Lebensdaten
1855 – 1926
Geburtsort
Bayreuth
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Literaturhistoriker ; Philologe ; Literarhistoriker ; Hochschullehrer
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 11718165X | OGND | VIAF: 64777219
Namensvarianten
  • Muncker, Franz
  • Munker, Franz

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Muncker, Franz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11718165X.html [08.10.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Theodor v. M. (s. 1);
    1890 Magdalena, T d. Hermann Kaula ( 1876) aus Harburg b. Hamburg, Bankier in M., u. d. Emilie Ettlinger (1833–1912) aus Karlsruhe, Gesangslehrerin in M. (s. BJ 17); Schwager Friedrich Kaula, Papierfabr.; kinderlos.

  • Biographie

    Nach dem Gymnasialexamen immatrikulierte sich M. zum Wintersemester 1873/74 an der Univ. München; hier hat er sein gesamtes akademisches Leben verbracht. M. widmete sich vor allem philologischen und historischen Studien; seine wichtigsten Lehrer waren Konrad Hofmann für altdeutsche und altromanische Sprachen und Literatur und Michael Bernays für neuere Sprachen und Literatur, beide waren Verfechter einer an der Lachmannschen Methode der Textkritik orientierten strengen Philologie. M.s Forschungen konzentrierten sich schon früh aufs 18. Jh., wobei eine 1875 von der Münchener Philosophischen Fakultät ausgeschriebene Preisaufgabe über Lessings Verhältnis zu Klopstock die Weichen gestellt hat; die Schrift, mit der M. 1876 den Preis gewann, blieb zunächst ungedruckt. Mit einer zwei Bogen umfassenden Charakteristik Klopstocks promovierte M. 1878. Die Habilitation für Geschichte der deutschen Literatur erfolgte 1879 mit einer Studie „Über zwei kleinere deutsche Schriften Aventins“ (1879). Zum Wintersemester 1879/80 nahm M. als Privatdozent die Lehrtätigkeit an der Univ. München auf. 1890 wurde er als Nachfolger von Bernays ao. Professor für „neuere, insbesondere deutsche Literaturgeschichte“ (o. Prof. 1896). M. lehrte hier 47 Jahre lang, bis zum Sommersemester 1926.

    M.s äußerlich ereignisarmes Leben war der unermüdlichen Tätigkeit in Forschung und Lehre gewidmet, in deren Zentrum jene beiden Namen standen, die schon im Titel der frühen Preisschrift erscheinen: Klopstock und Lessing. Als Buch erschien „Lessings persönliches und literarisches Verhältnis zu Klopstock“ 1880 nach ausgedehnten Archivstudien, die M. bereits „als Vorarbeiten für eine Biographie und kritische Ausgabe des Dichters“ betrachtete. Während der Plan einer kritischen Klopstock-Ausgabe unverwirklicht blieb – immerhin konnte M. 1883 einen Neudruck der ersten drei Gesänge des „Messias“ und 1889 mit Jaro Pawel eine zweibändige kritische Edition von Klopstocks Oden vorlegen –, wurde die große Biographie „Friedrich Gottlieb Klopstock, Geschichte seines Lebens und seiner Schriften“ (1888, ²1900) M.s bedeutendste literaturgeschichtliche Leistung. Das Werk weist die typischen Vorzüge, aber auch die Nachteile der großen Dichterbiographien des Positivismus auf: Der auf einer souveränen Kenntnis der gedruckten und ungedruckten Quellen beruhenden Darstellung der Biographie, der Werkgeschichte und der literaturgeschichtlichen Einflüsse stehen eine weitgehende Abstinenz gegenüber der interpretatorischen Werkanalyse und die Tendenz entgegen, bei der ästhetischen Wertung die Maßstäbe der Goethezeit absolut zu setzen. M.s dem Wissenschaftsprogramm des Positivismus entsprechende Neigung zur Biographie hat ihren Niederschlag außerdem in zahlreichen Artikeln für die ADB und in kleineren Büchern über „Johann Kaspar Lavater“ (1883), „Friedrich Rückert“ (1890) und „Richard Wagner“ (1891) gefunden. Als Sohn des Bayreuther Bürgermeisters, der sich große Verdienste um den Bau des Festspielhauses erworben hatte, erhielt M. schon in seiner Jugend wesentliche geistige und künstlerische Anregung durch Wagner.

    M.s zweite bedeutende Leistung ist seine grundlegende Erneuerung von Karl Lachmanns Lessing-Ausgabe (23 Bde., 1886–1924), die ihn über vier Jahrzehnte beschäftigt hat. Sie ist das Werk eines einzelnen, der das gesamte handschriftliche und gedruckte Material geprüft und die Lesarten der älteren Ausgaben im Variantenapparat verzeichnet hat. Zahlreiche andere editorische Unternehmungen haben die Arbeit an der Lessing-Ausgabe begleitet. So gab M. 1882 Wielands bisher unveröffentlichtes Epenfragment „Hermann“ (Dt. Litt.denkmale d. 18. Jh., Bd. 6) heraus, und in Joseph Kürschners „Deutscher National-Literatur“ besorgte er die Bände 43/44 (Bremer Btrr., 1882) und 45 (Anakreontiker u. preuß.-patriotische Lyriker, 1894). Die Betreuung verschiedener populärer Leseausgaben – u. a. von Kleists (1882), Wielands (1889) und Immermanns Werken (1897) sowie des Schiller-Goethe-Briefwechsels (1893) in der Cottaschen Bibliothek der Weltliteratur – trug ihm gelegentlich den Vorwurf ein, er ediere allzu „gewerbsmäßig“ (Erich Schmidt).

    Als Bibliograph wirkte M. an der 3. Auflage von Goedekes „Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung“ mit, wo er u. a. den Lessing- und den Klopstock-Paragraphen übernahm. Seine umfassende Kenntnis der deutschen Literatur fand ihren Niederschlag in zahlreichen großen Abhandlungen, die in den Sitzungsberichten der Bayer. Akademie der Wissenschaften erschienen sind; in ihnen tritt freilich die theoretische und interpretatorische Erschließung zugunsten der breiten Materialerhebung zurück („Anschauungen vom engl. Staat u. Volk in d. dt. Lit. d. letzten 4 Jh.“, T. 1, 1918, T. 2, 1925). – Während M. selbst in seinen Hauptarbeitsgebieten Edition, Biographie und Bibliographie dem Positivismus verpflichtet blieb, vertrat er doch die Auffassung, daß die Literaturgeschichte mit ihrer Aufgabe, „den Werdegang des geistigen Lebens der Völker“ zu erkennen, die „engeren Schranken der Philologie“ überschreite und sich als eine „Grenzwissenschaft“ darstelle, „die zwischen Philosophie, Philologie und Geschichte in der Mitte liegt, sich nahe mit Kunst- und Musikgeschichte berührt und gleich ihnen einen wichtigen Teil der allumfassenden Kulturgeschichte bildet“ („Wandlungen in den Anschauungen über Poesie während der zwei letzten Jh.“, 1906). Dies erklärt, weshalb aus M.s großem Schülerkreis, der ihm Festschriften zum 60. und 70. Geburtstag gewidmet hat („Abhh. z. dt. Lit.gesch.“, 1916; „Die Ernte“, 1926), führende Repräsentanten der geistesgeschichtlichen Neuorientierung der Germanistik seit ca. 1910 hervorgegangen sind (u. a. Rudolf Unger, Christian Janentzky, Fritz Strich).|

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Bayer. Ak. d. Wiss. (ao. 1901, o. 1906);
    Michaelsorden III. Kl. (1911);
    GHR (1917).

  • Werke

    Weitere Abhh. in d. SB d. Bayer. Ak. d. Wiss. u. a.: Die Gralssage b. einigen Dichtern d. neueren dt. Litt., 1902;
    Wielands „Pervonte“, 1903;
    Zu Schillers Dichtungen, 1906;
    Über einige Vorbilder f. Klopstocks Dichtungen, 1908;
    Neue Lessing-Funde, 1915.– Hrsg.: Forschungen z. neueren Lit.gesch. (1896 ff.).

  • Literatur

    C. v. Kraus, in: Jb. d. Bayer. Ak. d. Wiss. 1926, S. 14-21 (L);
    H. H. Borcherdt, in: Bayer. Bildungswesen, 1, 1927, S. 195-202;
    J. Petersen, in: ZDP 53, 1928, S. 89-98 (Verz. v. M.s Lehrveranstaltungen);
    R. A. Müller, Aspekte z. Gesch. d. dt. Philol. an d. Univ. Ingolstadt-Landshut-München (1799–1949), in: Die Ludwig-Maximilians-Univ. in ihren Fakultäten, hrsg. v. L. Boehm u. J. Spörl, II, 1980, S. 236-38;
    M. Bonk, Dt. Philol. in München, 1995.

  • Porträts

    F. Behrend, Gesch. d. dt. Philol. in Bildern, 1927, S. 62;
    Phot. in: Geist u. Gestalt, Biogr. Btrr. z. Gesch. d. Bayer. Ak. d. Wiss., III, 1959, Nr. 185;
    Phot. in: P. Boden u. B. Fischer, Der Germanist J. Petersen (1878–1941), 1994, S. 35.

  • Autor/in

    Ernst Osterkamp
  • Zitierweise

    Osterkamp, Ernst, "Muncker, Franz" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 585-587 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11718165X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA