Lebensdaten
1897 – 1934
Geburtsort
München
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
SA-Führer ; NS-Politiker ; Politiker ; Polizeipräsident
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 124349595 | OGND | VIAF: 52620504
Namensvarianten
  • Heines, Edmund

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Zitierweise

Heines, Edmund, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd124349595.html [28.03.2024].

CC0

  • Edmund Heines hatte als einer der einflussreichsten und prominentesten SA-Führer wesentlichen Anteil am politischen Terror der Nationalsozialisten während der Weimarer Republik und zu Beginn des „Dritten Reichs“. 1934 wurde er auf Befehl Adolf Hitlers (1889–1945) im Zuge der Röhm-Affäre ermordet.

    Lebensdaten

    Geboren am 21. Juli 1897 in München
    Gestorben am 30. Juni 1934 (ermordet) in München
    Grabstätte Westfriedhof in München
    Konfession evangelisch
    Edmund Heines, BArch / Bildarchiv (InC)
    Edmund Heines, BArch / Bildarchiv (InC)
  • Lebenslauf

    21. Juli 1897 - München

    1907 - 1915 - München

    Schulbesuch (1919 nachträgliche Zusprechung des Abiturs als Sonderregelung für Kriegsheimkehrer)

    Wittelsbacher Gymnasiums; seit 1910 Realgymnasium

    1915 - 1918 - Westfront

    Kriegsdienst (1918 Leutnant der Reserve)

    9. Bayerisches Feldartillerie-Regiment

    1919 - 1921

    Freikorpskämpfer

    Freikorps Oberland; Freikorps Roßbach; Arbeitsgemeinschaft Roßbach

    1922 - München

    Gründer

    Verein zur Wahrung der Interessen deutscher Grenzmärker

    1922 - München

    Eintritt

    SA; NSDAP

    1923 - München

    Teilnahme am Hitler-Putsch

    1924 - 1924 - Landsberg am Lech

    Inhaftierung

    Festung Landsberg

    1925 - Berlin

    Eintritt in die wiedergegründete NSDAP

    1927 - München

    Ausschluss

    NSDAP; SA

    1928 - Stettin (Westpommern, heute Szczecin, Polen)

    Hauptangeklagter im Stettiner Fememordprozess

    1928 - 1929 - Stettin

    Haftstrafe (vorzeitige Entlassung)

    Strafanstalt

    1929

    erneute Aufnahme

    NSDAP

    1930 - 1934 - Berlin

    Abgeordneter der NSDAP

    Deutscher Reichstag

    1931 - 1934 - Schlesien

    Kommandeur

    SA

    1933 - 1934 - Breslau (heute Wrocław, Polen)

    Polizeipräsident

    1933 - 1933 - Breslau

    Gründer

    KZ Breslau-Dürrgoy

    1933 - 1934

    Preußischer Staatsrat

    1934 - München

    Verhaftung und Ermordung

    30. Juni 1934 (ermordet) - München
  • Genealogie

    Vater Edmund von Parish 1861–1916 1897 preußischer Adel; 1897 Autor von „Hallucinations and Illusions. A Study of the Fallacies of Perception“ (Onlineressource); Leutnant a. D.; Privatier, Miterbe des Vermögens der Hamburgischen Kaufmannsfamilie Parish
    Großvater väterlicherseits Edmund von Parish 1829–1902 aus Wasserlos bei Oettingen (Ries); Dr. iur.; bayerischer Oberleutnant; 1897 preußischer Adel
    Großmutter väterlicherseits Helene Luise Anna Franziska von Parish, geb. von Adelebsen 1837–1907
    Mutter Helene Heines 1871–1944 Kindermädchen
    Großvater mütterlicherseits Johann Baptist Heines 1832–1973 Werkmeister in Esslingen
    Großmutter mütterlicherseits Barbara Heines, geb. Hagemann 1832–1888
    Schwester Martha Heines 1899–1928
    Bruder Oskar Heines 1903–1934 im Rahmen der Röhm-Affäre ermordet
    Halbschwester Hermine von Parish 1907–1998 Gründerin der Von-Parish-Kostümbibliothek in München
    Heirat keine
    Sohn Edmund Roderich Siegfried Herchner 1932–1946
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Heines, Edmund (1897 – 1934)

    • Vater

      Edmund von Parish

      1861–1916

      1897 preußischer Adel; 1897 Autor von „Hallucinations and Illusions. A Study of the Fallacies of Perception“ (Onlineressource); Leutnant a. D.; Privatier, Miterbe des Vermögens der Hamburgischen Kaufmannsfamilie Parish

      • Großvater väterlicherseits

        Edmund von Parish

        1829–1902

        aus Wasserlos bei Oettingen (Ries); Dr. iur.; bayerischer Oberleutnant; 1897 preußischer Adel

      • Großmutter väterlicherseits

        Helene Luise Anna Franziska von Parish

        1837–1907

    • Mutter

      Helene Heines

      1871–1944

      Kindermädchen

      • Großvater mütterlicherseits

        Johann Baptist Heines

        1832–1973

        Werkmeister in Esslingen

      • Großmutter mütterlicherseits

        Barbara Heines

        1832–1888

    • Schwester

      Martha Heines

      1899–1928

    • Bruder

      Oskar Heines

      1903–1934

      im Rahmen der Röhm-Affäre ermordet

    • Heirat

  • Biografie

    alternativer text
    Edmund Heines (zweiter von links), BArch / Bildarchiv (InC)

    Heines wurde als unehelicher Sohn eines vermögenden Privatiers von seiner Mutter allein erzogen, engagierte sich seit 1912 im Bayerischen Wehrkraftverein und meldete sich Anfang 1915 als Kriegsfreiwilliger zur bayerischen Armee. Als begeisterter Soldat bis November 1918 mehrfach befördert und ausgezeichnet, beteiligte er sich im April 1919 mit dem Freikorps Oberland an der Niederschlagung der Münchner Räterepublik und kämpfte Ende 1919 als Artilleriebatterieführer mit dem Freikorps Roßbach gegen die baltische Unabhängigkeitsarmee. Geprägt von diesen Erfahrungen, entwickelte Heines ein radikal nationalistisches, bellizistisches und sozialdarwinistisches Weltbild. 1920 unterstützte er als Mitglied der Tarnorganisation „Arbeitsgemeinschaft Roßbach“ in Berlin den Kapp-Putsch, beteiligte sich an der Niederschlagung des Ruhraufstands und kämpfte 1921 im Rahmen des dritten polnischen Aufstands in Oberschlesien.

    Im Oktober 1921 kehrte Heines nach München zurück und trat im Oktober 1922 der NSDAP und SA bei. Als Teilnehmer des Hitler-Putschs vom 9. November 1923 vom Volksgericht München I am 16. April 1924 zu fünfzehn Monaten Festungshaft verurteilt, war er seit dem 1. Juni mit Adolf Hitler (1889–1945) und anderen Putschisten in Landsberg am Lech inhaftiert, ehe er am 30. September 1924 auf Bewährung entlassen wurde. Als Protegé Ernst Röhms (1887–1934) trat Heines im Frühjahr 1925 der neu gegründeten NSDAP mit der prestigeträchtig niedrigen Mitgliedsnummer 78 sowie der SA bei und leitete bis Sommer 1926 die von Gerhard Roßbach (1893–1967) gegründete, nach Ferdinand von Schill (1776–1809) benannte „Schilljugend“, die bis zur Gründung der Hitler-Jugend als Jugendorganisation der NSDAP diente. Auf seine Initiative wurde das „Braunhemd“ zur Standard-Kleidung der SA in ganz Deutschland: 1925/26 versorgte Heines als Betreiber des „Sportversands Schill“ die Münchner SA mit khakifarbenen Uniformen der ehemaligen Schutztruppe der Kolonie Ostafrika, die bis 1927 von allen SA-Formationen übernommen wurden.

    Im Mai 1927 wurde Heines auf Anordnung Hitlers aus NSDAP und SA ausgeschlossen, nachdem er große Teile der Münchner SA gegen dessen Legalitätstaktik mobilisiert und Hitler bezichtigt hatte, unter dem Einfluss von „Bonzen und Bremsern“ zu stehen. Deutschlandweit bekannt wurde er 1928, nachdem er wegen des medial viel beachteten Fememords an dem Landarbeiter Willi Schmidt (1899–1920) vom Landgericht Stettin zu 15 Jahren Haft, im Revisionsverfahren dann zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde. Obwohl bereits im Mai 1929 aus der Haft entlassen und 1930 endgültig amnestiert, wurde Heines durch das Verfahren zum Helden und Märtyrer der politischen Rechten und nach seiner Haftentlassung wieder in die NSDAP aufgenommen, die er seit September 1930 auch im Reichstag vertrat. Hier machte er, weitgehend geschützt durch seine Abgeordnetenimmunität, mit Zwischenrufen, Schmähungen anderer Abgeordneter, einer Morddrohung gegen den SPD-Abgeordneten Wilhelm Hoegner (1887–1980) und einem tätlichen Angriff gegen den Journalisten und späteren Widerstandskämpfer Helmuth Klotz (1894–1943) auf sich aufmerksam.

    Im Auftrag Röhms schlug Heines im April 1931 die parteiinterne Revolte des Berliner SA-Führers Walther Stennes (1895–1983) nieder und übernahm im Juni 1931 das Kommando über die SA in Schlesien, die bis Anfang 1933 von rund 10 000 auf 50 000 Mann anwuchs. Dem von ihm gezielt geschürten Terror, kulminierend in mehreren Sprengstoffanschlägen, fielen 1932 hunderte politische Gegner zum Opfer. Als infolge der Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933 mehrere tausend Personen in Schlesien verhaftet wurden, veranlasste Heines, im März 1933 vom kommissarischen preußischen Innenminister Hermann Göring (1893–1946) zum Polizeipräsidenten von Breslau ernannt, die Errichtung des Konzentrationslagers Breslau-Dürrgoy. Hier ließ er u. a. den vormaligen Reichstagspräsidenten Paul Löbe (1875–1967) misshandeln.

    Unter der Führung von Heines wuchs die schlesische SA bis zum Frühjahr 1934 auf über 200 000 Mann an, als Hitler entschied, die SA zu entmachten. Als gefährlicher Machtfaktor im Reich wurde Heines am 30. Juni 1934 im Rahmen des „Röhm-Putsches“ in Bad Wiessee am Tegernsee von Hitler persönlich verhaftet, in das Gefängnis München-Stadelheim gebracht und dort auf Weisung Hitlers von einem SS-Kommando erschossen.

  • Auszeichnungen

    1916 Eisernes Kreuz II. Klasse
    1917 Bayerisches Militärverdienstkreuz III. Klasse mit Krone und Schwertern
    1918 Bayerischer Militärverdienstorden 4. Klasse mit Schwertern
    1919/20 Russischer St. Annen-Orden
    1920 Eisernes Kreuz I. Klasse (nachträglich zugesprochen)
    1921 Schlesischer Adler
  • Quellen

    Nachlass:

    nicht bekannt.

    Weitere Archivmaterialien:

    Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, Bestand BDC (Personalakten, v. a. Akte des Obersten Parteigerichts der NSDAP); R 1501/207173 (Personalakte als Polizeipräsident von Breslau); R 72/1876 (Zeitungsausschnitte aus der Presseabteilung des Stahlhelm. Bund der Frontsoldaten); R 8034-III/185 (Presseausschnittsammlung aus dem Pressearchiv des Reichslandbunds); NS 5-VI/17603, Bl. 38–56 (Zeitungsausschnitte aus dem Archiv des Arbeitswissenschaftlichen Instituts); NS 26/1348 u. 2515 (Akten des Polizeipräsidiums Berlin).

    Geheimes Staatsarchiv, Berlin, Rep 84a, Nr. 55029 bis 55039 (Akten zu den Stettiner Fememordprozesses gegen Heines von 1928 und 1929); Rep 84a, Nr. 53853 bis 53856 (Ermittlungen wegen weiterer Vergehen, u. a. tätlicher Angriff auf den Journalisten Helmuth Klotz 1932 und wegen homosexueller Handlungen); Rep. 77, MdI, Tit 4043, Nr. 310 bis Nr. 312 (verstreute Unterlagen des Preußischen Innenministeriums über Heines' Aktivitäten als Führer der schlesischen SA von 1931 bis 1933).

    Staatsarchiv München, Bestand PDM (verstreute Hinweise über Heines' Aktivitäten in München in den 1920er Jahren in den Akten der Polizeidirektion München, hier v. a. PDM Nr. 6704: Sturm auf das Hotel Grünwald); JVA 12420 (Häftlingsakte der Festung Landsberg 1924, mit Abschrift des Urteils des Volksgerichtes München gegen Heines vom 16.4.1924).

    Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München, MInn 71525, Bl. 263-283 (u. a. Auszug aus einem polizeilichen Führungszeugnis 1928); MK 11128 (Akte des Bayerischen Kultusministeriums zu der verweigerten Wiederaufnahme von Heines an der Münchner Universität 1929); OP 16521 (Militärpersonalakte).

    Staatsarchiv Osnabrück, Rep 545 Nr. 40, Rep. 945 Akz. 2001/054, Nr. 92-94; Rep. 945/Akz. 2001/1987, Nr. 2-3, 42-44, 51-79, 94-109, 443-457 u. 528 (Akten der Staatsanwaltschaft Osnabrück zum Strafverfahren gegen Udo von Woyrsch und Ernst Müller-Altenau wegen der in Schlesien durchgeführten Morde während des „Röhm-Putsches“).

  • Werke

    Schlesisches SA-Liederbuch, 1932, 51933. (Hg.)

    Luftschutz. Die deutsche Schicksalsfrage, 1934. (Hg.)

    Vorwort, in: Waldemar Glaser, Stahlkreuz an der Ruhr. Albert Leo Schlageters Leben und Sterben, 1933. (Vorwort aus späteren Auflagen entfernt)

  • Literatur

    Monografien:

    Richard Bessel, Political Violence and the Rise of Nazism, 1984.

    Peter Longerich, Die braunen Bataillone. Geschichte der SA, 1989.

    Sven Reichardt, Faschistische Kampfbünde. Gewalt und Gemeinschaft im italienischen Squadrismus und in der deutschen SA, 2002.

    Mathias Rösch, Die Münchener NSDAP 1925–1933. Eine Untersuchung zur inneren Struktur der NSDAP in der Weimarer Republik, 2002.

    Eleanor Hancock, Ernst Röhm. Hitler’s Chief of Staff, 2008.

    Daniel Siemens, Sturmabteilung. Die Geschichte der SA, 2019.

    Aufsätze und Artikel:

    Bernhard Sauer, „Vom Mythos eines ewigen Soldatentums“. Der Feldzug deutscher Freikorps im Baltikum im Jahre 1929, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 43 (1995), S. 869–902, bes. S. 899–901.

    Karl Höffkes, Hitlers politische Generale. Die Gauleiter des Dritten Reiches. Ein biographisches Nachschlagewerk, 1997, S. 132.

    Bernhard Sauer, Gerhard Roßbach – Hitlers Vertreter für Berlin. Zur Frühgeschichte des Rechtsradikalismus in der Weimarer Republik, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 50 (2002) S. 5–21, bes. S. 6–8 u. 12 f.

    Joachim Lilla, Die Stellvertretenden Gauleiter und die Vertretung der Gauleiter der NSDAP im „Dritten Reich“, 2003, S. 40.

    Joachim Lilla (Bearb.), Statisten in Uniform. Die Mitglieder des Reichstags 1933–1945. Ein biographisches Handbuch, 2004, S. 218 f.

    Andrea Rudorff, Breslau-Dürrgoy, in: Wolfgang Benz/Barbara Distel (Hg.), Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Bd. 2, 2005, S. 83–86.

    Mathias Rösch, Art. „Heines, Edmund“, in: Hermann Weiß (Hg.), Biographisches Lexikon zum Dritten Reich, überarb. Neuausg., 22011, S. 192 f.

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    Fotografie, ca. 1933, Abbildung in: Reichstags-Handbuch. IX. Wahlperiode 1933, hg. v. Büro des Reichstags, 1934, S. 412. (Onlineressource)

    Fotografien, Bildarchiv der Bayerischen Staatsbibliothek München, Sammlung Heinrich Hoffmann.

  • Autor/in

    Rainer Orth (Frankfurt am Main)

  • Zitierweise

    Orth, Rainer, „Heines, Edmund“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.03.2022, zuletzt geändert am 23.05.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/124349595.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA