Lebensdaten
1909 – 1944
Geburtsort
Potsdam
Sterbeort
Berlin-Plötzensee
Beruf/Funktion
Diplomat ; Mitglied des Kreisauer Kreises
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118802798 | OGND | VIAF: 68956010
Namensvarianten
  • Trott zu Solz, Friedrich Adam von
  • Trott zu Solz, Adam von
  • Trott zu Solz, Friedrich Adam von
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Trott zu Solz, Adam von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118802798.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V August (s. 1);
    M Eleonore v. Schweinitz;
    Hamburg 1940 Clarita (1917–2013), Dr. med., Fachärztin f. Psychiatrie, Psychoanalytikerin, T d. Max Tiefenbacher (1890–1984), Dr. iur., RA in Hamburg, u. d. Clarita Siemsen (1896–1980);
    2 T Verena (* 1942, Adam Onken, * 1940, Dr. rer. nat., Biol.), Diplom-Pädagoge, Clarita (* 1943, Urs Müller-Plantenberg, * 1937, Dr. phil., Hist., Soziol., Amerikanist, Prof. f. Soziol. in Warschau), Dr. rer. pol., 1981–2009 Prof. f. Soziol. u. pol. Ökonomie in Kassel (beide s. Kürschner, Gel.-Kal. 2011);
    Gvv d. Ehefrau Peter Siemsen (1825–1918), Großkaufm. in Hamburg, Gvm d. Ehefrau Maximilian Bernhard Tiefenbacher (1850–1930), Großkaufm. in Hamburg.

  • Biographie

    T., fünftes von acht Kindern, legte 1927 am Städtischen Gymnasium von Hannoversch Münden das Abitur ab. Er studierte gemäß der Familientradition Jura, absolvierte 1930 das Referendarexamen und wurde 1931 bei Herbert Kraus (1884–1965) in Göttingen zum Dr. iur. promoviert. Seit seinen Aufenthalten im international geprägten Genf 1928 und in England 1929 politisch interessiert, erhoffte T. für die Weimarer Republik am meisten von der SPD. Sein politisches Vorbild sah er in der brit. Labour Party. Vom Referendardienst beurlaubt, studierte er 1931–33 mit einem Rhodes-Stipendium in Oxford Philosophie, Politik und Volkswirtschaft (Bachelor of Arts 1933). In dem Labour-Abgeordneten Sir Stafford Cripps fand er einen politischen Freund und Mentor.

    Seit Herbst 1933 setzte T. seine juristische Ausbildung in einem völlig veränderten Deutschland fort. Das NS-Regime lehnte er von Anfang an ab. Trotz erheblichen Drucks verweigerte er den Eintritt in den Bund Nationalsozialistischer Dt. Juristen und in die NSDAP. Er suchte Kontakt zu Regimegegnern unterschiedlicher Richtungen, vom hochkonservativen Ewald v. Kleist-Schmenzin (1890–1945) bis zum sozialistisch-kommunistischen Untergrund, und half in vielfältiger Weise rassisch und politisch Verfolgten. Nach dem Assessorexamen im Herbst 1936 reiste T., finanziert von der Rhodes-Stiftung, 1937 über die USA nach China. Hier trieb er bis Ende 1938 Vorstudien für eine Habilitationsarbeit und unternahm trotz des japan.-chines. Kriegs Informationsreisen durch das Land, auch nach Japan, Korea und in die Mandschurei. Zurückgekehrt nach Deutschland, erfuhr T. von den Putschplänen vor dem Münchner Abkommen und schloß sich der entstehenden Widerstandsbewegung an, die weiterhin einen Regimesturz anstrebte. Seine Habilitationspläne gab er wegen des inzwischen verstärkten NS-Einflusses auf die Universitäten auf und suchte erfolglos nach einem geeigneten Arbeitsplatz ohne die Voraussetzung der Parteimitgliedschaft. Im Juni 1939 versuchte T., dem drohenden Kriegsausbruch entgegenzuwirken: Obwohl ohne Rang und Amt, konnte er eine inoffiziell arrangierte Reise nach London antreten, wo er dank privater Kontakte mit führenden brit. Politikern zusammentraf, darunter mit Außenminister Lord Halifax und Premierminister Neville Chamberlain. T.s an Adolf Hitler gerichteter und diesem auch vorgelegter Bericht, in dem er darauf hinwies, daß die brit. Regierung einen dt. Angriff auf Polen nicht dulden, sondern als Kriegsgrund betrachten würde, wurde wie andere derartige Warnungen nicht ernst genommen.

    Im Sept. 1939 konnte T. mit Hilfe einer befristeten Anstellung im Auswärtigen Amt trotz Kriegsausbruchs in die USA reisen, um dort ein Vierteljahr als Ostasienexperte für das Institute of Pacific Relations in New York tätig zu sein. Als Anerkennung für seine wissenschaftliche Mitarbeit wurde er zum ständigen Mitglied des Internationalen Sekretariats des Institutes gewählt und mit der Gründung eines Sekretariats für fernöstliche Studien in Deutschland nach dem Krieg beauftragt. Daneben versuchte T. in den USA, wo immer möglich, über die dt. Widerstandsbewegung und ihre Ziele zu informieren. Das FBI, das ihn als vermeintlichen NS-Spion überwachte, kam zu dem Ergebnis, daß er Unterstützung für den Sturz des NS-Regimes suchte. T., der davon überzeugt war, diesem Ziel besser von innen als von außen dienen zu können, kehrte Anfang 1940 nach Deutschland zurück. Dort nutzte er seit Juni 1940 eine Stelle in der Informationsabteilung des Auswärtigen Amts als Aktionsbasis und trat zur Tarnung auch der NSDAP bei. 1941 wurde er Wiss. Hilfsarbeiter und 1943 zum Legationsrat befördert. Auf seinen Dienstreisen ins neutrale Ausland, u. a. elfmal in die Schweiz und viermal nach Schweden, suchte T. Kontakt zu den Alliierten, um den geplanten Regimesturz außenpolitisch abzusichern. Unterstützung fand er dabei in dem Ökumeniker Willem A. Visser ’t Hooft (1900–85) in Genf, der T. auch den Kontakt zu niederl. Widerstandskämpfern in Den Haag vermittelte. Die vom brit. Premierminister Sir Winston Churchill und dem US-amerik. Präsidenten Franklin D. Roosevelt ausgegebenen Direktiven des „völligen Stillschweigens“ und der „bedingungslosen Kapitulation“ verhinderten jedoch einen Erfolg seiner Bemühungen.

    Im Inland unterhielt T. ein breites Netz von Widerstandskontakten. Er gehörte zum Kern des von Helmuth James v. Moltke (1907–45) initiierten Kreisauer Kreises und war an dessen programmatischen Zukunftsentwürfen beteiligt. In eigenen Schriften, die er in den USA und in der Schweiz verfaßte, forderte T. einen grundlegenden Wandel in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, einschließlich einer allgemeinen Demokratisierung. Er plädierte für die Schaffung einer europ. Föderation bei Einschränkung nationalstaatlicher Souveränität, aber unter der Maßgabe von Freiheit und Gleichberechtigung, regte die Schaffung einer europ. Sozialgesetzgebung, gemeinsamer Wirtschaftsstrukturen, einer einheitlichen Währung und eines europ. höchsten Gerichtshofs an.

    Trotz seiner Einsicht in die Schwäche des dt. Widerstands und mehrerer mißlungener Anläufe hielt T. beharrlich am Ziel des Regimesturzes fest. Als Claus Gf. Schenk v. Stauffenberg (1907–44) sich im Herbst 1943 an die Spitze der Umsturzbewegung stellte, gehörte T. zusammen mit Julius Leber (1891–1945) zu seinen wichtigsten zivilen Mitstreitern. Wenige Tage nach dem Scheitern von Attentat und Staatsstreich am 20. Juli 1944 wurde T. verhaftet, noch im August vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und hingerichtet.

  • Werke

    W Hegels Staatsphilos. u. d. Internat. Recht, Diss. Göttingen 1932;
    Heinrich v. Kleist, Pol. u. journ. Schrr., ausgew. u. eingel., 1935; Der Kampf um d. Herrschaftsgestaltung im Fernen Osten, in: Zs. f. ausländ. öff. Recht u. Völkerrecht 9/2, 1939/40, S. 264–83; Handschriftl. Notizen [1939], abgedr. in: H. Rothfels, T. u. d. Außenpol. d. Widerstandes, in: VfZ 12, 1964, S. 315 f.; Letter to Professor Percy E. Corbett [1941], abgedr. in: W. Lipgens (Hg.), Documents on the Hist. of Europ. Integration, Bd. 1, 1985, S. 391–95; Comments on the Peace Programme of the American Churches [1943], abgedr. ebd., S. 436–40.

  • Quellen

    Qu – Nachlaß: BA Koblenz, N 1416; zahlr. QuNachweise in: Krusenstjern (s. L).

  • Literatur

    L G. van Roon, Neuordnung im Widerstand, Der Kreisauer Kr. innerhalb d. dt. Widerstandsbewegung, 1967;
    Der Kreisauer Kr., Porträt e. Widerstandsgruppe, bearb. W. E. Winterhager, 1985;
    H. O. Malone, A. v. T. z. S., Werdegang e. Verschwörers, 1909–1938, 1986;
    C. v. Trott zu Solz, A. v. T. z. S., Eine Lebensbeschreibung, 1994, ²2009;
    K. v. Klemperer, Die verlassenen Verschwörer, Der dt. Widerstand auf d. Suche n. Verbündeten, 1938–1945, 1994;
    A. Schott, A. v. T. z. S., Jur. im Widerstand, Vfg.rechtl. u. staatspol. Auffassungen im Kreisauer Kr., 2001; B. v. Krusenstjern, „daß es Sinn hat zu sterben – gelebt zu haben“, A. v. T. z. S. 1909–1944, 2009, ³2010 (Qu, L
    , P). – (Über T., sein Leben und sein Wirken sind viele Irrtümer verbreitet, die auf fehlende Quellenkenntnis und Zeugenkritik sowie auf kritiklose Übernahmen zurückzuführen sind.)

  • Autor/in

    Benigna von Krusenstjern
  • Zitierweise

    Krusenstjern, Benigna von, "Trott zu Solz, Adam von" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 458-459 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118802798.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA