berechnung und ernste Studien ordneten seine Compositionen, die gründlichste Anatomie führte seine zeichnende Hand, sein Stil war durchaus originell und doch mit dem Besten verwandt; wäre damals schon die Freskomalerei in Blüthe gewesen, W. würde ihr größter Meister geworden sein“, obwol er, wie nachmals Cornelius, auf alle coloristische Künstelei verzichtete und „die Körper in der Farbe, nicht die Farben an den Körpern malte“. Allseitiger Beifall wurde ihm zu Theil; Humboldt nahm bei ihm Zeichnungsunterricht und der Alles benörgelnde Kotzebue lobte ihn sogar ohne Einschränkung. Im J. 1808 malte W. im Auftrage des bairischen Kronprinzen die „Rathschlagenden Heerführer vor Troja“, auch machte er sich an einen „Orpheus in der Unterwelt“, dessen Ausführung jedoch durch den 1809 erfolgten Tod von Wagner's Vater unterbrochen wurde, noch mehr durch den neuen Wendepunkt im Leben des Künstlers, welcher durch die weitere Bekanntschaft mit „Baierns kronenwürdigem Prinzen“ erfolgte. Dieser schätzte und bewunderte nicht nur Wagner's Talente, sondern ehrte ihn auch ob seiner Freimüthigkeit und seines unbestechbaren Urtheils. Das von W. nicht begutachtete Project, den gesammten Nachlaß der Angelika Kaufmann zu erwerben, gab den Anlaß, daß Kronprinz Ludwig am 16. Juni 1810 mit W. in Correspondenz gerieth, welche bis zum Ableben des Künstlers, insgesammt über die wichtigsten artistischen Angelegenheiten, fortdauerte; mehr als 600 Billete des Fürsten, beinahe 1000 Briefe Wagner's, welche mit dessen gesammtem Nachlaß in den Besitz der Universität Würzburg gelangten, bilden eine authentische Quelle für die Geschichte der Kunst und der Sammlungen Münchens und Roms, und mit den Briefen anderer Vertrauten, einen höchst interessanten Beitrag zur Geschichte des geistreichen und nicht nur hochbegeisterten, sondern auch mit tiefem Kunstverständniß begabten Königs; „er wie sein Agent, beide zeigen sich darin unverschleiert und wahrlich nicht zu ihrem Nachtheil"; das Dichterwort ist dadurch neu bewährt: „es darf der Künstler mit dem König gehen; sie beide stehen auf der Menschheit Höhen“. Der Fürst schenkte ihm sein vollstes, uneingeschränktes Vertrauen; fast unbedingt folgte er seinem Rathe. W. besorgte in langen Jahren den Ankauf einer ganzen Reihe von antiken Marmorwerken für die Glyptothek, darunter den Barberinischen Faun und die Aegineten. Das kleine Büchlein von L. Urlichs: „Die Glyptothek Sr. Maj. des Königs Ludwig I. von Baiern, nach ihrer Geschichte und ihrem Bestand“ (München 1867) gewährt einen überraschenden, lehrreichen Einblick in die Genesis dieser unvergleichlichen Sammlung und bietet zugleich den erfreulichsten Beleg, mit welcher Treue, Ergebenheit, opferwilligen Thätigkeit und uneigennützigen Ausdauer W. seines Amtes waltete, sich jeder Mühe unverdrossen unterzog, sogar einmal beim Transport dieser Schätze sein Leben wagte und Jahre lang sogar auf seine volle künstlerische Thätigkeit verzichtete, um seinem freilich immerdar huldreichen Maecen unschätzbare Dienste zu erweisen, nicht allein um die meisten Werke für die Glyptothek, sondern auch Terracotten, Bronzen und andere Zierden für die „Vereinigten Sammlungen“, Bilder und Gemälde für die Pinakothek und die kostbare Vasensammlung erwerbend. Nebenbei besorgte W. auch den Kauf der Villa Malta und die gesammte Einrichtung und Ausstattung derselben. Wie tief W. in die Geschichte der antiken Plastik eingedrungen, zeigt sein „Bericht über die Aeginetischen Bildwerke“, welchen Schelling mit kunstgeschichtlichen Anmerkungen (Stuttg. 1817) herausgab. W. widmete mit Thorwaldsen der Restauration und glücklichen Zusammenstellung dieser furchtbar verstümmelten Gruppen vier volle Jahre! der Zusammensetzung der Candelorischen Vasensammlung drei Jahre! Mit Recht hatte W. die Inschrift über sein Schreibpult gesetzt: „Vernunft, Geduld und Zeit macht möglich die Unmöglichkeit“. Wie über die Aegineten, so verfaßte W. später noch zwei weitere Abhandlungen über „die Kolosse vom Monte Cavallo“ (Kunstblatt 1824 Nr. 93 ff.) und die „Gruppe der Niobe“ (ebendas. 1830 Nr. 51 ff.). Erst im J. 1819 kehrte W. als Künstler zu eigenen Schöpfungen und jetzt als|Plastiker und Bildhauer zurück. Er machte den Entwurf zu den einzelnen Figuren im Giebelfeld der Glyptothek, deren Ausführung jedoch anderen Künstlern übertragen wurde (vgl. Kunstblatt 1836 Nr. 98), fertigte als Basrelief „das eleusinische Fest“ nach Schiller (gestochen von Ruscheweyh) und modellirte den „Kampf der Centauren und Lapithen“ für die neue Reitschule in München. Im März 1822 überraschte ihn der Auftrag, für das Innere der Walhalla einen Fries zu modelliren, welcher in der Länge von 400 römischen Palmen die älteste Geschichte Deutschlands bis zu Karl dem Großen behandeln sollte. Mit jugendlicher Begeisterung machte er sich an das Werk; gestachelt von dem ungeduldigen Eifer des Bestellers, welcher inzwischen sein König geworden war, vollendete W. das Ganze in zwölf Jahren nicht allein im Modell, sondern mit der Hülfe von Pettrich und Schöpf in carrarischem Marmor und ließ den ganzen Transport 1837 abgehen. Dieser Fries, welcher erst 1839 ausgestellt wurde, ist der Aus' dehnung und der Bedeutung nach der größte der neueren Zeit, unter den alten stehen nur wenige, z. B. am Parthenon und zu Halikarnaß ihm voran. Den Abtheilungen des Baues entsprechend zerfällt er in acht dramatisch inscenirte Episoden: die Einwanderung der Deutschen aus Asien, ihre heidnische Gesittung, Priester, Sänger, Opfer und Waffentänze; ihre Verfassung, Königswahl, der Handelsverkehr der Ostseebewohner mit griechischen und phönicischen Kaufleuten; ihre Kriegsthaten, der Cimbernzug nach Italien; der Krieg am Rhein; der Sieg der Westgothen bei Adrianopel; Roms Einnahme unter Alarich, endlich die Bekehrung der Deutschen durch Bonifacius. Der letztgenannte Gegenstand war eine Idee seines Königs; die Hermannschlacht mußte er an Schwanthaler's Giebelfeld abtreten; auf die Schlacht von Adrianopel hatte Niebuhr gewiesen. Daran schließt sich nach der Goethe’schen Lebensregel auf die saueren Wochen der Arbeit ein Festschmaus, wobei der Künstler sein und seiner Gehülfen Porträts in ganzer Figur verewigte: Pettrich leert eine Feldflasche, Schöps trägt mit ritterlichem Anstand eine Bratenschüssel herbei, der Meister selbst schaut mit stoischer Ruhe wie ein alter Philosoph dem wunderlichen Treiben zu und auch der tüchtige Pferdemaler Prestel, mit dessen Beistand W. die Rosse vollendete, ist nicht vergessen. Das erste Programm besprach schon Passavant im Kunstblatt 1822, Nr. 88; über das nach Vollendung des Werkes zu Wagner's Ehren am 12. Mai 1839 abgehaltene Künstlerfest berichten Fahrmbacher (Erinnerungen an Italien. 1851, S. 226 ff.) und Urlichs, beide als Augenzeugen; über das Ganze Ernst Förster in seiner „Geschichte der deutschen Kunst“ (1860. IV. 147) und Fr. v. Reber (1884. I, 195 ff.). Mit Recht verzichtete W., diese Composition in einen griechischen Stil zu kleiden, dagegen benützte er die Reliefs der Trajanssäule; so schuf er ein etwas rauhes, in vielen Figuren hartes, unbeholfenes Zwitterding, welches zwar dem Stil des Walhallabaues sich anbequemte, wo es in seiner bedeutenden Höhe einen besseren Eindruck erreicht, als in den Abgüssen oder den fragmentarischen Stichen. Nächst diesem Werke lieferte W. auch die Projecte zu der plastischen Decoration des Siegesthores in München: die Victoria mit der Quadriga (deren Löwen jedoch ganz porträtmäßig die Aehnlichkeit von Wagner's Lieblingskatzen trugen und von Halbig neu modellirt werden mußten), sowie die Medaillons mit den allegorischen Figuren der bairischen Kreise und die Reliefkampfscenen, welche nach Wagner's Compositionen von Schöpf und anderen Künstlern ausgeführt wurden. Im J. 1843 übernahm W. ein mühsames Geschäft auf des Königs dringendes Verlangen: die Angabe der Bronzegeräthe für das „pompejanische Haus“ in Aschaffenburg. W. wählte für jedes Stück ein entsprechendes Vorbild aus Pompeji und errang den vollen Beifall des hohen Bestellers, welcher Wagner's Rath und Beihülfe bei allen Ankäufen für die königlichen Sammlungen vollauf|in Anspruch nahm. Der sonst so sparsame königliche Maecen lohnte die Dienste seines treuergebensten Berathers und Helfers, er beförderte seine Verwandten und Freunde, begnadete ihn mit Titeln. Stellen. Orden und Gratificationen, ernannte ihn zum Central-Galerie-Director in München (1841), W. aber bat tags darauf um Enthebung von diesem Posten, da er Rom nicht verlassen mochte. Wohnung und Atelier hatte er in der königl. Villa Malta zu Rom, deren Inspector er war und blieb; leider fand er, wie W. komisch genug behauptete, keine Frau, welche diese Räumlichkeiten mit ihm theilen wollte. Der König erhob ihn durch Verleihung des Civilverdienstordens in den Adelstand, auch erhielt er das Comthurkreuz des Verdienstordens vom hl. Michael und wurde nominell zweiter Director der Münchener Akademie. Der vielseitige Künstler wird als „ein höchst leidenschaftlicher, reizbarer Mensch“ geschildert (A. Cornill: Joh. Dav. Passavant, 1864, S. 76); der erste Eindruck war immer grimmig genug und möglichst unangenehm: „Einfach bis zum Cynismus, grob trotz Michelangelo, ein Silen wie Socrates und mehr Satyr als dieser, aber ein überlegener Geist, der Kunst enthusiastisch ergeben, alles Mittelmäßige kaustisch vernichtend, alles Vortreffliche, auch das Verschiedenste, verehrend, ein Patriot, ein freier und freimüthiger Denker, redlich, wahrhaft und neidlos — nehmt ihn Alles in Allem: ein Mann und ein Charakter.“ Er focht übrigens auch mit Phantomen und hegte genugsame Schrullen, so haßte er z. B. Overbeck's Richtung und Schüler und schuf ihnen den Spottnamen der „Nazarener"; Overbeck soll ihn dann mit Porträtähnlichkeit unter den Schergen angebracht haben, welche den Heiland auf seinem Leidenswege mißhandeln, worüber es einen ärgerlichen Randal absetzte. Von W. soll auch die Rede ausgegangen sein, er hoffe es noch zu erleben, daß man die Madonna „im Costüm der Mediceischen Venus öffentlich darstellen werde“. Da er Streit und Widerspruch liebte, so provocirte er viele Händel und Feindschaften, ganz in der Weise des Buonarotten oder des Sebastian del Piombo. Er ärgerte sich auch über die antinapoleonische „Deutschthümelei“, bis die Verehrung für den baierischen Kronprinzen seine böse Zunge bändigte. — Sein Lebensabend vereinsamte ihn mehr und mehr, da fast alle seine Freunde schon früher hinübergegangen waren. Aufgeregt durch die römischen Unruhen, verstimmt über die Modernisirung von Rom, geängstigt durch die Belagerung und ihre Folgen, verdrießlich über die Franzosen, von Gicht und Wassersucht gequält, kehrte er zu seinem lieben Homer zurück und schuf in Umrissen, in der Form von Vasenbildern eine Reihe von Compositionen, welche vielleicht zu seinen schönsten Leistungen gehören, bis die Glieder erlahmten und sein Geist am 8. August 1858 erlosch. Alle seine Sammlungen von Kupferstichen, Handzeichnungen, Bildern, Sculpturen, Münzen und Büchern schenkte er in ununterbrochener Liebe zu seiner Vaterstadt der dortigen Universität. Aus seinem nicht unbeträchtlichen Vermögen gründete er ein Stipendium, womit jeweilig ein von fränkischen Eltern stammender Maler, Bildhauer oder Architekt zu einem vierjährigen Aufenthalt nach Rom gesendet werden könne, wozu auch die Hin- und Rückreise besonders gedeckt wird, wohingegen dann der jeweilige Künstler ein von ihm erfundenes Werk der Universität abzuliefern verpflichtet sei. Diese ließ ihm auf dem kleinen Friedhofe hinter St. Peter über seinem Grabe in dankbarster Erinnerung ein Denkmal setzen und zwar durch Wagner's vieljährigen Freund und Hausgenossen Peter Schöps. — Sein Bildniß ist durch A. Riedel gemalt und durch Küchler radirt.

    • Literature

      Vgl. außer der vorgenannten Litteratur noch Raczynski II, 508; III, 308—310. — Nagler 1851 XXI, 64 ff., dann das gerundete schöne und warme Lebensbild, welches L. Urlichs an Winckelmann's Geburtstag (9. December 1865) in dem Wagner’schen Kunstinstitute als Vortrag entfaltete|(Würzburg 1866), ferner Andresen, Die deutschen Maler-Radirer. 1866, I, 37 ff.; dazu die weiteren Charakterzüge in Schnorr's Briefen aus Rom 1886 und in Howitt-Binder's Overbeck-Biographie 1886 I, 481; II, 255.

  • Author

    Hyac. Holland.
  • Citation

    Holland, Hyacinth, "Wagner, Martin von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 40 (1896), S. 515-519 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118628356.html#adbcontent

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