Lebensdaten
1891 – 1945
Geburtsort
Biesheim (Oberelsaß)
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Politiker ; Chefredakteur ; Widerstandskämpfer
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118570633 | OGND | VIAF: 54198643
Namensvarianten
  • Leber, Julius

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Zitierweise

Leber, Julius, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118570633.html [04.10.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Jean Baptiste (* 1865), Maurer, S d. François Antoine u. d. Marie Anne Zehrfuß;
    M Katharina (1868–1948), T d. Tagelöhners Jérome Schubetzer in Biesheim u. d. Marie Anne Krey;
    Lübeck 1927 Anne Dore (1904–69), Verlegerin, soz.demokr. Politikerin, T d. Dr. phil. Georg Rosenthal (1874–1934), Oberstudiendir. am Katharineum in Lübeck, u. d. Emilie Auguste Franziska Bauch;
    1 S, 1 T.

  • Biographie

    L. wuchs in kleinbäuerlichen Verhältnissen auf. Er besuchte die höhere Schule bis zum Einjährig-Freiwilligen-Examen, danach begann er eine kaufmännische Lehre (1908–10) und trat im Spätsommer 1910 in die Unterprima der Freiburger Oberrealschule ein. Vermutlich noch als Schüler wurde er Mitglied der SPD. Nach dem Abitur 1913 studierte er in Straßburg und Freiburg Nationalökonomie. Im August 1914 meldete er sich als Kriegsfreiwilliger, wurde 1915 Leutnant und erhielt das EK I. Nach dem Waffenstillstand blieb er Soldat beim Grenzschutz im Osten. Beim Kapp-Putsch war seine Batterie eine der wenigen Einheiten, die konsequent auf der Seite der Republik standen. Nach Verlassen des Heeresdienstes schloß L. sein Studium in Freiburg Ende 1920 mit der Promotion ab. Im März 1921 wurde er Chefredakteur der sozialdemokratischen Zeitung „Lübecker Volksbote“ (bis 1933). Sein Hauptanliegen auch als Politiker – er gehörte vom Herbst 1921 bis 1933 ununterbrochen der Lübecker Bürgerschaft an – war die Festigung der Republik von einer zunächst eher linksorientierten aktivistischen Position aus. Auffällig war die starke Betonung der Bedeutung republikanischer Symbole bei ihm. L. vertrat gegenüber der Politik seiner Partei eine kritische Einstellung, bemängelte zu große Kompromißbereitschaft und Vernachlässigung der an Marx orientierten Grundsätze der Parteitheorie. Erst seit 1923 löste er sich von dieser ideologischen Position und vertrat immer offener die These, daß gerade die Bindung an diese|Theorie ein Hemmnis für eine aktive Mitgestaltung der Republik durch die SPD sei. Über bloße „Realpolitik“ hinausgehend, steuerte er „ganz behutsam auf eine Revolutionierung …, die in anderer Richtung lag“, zu. Als Reichstagsabgeordneter (1924–33) befaßte er sich insbesondere mit Wehrfragen. Er arbeitete an dem Entwurf der 1929 von der SPD verabschiedeten Richtlinien zur Wehrfrage mit. Sein Ziel war, „zwischen Arbeiterschaft, Republik und Reichswehr so etwas wie ein gemeinsames Fundament herzustellen“. Dabei kritisierte er gleichermaßen das Selbstverständnis der Reichswehr als „Staat im Staate“ wie wehrfeindliche Strömungen innerhalb seiner eigenen Partei. Kritik übte L. auch an der Praxis der Führungsauslese in der Sozialdemokratie, durch die etablierte Eliten bestätigt und der Aufstieg neuer, jüngerer Kräfte erschwert wurde. L. war überzeugt von der hohen Bedeutung charismatischer Führerpersönlichkeiten in der Politik; das wird gerade da besonders deutlich, wo er führende Kräfte seiner Partei in scharfer Form kritisiert.

    Seine stets hart geführten Auseinandersetzungen mit der politischen Rechten wurden im Kampf gegen den Nationalsozialismus eher noch härter. Wegen der Beteiligung an einer tätlichen Auseinandersetzung mit einer Gruppe von Nationalsozialisten in der Nacht vom 31.1. auf den 1.2.1933 wurde L. von einem von der politischen Entwicklung nicht mehr unbeeinflußten Gericht am 27.5.1933 zu 20 Monaten Gefängnis verurteilt. Nach Verbüßung der Strafe wurde er in Schutzhaft genommen und blieb bis Mai 1937 im Konzentrationslager (Esterwegen, Sachsenhausen). Nach seiner Entlassung arbeitete er in einer Kohlenhandlung. Aus freundschaftlichem Kontakt mit anderen Sozialdemokraten entstand allmählich ein Widerstandskreis, in dem L. führend war. Seit Herbst 1943 bestanden Kontakte zum Kreisauer Kreis, der Goerdeler-Gruppe und zum militärischen Widerstand, insbesondere Stauffenberg. Pläne L.s über den künftigen Aufbau Deutschlands sind nur andeutungsweise überliefert. L. vertrat die Auffassung, daß nur eine umspannende Volksbewegung, die auch Kommunisten einschloß, den Umsturz tragen könne. Danach sollte sich ein Zweiparteiensystem entwickeln. Für die Regierung unmittelbar nach dem Umsturz war L. als Innenminister vorgesehen. Die Kontaktaufnahme mit Kommunisten war der Anlaß für die Verhaftung L.s bereits am 5.7.1944. Der Prozeß vor dem Volksgerichtshof fand am 20.10.1944 statt, das Todesurteil wurde am 5.1.1945 vollstreckt. L.s kritische Überlegungen haben auf Grund der historischen Entwicklung die SPD der Weimarer Zeit kaum entscheidend verändern können. Auswirkungen seiner Reformbemühungen werden jedoch im Godesberger Programm der SPD von 1959 spürbar.

  • Werke

    Ein Mann geht seinen Weg, Schrr., Reden, Briefe, mit Vorwort v. G. Dahrendorf, 1952 (P;
    S. 263-95: Epilog);
    Schrr., Reden, Briefe (1920–45), hrsg. v. D. Beck u. W. F. Schoeller, mit Vorwort v. W. Brandt u. Gedenkrede v. G. Mann, 1976 (P).

  • Literatur

    A. Leber, W. Brandt u. K. D. Bracher, Das Gewissen steht auf, 64 Lb. aus d. dt. Widerstand, 1954, S. 224-27 (P);
    G. van Roon, Neuordnung im Widerstand, Der Kreisauer Kreis innerhalb d. dt. Widerstandsbewegung, 1967, S. 204-09 (P);
    Dt. Widerstandskämpfer 1933–45, Biogrr. u. Briefe, hrsg. v. Inst. f. Marxismus-Leninismus, I, 1970, S. 574-76 (P);
    H. u. I. Bohrmann, J. L., in: Vorbilder f. Deutsche, Korrektur e. Heldengal., hrsg. v. P. Glotz u. W. R. Langenbucher, 1974, S. 236-54;
    D. Beck, J. L. (1891-1945), Soz.demokrat, Journalist, Politiker, Diss. Bochum 1981;
    dies., J. L., Soz.demokrat zw. Reform u. Widerstand, Mit d. Briefen aus dem Zuchthaus, Vorwort v. W. Brandt, 1983 (P).

  • Autor/in

    Dorothea Beck
  • Zitierweise

    Beck, Dorothea, "Leber, Julius" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 18-19. [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118570633.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA