Lebensdaten
1900 – 1986
Geburtsort
Freyburg/Unstrut
Sterbeort
Bugnaux-sur-Rolle (Kanton Waadt)
Beruf/Funktion
Architekt
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118738593 | OGND | VIAF: 109825350
Namensvarianten
  • Neufert, Ernst
  • Neufert, Hermann Ernst
  • Noifert, Ernst
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Zitierweise

Neufert, Ernst, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118738593.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hermann, Seiler u. Kleinkaufm. in F., S e. Schneiders;
    M Bertha Schlieder aus Gleina b. F., T e. Prof. d. Philos. in München;
    1924 Alete Vollmer (1896–1990);
    1 S Peter (* 1925), Architekt in Köln, 3 T.

  • Biographie

    N. absolvierte eine Maurer- und Zimmererlehre und besuchte die Baugewerkschule in Weimar; während der Sommermonate arbeitete er auf Großbaustellen im Rheinland. 1918 wurde er Bauleiter von Großbaustellen der Fa. Hanack und Ludwig in Magdeburg. 1919 zählte N. zu den ersten Schülern am Bauhaus in Weimar (unter Walter Gropius). Studienreisen nach Südeuropa, vor allem nach Spanien, wo er ein Jahr für die „Mancomunitat de Cataluña“ arbeitete, und praktische Tätigkeiten als Bauleiter (1922–24) auf Großbaustellen, für die Gropius als Architekt verantwortlich zeichnete, entsprachen ganz den Bauhausideen eines praxisorientierten Architekturstudiums. Seit 1924 war N. Bürochef beim Neubau des Bauhauses in Dessau. Dort wurde er, 24jährig, zum Lehrer an der Bauabteilung des Bauhauses bestellt, ein Jahr später zum Professor der neugegründeten Staatlichen Bauhochschule in Weimar (unter Otto Bartning) berufen. N. stieg zu deren stellvertretendem Leiter auf, bis 1929 durch die NS-Regierung Frick des Landes Thüringen der gesamte Lehrkörper entlassen wurde. N. fand als Leiter des Bauateliers Aufnahme an der privaten Itten-Schule in Berlin, die vom vormaligen Bauhauslehrer Johannes Itten gegründet worden war, 1933 allerdings vom Staat aufgelöst wurde. Er unternahm nun Reisen in nordeurop. Länder „in der Absicht zu emigrieren, da ich als ehemaliger Bauhäusler nicht in die Reichskammer aufgenommen wurde, und deshalb von 1933 bis 36 keinerlei Bauten ausführen konnte“ (Lebenslauf, 1945). Den Unterhalt seiner Familie finanzierte er in diesen Jahren allein aus Vorschüssen zu seiner „Bauentwurfslehre“ (1936, 331992), die zu einem Welterfolg werden sollte und noch heute als „der Neufert“ Standardwerk für jeden angehenden Architekturstudenten ist. 1936-44 arbeitete N. als selbständiger Architekt in Berlin. Wie zahlreiche ehemalige Bauhausschüler sah er im Industriebau die Möglichkeit, im Sinne seiner funktionalistischen Architekturauffassung weiterhin Großbauten erstellen zu können, ohne sich der monumentalen NS-Architektur anzubiedern. Allerdings geriet er in deren gefahrliches Fahrwasser, als der „Generalinspektor für die Reichshauptstadt“ Albert Speer ihn 1938 mit der Ausarbeitung von Normen für den Wohnungsbau beauftragte. Als Resultat veröffentlichte N. 1943 die „Bauordnungslehre, Handbuch für rationelles Bauen nach geregeltem Maß“ (³1965).

    1945 wurde N. als o. Professor für Baukunst an die TH Darmstadt berufen. In den 50er Jahren, als er auf der Höhe seines Ruhms stand, errichtete er so wichtige Bauten wie die Versuchshalle des Wasserbauinstituts der TH Darmstadt (1954–56) oder das Versandhaus Quelle in Fürth (1954–58, mit W. Rösel), die als wesentliche Beispiele der deutschen Nachkriegsarchitektur angesehen werden können. N.s Schwerpunkt blieb auch nach dem 2. Weltkrieg der Industriebau, wo ihm speziell durch die Baustoffindustrie Großaufträge zuflogen. 1945 wurde er Hausarchitekt der Fa. Dyckerhoff-Portland-Zement-Werke (Amöneburg, Neuwied, Neubeckum, Lengerich – hier 1961 Lepolofen-Anlage). In manchem Bau – wie der Weinbrennerei E. Texier & Cie. in Bingen (1958/59) – ließ N. seine eigene Bautradition der 20er Jahre wieder aufleben (vgl. Abbeanum und Studentenhaus in Jena). Seltener entwarf er Privatvillen, die in der Betonung der Horizontalen (Fensterbänder im Wechsel mit Klinkerfassaden, vorgezogene Traufkanten) noch immer den Einfluß Frank Lloyd Wrights, den er 1936 persönlich kennengelernt hatte, verraten.|

  • Auszeichnungen

    Dr. h. c. (TH Darmstadt 1954).

  • Werke

    u. a. Studentenhaus u. Mensa d. Univ. Jena, 1928-30 (mit Otto Bartning);
    Abbeanum (Math. Inst. d. Carl-Zeiss-Stiftung), Jena, 1929/30;
    Haus Neufert (Holzversuchsbau), Gelmeroda b. Weimar, 1930;
    Entwurf u. Bauleitung v. Bürohausbauten, Fabrikanlagen u. Siedlungen in Weißwasser, Tschernitz u. Kamenz (Sachsen), 1929/30 (als Hausarchitekt d. Vereinigten Lausitzer Glaswerke);
    Wohnhaus Hügelmann, Berlin, 1937;
    Industrieanlagen f. d. Hagenuk GmbH, Barth/Pommern u. Berlin-Tempelhof, 1937-43;
    Industrieplanungen f. d. Flugmotorenwerke Focke-Wulff, 1939-45;
    Wiederaufbau d. Hotels „Nassauer Hof“, Wiesbaden, 1948/49;
    Tankstellen, Rasthäuser u. Hotel an d. Autobahn in Pfungstadt b. Darmstadt, 1951-55/59;
    Industrieplanungen f. d. Eternit AG, Leimen b. Heidelberg u. Neuss, 1954-60;
    Eigenes Atelierhaus „Planerhof“, 1949/50, u. Planstatt, 1955/56, beides Darmstadt;
    Ledigenheim als Meisterbau d. Stadt Darmstadt, 1952-55;
    Glaswerk Schott, Mainz, 1951-53;
    Weinkellerei St. Ursula, Bingen, ca. 1964;
    Fleischwarenfabrik, Berlin-Mariendorf, 1974. – Schrr.: Das Jahr in Spanien, Architekturskizzen, Detailzeichnungen u. Bauaufnahmen e. Reise in Spanien, 1970 (Erstausg. 1921);
    25 Wohnhäuser aus Holz, 1934;
    Das Oktameter-System, 1939;
    Bombensicherer Luftschutz im Wohnungsbau (Vorabdr. aus: Der werksmäßige Wohnungsbau), 1941;
    Der Mieter hat d. Wort, 1942;
    Baunormung als Ganzheit, o. J. [um 1942];
    Well-Eternit Hdb., 1955 (mit Paschen v. Flotow);
    Welche Hallen f. d. Industrie?, 1963;
    Das Maßgebende, o. J. (um 1965);
    Welche Abmessungen f. Fertigteile?, 1966 (mit Manfred Neumann);
    Industriebauten, hg. v. J. P. Heynemann-Berg u. a., 1973;
    Bauzeitplanung, Bauablauf im Netzwerk mit u. ohne Computer, 1974 (mit W. Rösel);
    . – Hg.: Preisgekrönte Entwürfe f. Kleinsiedlungshäuser, 1938;
    Der Architekt im Zerreißpunkt, 1948. |

  • Nachlass

    Nachlaß: TH Darmstadt, Fachbereich Architektur (Korr. 1944 u. 1960-65, Foto-Slg.) u. Hochschularchiv (Lebenslauf, 1945, Zeitungsausschnitte); Planungs AG Neufert Mittmann Graf, Gelmeroda (Foto-Slg, Schriftstücke, Baubeschreibungen, Skizzen, Briefwechsel u. a.); Peter Neufert, Köln.

  • Literatur

    G. Leowald, Sinn u. Grenzen d. Normung, Eine nachgeholte Auseinandersetzung mit N.s Bauordnungslehre, in: Baukunst u. Werkform 1, 1947, H. 1, S. 52-79 (P);
    Bauerfahrungen u. Lehre, Eine TH-Ausst. aus d. Wirken v. Prof. E. N., Darmstädter Tagbl. v. 21.5.1980;
    F. Gotthelf. E. N., Ein Architekt unserer Zeit, 1960 (W, L, P);
    J. Bredow u. J. Cramer, Bauten in Darmstadt, Architekturführer, 1979 (P);
    H. Führer, in: Bauwirtschaft, H. 9/10, 6.3.1986;
    K. v. Beyme, Der Wiederaufbau, Architektur u. Städtebaupol. in beiden dt. Staaten, 1987, S. 53 f., 61, 63, 72, 249 f.;
    E. Reinhold-Postina, Darmstädter Architekturgesch., Die Architektur d. fünfziger Jahre, 1990 (P);
    W. Durth, Dt. Architekten, Biogr. Verflechtungen 1900-1970, 1992 (P S. 188 f., Biogr. S. 511);
    ders. u. N. Gutschow, Träume in Trümmern, Stadtplanung 1940-1950, 1993 (P);
    ders., Zw. Moderne u. Modernismus, in: Moderne Architektur in Dtld. 1900 bis 1950, Ausst.kat. Dt. Architektur-Mus. Frankfurt/Main, 1994, S. 296-319 (P);
    W. Voigt, „Triumph d. Gleichform u. d. Zusammenpassen“, E. N. u. d. Normung in d. Architektur, in: Bauhaus-Moderne im NS, hg. v. W. Nerdinger, 1993, S. 179-93 (P);
    C. Pias, Triumph d. Gleichform, Gut ist, was zusammenpaßt: E. N. fand d. Maß aller Dinge, in: FAZ v. 16.3.1994;
    P. Mittmann. Ein Standardwerk f. d. Architekten, Der „Neufert“ nimmt d. Architekten d. Angst vor d. leeren Blatt, ebd. v. 3.4.1995;
    Ch. Engelmann, E. N. – Studentenhaus u. Abbeanum in Jena, in: Das andere Bauhaus, Otto Bartning u. d. Staatl. Bauhochschule Weimar 1926-1930, Ausst.kat. Bauhaus-Archiv Berlin, 1996, S. 61-73 (P);
    M. Siebenbrodt, Zw. Tradition u. Moderne, Haus Neufert in Gelmeroda, ebd., S. 75-80 (P);
    Architektur d. 50er J., Die Darmstädter Meisterbauten, Ausst.kat. Kunstver. Darmstadt 1998.

  • Autor/in

    Uwe Hinkfoth
  • Zitierweise

    Hinkfoth, Uwe, "Neufert, Ernst" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 116-117 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118738593.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA