Lebensdaten
1900 – 1973
Geburtsort
Dresden (fingiert Shelby County, Tennessee, USA)
Sterbeort
Locarno (Kanton Tessin)
Beruf/Funktion
Filmregisseur
Konfession
-
Normdaten
GND: 11861472X | OGND | VIAF: 14780153
Namensvarianten
  • Siodmak, Robert

Porträt(nachweise)

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen in der NDB Genealogie

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Siodmak, Robert, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11861472X.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ignatz (jüd.), aus poln. Fam., Kaufm.;
    M Rosa Philippine Blum;
    B u. a. Curt (s. 2);
    Paris 1933 Bertha (Babs) Odenheimer ( 1973), Schausp.; kinderlos.

  • Biographie

    Nach dem Abitur nahm S. Schauspielunterricht bei Erich Ponto (1884–1957) und erhielt kleinere Rollen am Staatlichen Schauspielhaus in Dresden, später zog er mit einer Wanderbühne durch Norddeutschland. Seit 1921 arbeitete er als Buchhalter, 1924 gründete er zusammen mit seinem Bruder Kurt und dem Publizisten Franz Wolfgang Koebner (1885– n. 1955) die Illustrierte „Das Magazin“. Ein Jahr später kam S. in Kontakt mit der Filmindustrie und verdingte sich als Übersetzer von Zwischentiteln, Cutter und Regieassistent. Auf Initiative des Theaterleiters Moriz Seeler (1896–1942) und mit Gleichgesinnten wie seinem Bruder Kurt, den späteren Regisseuren Billy Wilder und Fred Zinnemann (1907–97) sowie dem Kameramann Eugen Schüfftan (1893–1977) entstand 1929 der semidokumentarische Film „Menschen am Sonntag“. Diese Beobachtung junger Menschen in der Großstadt führte zu einem überraschenden Erfolg und brachte S. einen Vertrag mit der Ufa ein. Mit dem Film „Abschied“ (1930) knüpfte er stilistisch an sein Début an, erweiterte das Dokumentarische jedoch zu einem poetischen Realismus. In den folgenden Filmen setzte sich S. intensiv mit dem Ton auseinander und lotete die dramaturgischen Möglichkeiten dieser technischen Neuerung aus. Mit der avantgardistischen Groteske „Der Mann, der seinen Mörder sucht“ (1930), dem Gerichtsdrama „Voruntersuchung“ (1931) und dem Kriminalmelodram „Stürme der Leidenschaft“ (1932) erweiterte S. seine erzählerischen Mittel und zeigte sich als begabter, effektsicherer Regisseur von Unterhaltungsstoffen. Als letzten dt. Film vor 1933 (nicht mehr für die Ufa) drehte S. die Stefan-Zweig-Verfilmung „Brennendes Geheimnis“, eine von wehmütiger Stimmung durchzogene Charakterstudie.

    Im April 1933 emigrierte S. nach Paris. In Frankreich gelang ihm eine zweite Karriere: Mit „La crise est finie!“ (1934) erzählte er die Geschichte einer Schauspieltruppe, die sich auch als die Geschichte der Emigranten und ihres Überlebenswillens interpretieren läßt. Im Aug. 1939 verließ S. Europa und ging ins amerik. Exil. Hier etablierte er sich als Thriller-Spezialist und als ein Meister des film|noir und prägte mit seinen filmischen Psychostudien das amerik. Kino der 40er Jahre. Mit „Phantom Lady“ drehte S. 1943 einen Film, dessen Schwarzweiß-Stilisierungen und großstädtischer Hintergrund auf seine klassischen Noir-Filme vorausweisen. Stilistisch brillant entwarf er in Filmen wie „The Spiral Staircase“ (1945), „The Killers“ (1946), „Cry of the City“ (1948) und „Criss Cross“ (1948) eine raffinierte Welt aus Licht und Schatten, mit fatalistischen und obsessiven Zügen. Raffinierte Rückblendenstrukturen, die sich oft alogisch zum erzählerischen Ablauf verhalten, Verwendung fiebrig dokumentarischer Außenaufnahmen und die aggressive Akzentuierung von Gewalt, die auf eine pathetische Überhöhung der Psychologie seiner Helden zielt, kennzeichnen die Filme dieser Schaffensphase.

    1951 kehrte S. nach Europa zurück. Mit „Die Ratten“ (1955) und „Nachts, wenn der Teufel kam“ (1957) gelangen ihm im Nachkriegsdeutschland zwei außergewöhnliche Produktionen. In beiden Filmen arbeitete S. aktuelle Zeitbezüge scharf heraus, verlegte Gerhart Hauptmanns dramatische Vorlage in die 50er Jahre, die Teilung Deutschlands bildete den zeithistorischen Hintergrund. In „Nachts, wenn der Teufel kam“, einem Film über einen Frauenmörder, bündelte S. noch einmal alle Möglichkeiten seines filmischen Erzählens und fand in der Auseinandersetzung mit der Justiz des „Dritten Reichs“ auch ein Sujet, das seinem Skeptizismus entsprach. Neben diesen Arbeiten in der Bundesrepublik entstanden Filme auch in Frankreich und Großbritannien, dennoch geriet S. in den 60er Jahren zunehmend ins Abseits: Die Verfilmung zweier Stoffe von Johannes Mario Simmel (1924–2009), „Mein Schulfreund“ (1960) und „L'Affaire Nina B.“ (1961), beide Auseinandersetzungen mit der jüngeren Vergangenheit, scheiterten künstlerisch und endeten mit Differenzen zwischen Regisseur und Autor. Endgültig kompromittierte sich S. mit uninspirierten Abenteuerfilmen, bis er sich Ende der 60er Jahre aus dem Filmgeschäft zurückzog und im schweizer. Ascona, wo er seit 1955 lebte, endgültig seßhaft wurde.

  • Auszeichnungen

    Goldene Schale (bester abendfüllender Spielfilm), Filmband in Silber (bester Spielfilm mit bes. staatspol. Gehalt) u. Filmband in Gold (beste Regie) (1958) sowie Preis d. Filmfestivals v. Karlsbad (beste Regie) (1958), alles f. „Nachts, wenn d. Teufel kam“;
    Filmband in Gold f. langjähriges u. hervorragendes Wirken im dt. Film (1971).

  • Werke

    Weitere W u. a. Quick, 1932;
    La Vie Parisienne, 1935;
    Mister Flow, 1936;
    Cargaison blanche/Le Chemin de Rio, 1936;
    Mollenard/Capitaine corsaire, 1937;
    Pièges, 1939;
    West Point Widow, 1940/41;
    The Night before the Divorce, 1941/42;
    My Heart belongs to Daddy, 1942;
    Son of Dracula, 1943;
    Cobra Woman, 1943;
    The Suspect, 1944;
    Uncle Harry/The Strange Affair of Uncle Harry, 1945;
    The Dark Mirror, 1946;
    Time out of Mind, 1946/47;
    The Great Sinner, 1948/49;
    Thelma Jordan/The File of Thelma Jordan, 1949;
    The Crimson Pirate, 1951/52;
    Le Grand Jeu/Il Grande Giuoco, 1953/54;
    Dorothea Angermann, 1958;
    The Rough and the Smooth, 1959;
    Katia, 1959;
    Tunnel 28/Escape from East-Berlin, 1962;
    Der Schut, 1964;
    Der Schatz der Azteken, 1964/65;
    Die Pyramide d. Sonnengottes, 1964/65;
    Custer of the West/A Good Day for Fighting, 1966/67;
    Kampf um Rom, 1968/69;
    Autobiogr.:
    R. S., Zw. Berlin u. Hollywood, Erinnerungen e. gr. Filmregisseurs, hg. v. H. C. Blumenberg, 1980.

  • Literatur

    D. Dürrenmatt, R. S. 1900–1973, 1973;
    G. Knorr, R. S. (1900–1973), in: Filmkundl. Hh., Nr. 1–2, 1973;
    H. Dumont, R. S., Le maitre du film noir, 1981;
    W. Jacobsen u. H. H. Prinzler (Hg.), S. Bros., 1998 (Ill., Filmo-, Bibliogr.);
    D. Lazaroff Alpi, R. S., 1998;
    P. W. Jansen, Meister d. schwarzen Serie, Zum 100. Geb.tag d. Filmregisseurs R. S., in: NZZ v. 8. 8. 2000;
    BHdE II;
    CineGraph;
    Munzinger;
    Juden in Berlin;
    Fernsehdok.:
    H. Gautschy, Bei sich zu Haus in Ascona: R. S., Filmregisseur, 1971;
    N. Grob, Alle Tage ist kein Sonntag, R. S. u. seine Filme, 1998.

  • Autor/in

    Wolfgang Jacobsen
  • Zitierweise

    Jacobsen, Wolfgang, "Siodmak, Robert" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 475-476 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11861472X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA