Dates of Life
1885 – 1974
Place of birth
Wien
Place of death
Oxford
Occupation
Komponist ; Musikwissenschaftler ; Byzantinist
Religious Denomination
mehrkonfessionell
Authority Data
GND: 118630830 | OGND | VIAF: 77109154
Alternate Names
  • Wellesz, Egon Josef
  • Wellesz, Egon Joseph
  • Wellesz, Egon
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Objekt/Werk(nachweise)

Porträt(nachweise)

Relations

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Citation

Wellesz, Egon, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118630830.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogy

    V Samuel (Samú, Solomon Josef) (1850–1926, jüd.), aus Mór (Moor, Ungarn), Textilfabr., Kaufm., S d. Josef u. d. Cäcilie N. N.;
    M Helene (Ilona) (Löwensohn) (1857 / 58–1925, jüd.), aus Ungarn oder W., T d. Ludwig Lövenyi (Löwensohn) (um 1825–96), u. d. Sophie (Sofie) Raschowitz;
    Weißwasser (Böhmen) 1908 Emilie Francisca (Emmy) (1889–1987, seit 1916 ev.), aus W., Dr. phil., Kunsthist., ausgebildet an d. Schule v. Dr. Eugenie Schwarzwald, Lehrerin ebd., emigrierte mit d. Töchtern 1938 n. London (s. P), T d. Ludwig Stross (um 1851–1913), Verw.rat, u. d. Wilma (Vilma) Propper;
    2 T Magda (Magdalene) (1909–2006, Karl Pollaczek [Kary Pole], 1902–88, aus W.), Elisabeth (1912–95, Charles Kessler, 1913–2000, gründete 1998 d. Egon-Wellesz-Fonds b. d. Ges. d. Musikfreunde in W.), studierte an d. Ak. d. bildenden Künste.

  • Biographical Presentation

    W. absolvierte das humanistische Franz-Josephs-Gymnasium in Wien und erhielt seit 1892 Klavierunterricht durch den Pianisten und Komponisten Carl Frühling (1868–1937), der ihn später auch in Musiktheorie unterwies. Opernaufführungen und Konzerte unter der Leitung Gustav Mahlers (1860–1911) weckten den Wunsch, Komponist zu werden. Nach dem Abitur 1904 immatrikulierte sich W. zunächst für Jura, wechselte aber schon 1905 zum Studium der Musikwissenschaft bei Guido Adler (1855–1941) und nahm 1905 / 06 Kompositionsunterricht bei Arnold Schönberg (1874–1951). Darüber hinaus hörte er Vorlesungen zur Kunst- und Theatergeschichte, Philosophie und, während eines Aufenthalts in Cambridge 1906, zur engl. Literatur.

    1908 mit der Arbeit „Giuseppe Bonno, Sein Leben und seine dramatischen Werke“ (gedr. in: Sammelbde. d. Internat. Musik-Ges. 11, 1909 / 11, S. 395–442) summa cum laude promoviert, unterrichtete W. 1911–15 Musikgeschichte am Neuen Wiener Konservatorium und erhielt nach der Habilitation 1913 eine Privatdozentur für Musikgeschichte an der Univ. Wien. Hier widmete er sich einem breiten Spektrum und beschäftigte sich bald intensiv mit Musik der Gregorianik und des christlichen Orients; vom Kriegsdienst war er nach einer schweren Operation befreit. Über die Entdeckung des sog. Maqam-Prinzips, fester Melodieformeln, die W. in der serb. Musik und dann als verbindendes Prinzip der Musik aller Ostkirchen erkannte, gelang ihm 1916 die Entzifferung der mittelbyzantin. Notenschrift. Die 1920 begonnene Zusammenarbeit mit dem engl. Byzantinisten und Musikwissenschaftler Henry Julius Wetenhall Tillyard (1881–1968) und dem dän. Linguisten und Klass. Philologen Carsten Høeg (1896–1961) mündete 1931 in die von der Dän. Akademie der Wissenschaften geförderte Editionsreihe der „Monumenta Musicae Byzantinae“.

    1929 wurde W. zum ao. Prof. für Musikwissenschaft der Univ. Wien ernannt. Zeitgleich entwickelte sich W. zu einem der meistgespielten Komponisten seiner Zeit im dt.sprachigen Raum. Nach kompositorischen Anfängen mit Liedern und Klavierstücken wandte er sich in den 1920er Jahren besonders Oper und Ballett zu. Viele Werke entstanden während der Sommerurlaube, die W. 1918–34 meist in Altaussee verbrachte, wo er in freundschaftlichem Kontakt zu Jakob Wassermann (1873–1934) und Hugo v. Hofmannsthal (1874–1929) stand.

    1921 wurde die Oper „Prinzessin Girnara“ auf ein Libretto von Wassermann in Frankfurt/M. und Hannover gleichzeitig uraufgeführt, 1924 „Alkestis“ nach einem Drama von Hofmannsthal in Mannheim. Im selben Jahr erlebte das „Persische Ballett“ (auf e. Libretto der Tänzerin u. Choreographin Ellen Tels, 1885–1944) seine Uraufführung in Donaueschingen. Die erfolgreiche Premiere der Oper „Die Bakchantinnen“ 1931 in Wien unter der Leitung von Clemens Krauss (1893–1954) markiert einen Höhepunkt in W.s dramatischem Schaffen.

    1922 hatte W. gemeinsam mit seinem Schulfreund Rudolf Réti (1885–1957) die Internationalen Kammermusik-Aufführungen in Salzburg organisiert, die dann 1923 zur Gründung der „Internationalen Gesellschaft für Neue Musik“ (IGNM) führten. Seine zahlreichen internationalen Kontakte zu Musikern und Wissenschaftlern nutzte W. in verschiedenen Funktionen für die IGNM und den Österr. Komponistenbund, in dessen Vorstand er 1927–38 tätig war.

    Im Febr. 1938 wurde W.s Symphonische Suite „Prosperos Beschwörungen“ an der Wiener Staatsoper unter der Leitung Bruno Walters (1876–1962) uraufgeführt, der das Werk auch am 13. 3., dem Tag des „Anschlusses“ Österreichs, in Amsterdam und am 16. 3. in Rotterdam dirigierte. W. reiste zu diesen Konzerten an und ergriff, einer Einladung als Ehrenmitglied des Athenaeum-Clubs nach London folgend, die Chance zur Emigration. Aufgrund seiner jüd. Abstammung war er bereits seit Mitte der 1920er Jahre Anfeindungen ausgesetzt gewesen; die eigentlich anstehende Berufung auf eine o. Professur an der Wiener Univ. blieb aus. Dank seiner großen internationalen Reputation als Wissenschaftler – schon 1932 hatte ihm die Univ. Oxford die Ehrendoktorwürde verliehen – konnte W. in England rasch an seine Laufbahn als Musikforscher und Universitätslehrer anknüpfen: Er arbeitete am „New Grove’s Dictionary of Music“ mit, hielt eine Vortragsreihe in Cambridge und übersiedelte, nachdem im Sommer 1938 seine Frau und die beiden Töchter nachgekommen waren, im Herbst desselben Jahres nach Oxford. 1939 hier zum „Fellow“ am Lincoln-College ernannt, wurde er 1944 „Lecturer“, 1947 „Reader in Byzantine Music“; 1946 hatte er die brit. Staatsbürgerschaft erhalten. Eine Vortragsreise führte ihn 1954 in die USA und nach Kanada. Als einer der angesehensten Musikforscher Europas arbeitete er auch nach seiner Pensionierung 1956 weiter, u. a. als Mitherausgeber des „New Oxford History of Music“, bis ein Schlaganfall 1972 seiner Tätigkeit ein Ende setzte.

    Für den Komponisten W. bedeutete das Jahr 1938 eine tiefgreifende Zäsur. Erst nach einer Pause von fünf Jahren entstand 1943 mit dem 5. Streichquartett wieder ein musikalisches Werk. Zwischen 1945 und 1971 schrieb W. neun Symphonien, Kammermusik, geistliche Musik und Lieder, jedoch nur noch ein Bühnenwerk, die Oper „Incognita“ (1950). Zwar wurden seine Symphonien durch namhafte Orchester uraufgeführt (u. a. die 2. Symphonie 1949 bei den Wiener Festwochen), doch konnte er insgesamt nicht mehr an seine Erfolge vor 1938 anknüpfen. Trotz seiner Lehrzeit bei Schönberg und der vereinzelten Verwendung 12-töniger Strukturen blieb W. in seinem Werk der tonalen Grundlage von Melodik und Harmonik innerhalb einer expressiv-gestischen Tonsprache verbunden. In seinen Symphonien schloß er dezidiert an die reiche österr. Tradition dieser Form an, stand damit jedoch – den Konservativen zu modern, der Avantgarde zu traditionell – außerhalb der musikalischen Strömungen der Nachkriegszeit. Weithin angesehen als Musikwissenschaftler besonders für seine Forschungen auf dem Gebiet der musikalischen Byzantinistik, ist W. als Komponist erst in den letzten Jahren durch Neueinspielungen auf Tonträgern, wie z. B. eine Gesamtaufnahme der Symphonien, wieder stärker in den Blickpunkt gerückt.

  • Awards

    Weitere A u. a. Mitgl. d. Dän. Ak. d.Wiss. (1946);
    Preis d. Stadt Wien f. Musik (1953);
    Commander of the Order of the British Empire (1957);
    Gr. Silberne Medaille d. Stadt Paris (1957);
    Gr. Goldenes Ehrenzeichen d. Rep. Österr. (1959);
    Fux Medaille pro musica antiqua (1961);
    Gr. Österr. Staatspreis (1961);
    Komturkreuz d. Ordens d. Hl. Gregor d. Gr. (1961);
    Österr. Ehrenkreuz f. Wiss. u. Kunst (1971);
    korr. Mitgl. d. Serb. Ak. f. Wiss. u. Kunst (1971);
    Ehrenmitgl. d. Ges. d. Musikfreunde Wien (1973).

  • Works

    Weitere W u. a. Drei Capriccios n. Bildern v. Callot (1902 / 03);
    9 Streichquartette, 1912–66;
    Das Wunder der Diana, op. 18 (Ballett), UA Mannheim 1924;
    Achilles auf Skyros, op. 33 (Ballett), UA Stuttgart 1926;
    Scherz, List u. Rache, op. 41 (Oper), UA Stuttgart 1928;
    Oktett f. Klarinette, Fagott, Horn, Streichquartett u. Kontrabass, op. 67, 1948 / 49;
    mehrere Lieder f. Singstimme u. Ensemble oder Orchester, 1907–66;
    Violinkonzert, op. 84, 1961;
    Symphon. Epilog, op. 108, 1969;
    Vier Stücke f. Streichquartett, op. 109, 1970;
    Chorwerke, u. a. Mirabile mysterium, op. 101, 1967;
    Klaviermusik;
    Lieder f. Singstimme u. Klavier, 1910–56;
    W-Verz.: K. Eckhardt|u. H. Heher (Hg.), E. W., Kompositionen, 1995, ²1997;
    Editionen: J. J. Fux, Costanza e fortezza, 1910 (DTÖ XVII, 34 / 35);
    Trésor de Musique Byzantine, 1934;
    The Akathistos Hymn, 1957;
    Byzantin. Musik, 1959;
    weitere Schrr. u. a. Cavalli u. d. Stil d. venezian. Oper v. 1640–1660, Habil.schr. Wien 1913, gedr. in: Studien z. Musikwiss. 1, 1913, S. 1–103;
    Die Entzifferung d. byzantin. Notenschrift, in: Oriens Christianus N. S. VII, 1918, S. 97–118;
    Arnold Schönberg, 1921;
    Byzantin. Kirchenmusik, 1927;
    Die neue Instrumentation, 2 Bde., 1928 / 29;
    Eastern Elements in Western Chant, 1947;
    A Hist. of Byzantine Music and Hymnography, 1949, ²1961;
    Essays on opera, 1950;
    Early Christian Music, in: The New Oxford Hist. of Music 2, 1954, S. 1–13;
    Ancient and Oriental Music, 1957 (Hg.);
    Die Hymnen d. Ostkirchen, 1962;
    Studies in Eastern Chant, 3 Bde., 1966–73 (mit M. Velimirovic);
    The Age of Enlightenment 1745–1790, 1973 (mit F. Sternfeld);
    Autobiogr.: E. u. Emmy W., E. W., Leben u. Werk, hg. v. F. Endler, 1981 (W-Verz., P);
    Nachlaß: Österr. Nat.bibl., Wien (u. a. Komp., Korr., Photogrr., Bühnenbilder u. Figurinen, Programme, Kritiken, Totenmaske), hierzu s. G. Brosche, Der W.-Nachlaß in d. Musikslg. d. Österr. Nat.bibl., in: E. W., hg. v. O. Kolleritsch, 1986 (s. L), S. 70–76;
    Internetseite d. E.-W.-Fonds b. d. Ges. d. Musikfreunde, Wien, seit 2003 (W-Verz., Bibliogr., Diskogr., P).

  • Literature

    |H. F. Redlich, in: The Musical Quarterly 26, Nr. 1, 1940, S. 65–75;
    R. Schollum, E. W., 1964;
    Nachrufe: R. Stephan, in: Die Musikforsch. 28, 1975, S. 153 f.;
    F. Sternfeld, in: Music & Letters 56, 1975, S. 147–49;
    – M. Velimirovic, E. W. and the Study of Byzantine Chant, in: The Musical Quarterly 62, Nr. 2, 1976, S. 265–77;
    G. Schneider, E. W., Studien z. Theorie u. Praxis seiner Musik dargest. am Bsp. seiner musikdramat. Kompositionen, Diss. Innsbruck 1980;
    H. Krones u. R. Réti, E. W. u. d. Gründung d. IGNM, in: Österr. Musikzs. 37, 1982, S. 606–10;
    K. Eckhardt u. H. Heher, Bekenntnis oder Anachronismus? Zum symphon. Werk v. E. W., ebd. 54, 1999, S. 33–44;
    Zum 100. Geb.tag v. E. W., hg. v. G. Brosche, 1985;
    E. W., hg. v. O. Kolleritsch, 1986 (P);
    G. Reithofer, Zu d. Streichquartetten v. E. W., Studie z. Komp.technik unter bes. Berücksichtigung seines 8. Streichquartettes, Dipl.arb. Salzburg 1988;
    P. Revers, Zum Streichquartettschaffen v. E. W., in: Kammermusik zw. d. Weltkriegen, Symposion 1994, hg. v. C. Ottner, 1995, S. 183–97;
    D. Symons, E. W., Composer, 1997;
    P. Conway, Der Einfluß Gustav Mahlers auf d. Symphonien v. E. W., in: Nachrr. z. Mahler-Forsch. 43, Herbst 2000, S. 4–11;
    H. Krones, Gustav Mahler, Arnold Schönberg, E. W., Zur Entwicklung d. Harmonik im frühen 20. Jh., ebd., S. 12–22;
    E. W., Komp., Byzantinist, Musikwiss., Ausst.kat. Österr. Ak. d. Wiss. 2000 (W-Verz., Bibliogr., Diskogr., P);
    A. Harrandt, Die Lehrtätigkeit v. E. W. am Inst. f. Musikwiss. d. Univ. Wien, in: Wiener Musikgesch., Annäherungen – Analysen – Ausblicke, FS H. Krones, 2009, S. 611–24;
    N.-M. Wanek, E. W. in Selbstzeugnissen, Der Briefnachlass in d. Österr. Nat.bibl., 2010;
    Riemann;
    MGG (mit Suppl.);
    MGG²;
    New Grove²;
    Grove Opera;
    ÖBL;
    Österr. Musiklex.;
    Munzinger;
    Baker’s Biographical Dict. of Musicians;
    Hist. Lex. Wien;
    Piper Enz. d. Musiktheaters;
    Hdb. österr. Autoren jüd. Herkunft;
    Österr. Personenlex. (P);
    Österr. Komponisten d. Gegenwart, hg. v. H. Goertz, 1979;
    NÖB 20;
    BHdE II;
    Oxford DNB;
    LexM;
    Internetseite d. E.-W.-Fonds b. d. Ges. d. Musikfreunde, Wien, seit 2003 (W-Verz., Bibliogr., Diskogr., P).

  • Portraits

    |Öl/ Lwd. v. O. Kokoschka, 1911 (Hirshhorn Mus. and Sculpture Garden Collection, Smithsonian Institution, Washington D. C), Abb. in: Der Werkkat. d. Gem. v. Oskar Kokoschka, Fondation Oskar Kokoschka (im Internet) u. E. W., hg. v. O. Kolleritsch, 1986 (s. L), Buchcover;
    Photogrr. 1934, 1939 (mit Emmy in Oxford) u. 1968, alle abgeb. in: E. W., Leben u. Werk (s. W), n. S. 128.

  • Author

    Marion Brück
  • Citation

    Brück, Marion, "Wellesz, Egon" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 740-742 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118630830.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA