Lebensdaten
1908 – 1985
Geburtsort
Hamborn bei Duisburg
Sterbeort
Düsseldorf
Beruf/Funktion
Regisseur ; Schauspieler ; Theaterleiter
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 11909603X | OGND | VIAF: 32799131
Namensvarianten
  • Stroux, Karlheinz
  • Stroux, Karl-Heinz
  • Stroux, Heinz
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Zitierweise

Stroux, Karl Heinz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11909603X.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Heinrich (1875–1940), Dr. med., Arzt in Beuel u. H.,S d. Heinrich (1835–99), Math. (s. Gen. 1);
    M Maria (1874–1964), aus Solingen,T d. Ernest Guinotte (1837–78), aus Vervier, Fabrikdir. in Pilitza (Schlesien);
    Ov Johannes (s. 1);
    Schw Gerta (1906–2002), Lehrerin in Duisburg, Doris (* 1910, Willi Fues, Kapellmeister, Chordir. u. a. in Wuppertal);
    Berlin 1942 Eva (* 1921), künstler. Assistentin,T d. Konrad Raffel (* 1897), aus Myslowitz (Schlesien), u. d. Erna Fischer (* 1891);
    2 S Thomas (* 1943), Schausp., Regisseur, Tourneeuntern. in Wien, Stephan (* 1945), Schausp., Regisseur, Theaterleiter, Autor in Schönwalde-Glien (Havelland), Präs. d. Fundacja Mosty na Rzece u. v. Brücken im Fluss g. e. V.

  • Biographie

    Schon als Gymnasiast sprach S. 1926 bei Louise Dumont und Gustav Lindemann, Gründer des Düsseldorfer Schauspielhauses, vor. Nach der Reifeprüfung am Landfermann-Gymnasium Duisburg 1927 begann S. ein Studium der Philosophie und Geschichte in Berlin, besuchte aber ohne Einverständnis der Eltern seit 1927 die Schauspielschule der Volksbühne. Er übernahm an der Volksbühne kleine Rollen, war als Regieassistent tätig und erntete – 1928 kurzfristig für den erkrankten Heinrich George als Macbeth eingesprungen – erstes Kritikerlob. In der Folge assistierte er Karl Heinz Martin, der ihn besonders prägte, sowie Paul Bildt und Fritz Holl. Nach seiner ersten Regie von Shakespeares „Komödie der Irrungen“ (4. 7. 1931), die auch wegen seines Einfalls, das Stück mit orientalischem Flair zu versehen, Beachtung fand, inszenierte er für das „Kollektiv Arbeitsgemeinschaft Berlin“ im Theater am Schiffbauerdamm Eugène O’Neills Drama „Alle Kinder Gottes haben Flügel“ als ein Plädoyer gegen den Rassenhass. 1932/33 war S. Regisseur am Stadttheater Aachen, dann wieder in Berlin, wo seine Erstaufführung von Richard Billingers „Stille Gäste“ am Deutschen Theater (5. 4. 1934) von der Kritik nahezu einhellig als Erfolg, vom Rezensenten des „Völkischen Beobachters“ jedoch als Mißinterpretation dargestellt wurde. S. durfte nun nicht mehr in Berlin inszenieren, wechselte in die Provinz nach Erfurt, erhielt nach einer Spielzeit keine Vertragsverlängerung, wurde arbeitslos und erhielt erst 1936/37 ein neues Engagement an den Städtischen Bühnen Wuppertal.

    Daneben arbeitete S. als Synchronregisseur in Berlin, vornehmlich von amerik. Produktionen der MGM, u. a. von William S. Van Dykes „San Francisco“ (1936) und Filmen mit Greta Garbo. Die Tobis vertraute ihm, der bis dahin lediglich als Statist in Fritz Langs Film „M“ (1931) aufgetreten war, 1939 die Regie des Kriminalfilms „Morgen werde ich verhaftet“ an, dessen Erfolg ihm auch den Wiedereinstieg als Theaterregisseur ermöglichte, zunächst bei den Heidelberger Festspielen, dann am Burgtheater in Wien. Schließlich übertrug ihm Gustaf Gründgens, S. schon vor 1933 verbunden, die Inszenierung von Curt Langenbecks historischem Schauspiel „Der Hochverräter“ am Preuß. Staatsschauspiel (EA 28. 10. 1939), eine Aufführung, die S. endgültig etablierte. Es folgten elf weitere Regiearbeiten bis 1944 am Staatlichen Schauspielhaus, darunter als sein bis dahin wohl größter Erfolg Schillers „Fiesco“ mit Gründgens als Titelhelden (Premiere 4. 4. 1940). Mit Gründgens teilte S. ein Regieverständnis, das bei aller Lust an der Neuinterpretation letztlich auf Werktreue und Bewahrung zielte, wenngleich er in seinen Interpretationen wie auch in seinem Auftreten ungleich temperamentvoller, unnachgiebiger und radikaler war. S., als Regisseur von der NS-Kulturbürokratie zunächst distanziert wahrgenommen, fügte sich in die Strukturen des Staatsschauspiels, aufstiegswillig, aber durchsetzungsfähig in seinen künstlerischen Auffassungen. Unmittelbar nach Kriegsende initiierte S. die Gründung der „Heidelberger Kammerspiele 45“ mit. Ein Engagement als Oberspielleiter führte ihn Ende desselben Jahres an das Landestheater Darmstadt, wo seine Inszenierungen von Jean Anouilhs „Antigone“ (EA 30. 3. 1946) und Thornton Wilders „Wir sind noch einmal davongekommen“ (EA 31. 3. 1946) auch überregional Beachtung fanden. Seine geschickte Spielplangestaltung, sein Einsatz für zeitgenössische franz. und amerik. Dramatik, machten das Darmstädter Theater vorübergehend zu einem Zentrum der dt. Nachkriegsbühnen. Mit Gründgens arbeitete S. 1946 wieder in Wiesbaden zusammen, wo er die Schauspieldirektion des Hess. Staatstheaters übernommen hatte, und inszenierte noch im selben Jahr mit ihm in der Titelrolle Sophokles’ „Oedipus“ am Ostberliner Deutschen Theater (Premiere 23. 12. 1946). Mit O’Neills „Trauer muß Elektra tragen“ an den Städt. Bühnen in Frankfurt/M. (EA 12. 4. 1947) feierte S. einen seiner größten Erfolge.

    Mit Beginn der Spielzeit 1948 /49 gab er die Verantwortung als Wiesbadener Schauspieldirektor ab und gründete eine eigene Filmproduktion, die Nova-Film. Mit Paul Wegener (1874–1948) realisierte er den phantastischen, einem chines. Mythos entlehnten Spielfilm „Der große Mandarin“ (1949), dessen Stoff – Ablösung einer korrupten männlichen Politikerklasse durch eine weibliche Regierung – für die Zeitgenossen soziale Sprengkraft barg. Mit Horst Caspar (1913–52) in der Hauptrolle folgte im selben Jahr die filmische Goethe-Adaption „Begegnung mit Werther“. Kurz darauf ging die Nova-Film in Konkurs.

    Seit 1949/50 war S. Oberspielleiter am Berliner Hebbel-Theater und in gleicher Funktion seit 1953/54 am dortigen Schiller-Theater und am Schloßparktheater tätig. Als Gastregisseur wirkte er insbesondere am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, wo er u. a. die dt. Erstaufführung von Jean-Paul Sartres „Der Teufel und der liebe Gott“ betreute (30. 10. 1951). Ebenfalls als dt. Erstaufführung richtete er am Schloßparktheater Samuel Becketts „Warten auf Godot“ ein (8. 9. 1953). S. gelang es, emigrierte Schauspieler wie Elisabeth Bergner und Ernst Deutsch, mit dem er Lessings „Nathan der Weise“ bei den Ruhrfestspielen zur Aufführung brachte (4. 7. 1954), wieder zu Auftritten an dt. Bühnen zu bewegen.

    Nach Gründgens’ Wechsel von Düsseldorf nach Hamburg übernahm S. am 1. 8. 1955 die Generalintendanz in Düsseldorf. Längst einer der gefragtesten Regisseure in der Bundesrepublik, überzeugte er nun nicht nur mit seinen Regiekonzepten, sondern auch mit einer Spielplandramaturgie, die für diese Phase des westdt. Theaters musterhaft wurde. In seinen Spielplänen hatte zeitgenössische Dramatik einen gleichberechtigten Platz neben dem „klassischen Erbe“. Er band erfahrene Schauspieler in seine Ensembles ein, bot aber auch jungen Schauspielern eine erste Plattform. So stand er über Jahre vermittelnd zwischen Polen, die sich im Zeichen einer gesellschaftlichen Politisierung in den 60er Jahren zunehmend als unverträglich erwiesen. Seit Ende der 50er Jahre setzte sich S. stark für franz. Autoren des surrealen Theaters ein, besonders für die Stücke Eugène Ionescus, darunter die international beachtete Uraufführung von „Die Nashörner“ am 31. 10. 1959. Mit vier Uraufführungen und einer dt. Erstaufführung der Stücke Ionescus wurde das Düsseldorfer Schauspielhaus für diesen zur wichtigsten Bühne. S. machte sich auch für weitere Dramatiker aus Osteuropa stark, in der Zeit des „Kalten Kriegs“ eine mutige und richtungweisende Entscheidung. In die Ära S. fiel auch der Neubau des Schauspielhauses, das er mit Büchners „Dantons Tod“ am 16. 1. 1970 eröffnete, begleitet von Protesten eines studentischen Publikums, das S.s Theaterverständnis für nicht mehr zeitgemäß hielt. Zwei Jahre später schied S. aus seinem Amt, blieb aber als freier Regisseur und Schauspieler bis März 1985 tätig.

  • Auszeichnungen

    A Mitgl. d. Berliner Ak. d. Künste (West) (1956);
    Gr. BVK (1959, mit Stern 1972);
    Heinrich-Heine-Plakette (1962);
    Chevalier de l`Ordre des Arts et des Lettres (1964);
    Prof. d. Landes NRW (1966);
    Komturkreuz d. schwed. Wasaordens (1969);
    Offz.kreuz d. Oranje-Nassau-Ordens (1971);
    Christian-Dietrich-Grabbe-Plakette (1972);
    Verdienstplakette d. Stadt Düsseldorf (1972);
    Mercator-Plakette d. Stadt Duisburg (1972);
    Ehrenring d. Ind.festspiele Wetzlar (1972);
    Mitgl. d. Heinrich Heine-Ges. u. d. Cartel internat. du théâtre.

    Nachlaß: u. a. 12 000 Briefe u. Postkarten im Theatermus. Düsseldorf;
    Kritiken- u. Interviewslg., Privatbes Eva Stroux.

  • Literatur

    50 J. Düsseldorfer Schausp.haus, 1955;
    H. Schwab-Felisch, Das Düsseldorfer Schausp.haus, 1970, bes. S. 33–39 (P);
    ders., K. H. S., ein dionysischer Cartesianer, in: FAZ v. 25. 2. 1978;
    ders., Der Quer- u. Langdenker, ebd. v. 8. 8. 1985;
    K. H. S., Eine Dok. d. Düsseldorfer Schausp.hauses u. d. Dumont-Lindemann-Archivs anläßl. d. K.-H.-S.Ausst. zu seinem achtzigsten Geb.tag am 25. Febr., Red. H. Riemenschneider, 1988 (P);
    C. B. Sucher, Unermüdl. Theatermacher, in: SZ v. 7. 8. 1985;
    G. G. (G. Grack), Für e. Theater d. hohen Anspruchs, in: Der Tagesspiegel v. 7. 8. 1985;
    L. Schmidt-Mühlisch, Ein gr. Wegeleger, in: Die Welt v. 7. 8. 1985;
    H. Köpke, Repräsentant d. , in: Frankfurter Rdsch. v. 8. 8. 1985;
    H. Rischbieter, in: Theater heute, Sept. 1985;
    Das Grosse Welttheater, K. H. S. 1955–1972 in: Jh. d. Schauspiels, hg. v. Theatermus. Düsseldorf, 2006;
    M.-Ch. Gay, Étude sur les quatre créations mondiales d`Eugène Ionesco par K. H. S., Mag.arb. 2010;
    Munzinger.

  • Porträts

    Fotos v. L. Strelow (Landesmus. Bonn) u. L. Bermbach (Düsseldorf, Privatbes.);
    weitere Abb. in: P. Swiridoff, Portraits aus d. geistigen Dtld., 1965.

  • Autor/in

    Wolfgang Jacobsen
  • Zitierweise

    Jacobsen, Wolfgang, "Stroux, Karl Heinz" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 583-585 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11909603X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA