Lebensdaten
1893 – 1943
Geburtsort
Chur (Schweiz)
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Musikwissenschaftler ; Widerstandskämpfer ; Mitglied der Widerstandsgruppe Weisse Rose ; Volksliedforscher ; Psychologe ; Philosoph
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118810081 | OGND | VIAF: 47057469
Namensvarianten
  • Huber, Kurt
  • Huber, Kurt Ivo Theodor
  • Huber, Kurt Theodor
  • mehr

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Zitierweise

Huber, Kurt, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118810081.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Theodor (1849–1911), Prof. a. d. Handelshochschule Stuttgart, S d. Lehrers Clemens in Kempten (aus Lehrer-, Mesner- u. Organistenfam.) u. d. Kreszenz Ott;
    M Catharina (1861–1932), T d. Richard Jakobi (1825–69), Gründer d. Jakobischen Handelsschule in Kempten, u. d. Franziska Brinz;
    Groß-Om Alois Rr. v. Brinz ( 1887), Jurist u. Politiker (s. NDB II);
    - München 1929 Clara (* 1908), T d. Arztes Dr. Joh. Nepomuk Schlickenrieder u. d. Therese Höchtl;
    1 S, 1 T.

  • Biographie

    H. wuchs von seinem 4. Lebensjahr an in Stuttgart auf, wohin die Familie übergesiedelt war. Während seiner Gymnasialzeit, 1903–11, erhielt der vielseitig begabte und außergewöhnlich musikalische H. Musikunterricht von den Eltern. Kinderlähmung hinterließ bleibende körperliche Beeinträchtigung. Ab 1912 studierte er an der Universität München Musikwissenschaft (besonders bei Kroyer), als Nebenfächer Systematische Philosophie und Physik (Röntgen) und promovierte 1917. 1920 wurde er hier Assistent am Psychologischen Institut (Erich Becher) und habilitierte sich im selben Jahr mit einer musikpsychologischen Arbeit für Psychologie und Philosophie. 1926 wurde er außerordentlicher Professor mit Lehraufträgen für experimentelle und angewandte Psychologie, später auch für Ton- und Musikpsychologie und Psychologische Volksliedkunde, ab 1933 auch für Methodenlehre. H. wirkte bis zu seinem Tod in München, mit Ausnahme einer kurzen Tätigkeit in Berlin (1937/38) als Leiter des Volksliedarchivs, die er – verursacht durch seine mit dem Nationalsozialismus unvereinbaren, das Volkslied, besonders auch im Zusammenhang mit der katholischen Tradition betreffenden Überzeugungen – wieder aufgeben mußte. Seit Sommer 1942 in Verbindung mit den Geschwistern Scholl und deren Freunden („Weiße Rose“), verfaßte er das am 18.2.1943 im Lichthof der Universität München abgeworfene, zum Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime auffordernde Flugblatt, das den Anlaß zu seiner Festnahme am 27.2. und späteren Hinrichtung gab.

    Von seiner anfänglichen musikhistorischen Beschäftigung führte H.s wissenschaftlicher Weg über ton- und musikpsychologische Untersuchungen und über vorübergehende gelegenheitsbedingte musikethnologische Studien zur Volksliedkunde. Hier konnte er sich in Musik, Psychologie, Mathematik, Logik und Geschichte, diese Gebiete in der ihn kennzeichnenden Weise verknüpfend, betätigen. Mit dem seinem Wesen eigenen missionarischen Zug setzte er sich für das Volkslied ein. 1925, beauftragt von der Deutschen Akademie in München, begann H., seit 1928 in enger Zusammenarbeit mit dem bayerischen Volksliedsänger und -sammler Paul Kiem („Kiem Pauli“), Volkslieder in Altbayern zu sammeln und zu erforschen. Das gemeinsame Anliegen der bayerischen Volksmusik bestimmte auch seine Freundschaft mit Carl Orff. Später unternahm er auch Volkslied-Forschungsreisen auf den Balkan und nach Südfrankreich. Das Volkslied sah er als Ausdruck eines historisch gewordenen Volkstums an, danach richtete er die Arbeitsmethode aus. Ihm schwebte eine „Psychologische Volksliedkunde oder Typologie des deutschen Volksliedes“ vor. Das systematische Erfassen der Melodien und ihre Katalogisierung führten ihn im Zusammenhang mit der Gestalt- und Tonraumbestimmung zu Fragen logischer (auch mathematischer) Natur. Starke Anregungen gingen von ihm aus für eine lebendige Volksliedpflege als eine notwendige praktische Ergänzung und eigentliche Rechtfertigung der theoretischen Beschäftigung mit dem Volkslied. Die 1930 eingeführten Preissingen betrachtete er als eine Möglichkeit in dieser Richtung. – Im philosophischen Bereich behandelte er geschichtliche und systematische Themen, darunter besonders allgemeine Ästhetik und Musikästhetik. Leibnizens Philosophie (besonders auch mathematische Logik) beschäftigte ihn, vorwiegend in der späteren Zeit, stark. In Leibniz, dem Philosophen und universalen Geist, erblickte er einen Leitstern für sich und allgemein für die Gegenwart.

  • Werke

    u. a. Ivo de Vento, Ein Btr. z. Musikgesch. d. 16. Jh., 1918 (Diss., I. T., II. T. im Nachlaß);
    Der Ausdruck musikal. Elementarmotive, Eine experimental-psychol. Unters., 1923 (Habil.schr.);
    Oberbayer. Volkslieder, hrsg. mit P. Kiem, 1930, ²1935;
    Das Weihnachtslied in Oberbayern vor 50 J., Zur Liedgeogr. u. musikal. Stilkritik v. A. Hartmanns Sammelwerk, in: Staat u. Volkstum, Festgabe f. K. A. v. Müller, 1933;
    Über e. physikal. Beweisführung v. W. Köhlers Vokaltheorie, in: Archiv f. d. ges. Psychol. 92, 1934;
    Die Vokalmischung u. d. Qualitätensystem d. Vokale, ebd. 91, 1934;
    Altbayer. Liederbuch f. Jung u. Alt, hrsg. mit Kiem Pauli, 1936;
    Herders Begründung d. Musikästhetik, I. T.: Die phil. Grundlagen v. Herders Musikästhetik, in: Archiv f. Musikforschung 1, 1936;
    Die volkskundl. Methode in d. Volksliedforschung, ebd. 3, 1938 (T. I u. II;
    T. III im Nachlaß);
    Musik d. Landschaft, Volksmusik in neuen Sätzen (mit C. Orff), 1942. - Aus d. Nachlaß veröff.:
    Leibniz u. wir, in: Zs. f. phil. Forschung 1, 1946;
    Leibniz, 1951;
    Ästhetik, 1954;
    Musik-Ästhetik, 1954;
    Grundbegriffe d. Seelenkde., 1955;
    Aufsätze z. Volksliederkde., 1956;
    Niederbair. Liederbuch (mit L. Simbeck), hrsg. v. Clara Huber (o. J.).

  • Literatur

    W. H. Rubsamen, K. H. of Munich, in: Musical Quarterly 30, 1944;
    K. H. z. Gedächtnis, hrsg. v. Clara Huber, 1947 (W, P);
    O. Ursprung, in: Die Musikforschung 1, 1948 (P);
    Das Gewissen steht auf, 64 Lb. a. d. dt. Widerstand, ges. v. A. Leber, ⁸1959;
    I. Scholl, Die weiße Rose, 1961;
    MGG VI (W, L);
    Riemann.

  • Autor/in

    Thrasybulos G. Georgiades
  • Zitierweise

    Georgiades, Thrasybulos G., "Huber, Kurt" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 697-698 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118810081.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA