Lebensdaten
1860 – 1956
Geburtsort
Potsdam
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Wissenschaftspolitiker ; preußischer Kultusminister ; Präsident der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 117511161 | OGND | VIAF: 54927746
Namensvarianten
  • Schmidt, Friedrich Gustav Adolf Eduard Ludwig (bis 1920)
  • Schmidt-Ott, Friedrich
  • Schmidt, Friedrich Gustav Adolf Eduard Ludwig (bis 1920)
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Zitierweise

Schmidt-Ott, Friedrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117511161.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus Fam., d. seit etwa 1600 im Saarland u. in Preußen Beamte u. Geistliche stellte;
    V Albrecht S. (1829–1911), D. theol., Reg.assistent in P., Vizepräs. d. Ev. Oberkirchenrates in B., Präs. d. Konsistoriums d. Prov. Brandenburg, Dr. iur. et theol. h. c., WGR (s. BJ 16, Tl.; Lb. Kurhessen Waldeck I, 1939; Qu.slg. z. Gesch. d. dt. Sozialpol. 1867-1914, II), S d. Friedrich (1797–1885), Sup., Hofprediger u. Oberpfarrer in Laasphe b. Marburg (beide s. NDB X*), u. d. Karolina Neuschäfer (1801–68), aus Battenberg;
    M Emilie (1835–1913), T d. Johann Jakob Schneider (1761–1842), Kaufm., u. d. Agnese Leimbach (1794–1844), aus Siegen;
    Tante-v Luise S. (1827–1906, Gustav Jung, 1824–1904, Geschäftsführender Dir. d. Hessen-Nassau-Hüttenver., Dir. d. Amalienhütte, KR;
    2 Schw;
    1895 Margaretha|(Meta) Louise (1869–1963), T d. Gustav Heinrich Ott-Däniker (1829–1912), Landschaftsmaler in Zürich (s. ThB; Biogr. Lex. Schweizer Kunst), u. d. Emma Däniker, in Zürich;
    Gvv d. Ehefrau Johann Caspar Ott (1802–80), aus Zürcher Patrizierfam.;
    6 S (1 früh †) Gustav Albrecht (1896–1980, Ursula, T d. Karl Walter, dt. Gen.konsul in Saloniki), Oberst b. d. Panzertruppe in Neuruppin, Angest. d. Dt. Bank u. Disconto-Ges., Eduard (1898–1971, Clarita, T d. Arthur Wolff, Fabr. in Elberfeld), Dr. rer. pol., Textilfabr. in Elberfeld, Dr. med. Albrecht (1899–1993), Hans-Dietrich (1905–2004), Dr. phil., Physiker, Patenting. in B., Fritz-Ulrich (1908–76, Margarete Rogalla v. Bieberstein), Dr. iur., Min.dir. im Bundesverkehrsmin.;
    Vt Gustav Jung (1859–1929), Geschäftsführender Dir. d. Hessen-Nassau-Hüttenver., KR (s. NDB X), Albrecht (s. 2).

  • Biographie

    Nach dem Abitur am Lyceum Fridericianum in Kassel studierte S. seit 1878 Rechts- und Staatswissenschaften in Berlin, Heidelberg, Leipzig und Göttingen (Dr. iur., Berlin 1883). Nach kurzer Tätigkeit beim Konsistorium in Berlin und im Reichsjustizamt wurde er 1888 Friedrich Althoffs (1839–1908) engster Mitarbeiter. 1903 übernahm er neben dem Wissenschaftsreferat auf Wunsch des Kaisers die Bearbeitung der Kunstfragen und 1907 nach Althoffs Abschied als Ministerialdirigent die für ihn gegründete Abteilung für Kunst und Wissenschaft (außerhalb d. Hochschulsektors; 1911 Min.dir.). Am 6.8.1917 berief Wilhelm II. „seinen alten Schulkameraden“ vom Kasseler Gymnasium zum Minister der geistlichen und Unterrichts-Angelegenheiten unter Ernennung zur Exzellenz.

    Als „rechte Hand“ Althoffs, der ihm in 20 Jahren gemeinsamen Schaffens Freund und Vorbild wurde, war S. seit Anfang 1898 einer der maßgeblichen Organisatoren der Hochschulkonferenzen der dt. Länder und mit Theodor Lewald (1860–1947) der dt. Unterrichtsausstellungen auf den Weltausstellungen 1893 in Chicago und 1904 in St. Louis, die ihn in die USA führten. 1902 begleitete er den Kaiser auf seiner Englandreise, wobei die Cecil-Rhodes-Stipendien in Oxford gestiftet wurden, die vom Kaiser selbst verliehen und von S. als Vorsitzenden des dt. Auswahlkomitees 1929-39 erneuert wurden. Außerdem war S. an dem von Althoff 1905 begründeten Professorenaustausch mit den USA, an der Neuordnung des Bibliothekswesens samt Schaffung einer Bibliothekarslaufbahn sowie mit Wilhelm Bode (1845–1929) am Aufbau der Berliner Museumsinsel maßgeblich beteiligt. Die Gründung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V. (KWG) 1911 mit Adolf Harnack (1851–1930) und Emil Fischer (1852–1919) ging in Fortführung von Vorbereitungen Althoffs wesentlich auf seine Initiative zurück und wurde von ihm im Hintergrund souverän organisiert.

    Am 13.11.1918 schied der überzeugte Monarchist aus dem preuß. Staatsdienst aus. Ein unter seinem Vorsitz 1920 von Lewald erwogenes Reichskommissariat für Wissenschaft lehnte er ab. S. schuf institutionelle Grundlagen, von denen wir bis heute zehren. Indem er seine vielfältigen Beziehungen nutzte und die Großindustrie und Großfinanz für die Unterstützung seiner Pläne gewann, wurde er als Gründer (mit Fritz Haber, 1868–1934) und Präsident der Notgemeinschaft der dt. Wissenschaft (1920; seit 1929: Dt. Forschungsgemeinschaft – DFG) zum Haupt einer „Selbstverwaltungskörperschaft“, in der alle wissenschaftlichen Institutionen des Reiches zusammengeschlossen waren. In Anlehnung an Erfahrungen mit der KWG schuf er neue, bis heute gültige Organisationsformen der Forschungsförderung durch Vergabe staatlicher und privater Zusatzmittel an einzelne Forscher und Bibliotheken, seit 1925 auch für „Gemeinschaftsaufgaben“, finanziert durch das Reichsinnenministerium und das Preuß. Kultusministerium, aber auch durch die Industrie und amerik. Stiftungen (Rockefeller Foundation). Die Entscheidung über Förderanträge, die Vergabe der Mittel und die Gesamtarbeit der Notgemeinschaft traf weitgehend S., gestützt auf einen kleinen Kreis von Beratern, selber, darin nicht weniger autokratisch als Althoff. Das führte seit 1929 zu wachsender Kritik und Spannungen mit Preußen (Carl Heinrich Becker, 1876–1933) und seinem 2. Stellvertreter Haber. Gleichwohl war ein relativ offenes, demokratischen Grundvorstellungen folgendes Förderprogramm für Wissenschaft und Forschung installiert worden, das im Ausland bald Nachahmung fand. Seinen am 23.6.1934 von den Nationalsozialisten erzwungenen Rücktritt hatte auch seine Politik vorsichtiger Anpassung nicht verhindern können; sein Vorschlag eines „Forschungsrates“ mit Hitler als Vorsitzendem (1933) und die Empfehlung, die Organe auch der Reichswehr zugänglich zu machen, fanden keine Resonanz.

    S. gehört neben Wilhelm v. Humboldt, Althoff und Carl Heinrich Becker zu den bedeutendsten Kulturpolitikern Preußen-Deutschlands. Zur vollen Entfaltung gelangten seine Fähigkeiten als Wissenschaftspolitiker und -organisator in den Jahren der Weimarer Republik; Wissenschaft wurde parteiübergreifend zum Substitut für die verlorene militärische Macht.

  • Auszeichnungen

    u. a. Mitgl. d. Ak. d. Wiss. in Berlin (1914), Göttingen (1919), Leipzig, Heidelberg (beides 1930) u. Wien (1939) sowie d. Leopoldina in Halle (1933);
    Mitgl. in 22 u. Vors. in 4 Kuratorien u. Verw.räten d. (1928) 31 Institute d. KWG u. Senator d. MPG;
    Vizepräs. u. Senator d. KWG (1919–37);
    Vorstandsmitgl. u. 1920-32 Präs. d. Dt. Ges. z. Studium Osteuropas;
    Neben diesem Hauptamt war er 1919-37 Vizepräs. u. Senator d. KWG;
    Vors. d. Stifterverbandes f. d. Dt. Wiss.;
    Ehrenpräs. d. DFG (1949);
    Vors. d. Aufsichtsrats d. Farbenfabriken F. Bayer &
    Co. in Elberfeld u. Leverkusen (seit 1920);
    Mitgl. d. Aufsichtsrats d. I. G. Farben (1925–45);
    achtfacher Ehrendoktor aller Fak.;
    Adolf-Harnack-Medaille d. KWG (1929);
    Adlerschild d. Dt. Reiches (1930);
    Goethe-Medaille (1930);
    Gr. Ehrenzeichen d. Dt. Ak. in München (1931);
    Gr. BVK (1951);
    e. Schule u. e. Straße in Berlin-Steglitz tragen seinen Namen.

  • Werke

    Althoffs Pläne f. Dahlem, Denkschr. f. Ks. Wilhelm II. (mit Ph. Brugger, 1908/09), in: GStA Dahlem, Rep. 90, Nr. 452 a, gedr. in: Idee u. Wirklichkeit e. Univ., Dok. z. Gesch. d. Friedrich-Wilhelms-Univ. zu Berlin, hg. v. W. Weischedel u. a., 1960, S. 483-524, 531-34;
    Die Kulturaufgaben u. d. Reich, in: Internat. Mschr. f. Wiss., Kunst u. Technik 13, April 1919. Sp. 449-64;
    Die Not d. dt. Wiss. (mit Eduard Wildhagen), ebd. 15, Okt. 1920, Sp. 1-36;
    Rede b. d. Gründung d. Notgemeinschaft im Plenarsaal d. RT am 23. Nov. 1920, ebd. Sp. 98 ff.;
    Wiss. u. Ausland, in: Inter Nationes 2, 1932, S. 7-9;
    Notgemeinschaft u. Forschungsrat, Vertraulich, als Hs. gedr. 1933, GStA Berlin, I HA Rep. 76, 1354;
    Aus vergangenen Tagen dt. Wiss.-pflege, Ansprache b. Wochenendfrühstück d. Förderer d. Dt. Ak. im Kaiserhof zu Berlin am 4. April 1935, als Hs. gedr. [1935], 15 S.;
    Von d. Vorfahren, Werden u. Erleben e. dt. Bürgerhauses (mit Walther Zimmermann), als Hs. f. d. Fam. gedr., 1937;
    Friedrich Althoff, Ein Beamtenleben im Dienst d. Wiss. in: Dt. Allg. Ztg. 76, Nr. 458 v. 1.10.1937;
    F. Althoff z. 100. Geb.tag, in: FF 15 v. 15.2.1939, S. 71 f.;
    Die Notgemeinschaft d. Dt. Wiss., masch. Exemplar im GStA Berlin-Dahlem, 1947;
    Erlebtes u. Erstrebtes 1860-1950, 1952 (Typoskript, abgeschl. 29.9.1944, im Nachlaß);
    zahlr. Aufss., Jberr. d. Notgemeinschaft, Würdigungen, Nachrufe.

  • Literatur

    Die Preuß. Kultusmin. u. ihre Beamten im ersten Jh. d. Min. 1817-1917, Im amtl. Auftrage [d. i. S.-O.] bearb. v. R. Lüdicke, 1918;
    Aus fünfzig J. dt. Wiss., Die Entwicklung ihrer Fachgebiete in Einzeldarst., hg. v. G. Abb, 1930 (P) [darin: A. v. Harnack, Geleitwort;
    R. Seeberg, F. S.-O. u. d. dt. Wiss.;
    G. Schreiber, Auslandsbeziehungen;
    F. Milkau, Bibl.wesen];
    Ansprachen z. Feier d. 70. Geb.tags Seiner Exzellenz d. Herrn Staatsmin. D. Dr. S.-O. am 5. Juni 1930 im Hotel Adlon zu Berlin, 1930;
    Im Namen d. dt. Wiss. überreichten ihm W. v. Dyck, A. v. Harnack, Friedrich v. Müller u. F. Tillmann e. FS „Aus fünfzig J. dt. Wiss.“, in der 38 Gelehrte Bilanz ihrer Disziplinen zogen;
    O. Hoetzsch, in: Osteuropa 5, Juli 1930, S. 675-78;
    F. Spiess, Der Präs. d. Notgemeinschaft d. Dt. Wiss., Staatsmin. Dr. S.-O., als Förderer d. Dt. Atlant. Expedition 1925-1927, in: Dt. Hydrograph. Zs. 3, 1950, H. 1/2, S. III-IX (P);
    H. Ficker, in: FF 29, 1955, S. 190 f.;
    A. Grimme, in: Mitt. d. MPG H. 2, Mai 1956, S. 62-69;
    K. Noack, in: Jb. d. Dt. Ak. d. Wiss. zu Berlin 1956, 1957, S. 522-24;
    ders., in: FF 30, Okt. 1956, S. 316-18;
    K. Zierold, Forsch.förderung in drei Epochen, DFG, Gesch., Arbeitsweise, Kommentare, 1968;
    W. Treue, in: Wiss.pol. in Berlin, Min., Beamte, Ratgeber, hg. v. W. Treue u. K. Gründer, 1987, S. 235-50 (P);
    Wiss. in Berlin, Von d. Anfängen bis z. Neubeginn nach 1945, Leiter d. Autorenkollektivs: H. Laitko, 1987 (P);
    J. U. Heine, Verstand & Schicksal, Die Männer d. I.G. Farbenind. A.G., 1990, S. 239-41;
    Forsch. im Spannungsfeld v. Pol. u. Ges., Gesch. u. Struktur d. Ks.-Wilhelm-/Max-Planck-Ges., hg. v. R. Vierhaus u. B. vom Brocke, 1990 (P);
    Wiss.gesch. u. Wiss.pol. im Ind.za., Das „System Althoff“ in hist. Perspektive, hg. v. B. vom Brocke, 1991;
    Hochschulpol. im Föderalismus, Die Protokolle d. Hochschulkonferenzen d. dt. Bundesstaaten u. Österr.s 1898 bis 1918, hg. v. dems. u. P. Krüger, 1994;
    W. Schulze, Der Stifterverband f. d. Dt. Wiss. 1920-1995, 1995;
    Die Ks.-Wilhelm-/Max-Planck-Ges. u. ihre Institute, Stud. zu ihrer Gesch., Das Harnack-Prinzip, hg. v. B. vom Brocke u. H. Laitko, 1996;
    M. Szöllösi-Janze, Fritz Haber 1868-1934, Eine Biogr., 1998;
    N. Hammerstein, Die DFG in d. Weimarer Rep. u. im Dritten Reich, Wiss.pol. in Rep. u. Diktatur 1920-1945, 1999;
    B. vom Brocke, F. S.-O., Wiss. als Machtersatz, in: Dahlemer Archivgespräche 12, 2007;
    Rhdb. (P);
    Munzinger; |

  • Nachlass

    Nachlaß: GStA Berlin-Dahlem.

  • Porträts

    Büste v. A. Zschokke, 1927 (Bonn-Bad Godesberg, DFG, u. Berlin im Hause Schmidt-Ott);
    Gem. v. L. Samberger, 1930;
    Ölgem. v. M. Slevogt, 1932 (Bonn-Bad Godesberg, DFG, Kopien in Frankfurt/M., Georg Speyer-Haus [Paul-Ehrlich-Inst.] u. München, Gen.verw. d. MPG).

  • Autor/in

    Bernhard vom Brocke
  • Zitierweise

    Brocke, Bernhard vom, "Schmidt-Ott, Friedrich" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 165-167 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117511161.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA