Roßbach, Gerhard
Roßbach, Paul Wilhelm Gerhard Karl
1893 – 1967
Freikorpsführer, NS-Aktivist
- Lebensdaten
- 1893 – 1967
- Geburtsort
- Kehrberg in Pommern
- Sterbeort
- Hamburg
- Beruf/Funktion
- Freikorpsführer ; NS-Aktivist ; Soldat
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 121476162 | OGND | VIAF: 112375233
- Namensvarianten
-
- Roßbach, Paul Wilhelm Gerhard Karl
- Roßbach, Gerhard
- Roßbach, Paul Wilhelm Gerhard Karl
- Roßbach, Paul Wilhelm Gerhard Carl
- mehr
Biografische Lexika/Biogramme
Literatur(nachweise)
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- * Deutsches Literaturarchiv Marbach - Kallías
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- Gemeinsamer Verbundkatalog (GBV)
- * Bibliothek des Instituts für Zeitgeschichte München - Berlin
- Personen im Fachinformationsdienst Darstellende Kunst
- * Jahresberichte für deutsche Geschichte - Online
Objekt/Werk(nachweise)
Porträt(nachweise)
Verknüpfungen
Von der Person ausgehende Verknüpfungen
Personen im NDB Artikel
- Adolf Hitler (1889–1945)
- Edmund Heines (1897–1934)
- Ernst Röhms (1887–1934)
- Ferdinand von Schill (1776–1809)
- Heinrich Hoffmann
- Kurt Daluege (1897–1946)
- Martin Bormann (1900–1945)
- Rudolf Höß (1901–1947)
- Walter Kadow (1900–1923)
- Willi Schmidt (1899–1920)
- Winifred Wagner (1897–1980)
- Wolf Heinrich von Helldorff (1896–1944)
Verknüpfungen auf die Person andernorts
Weitere Erwähnungen in der NDB-online/NDB/ADB
Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.
Orte
Symbole auf der Karte
Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.
-
Gerhard Roßbach war einer der prominentesten Freikorpsführer der Weimarer Republik. Nach dem Ersten Weltkrieg kämpfte er mit einer nach ihm benannten Sturmabteilung im Baltikum und in Oberschlesien, 1920 unterstützte er den Kapp-Putsch. Als Gründer mehrerer NSDAP-Ortsgruppen in Norddeutschland beteiligte er sich 1923 am Hitler-Putsch und trat anschließend als Funktionär der deutschen Jugendbewegung hervor.
Lebensdaten
Geboren am 28. Februar 1893 in Kehrberg in Pommern (heute Krzywin, Polen) Gestorben am 30. August 1967 in Hamburg Konfession evangelisch -
Lebenslauf
28. Februar 1893 - Kehrberg in Pommern -
Genealogie
Vater Hans Roßbach Königlicher Domänenpächter Mutter Opernsängerin 1. Heirat unbekannt Ehefrau N. N. gest. 1935 2. Heirat unbekannt Ehefrau Ingeborg Roßbach, geb. Gürgens Kinder ein Sohn, zwei Töchter Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.Roßbach, Gerhard (1893 – 1967)
-
Vater
Hans Roßbach
Königlicher Domänenpächter
-
Großvater väterlicherseits
-
Großmutter väterlicherseits
-
-
Mutter
Opernsängerin
-
Großvater mütterlicherseits
-
Großmutter mütterlicherseits
-
-
1. Heirat
-
Ehefrau
gest. 1935
-
-
-
2. Heirat
-
Ehefrau
gest. 1935
-
-
-
-
Biografie
Roßbach besuchte von 1903 bis 1909 die Kadettenanstalt in Köslin, anschließend die Hauptkadettenanstalt in Berlin-Lichterfelde. Im August 1913 zum Leutnant ernannt, kämpfte er seit August 1914 in Ostpreußen, Oberschlesien und Russland, seit Anfang 1916 in Frankreich. Nach Ende des Ersten Weltkriegs leitete er als Oberleutnant ein Maschinengewehr-Lehrkommando in Graudenz (Westpreußen), aus dem er die Freiwillige Sturmabteilung Roßbach formte, die im Grenzschutz Ost eingesetzt war und im Januar 1919 als Jägerbataillon 37 in die vorläufige Reichswehr übernommen wurde. Aufsehen erregte Roßbach im Oktober 1919 mit einem eigenmächtigen Marsch in das Baltikum, wo er mit seiner Einheit in Bedrängnis geratene Freikorps bei ihrem Rückzug unterstützte. Zu den Mitgliedern der Sturmabteilung zählten mehrere spätere NS-Spitzenfunktionäre, darunter Martin Bormann (1900–1945), Kurt Daluege (1897–1946), Edmund Heines (1897–1934), Wolf Heinrich von Helldorff (1896–1944) und Rudolf Höß (1901–1947).
Im Januar 1920 offiziell aufgelöst, existierte die Sturmabteilung Roßbach in mehreren Tarnorganisationen weiter, finanziert v. a. von ostelbischen Großgrundbesitzern. 1920 unterstützten Roßbach-Formationen den Kapp-Putsch und die Niederschlagung des Ruhraufstands, 1921 beteiligten sie sich an den Kämpfen rund um die Volksabstimmung in Oberschlesien. Einige ihrer Angehörigen waren in den frühen 1920er Jahren in aufsehenerregende Fememorde involviert, darunter v. a. jene an dem Landarbeiter Willi Schmidt (1899–1920) durch Roßbachs Vertrauensmann Edmund Heines (1897–1934) sowie an dem „Parchimer Fememord“ an Oberleutnant Walter Kadow (1900–1923).
Seit 1922 Mitglied der NSDAP, organisierte Roßbach nach einer persönlichen Besprechung mit Adolf Hitler (1889–1945) im August 1922 mehrere Gründungsversammlungen von NSDAP-Ortsgruppen in Norddeutschland, ehe die Partei im November 1922 in Preußen verboten wurde. Im Februar 1923 schloss sich Roßbach der Deutschvölkischen Freiheitspartei (DVFP) an, für die er den paramilitärischen Deutschvölkischen Jugendbund Graf Yorck von Wartenburg organisierte. Im März 1923 mit weiteren DVFP-Politikern verhaftet, ermittelte der Leipziger Staatsgerichtshof gegen Roßbach wegen Hochverrats und Bildung militärischer Banden. Nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft aufgrund angeblich fehlender Fluchtgefahr, setzte sich Roßbach im Oktober 1923 nach München ab, wo er den Hitler-Putsch unterstützte, indem er Offiziersschüler der Zentralen Infanterieschule der Reichswehr zur Teilnahme animierte.
Nach dem Scheitern des Putsches floh Roßbach nach Salzburg, wo er 1924 die nach Ferdinand von Schill (1776–1809) benannte Schilljugend (seit 1929 Bund Ekkehard) gründete, einen Wehrverband mit elitärem Anspruch, der 1925/26 vor Gründung der Hitler-Jugend als Jugendorganisation der NSDAP diente. 1926 amnestiert und nach Deutschland zurückgekehrt, weigerte sich Roßbach, die Schilljugend völlig den Interessen der NSDAP unterzuordnen, und fiel so bei Hitler in Ungnade. 1926 gründete er in Mecklenburg die Spielschar Ekkehard, die bis 1934 reichsweit rund 2000 völkisch orientierter Volkskunstabende und „Weihestunden“ inszenierte.
1932 gründete Roßbach den Luftschutztrupp Ekkehard, der über die Gefahren des Luftkriegs und Selbstschutzmaßnahmen gegen Bombenangriffe informierte und 1933 im Reichsluftschutzbund aufging, dessen Vizepräsident er bis 1934 war. Als Vertrauter Ernst Röhms (1887–1934) im Juli 1934 kurzzeitig verhaftet, war Roßbach seit 1935 unter neuem Namen als Versicherungskaufmann in Berlin tätig. Von 1939 bis 1944 gab er die „Ekkehard-Feldpostbriefe“ heraus. Nach kurzer US-amerikanischer Internierung 1945/46 beteiligte sich Roßbach, der seit den 1920er Jahren bei Winifred Wagner (1897–1980) in hohem Ansehen stand, an der Organisation der Wagner-Festspiele; 1949 initiierte er die Gründung der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth.
-
Auszeichnungen
1918 Hausorden von Hohenzollern mit Schwertern Hanseatenkreuz (Hamburg) Schlesisches Bewährungsabzeichen (Adlerorden) -
Quellen
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, R 72/1878 (Freikorps: Oberleutnant Gerhard Roßbach); R 1507 (Reichskommissar für die Überwachung der öffentlichen Ordnung, umfasst zahlreiche Lageberichte zu Roßbach und seiner Organisation); R 3003/1503 u. 8207 (Oberreichsanwalt beim Reichsgericht, Strafsachen gegen Roßbach); R 8034-III/392 (Reichslandbund-Pressearchiv); R 9361-V/10159 (Personal- und Sachakten, Bestand BDC); R 9361-I/32523 (Akte des Obersten Parteigerichts der NSDAP, Bestand BDC).
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin, I. HA Rep. 84a, Nr. 54940 (Strafsachen gegen den Oberleutnant a. D. Gerhard Roßbach in Berlin-Wannsee und andere Angehörige der Arbeitsgemeinschaft Roßbach wegen Geheimbündelei); I. HA Rep. 84a, Nr. 54943 (Strafsachen gegen Gerhard Roßbach u. a. wegen Beteiligung an der aufgelösten NSDAP).
Archiv der deutschen Jugendbewegung, Burg Ludwigstein, A 56 (Schilljugend / Bund Ekkehard e.V.); N 142 (Nachlass Horst Fritsch, dokumentiert u. a. die Entwicklung des Freikorps Roßbach, Wehrjugendbund Schill, der Schilljugend e. V., Bund Ekkehard, Spielschar Ekkehard und Luftschutztrupp Ekkehard. Der Bestand umfasst zudem Korrespondenzen, Rundbriefe, Fotoalben, Objekte und Tonträger).
Archiv des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin, München, ZS 128. (Zeugenschrifttum Gerhard Roßbach) (Onlineressource)
Staatsarchiv Hamburg, 731-8_A 767 Roßbach, Gerhard. (Zeitungsausschnittsammlung)
-
Werke
Sturmabteilung Roßbach als Grenzschutz in Westpreußen, 1919. (P)
Die zukünftige völkische Wehrjugendbewegung, in: Mecklenburger Warte/Rostocker Zeitung, Nr. 285 v. 11.12.1924.
Der Führergedanke in der Jugendbewegung, in: Der Falke. Monatsschrift der Adler und Falken 6 (1925), H. 11/12.
Erfahrungen und Vorschläge des Luftschutztrupp Ekkehard e. V., 1933, 91934.
Die Reichsluftschutz-Schule, in: Edmund Heines (Hg.), Luftschutz. Die deutsche Schicksalsfrage, 1934, S. 259–261.
Mein Weg durch die Zeit. Erinnerungen und Bekenntnisse, 1950.
-
Literatur
Monografien:
Emil Julius Gumbel, Verschwörer. Beiträge zur Geschichte und Soziologie der deutschen nationalistischen Geheimbünde seit 1918, 1924, S. 88–100.
Arnolt Bronnen, Roßbach, 1930. (literarisch, apologetisch)
Bernd Kruppa, Rechtsradikalismus in Berlin 1918–1928, 1988.
Brigitte Hamann, Winifred Wagner oder Hitlers Bayreuth, 2002, S. 167 f. u. 570 f.
Bernhard Sauer, Schwarze Reichswehr und Fememorde. Eine Milieustudie zum Rechtsradikalismus in der Weimarer Republik, 2004, S. 23–44.
Bernd Lemke, Luftschutz in Großbritannien und Deutschland 1923 bis 1939. Zivile Kriegsvorbereitungen als Ausdruck der staats- und gesellschaftspolitischen Grundlagen von Demokratie und Diktatur, 2005, S. 157 u. 307 f.
Rüdiger Ahrens, Bündische Jugend. Eine neue Geschichte 1918–1933, 2015, S. 175–179 u. 289.
Aufsätze und Artikel:
Kurt-Gerhard Klietmann, Freiwillige Sturmabteilung Roßbach, in: Feldgrau. Mitteilungsblätter einer Arbeitsgemeinschaft 9 (1961), S. 137–140 u. 196–202. (unkritisch)
Bruce Campbell, The Schilljugend. From Wehrjugend to Luftschutz, in: Wolfgang R. Krabbe (Hg.), Politische Jugend in der Weimarer Republik, 1993, S. 183–201.
Bernhard Sauer, Die deutschvölkische Freiheitspartei (DvFP) und der Fall Grütte, in: Berlin in Geschichte und Gegenwart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin 1994, S. 179–205. (Onlineressource)
Bruce Campbell, Gerhard Rossbach, the Spielschar Ekkehard and the Cultural Attack on the Weimar Republic, in: Lothar Ehrlich/ Jürgen John (Hg.), Weimar 1930. Politik und Kultur im Vorfeld der NS-Diktatur, 1998, S. 243–259.
Bernd-Ulrich Hergemöller, Mann für Mann. Biographisches Lexikon zur Geschichte von Freundesliebe und mannmännlicher Sexualität im deutschen Sprachraum, 2001, S. 592–594.
Bernhard Sauer, Gerhard Roßbach - Hitlers Vertreter für Berlin. Zur Frühgeschichte des Rechtsradikalismus in der Weimarer Republik, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 50 (2002), S. 5–21. (Onlineressource)
Christoph Hübner, Freikorps Roßbach, 1919–1923, in: Historisches Lexikon Bayerns, 2006. (Onlineressource)
Tessa Sauerwein, Schilljugend, 1924–1933, in: Historisches Lexikon Bayerns, 2006. (Onlineressource)
Bernhard Sauer, „Auf nach Oberschlesien“ – Die Kämpfe der deutschen Freikorps 1921 in Oberschlesien und den ehemaligen deutschen Ostprovinzen, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 58 (2010), S. 297–320. (Onlineressource)
Stefan Breuer, Der völkische Flügel der Bündischen Jugend, in: Gideon Botsch/Josef Haverkamp (Hg.), Jugendbewegung, Antisemitismus und rechtsradikale Politik, 2014, S. 110–133, hier S. 124–130.
-
Onlineressourcen
-
Autor/in
→Bernhard Sauer (Berlin)
-
Zitierweise
Sauer, Bernhard, „Roßbach, Gerhard“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/121476162.html#dbocontent