Lebensdaten
1921 – 1945
Geburtsort
Wien
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Widerstandskämpfer ; Student
Konfession
evangelisch-lutherisch
Normdaten
GND: 119477904 | OGND | VIAF: 3281594
Namensvarianten
  • Leipelt, Hans Konrad
  • Leipelt, Hans
  • Leipelt, Hans Konrad
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Zitierweise

Leipelt, Hans, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119477904.html [29.03.2024].

CC0

  • Hans Leipelt setzte nach dem Tod der Geschwister Scholl die Arbeit der „Weißen Rose“ fort, indem er deren Flugblätter verbreitete. In München und Hamburg vielfältig für den Widerstand aktiv, wurde er 1943 verhaftet, 1944 zum Tode verurteilt und im Folgejahr hingerichtet.

    Lebensdaten

    Geboren am 18. Juli 1921 in Wien
    Gestorben am 29. Januar 1945 in München
    Grabstätte Sammelgrab „KZ Ehrenhain II“, Friedhof am Perlacher Forst (1954 Überführung der sterblichen Überreste von 94 Menschen aus bis dahin anonymen Grabstellen) in München
    Konfession evangelisch-lutherisch
    Hans Leipelt (InC)
    Hans Leipelt (InC)
  • Lebenslauf

    18. Juli 1921 - Wien

    1930 - 1935 - Hamburg

    Schulbesuch (1935 Schulabgang wegen politischer Konflikte)

    Stresemann-Realgymnasium

    1935 - 1936 - Wien

    Schulbesuch

    1938 - Hamburg-Wilhelmsburg

    Abitur

    Oberschule für Jungen und Mädchen

    1938 - 1939

    Reichsarbeitsdienst (Errichtung des Westwalls) und Militärdienst

    1939 - 1940 - Polen; Frankreich

    Kriegsdienst

    2. Kompanie des Infanterie-Regiments 69

    29.8.1940

    Entlassung aus der Wehrmacht als „Mischling 1. Grades“

    1940 - 1943 - Hamburg; München

    Studium der Chemie

    Universität

    1942 - Hamburg

    Erhalt und Verbreitung mindestens des dritten Flugblatts der „Weißen Rose“

    1943 - München; Hamburg

    Weiterverbreitung des sechsten Flugblatts der „Weißen Rose“; Geldsammlungen für die Familie Kurt Hubers (1893–1943)

    8.10.1943 - München

    Verhaftung

    Gestapo

    13.10.1944 - Donauwörth

    Prozess und Verurteilung zum Tode

    Volksgerichtshof

    29.1.1945 - München

    Vollstreckung des Todesurteils

    Gefängnis München-Stadelheim

    29. Januar 1945 - München
  • Genealogie

    Vater Konrad Leipelt 1886–1942 römisch-katholisch; Dipl.-Ing. aus Neisse (Preußen); Studium am Polytechnikum in Berlin; 1914 Aufenthalt in den USA, Rückkehr und Teilnahme am Ersten Weltkrieg; zuletzt Technischer Direktor der Zinnwerke in Hamburg-Wilhelmsburg.
    Großvater väterlicherseits Anton Leipelt Eisenbahnbetriebssekretär
    Großmutter väterlicherseits Maria Leipelt, geb. Wiesig
    Mutter Katharina Leipelt, geb. Baron 1892–1943 Studium in Wien, promovierte Chemikerin; 1918 Konversion vom jüdischen zum evangelischen Glauben; Oktober 1920 Heirat mit Konrad Leipelt in Wien; als „jüdische“ Witwe seit Herbst 1942 dienstverpflichtet in einer Harburger Futtermittelfabrik; Suizid in Gestapohaft am 9.12.1943
    Großvater mütterlicherseits Arnold Baron 1860–1939 aus Boskowitz in Mähren (heute Boskovice, Tschechien), Kaufmann; seit ca. 1898 mit der Familie in Wien; 1938 Flucht nach Brünn (heute Brno, Tschechien)
    Großmutter mütterlicherseits Hermine Baron, geb. Löw 1867–1943 1939 nach dem Tod des Ehemanns Übersiedlung von Brünn nach Hamburg; 1942 Deportation in das Ghetto Theresienstadt, dort verstorben
    Schwester Maria Christine Leipelt 1925–2008 Widerstandskämpferin; 1943–1945 Inhaftierung; 1946 Emigration in die USA; 5.2.1949 Heirat mit dem Physiker William Bade (1928–2005), seither Maria Leipelt Bade; 1960 Ph.D. in Biochemistry (Yale University), 1967–1993 Professorin am Biology Department des Boston College
    Heirat keine
    Kinder keine
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Leipelt, Hans (1921 – 1945)

    • Vater

      Konrad Leipelt

      1886–1942

      römisch-katholisch; Dipl.-Ing. aus Neisse (Preußen); Studium am Polytechnikum in Berlin; 1914 Aufenthalt in den USA, Rückkehr und Teilnahme am Ersten Weltkrieg; zuletzt Technischer Direktor der Zinnwerke in Hamburg-Wilhelmsburg.

      • Großvater väterlicherseits

        Anton Leipelt

        Eisenbahnbetriebssekretär

      • Großmutter väterlicherseits

        Maria Leipelt

    • Mutter

      Katharina Leipelt

      1892–1943

      Studium in Wien, promovierte Chemikerin; 1918 Konversion vom jüdischen zum evangelischen Glauben; Oktober 1920 Heirat mit Konrad Leipelt in Wien; als „jüdische“ Witwe seit Herbst 1942 dienstverpflichtet in einer Harburger Futtermittelfabrik; Suizid in Gestapohaft am 9.12.1943

      • Großvater mütterlicherseits

        Arnold Baron

        1860–1939

        aus Boskowitz in Mähren (heute Boskovice, Tschechien), Kaufmann; seit ca. 1898 mit der Familie in Wien; 1938 Flucht nach Brünn (heute Brno, Tschechien)

      • Großmutter mütterlicherseits

        Hermine Baron

        1867–1943

        1939 nach dem Tod des Ehemanns Übersiedlung von Brünn nach Hamburg; 1942 Deportation in das Ghetto Theresienstadt, dort verstorben

    • Schwester

      Maria Christine Leipelt

      1925–2008

      Widerstandskämpferin; 1943–1945 Inhaftierung; 1946 Emigration in die USA; 5.2.1949 Heirat mit dem Physiker William Bade (1928–2005), seither Maria Leipelt Bade; 1960 Ph.D. in Biochemistry (Yale University), 1967–1993 Professorin am Biology Department des Boston College

    • Heirat

      • Großmutter mütterlicherseits

        Hermine Baron

        1867–1943

        1939 nach dem Tod des Ehemanns Übersiedlung von Brünn nach Hamburg; 1942 Deportation in das Ghetto Theresienstadt, dort verstorben

  • Biografie

    alternativer text
    Hans Leipelt (rechts im Vordergrund) (InC)

    Leipelt wuchs in einem gut situierten und weltoffenen Elternhaus in Wien und Hamburg auf. Er besuchte seit 1930 das Stresemann-Realgymnasium in Hamburg-Harburg, wo er nach der nationalsozialistischen Machtübernahme in Konflikt mit der neuen Schulwirklichkeit geriet und das Gymnasium zum Ende des Schuljahrs 1935 verlassen musste. Von seinen Eltern anschließend für ein knappes Jahr nach Wien zu den Großeltern geschickt, erhielt Leipelt im März 1938 das Abitur an einer Oberschule in Hamburg-Wilhelmsburg, wo seine Familie inzwischen lebte. Der Tod seines Onkels und Paten Otto Baron (1888–1938), der nach Gestapohaft in Wien zum Schutz seiner Familie Suizid begangen hatte, prägte ihn tief. Diskussionen bei Besuchen der Verwandtschaft in Brünn (heute Brno, Tschechien) schärften sein politisches Denken.

    Von April bis Oktober 1938 leistete Leipelt Reichsarbeitsdienst beim Bau des Westwalls und absolvierte danach seinen Militärdienst. Seit Beginn des Zweiten Weltkriegs in Polen als Frontsoldat eingesetzt, begann im Juni 1940 in Frankreich seine Freundschaft mit Karl Ludwig Schneider (1919–1981), der sich später ebenfalls dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus anschloss.

    Im August 1940 wurde Leipelt als „Mischling ersten Grades“ aus der Wehrmacht entlassen und erhielt zum Wintertrimester 1940 eine Ausnahmegenehmigung des Reichsjustizministeriums für ein Chemiestudium an der Hansischen Universität Hamburg. Hier zunehmender antisemitischer Diskriminierung ausgesetzt, wechselte er zum Wintersemester 1941/42 an das von Heinrich Wieland (1877–1957) geleitete Chemische Staatslaboratorium der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er u. a. die Studentin Marie-Luise Jahn (1918–2010) kennenlernte.

    Aufgrund der Deportation seiner Großmutter und des plötzlichen Todes seines Vaters hielt sich Leipelt in der zweiten Jahreshälfte 1942 überwiegend in Hamburg auf, intensivierte hier seine konspirativen Kontakte und erhielt Ende 1942 durch Schneider Kenntnis vom dritten Flugblatt der „Weißen Rose“. Zurück in München, erreichte ihn im Februar 1943 das sechste Flugblatt der „Weißen Rose“, das er, unterstützt von Jahn, Lieselotte Dreyfeldt (1921–2018), Mirjam David (1917–1975) und weiteren, in zahlreichen Abschriften an der Universität und in der Stadt verteilte.

    Zu Ostern 1943 brachte Leipelt das sechste Flugblatt und weiteres Material, darunter einen Bericht über studentische Unruhen anlässlich einer Rede des Gauleiters Paul Giesler (1895–1945) im Deutschen Museum, mit nach Hamburg. Hier verstärkte er mit Schneider und weiteren Regimegegnern die Anstrengungen, effektivere Formen des Widerstands zu organisieren. Zugleich sammelte Leipelt Geld zur Unterstützung der Familie des zum Tode verurteilten Musikwissenschaftlers und Widerstandskämpfers Kurt Huber (1893–1943).

    Leipelt wurde am 8. Oktober 1943 in München wegen dieser Geldsammlungen festgenommen und im Polizeigefängnis in der Ettstraße inhaftiert. Er sah sich denselben Vernehmern gegenüber, die schon die Geschwister Scholl verhört hatten. Seit dem 3. Dezember 1943 wartete er im Gefängnis München-Stadelheim auf die am 13. Oktober 1944 stattfindende Verhandlung des Volksgerichtshofs in Donauwörth, der ihn „wegen Vorbereitung zum Hochverrat in Tateinheit mit Wehrkraftzersetzung, Feindbegünstigung und Rundfunkverbrechen“ zum Tode verurteilte.

    Nach der Vollstreckung des Urteils am 29. Januar 1945 im Gefängnis München-Stadelheim wurde Leipelts Leichnam in einem anonymen Reihengrab auf dem Friedhof am Perlacher Forst nahe der Hinrichtungsstätte begraben. Obwohl Mitverfolgte wie Valentin Freise (1918–2002), Franz Treppesch (1905–1970) und Schneider sowie der Gefängnispfarrer Karl Alt (1897–1951) früh auf sein mutiges Handeln aufmerksam machten, fand Leipelt in der Rezeptionsgeschichte der „Weißen Rose“ lange keinen Platz.

  • Auszeichnungen

    1946 Universität München, Marmortafel von Theodor Georgii (1883–1963)
    1958 Universität München, Bronze-Relief im Lichthof
    1963 Hans-Leipelt-Straße, München-Freimann
    1964 Leipelt-Straße, Hamburg-Wilhelmsburg
    1971 Gedenkplatte im Foyer des Auditorium maximum der Universität Hamburg
    1984 Hans-Leipelt-Haus, Evangelische Jugend München
    Hans-Leipelt-Straße, Donauwörth
    1995 Hans-Leipelt-Schule. Staatliche Fachoberschule und Berufsoberschule Donauwörth
    2000 Hans-Leipelt-Seminarraum auf dem HighTech Campus der Fakultät für Chemie und Pharmazie der Universität München mit Gedenktafel
    2015 Hans-Leipelt-Foyer im Haus F der Fakultät für Chemie und Pharmazie der Universität München
  • Quellen

    Nachlass:

    nicht bekannt.

    Weitere Archivmaterialien:

    Staatsarchiv Hamburg, 731-8_A 761 Leipelt, Hans. (Zeitungsausschnittsammlung)

    Archiv des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin, München, ZS 3065. (Zeugenschrifttum Valentin Freise) (Onlineressource)

    Gedruckte Quellen:

    Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945, Bd. 11, bearb. v. Lisa Hauff, 2020, S. 496–498. (Gnadengesuch Leipelts v. 29.10.1944)

    Barbara Günther/Ulf Bollmann/Rita Bake, Stolpersteine in Hamburg-Harburg und Hamburg-Wilhelmsburg. Biografische Spurensuche, 2012, S. 289. (Abschiedsbrief Leipelts an seine Schwester Maria v. 29.1.1945)

  • Literatur

    Karl Alt, Todeskandidaten. Erlebnisse eines Seelsorgers im Gefängnis München-Stadelheim mit zahlreichen im Hitlerreich zum Tode verurteilten Männern und Frauen, 1946, S. 91–94.

    Vereinigung der Antifaschisten und Verfolgten des Naziregimes Hamburg e.V. (Hg.), „Candidates of humanity“. Dokumentation zur Hamburger Weißen Rose anlässlich des 50. Geburtstages von Hans Leipelt, bearb. v. Ursel Hochmuth, 1971.

    Karl Ludwig Schneider, Ansprache aus Anlass der 40-jährigen Wiederkehr der „Reichskristallnacht“ am 9. November 1978 an der Gedenkplatte für die Toten der „Hamburger Weißen Rose“ im Auditorium maximum der Universität Hamburg, in: ZAS – Zentralblatt für den Ausbildungssektor, Nr. 10, Dezember 1978, S. 3.

    Ursel Hochmuth/Gertrud Meyer, Streiflichter aus dem Hamburger Widerstand 1933–1945, 21980.

    Angela Bottin, ENGE ZEIT. Spuren Vertriebener und Verfolgter der Hamburger Universität, 1992 (darin Erstveröffentlichung des handschriftlichen Gnadengesuchs von Leipelt).

    Marie-Luise Schultze-Jahn: „… und ihr Geist lebt trotzdem weiter!“ Widerstand im Zeichen der Weißen Rose, 2003.

    Hans-Ulrich Wagner (Hg.), Hans Leipelt und Marie-Luise Jahn. Studentischer Widerstand in der Zeit des Nationalsozialismus am Chemischen Staatslabor der Universität München, 2003.

    Klaus Möller, Biografien zu Hermine Baron, Hans Leipelt und Dr. Katharina Leipelt, in: Barbara Günther/Ulf Bollmann/Rita Bake, Stolpersteine in Hamburg-Harburg und Hamburg-Wilhelmsburg. Biografische Spurensuche, 2012, S. 283–290.

    Simone König, Die Gedenkveranstaltungen zur Erinnerung an den Widerstand der Weißen Rose an der Ludwig-Maximilians-Universität München von 1945 bis 1968, 2017.

    Angela Bottin, „Ich zähle mehr als meine Jahre ...“. Hans K. Leipelt. Vortrag zum 75. Todestag in der Hans-Leipelt-Schule Donauwörth vom 29. Januar 2020. (einsehbar u. a. in der DenkStätte der Weiße-Rose-Stiftung e. V. in München)

    Angela Bottin, ENGE ZEIT – Spuren Vertriebener und Verfolgter der Hamburger Universität 1933 bis 1944, Neuauflage des Ausstellungskatalogs von 1991 mit einer Einleit. v. Angela Bottin, 2021.

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    zwei Fotografien, 1941/42, Weiße-Rose-Stiftung e. V., München.

    Fotografien, Privatarchiv Angela Bottin, Hamburg. (teilweise veröffentlicht in: Angela Bottin, ENGE ZEIT – Spuren Vertriebener und Verfolgter der Hamburger Universität 1933 bis 1944, Neuauflage des Ausstellungskatalogs von 1991 mit einer Einleit. v. Angela Bottin, 2021)

  • Autor/in

    Angela Bottin (Hamburg)

  • Zitierweise

    Bottin, Angela, „Leipelt, Hans“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/119477904.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA