Lebensdaten
1879 – 1964
Geburtsort
Königsberg (Preußen)
Sterbeort
Bad Salzuflen (Niedersachsen)
Beruf/Funktion
Dichterin
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118582267 | OGND | VIAF: 32076365
Namensvarianten
  • Miegel, Agnes
  • Migelʹ, A.
  • Migelʹ, Agnes

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Zitierweise

Miegel, Agnes, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118582267.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Gustav Adolf (1838–1917), Kaufm. in K., S d. Karl Otto (1791–1861), Goldschmied, später Kanzleirat in K., u. d. Agnes Adler (1801–64);
    M Helene (1858–1913), T d. Adolf Hofer (1831 – um 1869), Gutsbes. in Lengwethen Kr. Gumbinnen, u. d. Elisabeth Ludowike Ehlert (1838–62); ledig.

  • Biographie

    M. besuchte die Höhere Mädchenschule in Königsberg und 1894/95 ein Pensionat in Weimar. Bald nach ihrer Rückkehr begann mit Balladen und Lyrik die erste Phase dichterischen Schaffens, gefördert durch einen vierteljährigen Parisaufenthalt 1898. Über Carl Busse lernte M. die jungen Balladendichter Börnes v. Münchhausen und Lulu v. Strauß und Torney kennen, mit denen sie zeitlebens freundschaftlich verbunden blieb. Münchhausen veröffentlichte im „Göttinger Musenalmanach für 1901“ lyrische Gedichte und Balladen von M. 1901 erschien bei Cotta auch ihre erste selbständige Veröffentlichung „Gedichte“. Wegen fehlender Konstitution oder Neigung führten weder eine Ausbildung zur Säuglingsschwester (Berlin 1900/01) noch eine Lehrerinnenausbildung (Bristol 1902/04, Berlin 1904/05) zu einem Beruf. Die „Balladen und Lieder“ (1907) bilden mit|Balladen wie „Die Nibelungen“, „Die schöne Agnete“, „Die Mär vom Ritter Manuel“ einen frühen Höhepunkt ihrer Dichtung. M. hatte damit nicht nur entscheidend zur Erneuerung der Ballade beigetragen, sondern auch ihre eigene Sprache, den sog. „Miegelton“ gefunden. Familiäre Nöte zwangen sie, im Oktober 1906 eine landwirtschaftliche Ausbildung in München abzubrechen und dem kränkelnden Vater bis zu dessen Tod den Haushalt zu führen. 1911 konnte M. dennoch nach Italien reisen. 1912 begann die Freundschaft mit Ina Seidel. Das Erlebnis des 1. Weltkrieges auf ostpreuß. Boden verstärkte die seit der Kindheit vorhandene Bindung an die Heimat. 1914 begann die politisch-ethische Lyrik. Die im Grunde unpolitische Dichterin sprach in Gedichten wie „Hindenburg“, „Über der Weichsel drüben“, „Patrona Borussiae“ das Denken und Fühlen einer ganzen Region aus. Nach dem Schwund des Familienvermögens war M. 1920 gezwungen, eine Stelle am Feuilleton der „Ostpreußischen Zeitung“ anzunehmen. Diese Tätigkeit regte sie auch zu Prosadichtungen an. Erzählungen wie „Die schöne Malone“ (1920) und „Die Fahrt der sieben Ordensbrüder“ (1926), Höhepunkte der mittleren Schaffensperiode, machten M. neben dem bis 1924/25 fortgeführten Zyklus der 13 „Ostpreußenlieder“ über Ostpreußen hinaus bekannt. 1926 gab sie die Journalistenstelle auf, blieb aber freie Mitarbeiterin bei der „Königsberger Allgemeinen Zeitung“. Seit ihrem 50. Geburtstag (1929) erhielt sie von der Provinz Ostpreußen einen monatlichen Ehrensold.

    M.s Epik gestaltet historische, familiengeschichtliche und autobiographische Stoffe. Neben der realistischen Sicht der Außenwelt ist es der Blick ins Unheimliche, Hintergründige, der ihre dichterische Welt bestimmt. In der Sammlung „Herbstgesang“ (1932) finden sich neben Stimmungsgedichten und den „Ostpreußenliedern“ drei Balladen griech.-mythologischen Inhalts: „Demeter“, „Leda“ und „Arachne“. Dramatische Arbeiten (Dramolette) erwiesen sich als nicht bühnenwirksam. Die Berufung in die Preuß. Akademie der Künste 1933 signalisiert die fragwürdige Hinwendung M.s zum Nationalsozialismus. Aus der Insellage Ostpreußens heraus glaubte M., in Hitler die Gestalt eines „Retters“ zu erblicken. Doch nur einzelne Gedichte, vor allem in der Sammlung „Ostland“ (1940), sind unmittelbar von der Ideologie des Nationalsozialismus geprägt.

    Die im Februar 1945 angetretene Flucht war der stärkste Einbruch im Leben M.s. Nach 20 Monaten im dän. Lager Oksbøl erreichte sie im November 1946 Apelern bei Bad Nenndorf, eines der Münchhausenschen Güter. Seit Mai 1948 lebte sie in Bad Nenndorf. 1947 erschienen die Flüchtlingsgedichte „Du aber bleibst in mir“ in ungebrochener Sprachkraft. Die folgende Alterslyrik gibt sich volksliedhaft schlicht und bewegt sich auf einer neuen Ebene religiöser Bewußtheit. Daneben entstanden aber auch noch balladenartige Gedichte, Märchen und realistische Erzählungen. M. wurde nach dem Kriege als „Mutter Ostpreußen“ eine Identifikationsfigur ihrer heimatvertriebenen Landsleute. Hoch geschätzt wurde sie aber auch nach 1945 von literarischen Zeitgenossen wie Gertrud v. Le Fort, Ina Seidel, Georg Britting, Manfred Hausmann, Fritz Usinger, Hermann Hesse, Albrecht Goes, Bernt v. Heiseler. Die Rezeption ihres Werkes ist trotzdem bis heute zwiespältig. Ihre politische Verirrung sowie die heimat- und geschichtsbezogene Thematik vieler ihrer Arbeiten verleiten dazu, ihr gesamtes Werk als epigonal oder nationalistisch abzustempeln. Zu M.s unbestreitbaren Verdiensten gehört aber nicht nur der Beitrag zur Erneuerung der Ballade, sondern auch, der ostpreuß. Natur und Geschichte ein bleibendes Denkmal in der deutschen Literatur gesetzt zu haben, dem vergleichbar, das Annette v. Droste-Hülshoff für Westfalen schuf. Darüber hinaus wird ihr Werk als das einer seherisch veranlagten Frau ein besonderes Faszinosum bleiben. „A. M. … ist mit ihrem Schaffen in Bereichen beheimatet, die unzeitgemäß erscheinen mögen, weil sie zeitlos sind. Ihre Dichtung steigt aus einer unmittelbaren Anschauung auf …, die als visionär zu bezeichnen ist“ (E. Preetorius, 1959).|

  • Auszeichnungen

    Lit.-preis d. Schiller-Ges. (1911), Kleist-Preis (1916), Herder-Preis (1936), Goethe-Preis d. Stadt Frankfurt (1940), Lit.preis d. Bayer. Ak. d. Schönen Künste (1959);
    Dr. phil. h. c. (Königsberg 1924).

  • Werke

    Weitere W u. a. Kirchen im Ordensland, 1933;
    Das alte u. d. neue Königsberg, 1935;
    Audhumla, 1937;
    Frühe Gesichte, 1939;
    Mein Bernsteinland u. meine Stadt, 1944;
    Ges. Werke, 7 Bde., 1952–55, 1965;
    Spaziergänge e. Ostpreußin, Feuilletons aus d. zwanziger J., hrsg. v. A. Piorreck, 1985;
    Ostpreußens Bernsteinküste, geschrieben u. gezeichnet v. L. Popp, 28.1.-11.2.1945, 1988;
    Wie Bernstein leuchtend auf d. Lebenswaage, Ges. Balladen, hrsg. v. U. Diederichs, 1988. |

  • Nachlass

    Nachlaß: Marbach, Dt. Lit.archiv; Brief- u. Ms.slg. im Archiv d. A.-M.-Ges. (Bad Nenndorf).

  • Literatur

    W. Kayser, A. M. u. d. mag. Ballade, in: ders., Gesch. d. dt. Ballade, 1936, S. 280-87;
    A. M., Stimmen d. Freunde z. 60. Geb.tag d. Dichterin, 9.3.1939 (Neudr. 1984);
    I. Meidinger-Geise, A. M. u. Ostpreußen, 1955;
    Leben, was war ich dir gut, A.|M. z. Gedächtnis, hrsg. v. R. M. Wagner, 1965 (P);
    A. Piorreck, A. M., Ihr Leben u. ihre Dichtung, 1967, ²1990 (P);
    K.-D. Hoffmann, Das Menschenbild b. A. M., 1969;
    A. M. Fuhrig, Die Sprachgestaltung in d. erzählenden Prosa A. Ms. Diss. Michigan State Univ. 1972;
    H.-G. Kyritz, Das Unbewußte im Dichtungserlebnis A. M.s, in: The German Quarterly 44, 1971, S. 58-68;
    ders., A. M., „Die Fahrt d. sieben Ordensbrüder“, 1977;
    H. Jensen, A. M. u. d. bildende Kunst, 1982;
    K. Aulls, A. M., in: German Fiction Writers, 1914–45, 1987 (P);
    M. Kopp, A. M., Unterss. z. dichter. Wirklichkeit in ihrem Werk, 1988;
    A. Raub, A.-M.-Ges. e. V., in: Literar. Gesellschaften in Dtld., 1991, S. 182-85 (P);
    dies., Nahezu wie Schwestern, A. M. u. Annette v. Droste-Hülshoff, 1991 (P);
    B. Poschmann, A. M. u. d. Fam. v. Münchhausen, 1992 (P);
    Wilpert-Gühring;
    A. Podlech, A.-M.-Bibliogr., 1973;
    M. Rankl, A. M., in: ders., Bibliogr. z. Lit. Ost- u. Westpreußens mit Danzig 1945–88, I, 1990, S. 664-93;
    Altpr. Biogr. III;
    Kosch, Lit.-Lex.³;
    F. Lennartz, Dt. Schriftst. d. 20. Jh. im Spiegel d. Kritik II, 1984;
    Killy. – Zur Geneal.: M. Hofer, Die Salzburg. Vorfahren, in: Der Salzburger NF 24, 1969, S. 2 f.;
    H. Kolbow, J. D. Metzger, Arzt u. Lehrer an d. Albertus-Univ. z. Z. Kants, in: Jb. d. Albertus-Univ. zu Königsberg 10, 1960, S. 91 ff.

  • Porträts

    Briefmarke d. Dt. Bundespost, 1979.

  • Autor/in

    Annelise Raub
  • Zitierweise

    Raub, Annelise, "Miegel, Agnes" in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 471-473 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118582267.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA