Lebensdaten
1663 – 1736
Geburtsort
Paris
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Prinz von Savoyen ; Feldherr ; Staatsmann
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118605941 | OGND | VIAF: 64800019
Namensvarianten
  • Eugen von Savoyen
  • Eugen Franz von Savoyen
  • Eugen
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Orte

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Zitierweise

Eugen, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118605941.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Eugen Moritz Gf. von Soissons (1635–73), franz. Gen., S des Thomas Franz Prinz v. Carignan (1596–1656, S des Hzg. Carl Emanuel I. v. Savoyen, 1630, u. der Cath. v. Spanien) u. der Marie v. Bourbon;
    M Olympia ( 1708), T des Bankiers Don Michele Lorenzo Mancini ( 1657) aus Fam. des Stadtpatriziats in Rom u. der Hieronyma Mazarini;
    Om Kardinal Jules Mazarin ( 1661);
    B Ludw. Thomas Gf. v. Soissons (1657–1702), Ludw. Jul. Chevalier de Savoye (1660–83), kaiserlicher Oberst; ledig; Nichte (Tochter des Ludw. Thomas) Victoria (1684–1763, Jos. Frdr. Prinz v. Sachsen-Hildburghausen, 1702–87, ReichsGFM, s. ADB XII unter Hildburghausen).

  • Biographie

    Von väterlicher Seite her Urenkel eines Herzogs von Savoyen und Urenkel König Philipps II. von Spanien sowie Enkel des zur Bourbonenfamilie gehörenden Grafen von Soissons, als dessen Erbe sein Vater unter die französischen Prinzen von Geblüt aufgenommen wurde, von mütterlicher Seite Großneffe des Kardinals Mazarin, ist E. im Pariser Hôtel Soissons geboren und aufgewachsen. Den soldatischen, auf kriegerischen Ruhm bedachten Vater hat er schon im Alter von 10 Jahren verloren. Die wohl weit begabtere, ehrgeizige Mutter, in ihrer Jugend wie nach ihr ihre Schwester Marie Favoritin König Ludwigs XIV., dann ihm völlig entfremdet, hat ihre 7 Kinder, von denen E. der fünfte, jüngste Sohn war, kaum wirklich erzogen, sie ging in Hofintrigen auf und mußte, in üble Skandale verwickelt, Anfang 1680 aus Frankreich flüchten, die Sorge für die Familie der harten bourbonischen Schwiegermutter überlassend. Die teilweise schlecht veranlagten Geschwister und Verwandten bildeten für E. keine gute Erziehungsgemeinschaft; er selbst, klein, häßlich und vernachlässigt, gab nach dem späteren Zeugnis der Liselotte von der Pfalz-Orléans keine Hoffnung zu etwas Rechtem. Ludwig XIV. sah in Übereinstimmung mit dem Herzog von Savoyen für ihn die geistliche Laufbahn vor, und als der Jüngling, der die militärische Neigung des Vaters und Großvaters geerbt hatte, um Eintritt in die französische Armee nachsuchte, sah er sich verächtlich abgewiesen. Voll Trotz hat er die geistliche Tracht abgelegt und ist Ende Juli 1683 zusammen mit des Königs Schwiegersohn Conti aus Frankreich geflüchtet. Während nachgesandte Boten Conti zur Umkehr bewogen, ist E. nach Passau weitergeritten, um seinen Degen dem vor dem großen Angriff der Türken aus Wien entwichenen Kaiser Leopold I. anzubieten, in dessen Dienst kurz zuvor sein Bruder Ludwig Julius bei Petronell tödlich verwundet worden war.

    Dem Kaiser durch den spanischen Botschafter zugeführt, hat E. die Hoffnung auf Übertragung des Dragonerregiments des toten Bruders zunächst nicht erfüllt gesehen, und so konnte er nur als Freiwilliger im Heer des Herzogs Karl von Lothringen an der siegreichen Entsatzschlacht für Wien am Kahlenberge am 12.9.1683 teilnehmen. Er muß sich hier und bei der Verfolgung der Türken bewährt haben. Da er zu der wohl durch die Mutter vermittelten spanischen Protektion auch noch die Unterstützung der verwandten badischen Markgrafen genoß und die Gunst des jungen bayerischen Kurfürsten Max Emanuel gewann, erhielt er schon Ende 1683 das Patent als Oberst eines neu aufgestellten Dragonerregiments. Zwar hat er in den folgenden Jahren auch noch Möglichkeiten einer Versorgung in savoyische oder spanische Dienste erwogen und nach einem Besuch in Madrid im Frühjahr 1686 sogar seine Erhebung zum spanischen Granden und die Verleihung des Goldenen Vließes erreicht, während von seiner Mutter Olympia betriebene Pläne seiner Heirat mit Töchtern reicher spanischer Häuser nicht zum Ziele führten. Inzwischen aber hatte ihn ein rascher Aufstieg im kaiserlichen Heer mit dem Willen erfüllt, das Angebot seines 1683 dem Habsburger überreichten Gesuchs wahr zu machen, alle seine Kräfte zu der kaiserlichen Majestät und des hohen Erzhauses Wohlfahrt und Wachstum anzuwenden und aufzuopfern. An den Türkenschlachten des Lothringers und seines Vetters Ludwig Wilhelm von Baden mit Ruhm beteiligt, wurde ihm 1687 die Ehre zuteil, die Kunde vom Siege am Berge Harsan nach Wien zu überbringen; Anfang 1688 wurde er zum Feldmarschalleutnant ernannt. Nachdem er 1688 vor Belgrad, 1689 in dem inzwischen ausgebrochenen Kriege gegen Frankreich vor Mainz nicht unerheblich verwundet worden war, erhielt er 1690 das Kommando eines österreichischen Korps, das den auf kaiserliche Seite getretenen Herzog von Savoyen unterstützen sollte. Zwar wurde ihm hier keine Gelegenheit zu großen Taten geboten, er hat aber das Vertrauen, das man in Wien in seine militärische Fähigkeit und in seine Zuverlässigkeit setzte, derart gerechtfertigt, daß ihn der Hofkriegsratspräsident Rüdiger Graf Starhemberg 1697 zur Übernahme des Oberbefehls im Türkenkrieg empfahl, weil von allen Generalen keiner „mehr Verstand, Erfahrung, Applikation und Eifer“ und zudem „ein so generöses und uninteressiertes Gemüt“ besitze.

    Obwohl die Lage gegenüber den Osmanen sich damals nicht nur infolge des Versagens der Führung, sondern auch auf Grund des üblen Zustandes der Truppen sehr schlecht gestaltet hatte, hat E. die Übernahme dieses Postens voll Selbstbewußtsein und Ehrgeiz angestrebt. Nachdem er rasch Manneszucht und Kampfkraft wiederhergestellt hatte, griff er am 11.9.1697 das auf Siebenbürgen über die Theiß marschierende zahlenmäßig weit überlegene Heer des Sultans bei Zenta an|und erfocht einen großartigen Sieg, der seinen Ruf als Feldherr fest begründete. Während der Krieg gegen Frankreich ohne Gewinn beendet wurde, sicherte der als Folge von Zenta 1699 in Carlowitz geschlossene Friede mit den Türken dem Hause Habsburg den vollen Besitz von Ungarn und Siebenbürgen. Schon konnte E., der Anfang 1700 zum Mitglied des Geheimen Rats ernannt wurde, als einer der ersten Paladine des Kaisers gelten, in dessen Hauptstadt er ein Palais in der Himmelpfortgasse erworben und ausgestaltet hatte und das Lustschloß Belvedere nach den Plänen der großen Barockarchitekten Fischer von Erlach und Lukas von Hildebrandt bauen ließ.

    Doch schon 1701 ist es nach dem Tode des letzten spanischen Habsburgers über dessen Erbe zu neuer großer Auseinandersetzung zwischen Österreich und Frankreich gekommen. Noch ist E. bei den Beratungen nicht beteiligt gewesen, die zu der Entscheidung Leopolds I. führten, sich der Einsetzung von Ludwigs XIV. Enkel Philipp in Spanien zu widersetzen. Immerhin mögen in den militärischen Besprechungen seine Äußerungen den Entschluß befördert haben, noch vor Abschluß einer Allianz mit England und Holland den Kampf durch Vorstoß in die zu Spanien gehörende Lombardei zu eröffnen. Selbst hat er mit rasch zusammengefaßten Kräften in einem für jene Zeit unerhörten Marsch über das Gebirge unter Täuschung des Gegners den Eingang in die oberitalienische Ebene gewonnen und den Feind am 9.7.1701 bei Carpi und am 1.9. bei Chiari besiegt. Die Erfolge haben zur Bildung der Haager Allianz zwischen dem Kaiser und den Seemächten beigetragen, dagegen hat es das Versagen der Wiener Zentralstellen bei der Nachführung von Truppen und Material zur wirklichen Entscheidung in Oberitalien nicht kommen lassen, vielmehr sah sich E., der bei einem Handstreich auf Cremona wohl den französischen Oberbefehlshaber Villeroy gefangenzunehmen, die Festung aber nicht zu behaupten vermochte und der gegenüber Villeroys fähigerem Nachfolger Vendôme am 15.8.1702 bei Luzzara wohl auf dem Schlachtfeld bleiben, den vollen Sieg indessen nicht erringen konnte, mehr und mehr in die Verteidigung gedrängt. Mit dem Zorn über die Erfolglosigkeit aller seiner Vorstellungen in Wien verband sich in ihm die Besorgnis über die tödliche Gefahr, in die inzwischen Österreich durch das Zusammenwirken von Bayern und Franzosen und den Aufstand Rákóczys in Ungarn geriet. Er drang zunächst durch Mittelsmänner, wie den bei Hofe einflußreichen Jesuiten Bischoff, auf eine gründliche Staatsreform und eilte dann um die Jahreswende 1702/03 selbst nach Wien, um einen Wechsel in den für die Kriegsführung maßgebenden Posten durchzusetzen. Erst im Zusammenhang mit einer durch den Tod des Hofjuden Oppenheimer ausgelösten schweren finanziellen und moralischen Krise hat sich Leopold Ende Juni 1703 dazu verstanden, einige seiner bisherigen Berater zu entlassen und E. mit der Ernennung zum Hofkriegsratspräsidenten die Verfügung über das gesamte Heerwesen zu geben. Damit war er auch an eine zentrale Stelle der politischen Führung gelangt.

    Im Gegensatz zu den meisten seiner Vorgänger hat er nicht daran gedacht, nur von Wien aus seine Anweisungen zu geben. Wenn er nichts versäumte, um die Mängel der Organisation zu beseitigen und die notwendigen Mittel auch auf Kosten der Privilegierten zu beschaffen, so hat er zunächst von Preßburg aus versucht, die Lage in Ungarn zu klären, und sich dann im Frühjahr 1704 auf den Kriegsschauplatz in Süddeutschland begeben, um dort im Zusammenwirken mit der Reichsarmee des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden und einem in kühnem Entschluß von dem Engländer Marlborough von der Mosel an die Donau geführten Heer der Seemächte die bedrohliche Lage zu meistern. In enger Verbindung mit dem klugen österreichischen Diplomaten Wratislaw und Marlborough hat er, nicht zum wenigsten auch durch die Bereitschaft, selbst die schwierigen und undankbaren Aufgaben zu übernehmen, die Voraussetzungen für den großen Sieg geschaffen, den er gemeinsam mit dem Engländer am 13.8.1704 bei Höchstädt über Franzosen und Bayern erfocht. Freilich ist er auch nach dieser Wendung, die ganz Bayern in österreichische Hand gab, in Wien noch auf erhebliche Gegenwirkungen gestoßen, die erst ihre Kraft verloren, als im Frühjahr 1705 an Stelle des schwerfälligen Leopold I. sein Sohn Joseph I. trat. Wenn die kurze Zeit von Josephs Regierung dem Habsburgerstaat glänzende Erfolge und Aussichten brachte, so war das hauptsächlich die Folge davon, daß er für die Kriegführung E. und dessen Vertrauten Wratislaw freie Hand ließ. Noch hat E. 1705 in Oberitalien, wo der Herzog von Savoyen nach seinem Übertritt auf die kaiserliche Seite in üble Lage geraten war, nicht viel ausrichten können; sein kühner Angriff auf das französische Heer bei Cassano am 16.8. führte nicht zu dem erhofften Ergebnis. Im folgenden Jahre aber gelang es ihm, seine Truppen mit denen des Herzogs in der Nähe von dessen|belagerter Hauptstadt Turin zu vereinigen und am 7.9.1706 wieder einen entscheidenden Sieg davonzutragen, der den Feind zur Räumung Oberitaliens zwang. Selbst zum Generalgouverneur Mailands, zum kaiserlichen Generalleutnant und durch den Regensburger Reichstag zum Reichsfeldmarschall ernannt, blieb er 1707 im Süden, wo indessen der auf Drängen Englands unternommene Einmarsch in Südfrankreich gegen Toulon wieder abgebrochen wurde. 1708 aber vereinigte er sich erneut mit Marlborough, diesmal zu gemeinsamer Aktion im Norden. Der Sieg, den sie am 11.7. bei Oudenaarde erfochten, lieferte ihnen die spanischen Niederlande aus, und mit der Eroberung von Lille gegen Ende des Jahres gewannen sie ein Einfallstor nach Frankreich selbst. Schon schien damit der Krieg entschieden. Über seinen Abschluß verhandelte E. als Vertreter des Kaisers mit dem französischen Außenminister Torcy im Haag und Ende Mai 1709 unterzeichnete er gemeinsam mit Marlborough und dem holländischen Ratspensionär Heinsius einen Friedenspräliminarvertrag, der Ludwig XIV. außer dem Verzicht auf die ganze spanische Monarchie auch die Rückgabe von Straßburg an das Reich auferlegte.

    Daß diese hauptsächlich durch seine Kriegführung erreichte Höhe kaiserlicher Erfolge nicht gewahrt werden konnte, war nicht E.s Schuld. Er war nicht die treibende Kraft bei den überspannten Sicherheitsforderungen zwecks wirklicher Beendigung bourbonischer Herrschaft auf der Pyrenäenhalbinsel, die Ludwig zur Verwerfung des Präliminars und Fortführung des Kampfes bestimmten. Wieder haben zwar E. und Marlborough in der blutigsten Schlacht des Krieges bei Malplaquet am 11. September 1709 den Sieg über das französische Heer davongetragen, aber er war nicht entscheidend, und in neuen Verhandlungen vermochte man sich wieder nicht zu einigen. Und nun zeigten sich Risse innerhalb der Koalition, die vollends auseinanderbrach, als Joseph I. am 17.4.1711 plötzlich starb und damit Österreich seinem Bruder Karl, dem bisherigen habsburgischen Prätendenten für die spanische Krone, zufiel. Bei dem vergeblichen Versuch, den Abfall Englands durch persönliche Einwirkung in London Anfang 1712 zu verhindern, fand E. seinen Freund Marlborough gestürzt. Ein ihm unterstelltes holländisches Korps wurde bei Denain geschlagen, und am 11.4.1713 schlossen die Seemächte in Utrecht Frieden mit Frankreich auf der Grundlage der Anerkennung von Ludwigs Enkel als König des eigentlichen Spanien. Das von E. widerratene Unterfangen des neuen Kaisers Karl VI., den Kampf am Oberrhein allein mit den deutschen Kräften fortzusetzen, war von vornherein aussichtslos und führte zu weiteren Rückschlägen. Und doch hat der nun erfolgende Abschluß des Spanischen Erbfolgekrieges E. neuen Ruhm gebracht. Indem er in Verhandlungen mit dem französischen Marschall Villars den Frieden zustandebrachte und am 7.3.1714 in Rastatt für den Kaiser, am 8.9.1714 im schweizerischen Baden auch für das Reich unterzeichnete, wurde der große Feldherr zugleich zum erfolgreichen Pazifikator. Zwar das Reich ging leer aus, an Österreich dagegen fielen die bisher spanischen Niederlande, die Lombardei, Neapel und Sardinien. Das war im wesentlichen schon in Utrecht vereinbart worden, E. hatte indessen doch einige Verbesserungen erreicht. Das Ergebnis von Krieg und Frieden, die Sicherung und Verstärkung der Großmachtstellung Österreichs, konnte seinem Wirken zugeschrieben werden.

    Den Gipfel seines Ruhms hat er bald darauf in einem neuen Türkenkrieg erklommen. Der Entschluß Karls VI. zur Unterstützung der von den Osmanen angegriffenen Republik Venedig ging in erster Linie auf E. zurück, der bei dieser Gelegenheit das Reich der Habsburger im Südosten endgültig stabilisieren wollte. Wieder übernahm er den Oberbefehl über die kaiserliche Armee, mit der er den Feind zunächst am 5.8.1716 bei Peterwardein schlug. Der Eroberung von Temesvár folgte die Belagerung von Belgrad, und hier erstritt E. am 16.8.1717 in gefährlicher Lage zwischen der Festung und einem gewaltigen Entsatzheer einen vollständigen Sieg, der Belgrad in kaiserliche Hand brachte. Damals ist das berühmte Soldatenlied von Prinz Eugen dem edlen Ritter entstanden, wohl von einem Angehörigen des bayerischen Kontingents der Armee gedichtet, der ihm den Rhythmus der Tänze seiner Heimat gab. Durch den Frieden von Passarowitz vom 21.7.1718 erhielt Österreich das Banat und das nördliche Serbien. Er wirkte zugunsten Wiens auch auf den Verlauf neuer Streitigkeiten im Westen ein, die durch das Aufbegehren des nunmehr bourbonischen Spanien gegen seine in Utrecht vorgenommene Verstümmelung und Entmachtung entstanden waren; hier konnte der Kaiser die von seinen Truppen besetzte Insel Sizilien gegen Verzicht auf Sardinien behalten.

    Bei all diesen Vorgängen mochte E. als der eigentliche Führer Österreichs gelten. In der Tat wandten sich an ihn, der mit dem Präsidium des Hofkriegsrats den Vorsitz in dem Zentralorgan der Geheimen Staatskonferenz|verband, die fremden Regierungen und Diplomaten, und in Europa schien er in den folgenden Jahrzehnten mit dem Franzosen Fleury und dem Engländer Walpole ein Triumvirat zu bilden, das die Geschicke des Erdteils auf der Grundlage des Gleichgewichts der großen Mächte bestimmte. Dabei war er freilich in Österreich keineswegs allmächtig. Die Beziehungen zwischen ihm und Karl VI. waren kühl, der Kaiser hat oft weniger auf ihn und die zu ihm haltenden deutschen Minister gehört als auf Spanier, die ihm einst auf der Pyrenäenhalbinsel beigestanden hatten und nach Wien gefolgt waren. Schon haben 1719 Intrigen und Verleumdungen seiner Gegner zu einer Krise um E. geführt, aus der er allerdings mit gefestigtem Ansehen hervorging. Die Statthalterschaft in Mailand hatte er wieder aufgegeben, dafür die der nunmehr österreichischen Niederlande erhalten, die er durch einen Vertreter, den Italiener Prié, ausüben ließ, doch legte er 1725 auch sie im Zusammenhang mit einem skandalösen Konflikt zwischen Prié und dem einst E. eng verbundenen, dann aber entfremdeten General Bonneval nieder; immerhin hat er auch diesmal wieder über seine Widersacher triumphiert, Bonneval wurde verurteilt und ist schließlich nach der Türkei geflüchtet, von wo aus er Österreich und seinem ehemaligen Gönner Schwierigkeiten zu bereiten suchte. Gewiß ist E. auch in der Folgezeit ein wichtiger Faktor für die kaiserlichen Entschließungen geblieben, indessen hat er bei den großen außenpolitischen Entscheidungen, die Österreich zunächst überraschend mit Spanien zusammenschlossen, 1731 dann aber doch wieder in das „alte System“ des Bündnisses mit den Seemächten zurückführten, nicht allein den Ausschlag gegeben, und vor allem war sein Einfluß im Inneren begrenzt. Daß er auch noch als der erste Staatsmann und Feldherr Österreichs galt, als es über der Frage der polnischen Thronfolge 1733 zu neuem Krieg mit den Bourbonenmächten kam, hat seinem Leben einen geradezu tragischen Abschluß gegeben. Denn damals war bei ihm ein lähmender körperlicher und geistiger Verfall eingetreten. Ohne Kraft und Erfolg hat er am Oberrhein den Krieg gegen Frankreich geführt, der im Herbst 1735 ohne seine Beteiligung durch den Kaiser und den systematisch auf seine Ausschaltung bedachten Staatssekretär J. Ch. von Bartenstein plötzlich auf der Basis der Überlassung Lothringens an Frankreich und Neapel-Siziliens an einen spanischen Bourbonen gegen Anerkennung der in der Pragmatischen Sanktion zugunsten der Tochter des söhnelosen Kaisers festgesetzten Erbfolgeordnung in Österreich beendet wurde. Bald nach der Hochzeit Maria Theresias mit dem nach Toskana versetzten Lothringer Herzog ist E. gestorben.

    Unzweifelhaft ist E.s Fähigkeit und Leistung als Feldherr, wenngleich manche Zeitgenossen ihn als „Hasardeur“ hinstellten, der allzu rücksichtslos seine Truppen aufs Spiel setzte und opferte. Aus dieser Kritik sprach das Staunen der in den vorsichtigen Methoden der bisherigen Kriegführung befangenen Kriegstheoretiker über die Kühnheit, mit der E. in blitzschneller Erfassung der jeweiligen Lage seine Entschlüsse faßte und verwirklichte, wobei er doch nach dem Zeugnis Marlboroughs alle Schwierigkeiten und Hindernisse wohl sah und erwog, bevor er zu dem dann mit ganzer Kraft ausgeführten Schlage schritt. Besonders deutliche Beispiele planvoller Leitung und energischen Handelns, die auf eine wirkliche Entscheidung, auf die volle Niederlage des Gegners zielten, bieten die Feldzüge von Höchstädt 1704 und von Belgrad 1717, aber insgesamt läßt die lange Kette seiner Siege die Stärke und Einzigartigkeit seiner militärischen Begabung erkennen, durch die er zum größten Feldherrn seiner Zeit, zum Lehrer und Vorbild für einen Friedrich den Großen und einen Napoleon wurde. Er kann zugleich als hervorragender Heeresorganisator gelten, der die feste Formierung eines stehenden Heeres weiter vorantrieb, der es aber vor allem verstand, die Truppe mit Kampfgeist und Siegesvertrauen zu erfüllen. Man wird freilich nicht verkennen können, daß er in der späteren Friedenszeit auf Grund eines wachsenden Ruhebedürfnisses die Stellenbesetzung und Kontrolle der Armee allzusehr den Sekretären des Hofkriegsrates überließ und dadurch dazu beitrug, daß Kraft und Geist der Armee, die er ihnen in den großen Kriegen um die Jahrhundertwende eingeflößt hatte, erheblich nachließen.

    Problematischer als sein Feldherrntum ist E.s Tätigkeit als Staatsmann, zu der ihn mehr die Umstände als eigener Ehrgeiz führten. Er besaß höhere politische und diplomatische Einsicht als die drei Kaiser, denen er diente, und – mit Ausnahme des frühverstorbenen Wratislaw – deren übrige Minister; er urteilte klar über die großen Zusammenhänge und er hatte zudem Ideen, die in die Zukunft wiesen. Wie in der Strategie, so erscheint er auch in der Politik als ein Bahnbrecher, als der Mann, der Österreich nach den neuen Grundsätzen einer Staatsräson geführt sehen wollte. Man wird ihn|nicht als bewußten Vorkämpfer für das christliche Abendland, für das Heilige Römische Reich oder gar für die deutsche Nation in Anspruch nehmen dürfen, ihm ging es vielmehr in erster Linie um die Begründung der Großmacht Österreich auf den festen Fundamenten der habsburgischen Territorien im Südosten Europas und ihre Arrondierung in Richtung auf den Balkan, auf Oberitalien und auf Bayern, wodurch sie zugleich militärisch gesichert und politisch zu einem der maßgebenden Faktoren in dem durch die Beseitigung der Türkengefahr und die Abwehr der französischen Hegemonie ins Gleichgewicht gebrachten europäischen Staatensystem erhoben werden sollte. Er hat wohl auch auf die Notwendigkeit der Bildung eines „Totums“ aus den Ländern der Monarchie, auf die Zusammenfassung von deren Kräften ohne Rücksicht auf die bestehenden Privilegien von Ländern, Ständen und Körperschaften hingewiesen. Anstalten zu wirklichen Reformen lassen sich indessen kaum feststellen. Und im Grunde fehlten ihm überhaupt in seinem politischen Handeln Entschlußkraft, Wagemut und Konsequenz, die er als Soldat in so hohem Maße bewiesen hat.

    Gerade in der Hinwendung zu der Idee der Staatsräson zeigt er sich als Träger und Förderer der geistigen Entwicklung der Zeit. Von seiner Aufgeschlossenheit legen seine Bauten in Wien und Ungarn, seine Kunstsammlungen und seine großartige Bibliothek, um deren Vermehrung er ständig bemüht war, Zeugnis ab. Weder selbständiger Denker noch literarischer Schöpfer, verdiente er doch den ihm von dem Dichter Jean Baptiste Rousseau zugelegten Ehrentitel des „philosophe guerrier“, da er den Mittelpunkt einer geistig hochstehenden Gesellschaft bildete, an die sowohl Leibniz als auch die italienischen Historiker Giannone und Muratori und die französischen Aufklärer Montesquieu und Voltaire Anschluß suchten und fanden. Wenn er auch in dem Kampf der Geister nicht eigentlich Stellung bezog, so daß ihn Freunde und Gegner der Aufklärung für sich in Anspruch nehmen zu können glaubten, so neigte er, der als Statthalter der Niederlande den verfolgten Jansenisten gegenüber Toleranz angewandt wissen wollte, innerlich doch wohl den fortschrittlichen Anschauungen des 18. Jahrhunderts zu. Sein menschliches Wesen ist angesichts seiner Verschlossenheit schwer zu fassen, zumal intime Zeugnisse fehlen; sein persönlicher Nachlaß ist offenbar durch Schuld seiner ihn beerbenden Nichte verloren gegangen. Unverheiratet, war er doch kaum der „Mars ohne Venus“, wie ihn ein Zeitgenosse genannt hat, vielmehr liebte er den Umgang mit Frauen; enge Beziehungen verbanden ihn vor allem mit Lori Gräfin Batthyáni, einer Tochter des Ministers Stratmann, der man in den letzten Jahrzehnten auch erheblichen Einfluß auf ihn nachsagte. Im übrigen hat es an dem „edlen Ritter“ gewiß auch bedenkliche Seiten gegeben, so eine oft zu Ungerechtigkeit führende Eifersucht und Unversöhnlichkeit gegen Widersacher. Aber dem standen Pflichtbewußtsein, persönliche Integrität und Zuverlässigkeit, überhaupt Größe des Charakters gegenüber. In Deutschland hat er schon zu Lebzeiten eine große Popularität gewonnen, die in Volksschriften und Flugschriften, Dichtung und Geschichtsschreibung zum Ausdruck kam. Es war das die Folge davon, daß er in seinem Kampf um Österreichs Großmachtstellung die deutsche Mitte Europas von schwerstem Druck von zwei Seiten befreit und damit das gesunkene Selbst- und Nationalbewußtsein des deutschen Volkes belebt hat.

  • Literatur

    ADB VI;
    B. Böhm, Bibliogr. z. Gesch. d. Prinzen E. u. s. Zeit, 1943;
    A. v. Arneth, Prinz E. v. Savoyen, 3 Bde., 1858, ²1864;
    Feldzüge d. Prinzen E. v. Savoyen, hrsg. v. k. k. Kriegsarchiv, 21 Bde., 1876-93;
    E. Ritter, Politik u. Kriegführung, Ihre Beherrschung durch Prinz E. 1704, 1934;
    H. Oehler, Prinz E. in Volkslied u. Flugschr., 1941;
    ders., Prinz E. im Urteil Europas, e. Mythus u. s. Niederschlag in Dichtung u. Gesch.schreibung, 1944;
    H. v. Srbik, Vom pol. Denken d. Prinzen E., in: Aus Österreichs Vergangenheit, 1949;
    M. Braubach, Gesch. u. Abenteuer, Gestalten um. d. Prinzen E., 1950;
    ders., Prinz E. im Kampf um d. Macht 1701-05, in: HJ 74, 1955;
    ders., Prinz E. u. d. 18. Jh., in: HZ 179, 1955;
    ders., in: Die Großen Deutschen II, 1956, S. 22-32 (P);
    H. Benedikt, Bonneval u. Prinz E., in: MIÖG 58, 1950;
    P. R. Sweet, Prince Eugene of Savoy and Central Europe, in: American Historical Review 57, New York 1951.

  • Porträts

    u. a. Gem. v. J. Kupetzki (Wien, Österr. Gal., u. Ansbach, Neues Schloß, vgl. E. Bachmann, in: Stifter-Jb. II, 1950, S. 95-100, P);
    v. J. van Schuppen (Amsterdam, Mus., u. Turin, Gem.Gal.);
    v. H. Janssens (Dessau, Gem.Gal.; Foto Marburg);
    Standbild (Apotheose) v. B. Permoser (Wien, Belvedere).

  • Autor/in

    Max Braubach
  • Zitierweise

    Braubach, Max, "Eugen" in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 673-678 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118605941.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Eugen: Franz E., Prinz von Savoyen, wurde am 18. October 1663 zu Paris als der jüngste von fünf Söhnen des Grafen Eugen Moritz von Soissons aus dem Hause Savoyen und seiner Gemahlin Olympia Mancini, einer der Nichten des Cardinals Mazarin geboren. Eugens Mutter hatte lange Zeit hindurch in hoher Gunst bei Ludwig XIV. gestanden und in Folge dessen eine einflußreiche Rolle am französischen Hofe gespielt. Als jedoch der in seinen Neigungen sehr unbeständige König sich allmählich von ihr abwandte, empfand die Gräfin von Soissons diese Zurücksetzung so bitter, daß sie in eine Reihe von Intriguen sich einließ, welche zuletzt sogar ihre Verweisung vom Hofe nach sich zogen. Die frühere Neigung der Gräfin zu dem Könige verwandelte sich nun in glühenden Haß. Auch ihren Kindern flößte sie dieses leidenschaftliche Gefühl ein; solches gelang ihr insbesondere bei ihrem jüngsten Sohne. Hiezu kam noch, daß E., klein und schwächlich von Gestalt, mit unschönen Gesichtszügen, von dem Könige für den geistlichen Stand bestimmt worden war, während er selbst aufs sehnsüchtigste wünschte, sich dem Kriegsdienste widmen zu dürfen. Die schroffe Zurückweisung seines Begehrens brachte auf die empfängliche Seele des Jünglings den mächtigsten Eindruck hervor. Er entschloß sich, Frankreich zu verlassen und soll hiebei den Schwur geleistet haben, nie anders dorthin zurückzukehren als mit den Waffen in der Hand. Er wandte sich nach Oesterreich, das gerade damals von den Türken aufs äußerste bedroht wurde. An dem Kaiserhofe fand er die zuvorkommendste Aufnahme. Unverzüglich trat er in das nur allzuschwache Heer, welches den unermeßlichen Schaaren der durch Ungarn gegen Wien vordringenden Osmanen entgegengeworfen wurde. In einem Reitergefechte bei Petronell am 7. Juli 1683 konnte E. seine jugendliche Tapferkeit zum ersten Male erproben. Er kämpfte in der Schlacht, durch welche am 12. September 1683 das hartbedrängte Wien von den Türken befreit wurde. Noch in demselben Jahre erhielt E. als Oberst das erledigte Dragonerregiment Kuefstein. Er machte die folgenden Feldzüge gegen die Türken mit und wurde bei einem Sturme auf Ofen am 3. August 1686 durch einen Pfeilschuß an der rechten Hand, jedoch nicht gefährlich verwundet. Ernstlichere Folgen waren zu besorgen, als er zwei Jahre später bei dem entscheidenden Sturme auf Belgrad durch eine Musketenkugel eine schwere Wunde am Bein erhielt. Monate lang war E. an das Lager gefesselt, bis endlich seine ungeschwächte Jugendkraft die Heilung herbeiführte. In den ersten Monaten des Jahres 1689 eilte er nach Turin zu dem Haupte seines Hauses, dem Herzoge Victor Amadeus von Savoyen, der ihm bisher in freundschaftlichster Weise zugethan gewesen und dem vermögenslosen jungen Prinzen auch durch werkthätige Unterstützung seine Theilnahme bezeigt hatte. Nun|handelte es sich darum, den Herzog von Savoyen in dem Kriege, welchen der König von Frankreich gegen Deutschland begonnen hatte, für letzteres zu gegewinnen. Aber Victor Amadeus zögerte mit seinen Entschlüssen, so daß E. sich vorerst unverrichteter Dinge zu dem Heere begeben mußte, das am Rheine die Franzosen bekämpfte. Am 4. August 1689 wurde er vor Mainz durch eine Musketenkugel nicht unbedeutend am Kopfe verwundet. Neuerdings geheilt, verfügte sich E. im Jahre 1690 mit kaiserlichen Truppen, die er befehligte, nach Piemont zu dem Herzoge von Savoyen, der endlich definitiv der großen Allianz gegen Frankreich beigetreten war. Seinen Streitkräften voraneilend, kam E. eben recht zu den Piemontesen, um der Schlacht bei Staffarda beizuwohnen, welche jedoch unglücklich ausging. Mit den Garden und der Gendarmerie des Herzogs von Savoyen deckte der Prinz das sich zurückziehende Heer.

    An den wenig erfreulichen Ereignissen der nächsten Feldzüge in Italien nahm E., der inzwischen alle Stufen militärischer Beförderung bis zu der des Feldmarschalls in raschem Fluge durcheilt hatte, einen zum mindesten für ihn selbst höchst ehrenvollen Antheil. Als daher im J. 1696 der Krieg in Italien durch den offenen Uebertritt des Herzogs von Savoyen zu Frankreich sein Ende erreichte, lag der Gedanke nahe, dem damals 32jährigen Prinzen das Commando über die Streitkräfte zu übertragen, welche in den letzten Jahren weit weniger glücklich als zuvor gegen die Türken gekämpft hatten. Kein Geringerer als der ruhmreiche Vertheidiger Wiens, Rüdiger Starhemberg, jetzt Präsident des Hofkriegsrathes, war es, der den Kaiser zu diesem Entschlusse zu bestimmen sich bemühte. Und als Leopold I. wirklich hierauf einging, wurde dies von dem Heere, das gegen die Türken im Felde stand, mit Jubel begrüßt. Je verwahrloster dessen Zustand, um so höher gespannt waren die Erwartungen, welche man an die Uebernahme des Commando's durch E. knüpfte. Und in glänzendster Weise wurden sie durch ihn gerechtfertigt. Der wunderbare Sieg, welchen der Prinz am 11. September 1697, den Uebergang der Osmanen über die Theiß mit rascher Kühnheit benützend, bei Zenta über sie erfocht, machte dem Kriege gegen die Pforte ein Ende und brachte das Haus Oesterreich durch den Carlowitzer Frieden in den Wiederbesitz fast allen ungarischen Landes, das im Laufe der Jahrhunderte an die Türken verloren gegangen war.

    Es lag daher in der Natur der Sache, daß beim Ausbruche des spanischen Erbfolgekrieges E. neuerdings mit einem Commando bedacht wurde. Die Truppen sollte er führen, welche bestimmt waren, in Italien gegen die Franzosen zu kämpfen. Da jedoch der französische Marschall Catinat den Haupteingang aus Tirol nach Italien, die Chiusa, mit seinem Heere versperrt hielt, bestand Eugens schwierigste Aufgabe vor der Hand darin, mit seinen Streitkräften überhaupt nach Italien zu gelangen. Er löste sie in wahrhaft überraschender Weise, indem er seine Truppen, statt sie südlich gegen die Chiusa zu führen, in verschiedenen Abtheilungen in das östlich von der Heerstraße liegende Gebirg zog. Die Einen nahmen über Ala durch das Val Fredda, die Anderen über Peri, die Reiter endlich durch das Val Duga oen Weg. Die Kanonen wurden an Stricken auf die Berge geschleppt, die Wagen aber zerlegt und getragen. Nach drei Tagen unsäglicher Anstrengungen kamen die kaiserlichen Truppen auf italienischen Boden und auf den Höhen von Brescia bezogen sie das erste Lager auf venetianischem Gebiete.

    Eilfertig verließ nun Catinat seine feste Stellung an der Chiusa, um E. zu hindern, die Etsch zu überschreiten. Aber diese Absicht Catinat's mißglückte. E. nahm Castagnaro mit Sturm, und bei Carpi geriethen die beiderseitigen Streitkräfte hart aneinander. In diesem Treffen, in welchem E., allzusehr sein Leben wagend, eine leichte Schutzwunde am Knie erhielt, wurden die Franzosen|zurückgetrieben und verloren ihr Lager. Nun ging E. über den Mincio, und am 1. Sept. 1701 kam es bei Chiari neuerdings zur Schlacht. Die Franzosen, jetzt unter Villeroy's Befehl gestellt, zogen auch diesmal den Kürzeren, die Schwäche seiner Streitmacht hinderte jedoch den Prinzen, sie mit Nachdruck zu verfolgen. Gleichwol dehnte er sich immer weiter in Oberitalien aus, und um daselbst einen sicheren Stützpunkt zu gewinnen, wollte er sich der Festung Cremona durch Ueberfall bemächtigen. In der Nacht vom 31. Januar auf den 1. Februar 1702 schritt er an die Ausführung dieses Vorhabens. Obwol es dem Prinzen glückte, in die Stadt zu gelangen, so scheiterte sein Anschlag doch an dem tapferen Widerstande der Franzosen, und er errang nur den zweifelhaften Erfolg, den Marschall Villeroy gefangen aus Cremona zu entführen. Nachdem jetzt der ungleich begabtere Herzog von Vendôme an Villeroy's Stelle den Oberbefehl über die Franzosen erhielt, war der Ueberfall auf Cremona eher von ungünstiger als von günstiger Wirkung für die Sache des Kaiserhauses in Italien. Hiezu kam noch, daß die Schwäche des österreichischen Heeres und der drückende Mangel, der daselbst an den nöthigsten Kriegsbedürfnissen herrschte, die Lage Eugens von Tag zu Tag schwieriger machten. Während die Franzosen nicht nur durch die Streitkräfte des Herzogs von Savoyen, der jetzt auf ihrer Seite sich befand, durch spanische Truppen und durch Zuzüge aus dem eigenen Lande fortwährend verstärkt wurden, während sie außerdem mit den nothwendigen Erfordernissen an Lebensmitteln, an Bekleidung und an Waffen ausreichend versehen waren, lichteten die Reihen des kaiserlichen Heeres sich zusehends, und es gebrach ihm an allem, dessen es zu nachdrücklicher Kriegführung bedurfte. Umsonst wandte sich E. mit drängendem Begehren, ja mit flehentlichen Bitten nach Wien; man entbehrte dort selbst der erforderlichen Mittel zur Abhülfe und besaß wol auch nicht die nöthige Thatkraft, sie durch außergewöhnliche Anstrengung zu schaffen. Unter diesen Umständen war es noch zu verwundern, daß E. sich dem weit überlegenen Feinde gegenüber im Felde zu behaupten vermochte. Ja er griff ihn sogar am 15. August 1702 zu Luzzara an; aber obwol die Gegner nach hartnäckigem Kampfe sich zurückzogen und Eugens Truppen die Nacht auf dem Schlachtfelde zubrachten, vermochte der Prinz doch nicht, aus dem unbestreitbar errungenen Siege irgendwelche Vortheile zu ziehen. Denn die Minderzahl seiner Streitkran ließ die Erneuerung des Angriffes doch allzubedenklich erscheinen. E. mußte sich daher auf die Vertheidigung seiner Stellungen beschränken. Schon während des ganzen Feldzuges hatte er seinen festen Entschluß angekündigt, sich nach Wien zu begeben, um dem Kaiser mündlich die furchtbare Nothlage, die nicht zu entschuldigende Vernachlässigung des Heeres vorzustellen und auf ausgiebige Abhülfe zu dringen. Würde ihm diese nicht gewährt, ja vielleicht sogar die Erlaubniß zur Reise nach Wien versagt, dann werde er keinen Augenblick anstehen, eher ganz aus dem kaiserlichen Dienste zu scheiden, als je wieder den Oberbefehl über so völlig verwahrloste Truppen zu übernehmen, welche nicht mehr ein Heer, sondern nur noch ein schwaches Armeecorps genannt werden könnten. Und dieser Gesinnung gab denn auch E. bei seiner Anwesenheit in Wien energischen Ausdruck. Mit so düsteren Farben schilderte er den Zustand des Heeres, in so überzeugender Weise legte er die Nothwendigkeit dar, rasche und durchgreifende Abhülfe zu schaffen, wenn nicht alles verloren gehen solle, daß seine drängenden Vorstellungen endlich Eingang fanden beim Kaiser und am Hofe, und man den Beschluß faßte, die oberste Leitung des Kriegswesens in Eugens Hände zu legen. Im Juni 1703 wurde der Prinz zum Präsidenten des Hofkriegsrathes ernannt. Aber mit so kraftvoller Hand er auch eingreifen mochte in das verrostete Räderwerk des Staatswesens, nur sehr langsam und allmählich gelang es ihm, wieder Bewegung und Thätigkeit in dasselbe zu bringen. Dorthin, woher die ärgste|Gefahr drohte, gegen Ungarn wandte sich zunächst der Prinz. Der größte Theil dieses Landes war von dem Aufstande des jüngeren Rakoczy überfluthet, und sogar die Grenzen von Niederösterreich und Mähren wurden von den Insurgenten überschritten, welche daselbst empörende Gräuelthaten verübten. E. eilte nach Preßburg, um den Widerstand gegen die rebellischen Ungarn zu organisiren, ihren Fortschritten Einhalt zu thun und sie entweder im Wege der friedlichen Ueberredung oder der Gewalt zur Unterwerfung zu bringen. Er war jedoch keineswegs gemeint, unter der Ueberredung etwa allzu weitgehende Nachgiebigkeit zu verstehen. Er wußte, daß dieselbe immer nur für Schwäche angesehen wird und statt dauernder Versöhnung nur noch höher gesteigerte Anforderungen hervorruft. In jedem seiner Schreiben drang daher E. auf nachdrückliche Anwendung der Waffengewalt zur Unterdrückung des Aufstandes. Unbeschreiblich war die Thätigkeit, welche der Prinz zu diesem Ende entwickelte. Aber sie hatte noch kaum zu irgend welchem Ergebnisse geführt, als E. nach Wien zurückkehren mußte, wo man durch das Vordringen der Franzosen und der mit ihnen verbündeten Baiern unter dem Kurfürsten Max Emanuel gegen Oesterreich in äußersten Schrecken versetzt worden war. Im Mai 1704 begab sich E. auf dem weiten Umwege über Tirol und Vorarlberg auf den Schauplatz des Krieges in Deutschland. Am 10. Juni traf er zu Mundelsheim am Neckar mit Marlborough zusammen, der das englische Hülfsheer commandirte. Zwei Monate später, am 13. August 1704, schlugen beide Feldherren die vereinigten Franzosen und Baiern in der Entscheidungsschlacht bei Höchstädt. Die Eroberung von Landau, die Vertreibung der Franzosen aus Deutschland, die Besetzung Baierns durch die Oesterreicher waren die unmittelbaren Folgen des glanzvollen Sieges. Die Ausführung der Ilbesheimer Convention, durch welche Baiern sich unterwarf, übertrug der Kaiser an E., und er bewies hiedurch, daß eine harte Behandlung Baierns nicht in seinem Willen gelegen war. Denn immer hatte der Prinz sich gegen jede übermäßige Bedrückung des eroberten Landes erklärt. Aber nur für kurze Zeit vermochte er in diesem Sinne thätig zu sein. Denn die Nothwendigkeit, für die Fortsetzung des Krieges Vorkehrungen zu treffen, rief ihn vorerst nach Wien. Von hier aber eilte er im April 1705 nach Italien, um dort neuerdings den Oberbefehl gegen die Franzosen und die Spanier zu übernehmen. Der Herzog von Savoyen hatte inzwischen die Sache der bourbonischen Höfe verlassen und stand nun wieder auf der Seite des Kaisers. Dem mächtigen Frankreich gegenüber jedoch nur ganz unzulängliche Hülfsmittel besitzend und von Oesterreich in sehr geringem Maße unterstützt, befand er sich in der bedrängtesten Lage. Ihm Hülfe zu bringen, darauf war nun Eugens Absicht vor allem gerichtet. Um diesen Zweck zu erreichen, griff er am 16. Aug. 1705 das ihm entgegenstehende Heer an, obgleich sich dasselbe bei Cassano in gedeckter Stellung an der Adda befand. Mit heldenmüthiger Tapferkeit schritten Eugens Truppen zum Angriffe, mit tollkühner Todesverachtung setzte er selbst sich der höchsten Gefahr aus. Obwol durch einen Streifschuß am Halse verwundet, wich er nicht vom Kampfplatze, sondern harrte aus in dem ärgsten Getümmel. Aber endlich mußte er sich doch zum Rückzuge entschließen und darum kann ihm auch die Ehre des Sieges nicht zugesprochen werden. Persönlichen Kriegsruhm aber hat er bei Cassano neuerdings in reichlichstem Maße geerntet. Und auch den Plan gab er nicht auf, trotz aller Hindernisse, die ihm entgegenstanden, sich den Weg nach Piemont zu bahnen. Dort war der Herzog von Savoyen nur mehr auf den Besitz seiner Hauptstadt beschränkt. Glücklicher Weise zögerte Ludwig XIV. noch einige Zeit mit dem Beginn der Belagerung Turins, denn er bedurfte einer größeren Anzahl von Streitkräften, um sie gegen die Aufständischen in den Cevennen zu senden. E. aber benutzte die Zwischenzeit,|um sich im Januar 1706 nach Wien zu begeben. Bei dem jungen Kaiser Joseph I. wollte er persönlich dahin wirken, daß dem Heere in Italien die unerläßliche Verstärkung sowie die nothwendige Geldhülfe zu Theil werde. Unglücklicher Weise wurde während der Abwesenheit des Prinzen sein Stellvertreter Feldmarschalllieutenant Graf Reventlow am 19. April 1706 bei Calcinato von Vendôme überrascht und geschlagen. Als E. auf dem Rückwege nach dem Kriegsschauplatze sich zu seinen Truppen begab, fand er dieselben in völliger Auflösung begriffen. Um die Trümmer seines Heeres zu retten, zog er sie einstweilen ganz vom italienischen Boden hinweg nach Riva am nördlichen Ufer des Gardasees. Bald kehrte er jedoch wieder nach Italien zurück, wohin die Nachrichten von dem Beginne und den Fortschritten der Belagerung Turins ihn immer dringender riefen. Im Juli 1706 ging er über die Etsch und den Po, nahm Carpi und Reggio und drang unaufhaltsam gegen Turin vor. Am 1. Septbr. vereinigte er zu Villa Stellone seine Truppen mit denen des Herzogs von Savoyen. Sein bewunderungswürdiger Marsch von der Grenze Tirols bis nach Piemont, dem weit überlegenen Feinde zum Trotze, während unerträglicher Hitze und mit oft gänzlich erschöpften Soldaten, wurde aufs höchste gepriesen und eiferte die tapferen Vertheidiger Turins zu neuen Anstrengungen an. Seit E. herbeigekommen, hofften sie, trotzdem ihre Bedrängniß schon aufs äußerste gestiegen war, doch noch auf Rettung, Und sie wurde ihnen wirklich. Schon am 7. September 1706 griffen der Herzog von Savoyen und E. das Belagerungsheer an. Auch diesmal wieder sein Leben wagend wie ein einfacher Soldat, führte E. den linken Flügel des vereinigten Heeres gegen den Feind. Ihm nach drängen sich in wildestem Ungestüm seine tapferen Krieger, mit ihm zugleich überschreiten sie den Graben, erklimmen die Verschanzungen, befestigen sich daselbst. Plötzlich bricht E. zusammen und verschwindet in dem Gewühle der Kämpfer. Schon beginnt bei diesem Anblicke der Schrecken seine Krieger zu ergreifen, aber schnell erhebt E. sich wieder und winkt mit der Hand und ruft es laut, daß ihm nichts Schlimmes widerfahren und nur sein Pferd zum Tode getroffen worden sei. So wie durch die Höchstädter Schlacht ganz Deutschland, so wurde durch die Niederlage der Franzosen vor Turin Oberitalien von ihnen befreit. Unermeßlich war der Eindruck, welchen dieser plötzliche und gänzliche Umschwung der Dinge überall hervorbrachte. Aus einem Lande, in welchem die Franzosen bis noch vor kurzem fast uneingeschränkt die Herren gespielt hatten, waren sie jetzt mit einem Male fast vollständig verdrängt. Denn nicht nur Piemont kehrte unter die Botmäßigkeit seines Herzogs zurück; Mailand öffnete dem Prinzen seine Thore, fast alle lombardischen Städte thaten desgleichen, und am 13. März 1707 wurde der förmliche Vertrag abgeschlossen über den Abzug der Franzosen aus Italien; außer dem Herzogthume Savoyen blieben nur Susa, Perosa und Nizza in ihren Händen. E. aber wurde zum Generalgouverneur der Stadt und des Herzogthums Mailand, sowie bald darnach zum kaiserlichen Generallieutenant, gleichbedeutend mit Generalissimus, ernannt. Und die Regensburger Reichsversammlung übertrug ihm einstimmig die Würde eines katholischen Reichsfeldmarschalls. Peter der Große aber, der sich gerade zu jener Zeit mit Entwürfen beschäftigte, den König August II. von Polen zu entthronen, schlug dem Kaiserhofe vor, er möge seinen Einfluß bei dem polnischen Reichstage mit demjenigen Rußlands vereinigen, um die Königswahl auf den Prinzen E. fallen zu machen. Dieser Antrag wurde jedoch von dem Wiener Hofe, sowie von E. selbst ausweichend beantwortet. Niemals werde er, erklärte der Prinz, durch „eitle Ambition“ sich verleiten lassen, irgend etwas zu thun, was dem Interesse des Kaiserhauses schädlich sein könnte. Das letztere lag eben dem Prinzen weit mehr am Herzen als das was ihn selbst betraf. Darum beschäftigte er sich mit nichts so sehr als mit den Anstalten zu nachdrücklicher Fortsetzung des Krieges gegen Frankreich. Freilich war er mit dem dringenden Begehren Englands nicht einverstanden, daß durch die vereinigten kaiserlichen und piemontesischen Truppen ein Zug nach Südfrankreich unternommen und im Zusammenwirken mit der englischen Flotte Toulon belagert wurde. Den Engländern kam es auf die Zerstörung dieses Hauptwaffenplatzes der Franzosen im Mittelmeer an; E. aber täuschte sich nicht über die ganz außerordentlichen Schwierigkeiten, welche der Verwirklichung dieses Planes im Wege standen. Allerdings bemühte er sich deshalb mit nicht geringerem Eifer, dieselben zu überwinden, aber er konnte es nicht verhindern, daß seine trübe Vorhersagung sich erfüllte und die Unternehmung mißlang. Am 12. Aug. 1707 trat die Armee den Rückmarsch an, welcher von E. meisterlich bewerkstelligt wurde. Bis Nizza begleitete die Flotte das Heer und am 16. September war es, ohne Schaden gelitten zu haben, in einem von E. gewählten Lager bei Scalenghe an der Lemnia concentrirt. Mit der Eroberung von Susa beschloß der Prinz diesen Feldzug.

    Wie in der Natur, so zieht auch unter den Menschen das Hervorragende alle Blicke auf sich. Je schwieriger die zu erfüllenden Aufgaben erscheinen, um so dringender werden die Hände dem entgegengestreckt, den man oft Großes vollbringen sah. So geschah es auch mit E.: einmal sollte er Ungarn, dann Deutschland, dann Italien vom Feinde befreien. Jetzt wurde ein gleiches für Spanien verlangt, wo in Folge der unglücklichen Schlacht von Almanza die Sache des Kronprätendenten, Erzherzogs Karl, in eine sehr ungünstige Lage versetzt worden war. Aber schließlich entschieden doch die Rücksichten, welche gegen eine so weite Entfernung des Prinzen in die Wagschale fielen. Guido Starhemberg wurde nach Spanien, E. aber vorläufig nach dem Haag gesendet, um mit Marlborough und dem Großpensionär Heinsius die nöthigen Verabredungen zu treffen, auf daß der Krieg gegen Frankreich im großen Stile fortgesetzt werden könne. Nachdem sie sich in diesem Sinne geeinigt, fanden die beiden ruhmgekrönten Feldherren schon binnen kurzem auf dem Schauplatze kriegerischer Thätigkeit sich wieder. E. hatte die Bestimmung erhalten, das größtenteils aus deutschen Hülfsvölkern zusammenzusetzende Heer zu befehligen, welches im Verein mit Marlborough's Armee die Franzosen in den Niederlanden bekämpfen sollte. Dorthin eilte der Prinz seinen Truppen voraus, und er kam eben recht, um Marlborough, der durch ungünstige Nachrichten aus seiner Heimath, sowie durch einige von den Franzosen errungene Vortheile in große Niedergeschlagenheit versetzt worden war, mit neuem Selbstvertrauen zu erfüllen. Am 11. Juli 1708 kam es bei Oudenarde zur Schlacht, bei welcher E. den rechten Flügel der Armee Marlborough's commandirte. Der Erste durchbrach er die feindlichen Linien; hierauf wurden die Franzosen auch auf dem linken Flügel zurückgeworfen und endlich völlig geschlagen. Das siegreiche Heer unternahm nun auf Eugens Rath die Belagerung von Lille, eines der stärksten Waffenplätze Frankreichs. Während E. die Belagerungsarbeiten leitete, deckte sie Marlborough gegen ein etwa heranrückendes französisches Ersatzheer. Am Abend des 20. Septbr. 1708 versuchten die Belagerer einen Sturm gegen Lille. Auch jetzt wieder stellte sich E. in die vordersten Reihen der Streiter. Da traf ihn plötzlich eine Kugel am Kopfe und er stürzte zu Boden. Aber schon nach wenigen Augenblicken erhob er sich wieder, beruhigte die Seinen und war nur schwer zu bewegen, sich zur Schonung seiner Wunde nach seinem Quartier zu begeben. Glücklicher Weise war dieselbe nicht gefährlich, indem die Kugel, welche über dem linken Auge die Hirnschale getroffen hatte, in schräger Richtung gekommen und an dem Knochen abgeglitten war. Schon in den nächsten Tagen konnte E. die Leitung der Belagerung wieder übernehmen, und am 22. October übergab endlich der|Marschall Boufflers nach tapferster Verteidigung die Stadt Lille mit Ausnahme der Citadelle. Erst am 9. Decbr. 1708 wurde die letztere ebenfalls erobert. Gent und Brügge, sowie andere, weniger bedeutende Plätze in den Niederlanden, welche die Franzosen besetzt hatten, erfuhren das gleiche Schicksal. Am 15. Jan. 1709 schrieben die Generalstaaten dem Kaiser, man habe diese glanzvollen Resultate des so eben zu Ende gegangenen Feldzuges nächst Gottes Hülfe dem Prinzen E. zu verdanken. Sie legten daher sehr hohen Werth darauf, daß er noch fortan in den Niederlanden bleibe. So geschah es denn auch, und nicht nur an den kriegerischen Unternehmungen, sondern auch an den Verhandlungen, welche jetzt über die Anerbietungen des Königs von Frankreich zur Herbeiführung des Friedens gepflogen wurden, nahm E. den hervorragendsten Antheil. Seinem entschiedenen Auftreten, welches Marlborough nachdrücklich unterstützte, kann es zugeschrieben werden, daß der französische Abgesandte, Marquis v. Torcy, fast alles zugestand, was man von ihm verlangte. Die Ueberlassung der ganzen spanischen Monarchie, wie Karl II. sie besessen, an das Haus Oesterreich bildete den Hauptpunkt. Außerdem begehrte E. auf Befehl des Kaisers auch noch Straßburg und den Elsaß, ja die drei Bisthümer Metz, Toul und Verdun für das Reich zurück. Endlich sollte sich Ludwig XIV. verpflichten, seinen Enkel, Philipp von Anjou, wenn er sich die Abtretung Spaniens nicht gutwillig gefallen lasse, hiezu mit Waffengewalt zu zwingen. Auf eine so demüthigende Bedingung ging jedoch der König von Frankreich nicht ein. Er lehnte es ab, auf solcher Grundlage fernere Verhandlungen über den Friedensschluß zu pflegen. Dieselben wurden nun zu dem größten Bedauern des Prinzen, welcher vor allzu straffer Anspannung des Bogens fortwährend gewarnt hatte, vollständig abgebrochen, und man griff neuerdings zu den Waffen, welche denn auch jetzt wieder von den Verbündeten siegreich geführt wurden. E. und Marlborough eroberten Tournay, und am 11. Septbr. 1709 schlugen sie die Franzosen unter Villars in der überaus blutigen Schlacht bei Malplaquet, in welcher E. neuerdings, jedoch wieder nicht gefährlich verwundet wurde. Mons ergab sich nach vierwöchentlicher Belagerung, und man hoffte nun, daß sich der Friede ohne allzu große Schwierigkeit werde zu Stande bringen lassen. Eindringlich rieth der Prinz, man möge nicht wieder in den Fehler verfallen, den König von Frankreich durch allzu hoch gespannte Forderungen aufs äußerste zu treiben. Würden sämmtliche Verbündete standhaft bleiben und unerschütterlich festhalten an ihrem bisherigen Begehren, dann könnte man freilich auch von Frankreich die verlangten Zugeständnisse erzwingen. Auf diese Standhaftigkeit aber könne man ja durchaus nicht zählen. Immer mächtiger würden die unbedingten Anhänger des Friedens in Holland, die Gegner Marlborough's in England. Und selbst dem Kaiser werde bei der Erschöpfung all seiner Hülfsmittel die Fortsetzung des Krieges fast unmöglich. Gleichwol brachte die Warnungsstimme Eugens nur wenig Eindruck hervor. Fast alle früheren Forderungen hielten die Verbündeten aufrecht, und noch während hierüber zu Gertruidenburg die Verhandlungen gepflogen wurden, unternahmen E. und Marlborough die Belagerung von Douay. Durch nahezu zwei Monate widerstand ihnen dieser Platz; erst am 29. Juni 1710 wurde er von den Truppen der Verbündeten besetzt. Bethune, Aire und St. Venant fielen der Reihe nach gleichfalls in ihre Hände. Aber an dem Stande der Hauptsache, des Friedensgeschäftes, wurde hiedurch doch nicht viel geändert. An dem Begehren, daß der König von Frankreich sich zu etwaiger Bekämpfung seines Enkels verpflichte, scheiterten die Verhandlungen auch jetzt wieder. In Wien war man zwar hinsichtlich dieses Punktes durch E. zur Nachgiebigkeit bestimmt worden, die Seemächte aber beharrten eigensinnig auf demselben. So herrisch zeigte sich insbesondere England, daß der Gedanke,|das Bündniß mit den Seemächten sei keineswegs so vortheilhaft für Oesterreich, als man bisher geglaubt, immer tiefere Wurzel schlug in dem Gemüth des Prinzen. Merkwürdig ist es, daß er, den man immer für den erbittertsten Feind Frankreichs gehalten, schon vierzig Jahre vor Kaunitz es aussprach, es wäre lebhaft zu wünschen, daß das Haus Bourbon so geartet wäre, um dem Wiener Hofe die Möglichkeit zu bieten, mit ihm eine wahre, aufrichtige und dauernde Freundschaft zu schließen. Denn beide Fürstenhäuser hätten eigentlich nur ein und dasselbe Interesse an der Aufrechthaltung des Friedens in Europa und dem Schutze und der Förderung des katholischen Glaubensbekenntnisses. Aber freilich fügte E. gleich hinzu, daß bei Frankreichs rastlosem Ehrgeize, bei seiner nie befriedigten Sucht nach Ausdehnung seines Gebietes und nach Vergrößerung seiner Macht niemals auf ein Bündniß mit ihm zu hoffen sei. Darum glaubte wol auch er, daß nichts übrig bleibe, als Frankreich so tief als möglich zu demüthigen. Nur so läßt es sich erklären, wenn er das erneuerte Scheitern der Friedensverhandlungen mit Freude begrüßte. Offenbar hielt er Frankreich für so entkräftet und ein siegreiches Vordringen der Verbündeten für so gewiß, daß man bald im Herzen Frankreichs die Friedensbedingungen werde vorschreiben können. Aber gleichzeitig konnte er doch auch wieder nicht verkennen, daß die Aussicht hierauf durch die Ereignisse in England gar sehr verdüstert wurde. Alles deutete auf den raschen Verfall hin, in welchem das Ansehen und die Macht der Whigs begriffen war, während die dem Kriege gegen Frankreich abgeneigte Torypartei immer höher das Haupt hob. Aber auch diesen Verwicklungen gegenüber solle man, meinte der Prinz, nicht die Hände müßig in den Schooß legen, sondern alles aufbieten, um wenigstens Marlborough an der Spitze des Heeres zu erhalten. Er bewog nicht nur Marlborough, jedem Gedanken an freiwilligen Rücktritt zu entsagen, sondern er erbot sich, selbst nach England zu gehen, um es zu versuchen, die Königin Anna wieder zurückzubringen auf den Pfad, den sie früher gewandelt war. Aber die Hoffnung, daß dies überhaupt geschehen könne, wurde immer schwächer und schwächer, als plötzlich ein Ereigniß eintrat, das sie mit einem Schlage völlig vernichtete. Am 17. April 1711 starb Joseph I. nach kurzer Krankheit an den Blattern, und sein in Spanien verweilender Bruder Karl war nunmehr der einzige männliche Sprößling des habsburgischen Hauses. Bis er nach Wien komme und die Regierung seiner Erbländer antrete, wurde dieselbe seiner Mutter, der Kaiserin Eleonore übertragen.

    Am Tage vor dem Hinscheiden Josephs hatte E., auf des Kaisers Wiedergenesung mit Zuversicht hoffend, Wien verlassen, um sich neuerdings nach dem Kriegsschauplatze zu begeben. Mit der äußersten Bestürzung und dem tiefsten Schmerze erfüllte ihn die unerwartete Nachricht von dem Tode des Kaisers. Denn seinem weitschauenden Blicke entging das Unheil nicht, welches durch dieses traurige Ereigniß heraufbeschworen wurde. Und seine innige Anhänglichkeit an Joseph ließ ihn diesen Verlust doppelt betrauern. „Mein Schmerz mehrt sich mit jedem Tage“, schrieb E. an Wratislaw, „denn ich habe diesen Fürsten wahrhaft geliebt.“ Dem Erben der österreichischen Länder versicherte er, daß er ihm mit der gleichen Pflichttreue zu dienen bereit sei, welche er so lange Jahre hindurch dessen Vater und Bruder bewiesen habe. Er stellte ihm die Notwendigkeit vor, bald nach Deutschland zu kommen, wo seine Erwählung zum Kaiser kaum irgend einem Hindernisse werde begegnen können. Um so mehr sei dies in Bezug auf die Besitzergreifung von Spanien zu besorgen, welche Karl, wie Jedermann wußte, vor allem am Herzen lag. Darum verhielt er sich jetzt ablehnend gegen die manchmal recht ungestümen Aufforderungen, welche von allen Seiten ihm zugingen, unverzüglich nach Deutschland zu gehen, und das Drängen zu baldiger Abreise aus Spanien nahm er nur mit einem gewissen Widerwillen|auf. Gleichwol ließ sich E. hierdurch nicht irre machen, unablässig in diesem Sinne nach Barcelona zu schreiben. Er selbst begab sich an die Höfe der deutschen Kurfürsten, die Kaiserwahl zu sichern. Und als dieselbe vollzogen war, eilte er Karl, der sich endlich zur Abreise aus Spanien entschlossen hatte, nach Innsbruck entgegen. Hier bildete die Haltung, welche man der englischen Regierung gegenüber zu beobachten hatte, einen der wichtigsten Gegenstände der Berathungen des neuen Kaisers mit E. und den Ministern. Durch Bestechung eines der Secretäre des kaiserlichen Gesandten, Grafen Gallas, hatte sich die Königin Anna Kenntniß von den Berichten verschafft, welche Gallas seiner Regierung erstattete. Durch den Inhalt derselben fand sich die Königin persönlich in so hohem Grade beleidigt, daß sie die Aufhebung allen schriftlichen Verkehrs mit Gallas befahl. Doch werde sie, ließ die Königin erklären, gern jede Mittheilung annehmen, welche der Kaiser durch einen andern Minister an sie richte. E. rieth nun, der englischen Regierung die Beleidigung des Kaisers nicht ungestraft hingehen zu lassen. So charakterlosen Menschen, wie den englischen Ministern, müsse man unerschrocken die Stirn zeigen. Hätte Gallas England noch nicht verlassen, so möge er dort bleiben; wäre er bereits abgereist, so solle an seiner Stelle kein anderer Repräsentant des Kaisers dorthin abgesendet werden.

    Nur der erste Theil der Ausführungen des Prinzen fand die Zustimmung Karls; hinsichtlich des letzteren Punktes war er hingegen der Meinung, eine Person von höchstem Ansehen müsse nach London sich begeben, um eine Umstimmung der Königin und der britischen Regierung zu versuchen. Diese peinliche Aufgabe zu übernehmen, sei jedoch Niemand geeigneter als der Prinz, der sich ja früher einmal selbst zur Reise nach London angeboten habe. Wie immer, so fügte E. sich dem Willen seines kaiserlichen Herrn, auch wenn ihm, wie es durch die Reise nach England geschah, ein recht schweres Opfer auferlegt wurde. Denn in jeder Weise zeigten die nun am Ruder befindlichen britischen Staatsmänner, wie unwillkommen dieser Entschluß des Prinzen ihnen war, und alle sich ihnen darbietenden Mittel wandten sie an, um ihn hievon wieder zurückzubringen. Aber auf E. blieben sie gleichwol ohne Wirkung; am 16. Jan. 1712 traf er in London ein, wenige Tage nachdem sein Freund, sein Kriegs- und Ruhmesgenosse Marlborough, der Veruntreuung öffentlicher Gelder angeklagt, all seiner Aemter verlustig geworden war. Wenn Marlborough's Feinde sich schon stark genug fühlten, um einen solchen Schritt zu wagen, ließ sich auch nicht erwarten, daß die Anwesenheit Eugens in England das von dem Kaiser gehoffte Ergebniß nach sich ziehen werde. So geschah es auch wirklich. Mit persönlichen Ehrenbezeugungen überhäuft, aber nicht im geringsten mehr bezweifelnd, daß England mit Frankreich schon einig und für die Sache des Kaisers, wenigstens was den Besitz Spaniens und Indiens angehe, von England nichts mehr zu hoffen sei, kehrte E. nach dem Festlande zurück. Unter den ungünstigsten Auspicien begann er den Feldzug. Offen erklärte der Obercommandant der englischen Truppen, der Herzog von Ormond, daß er strengen Befehl habe, sich in keine Schlacht einzulassen. Und als E. gleichwol an die Belagerung von Quesnoy schritt, rief die britische Regierung ihre eigenen und die in ihrem Solde stehenden deutschen Truppen von dem Heere der Verbündeten zurück. Allerdings leisteten die wackeren Commandanten der letzteren diesem Begehren keine Folge, sondern sie harrten gleich den Holländern bei E. aus, und es gelang ihm wirklich, Quesnoy zu erobern. Aber damit schien auch die Reihe der Siegesthaten Eugens gegen Frankreich erschöpft. Als der Prinz die Offensivbewegungen gegen die Franzosen neuerdings begann, gelang es dem Marschall Villars, den Befehlshaber der holländischen Truppen, Grafen Albemarle, bei|Denain zu überfallen und gefangen zu nehmen. Saint-Amand, Mortagne und Marchiennes wurden nun von den Franzosen erobert und E. sah sich trotz seines Widerwillens durch das ungestüme Drängen der holländischen Deputirten zu einer rückgängigen Bewegung gezwungen. Nun geriethen auch Douay, Quesnoy und Bouchain wieder in die Hände der Franzosen; durch diese Ereignisse aber wurden die Holländer und die übrigen Verbündeten des Kaisers so eingeschüchtert, daß sie von einer Fortsetzung des Krieges nichts hören wollten. Was auch E., der zu diesem Zwecke neuerdings nach dem Haag eilte, dort vorstellen, welche Pläne er zu fernerer und nachdrücklichster Bekriegung Frankreichs entwerfen mochte, alles blieb fruchtlos. Eifrig betheiligten sich die Holländer an den zu Utrecht stattfindenden Verhandlungen zur Herbeiführung des Friedens, der denn auch am 11. April 1713, jedoch ohne Theilnahme des Kaisers, zu Stande kam. Denn Karl war damals noch entschlossen, den Krieg gegen Frankreich auch allein fortzuführen. Obwol E. dies angelegentlich widerrathen hatte, fügte er sich jedoch auch diesmal dem Wunsche des Kaisers und übernahm den Oberbefehl über die Armee am Rheine. Aber der erbärmliche Zustand der Reichstruppen und die durch den langen Krieg herbeigeführte Erschöpfung der Kräfte des Hauses Oesterreich wirkten lähmend auf die Unternehmungen Eugens. Er konnte es nicht hindern, daß die ihm weit überlegenen Franzosen unter Villars bald die Oberhand gewannen. Sie eroberten Landau, durchbrachen die Schanzen im Schwarzwalde und nahmen nach langer Belagerung auch Freiburg weg. Nun begann endlich auch Karl VI. einzusehen, wovon E. ihn schon seit einiger Zeit zu überzeugen gesucht hatte: daß er mit dem Reiche allein den Kampf gegen Frankreich nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg fortführen könne. Er wies die erneuerten Vorschläge Frankreichs zur Herbeiführung des Friedens nicht länger zurück und die beiderseitigen Oberfeldherren wurden mit den Verhandlungen hiezu betraut. Mit Ernst und Festigkeit pflog sie E. und er erreichte hiedurch die Ermäßigung oder Beseitigung so manchen übertriebenen Begehrens der Franzosen. Insbesondere waren es die Bedingungen, die auf das deutsche Reich sich bezogen, denen er ganz besondere Aufmerksamkeit zuwandte. Allerdings konnte er es nicht hindern, daß Frankreich Landau behielt, aber die übrigen in dem letzten Feldzuge gemachten Eroberungen mußte es zurückgeben. Der Kaiser bekam die spanischen Niederlande, Mailand, Neapel, Sardinien und die Plätze an der toscanischen Küste; auf Spanien und Indien mußte er verzichten. Der Friedensvertrag wurde, insofern er das Haus Oesterreich anging, am 7. März 1714 zu Rastatt, für das deutsche Reich aber erst am 8. Septbr. 1714 zu Baden in der Schweiz durch E. und Villars unterzeichnet.

    Bei seiner Rückkehr nach Wien wurde E. von dem Kaiser mit höchster Auszeichnung und der Versicherung innigster Dankbarkeit empfangen. Karl trachtete, ihm dieselbe zu beweisen, indem er ein dem Prinzen schon von Joseph I. zugesprochenes Geschenk von dreimalhunderttausend Gulden noch um hunderttausend Gulden vermehrte und für dessen ratenweise Auszahlung Sorge trug. Aber gleichwol hinderte diese Gesinnung des Kaisers es nicht, daß sich in Bezug auf Eugens Statthalterschaft in Mailand bald sehr weitgehende Differenzen ergaben. Von Dankbarkeit für die Spanier durchdrungen, welche seiner Sache sich geweiht hatten, und von persönlicher Vorliebe für sie beseelt, vertraute der Kaiser die Regierung der Provinzen, welche früher zu Spanien gehört hatten, fast ausschließlich ihren Händen. Zur obersten Leitung derselben wurde in Wien eine neue Behörde, der spanische Rath, gebildet. Immer mächtiger wurde die spanische Partei am Hofe, ihre Uebergriffe wurden jedoch von E. und seinen Anhängern mit Entschiedenheit bekämpft. Aber die fast unausbleibliche Folge dieses Gegensatzes war, daß der Prinz nicht länger in einer Stellung ausharren konnte, in der er|dem spanischen Rathe unmittelbar untergeordnet war. Er legte die Statthalterschaft von Mailand nieder und erhielt dafür diejenige der österreichischen Niederlande. Noch ehe jedoch der Prinz in diesem letzteren Amte irgendwelche Wirksamkeit zu entfalten vermochte, wurde er wieder zu kriegerischer Thätigkeit berufen. Die Bedrohung der venetianischen Besitzungen in der Levante durch die Pforte führte Oesterreich zu einem neuen Kampfe gegen dieselbe. Es verstand sich gleichsam von selbst, daß kein Anderer als E. den Oberbefehl über das kaiserliche Heer führe, welches bei Peterwardein sich versammelte. Am 9. Juli 1716 kam E. nach Futak und fand den Zustand seiner Truppen vortrefflich. Am 5. Aug. führte er sie zum Angriffe gegen die Türken, welche sich angeschickt hatten, Peterwardein zu belagern. In der Nähe dieser Festung errang er einen glänzenden Sieg, welchem die Eroberung von Temesvar folgte. Nun suchte die Pforte ängstlich den Frieden, aber dringend rieth E. dem Kaiser zur Fortführung des Krieges. Die Wiedereroberung Belgrads wurde zur allgemeinen Losung, zum Zielpunkte der kriegerischen Unternehmungen des Prinzen. Groß war die Gefahr, der er sich und sein Heer dabei aussetzte, denn einerseits galt die Festung in jener Zeit für außerordentlich stark, und andererseits sammelte der Großwesir bei Nissa ein ungemein zahlreiches, dem Prinzen weit überlegenes Entsatzheer. E. ließ sich jedoch hiedurch nicht irre machen in der Ausführung seiner kühnen Entwürfe. Während er die Belagerung von Belgrad begann und sie nachdrücklich fortsetzte, traf er alle Vorkehrungen, der türkischen Armee einen ihr unwillkommenen Empfang zu bereiten. Ta jedoch der Feind nicht zum Angriffe schritt, blieb dem Prinzen um sich aus der gefährlichen Lage zu befreien, in welche er zwischen der Festung und dem Entsatzheere gerathen war, nichts übrig als gegen letzteres selbst die Offensive zu ergreifen. Am 16. Aug. 1717 führte er diesen Entschluß aus. In wenig Stunden schlug er den Großwesir vollständig aufs Haupt und in Folge des errungenen Sieges ergab sich binnen kurzem Belgrad an den Prinzen. Unermeßlich war die Freude, welche der Sturz dieses stärksten Bollwerkes des Islams in der ganzen Christenheit hervorrief. Von allen Seiten erntete der Prinz enthusiastische Lobpreisung für seine That. So tief war die Bewunderung für ihn in das Gemüth des Volkes, insbesondere in wackere Soldatenherzen gedrungen, daß jenes schmucklose Lied, von einem seiner braven Krieger verfaßt, ohne sonst einen Werth zu besitzen als den, das unverfälschte Zeugniß der damaligen Stimmung des Volkes zu sein, in dem Munde desselben sich erhielt bis auf den heutigen Tag.

    Wer es sich recht deutlich veranschaulicht, wie sehr E. durch die siegreiche Beendigung des Krieges gegen die Türken seine früheren, fürwahr schon unermeßlich zu nennenden Verdienste um Oesterreich und das Kaiserhaus noch vermehrte, der wird es kaum zu begreifen im Stande sein, wie bald darauf das Ansehen und der Einfluß des Prinzen am Wiener Hofe immer tiefer zu sinken vermochten. In der Herrschaft, welche Karl VI. der spanischen Partei in immer höherem Maße über sich einräumte, muß die Ursache hievon gesucht werden. Hatte der Kaiser noch während der letzten Feldzüge den Prinzen mit fast überschwänglichen Kundgebungen seiner Freundschaft und Dankbarkeit überhäuft, so wurde kurz nach seiner Rückkehr ängstliches Mißtrauen, ja völlige Entfremdung in dem Benehmen Karls gegen ihn bemerkbar. Man hatte dem Kaiser die Meinung beizubringen gewußt, daß Eugens Macht allzu groß sei für einen Unterthan und bereits diejenige des Kaisers verdunkle. Ja sogar in seinen militärischen Leistungen griff man den Prinzen an und arbeitete darauf hin, daß ihm die Leitung des Kriegswesens entzogen werde. Nicht nur die mit Karl VI. nach Wien gekommenen Spanier, auch Mitglieder des österreichischen Adels, wie des Kaisers Liebling, Graf Michael Althan, und der oberste Kanzler von Böhmen,|Graf Leopold Schlik, betheiligten sich an diesen Bestrebungen, ja sie waren so recht die Seele derselben. Und die scharfe Kritik, welche Eugens langjähriger Gegner, der sonst so hochverdiente Feldmarschall Graf Guido Starhemberg an den militärischen Maßregeln des Prinzen übte, trug gleichfalls nicht wenig dazu bei, dessen Ansehen allmählich zu untergraben. Aber trotzdem wäre es wol kaum zu irgend einem offenen Angriffe auf die Stellung Eugens gekommen, wenn nicht plötzlich an die Spitze seiner Gegner ein ausländischer Fürst getreten wäre, welchen die Bande des Blutes und geleistete Dienste inniger als einen Anderen hätten an E. fesseln sollen. König Victor Amadeus erblickte in seinem Vetter ein unbesiegbares Hinderniß der Verwirklichung seines unausgesetzt verfolgten Planes, das Gebiet von Mailand für sein Haus zu gewinnen. Da er wußte, daß E. sich der Durchführung eines solchen Gedankens jederzeit energisch widersetzen werde, vereinigte der König sich mit denen, welche den Sturz des Prinzen herbeiführen zu können sich sehnten. Durch seinen Beitritt reifte dasjenige, was bisher nur ein Wunsch gewesen, endlich zur That. Ein politischer Abenteurer, der Abbate Giovanni Prospero Tedeschi und der Reichshofrath Graf Johann Friedrich von Nimptsch gaben sich als Werkzeuge her. Der letztere wagte es, den Prinzen bei dem Kaiser offen zu verleumden. Er suchte ihn glauben zu machen, E. stimme nur aus dem Grunde gegen die von König Victor gewünschte Verheirathung seines ältesten Sohnes mit einer der Töchter Josephs I. und für deren Vermählung mit dem Kurprinzen von Baiern, weil ihm die Vorliebe des österreichischen Adels für dieses kurfürstliche Haus bekannt sei und er dereinst mit Hülfe des letzteren dem Kaiser Gesetze vorzuschreiben gedenke. Karl VI. war so schwach, diesen Angaben Glauben zu schenken und Nimptsch zu erlauben, sich unerkannt und nächtlicher Weile zu ihm zu verfügen und ihm noch fernerhin geheime Berichte über die verbrecherischen Pläne zu erstatten, welche nach seiner Behauptung E. verfolgte. Eigenthümlicher Weise wurde jedoch die Verrätherei, die man gegen E. ins Werk setzte, demselben gleichfalls durch eine Art von Verrath hinterbracht. Der Kammerdiener des Grafen Nimptsch entdeckte dem Prinzen alles, was gegen ihn angesponnen wurde. Allsogleich begab sich E. zum Kaiser, um volle Genugthuung zu verlangen. Sollte sie ihm nicht zu Theil werden, so lege er, erklärte der Prinz, alle seine Stellen nieder. Ganz Europa werde er jedoch aufrufen zum Richter über die Kränkung, die ihm widerfahren würde, wenn eine solche Beleidigung straflos bliebe. Anfangs suchte ihn Karl zu beschwichtigen, aber der Prinz beharrte auf seinem Begehren um Genugthuung und er setzte es durch, daß Nimptsch und Tedeschi verhaftet wurden. Eine strenge Untersuchung begann; sie endigte mit der Verurteilung der beiden Beschuldigten. Am 12. Decbr. 1719 wurde an Tedeschi die Strafe der Auspeitschung vollzogen und zwei Tage später Nimptsch, der seiner Stellen entsetzt worden, nach Graz gebracht, um in der dortigen Festung die ihm auferlegte zweijährige Haft zu verbüßen.

    Von nun an wagte es Niemand mehr, seiner etwaigen Abneigung gegen den Prinzen durch verleumderische Anschuldigung desselben Ausdruck zu verleihen. Allmählich kehrte auch die frühere Neigung, das frühere Vertrauen des Kaisers zu ihm zurück. Insbesondere machte sich dies seit dem im J. 1722 erfolgten Tode Althan's bemerkbar. Ueberhaupt trat im Laufe der Zeit die spanische Partei am Wiener Hofe von dem politischen Schauplatze nach und nach zurück. Je mehr dies geschah, um so höher stieg auch E. in der persönlichen Gunst des Kaisers, der ihm die sprechendsten Beweise seiner Freundschaft und Dankbarkeit gab, um so mehr nahm der Einfluß des Prinzen auf die Staatsgeschäfte zu, so daß er bald, wenn auch nicht dem Namen, so doch der Sache nach die Stellung|eines ersten Ministers einnahm. Nichts hielt Karl VI. vor ihm verborgen, durch seine Hand ging die geheimste Correspondenz, an ihn wandten sich die fremden Regierungen, wenn sie am Kaiserhofe Dinge vorzubringen hatten, auf die sie besonderen Werth legten und für welche sie auf Eugens mächtige Unterstützung hoffen zu dürfen glaubten. Aber freilich versagte sie der Prinz in all den Fällen, in denen das wahre Interesse des Kaiserhauses und des Staates Oesterreich ihm dies zu verlangen schien. So war er ein eifriger Gegner des Projectes, welches im J. 1724 von spanischer Seite an den Wiener Hof gebracht wurde, die älteste Tochter des Kaisers, die Erzherzogin Maria Theresia, welche schon damals als die dereinstige Erbin aller österreichischen Länder angesehen wurde, mit dem Infanten Don Carlos zu vermählen. Dieser Widerspruch Eugens, von anderen einsichtsvollen Männern im Rathe des Kaisers unterstützt, brachte gleichwol nicht die gewünschte Wirkung hervor. So sehr stand Karl VI. zu jener Zeit noch unter dem Einflusse der Spanier an seinem Hofe, welche in ihrem eigenen Interesse eine innige Verbindung Oesterreichs mit Spanien aufs dringendste wünschten, daß er die weisen Rathschläge Eugens weit weniger beachtete, als sie es verdienten. Er schloß einen Vertrag ab, durch welchen er sich gegen den König von Spanien verpflichtete, zwei von seinen drei Töchtern den Söhnen des Königs zu Theil werden zu lassen. Nur so viel war erreicht worden, daß der Kaiser nicht mit voller Bestimmtheit versprach, seine älteste Tochter einem spanischen Infanten zu vermählen. Hiedurch wurde jedoch der Keim des Zerwürfnisses in das neu geschlossene Bündniß schon gelegt. Während die patriotisch gesinnten Oesterreicher fortwährend daran arbeiteten, eine Verheirathung der Erzherzogin Maria Theresia mit dem Infanten Don Carlos zu hintertreiben, wurde von spanischer Seite gerade nach ihr ausschließlich gestrebt, denn nicht so sehr um die Hand einer Erzherzogin, als um die österreichischen Länder war es dem Hofe von Madrid zu thun. Der Tod der jüngsten Tochter des Kaisers brachte die Sache zur Entscheidung, denn während man jetzt in Spanien behauptete, die noch am Leben befindlichen beiden Erzherzoginnen könnten den Infanten nicht versagt werden, entgegnete man in Wien, mit dem Tode der dritten Erzherzogin sei die Voraussetzung weggefallen, unter der man die Vermählung von zwei derselben mit den spanischen Prinzen versprochen habe. Insbesondere war es E., der in den Kaiser drang, unter gar keiner Bedingung die Hand seiner Tochter Maria Theresia dem Infanten Don Carlos zu geben. Karl VI. handelte jetzt in Gemäßheit dieses Rathes. Die unmittelbare Folge hievon war der Abfall Spaniens von dem Bündniß mit Oesterreich. Aber eine politische Isolirung des Wiener Hofes trat darum doch nicht ein. Lang schon hatte E. dahin gewirkt, daß der Kaiser mit Rußland und mit Preußen enge Verbindungen eingehe. Dem ersteren Staate gegenüber war dieses Ziel ohne große Schwierigkeit erreicht und schon im August 1726 ein Bündniß zwischen Oesterreich und Rußland abgeschlossen worden. Zwei Monate später kam der Vertrag von Wusterhausen zu Stande, durch welchen Friedrich Wilhelm I. von Preußen sich innig an das Kaiserhaus anschloß. Aber beide Alliirte gewährten doch Oesterreich nur wenig Hülse, als es nach dem Tode des Königs August II. von Polen wegen der Thronfolge in diesem Lande im J. 1733 in Krieg gegen die bourbonischen Höfe gerieth. Derselbe wurde in Italien mit entschiedenem Unglücke, in Deutschland aber, wo der hochbejahrte E. neuerdings das Commando übernahm, wenigstens ohne entscheidende Resultate geführt. An die Spitze einer durchaus unzureichenden Streitmacht gestellt, vermochte der Prinz zwar nicht die Wegnahme der Ettlinger Linien durch die Franzosen und den Fall der Festung Philippsburg zu hindern, aber er hintertrieb doch wenigstens größere Fortschritte des übermächtigen Feindes. Fortwährend rieth er zum|Frieden, und es ist wol bemerkenswerth, daß er den Kaiser für den Gedanken zu gewinnen sich bemühte, die Erzherzogin Maria Theresia mit dem nunmehrigen Kurprinzen von Baiern, obgleich er weit jünger war als sie, zu vermählen. Denn er meinte, daß man hiedurch nicht nur günstigere Friedensbedingungen erlangen, sondern auch die Stellung Oesterreichs in Deutschland befestigen und endlich die Durchführung der pragmatischen Sanction in den deutschösterreichischen Erbländern sicherstellen würde. Den tiefsten Eindruck brachte dieses Schreiben Eugens auf den Kaiser hervor. Von einer Vermählung seiner ältesten Tochter mit einem anderen Prinzen, als dem ihr seit langer Zeit schon bestimmten Herzoge Franz von Lothringen, wollte er freilich nichts hören. Aber er begriff die unerläßliche Nothwendigkeit, Frieden zu schließen, und er gab daher den Vorschlägen Gehör, welche zu diesem Ende von Frankreich gemacht wurden. E. aber kehrte nach Wien zurück und er selbst rieth nun dem Kaiser, die Vermählung seiner Tochter mit dem Herzoge von Lothringen nicht länger zu verzögern. Am 12. Febr. 1736 wurde dieselbe vollzogen; zehn Wochen später, in der Nacht vom 20. auf den 21. April, verschied der Prinz, der noch den vorhergehenden Abend nicht zu Hause zugebracht hatte, rasch und ruhig in seinem Bette; er wurde am Morgen todt in demselben gefunden.

    Welch ruhmvolle Thaten E. während einer langen Reihe von Feldzügen vollbrachte, wie oft er das österreichische Heer zu den glanzvollsten und entscheidendsten Siegen geführt, welche Grundsätze er als Staatsmann zu verwirklichen sich bemühte, ist hier wenigstens mit raschen Zügen zu schildern versucht worden. Es muß noch hinzugefügt werden, daß er als Präsident des Hofkriegsrathes für Einführung mannigfacher Verbesserungen im Heerwesen thätig war. Der Stellenkauf wurde verboten, das Protectionswesen bekämpft, die Aufhebung der sogen. Expectanzen durchgesetzt, durch welche Kinder aus vornehmen Häusern oft schon bald nach ihrer Geburt Officiersstellen, ja Compagnien erhielten. Die Einführung strenger Subordination, die unnachsichtige Bestrafung von Excessen lagen dem Prinzen ganz besonders am Herzen. Das Ansehen des Hofkriegsrathes, dieser mit Unrecht so viel geschmähten obersten Militärbehörde, hielt er sorgfältig aufrecht; aber er war gleichzeitig gütig und mild gegen Officiere und Soldaten und das Wohl der Armee wurde von ihm jederzeit eifrigst gefördert. Wie sehr er sich die Ausbildung der Zweige des Kriegswesens, welche noch mehr als die übrigen wissenschaftliche Ausbildung fordern, angelegen sein ließ, hat er durch Errichtung einer Genieschule am deutlichsten gezeigt.

    Auch die Wirksamkeit Eugens als Generalstatthalter der Niederlande kann nicht ganz aus dem Auge verloren werden. Da er sich nicht persönlich dorthin zu begeben vermochte, mußte er eines Stellvertreters sich bedienen; der Marquis de Prié bekleidete diesen Posten. Unablässig drang E. in ihn, die öffentlichen Aemter nur den Würdigsten zu Theil werden zu lassen. Redlichkeit, Fähigkeit und Eifer seien die Eigenschaften, welche hiebei am schwersten in die Wagschale zu fallen hätten. Man müsse dem Lande zeigen, daß man Jeden in seinem Rechte erhalten und diejenigen nach ihrem Verdienste belohnen wolle, welche sich vor den übrigen auszeichneten; dies zu thun, sei die Sache jeder guten Regierung. Sorgsam solle man sich enthalten, Aemter und Befoldungen auf Wenige zu häufen, sondern man müsse sie gleichmäßig vertheilen, um Viele inniger an die Regierung zu fesseln und Niemand Grund zur Eifersucht oder zu berechtigter Klage über Mißtrauen zu geben. Als man mit dem Gedanken umging, ihm zu Ehren eine Statue zu errichten, fand dieser Vorschlag an E. selbst den entschiedensten Gegner. Ein Geschenk von 6000 Ducaten, welches die Stände von Flandern und Brabant ihm anboten, wies er mit verbindlicher Danksagung zurück. So wohlwollend und zuvorkommend er sich übrigens bei jeder Gelegenheit|zeigte, so unnachsichtige Strenge wollte er dort beobachtet sehen, wo er dieselbe für nothwendig hielt. Als in den Jahren 1718 und 1719 zu Brüssel Unruhen ausbrachen, welche sogar eine hochverrätherische Gestalt anzunehmen drohten, war E. für Anwendung von Waffengewalt und rückhaltslose Strenge. Er billigte es, daß das Haupt des Aufstandes und einige Plünderer öffentlich hingerichtet würden. Aber nachdem dies geschehen, war er dafür, daß jetzt auch daran gedacht werde, die beunruhigten Gemüther durch zweckmäßige Maßregeln wieder zu beschwichtigen. Durch Milde sei, die Liebe des Volkes zu gewinnen und dem öffentlichen Credite, dem darniederliegenden Handel durch kräftige Unterstützung neuerdings aufzuhelfen. Aber so sehr der Prinz bei jedem Anlasse die Nothwendigkeit hervorhob, den Credit zu fördern und zu entwickeln, so heftig bekämpfte er die abenteuerlichen Projecte, mit welchen zu jener Zeit der Schotte Law Frankreich in Taumel versetzte und die von dort auch den Weg nach den angrenzenden Niederlanden fanden. Den Actien der französischen Mississippi-Gesellschaft wurde auf Befehl des Prinzen der Eingang in die Niederlande verwehrt, und er rettete sie dadurch vor unberechenbarem Schaden. Gesunde Bestrebungen fanden dagegen bei dem Prinzen stets ausgiebige Förderung; insbesondere war dies mit allem der Fall, was sich auf die Entfaltung des Seehandels der niederländischen Provinzen bezog. Darum ließ er sich auch die Gründung der Compagnie von Ostende besonders angelegen sein; an den späteren Schicksalen dieser Körperschaft nahm er jedoch wenigstens nicht mehr als Generalstatthalter der Niederlande Antheil. Im November 1724 verzichtete er auf diesen Posten, den nun die älteste Schwester des Kaisers, die Erzherzogin Elisabeth erhielt.

    Einen höchst bemerkenswerthen Platz im Leben und Wirken des Prinzen nahm auch dessen hervorragendes Interesse an allem ein, was auf die Wissenschaften und die Kunst sich bezog. Man kennt seine Verbindung mit Leibnitz und die leider nicht zum Ziele führende Förderung, die er dem Plane desselben, in Wien eine Akademie der Wissenschaften zu errichten, zu Theil werden ließ. In naher Beziehung stand E. zu dem ersten französischen Lyriker jener Zeit, Jean Baptiste Rousseau, welcher durch seinen Einfluß zum kaiserlichen Historiographen in den Niederlanden ernannt wurde. Der berühmte Sammler und Kenner von Kupferstichen, Pierre Jean Mariette, arbeitete durch längere Zeit in Eugens prachtvoller Bibliothek. Als Mariette nach Italien sich begab, beauftragte ihn der Prinz mit dem Ankaufe von Büchern und Kunstwerken, und auch von Paris aus setzte Mariette diese Sendungen noch fort. Aus der großen Anzahl anderer Schriftsteller, mit denen E. regen Verkehr unterhielt, mögen von den Franzosen nur noch Basnage und Lenglet, welch letzterer durch zwei Jahre gleichfalls in Eugens Büchersammlung beschäftigt war, unter den Italienern aber der Cardinal Passionei und der berühmte neapolitanische Geschichtschreiber Pietro Giannone genannt werden, der durch E. in Wien ein Asyl und Unterstützung fand. Ein anderer Cardinal, Alessandro Albani, bekannt durch den feenhaften Tempel der Kunst, zu dem er seine Villa in Rom umgestaltete, war Eugens Rathgeber in allem, was sich auf die Erwerbung von Kunstgegenständen bezog. So kam es, daß sowol die reichhaltige Bibliothek des Prinzen als seine kostbaren Sammlungen von Kunstwerken aller Art damals gerechtes Aufsehen erregten in der gebildeten Welt. Und die prächtigen Gebäude, welche Wien ihm verdankt, sein Palast in der inneren Stadt und mehr noch das Belvedere sind heute noch Denkmäler des geläuterten Kunstsinnes des Prinzen. Man darf daher wol sagen, daß wenngleich auch nach E. noch so manche hervorragende Männer als Schützer und Förderer der Wissenschaft und der Kunst in Oesterreich wirkten, es doch kein einziger auch hierin dem Prinzen E. gleichthat. Als Staatsmann aber nahm|er eine Stellung ein, wie sie kaum einer, selbst Kaunitz nicht ausgenommen, vor und nach ihm besaß. Und so ausgezeichnete Kriegsmänner im Laufe der Jahrhunderte unter den Führern der österreichischen Heere sich befanden, so gab es doch keinen, welcher sechs so herrliche Siege, wie die Tage von Zenta und Höchstädt, von Turin und Malplaquet, von Peterwardein und Belgrad, die anderen Großthaten des Prinzen gar nicht gezählt, für sich aufweisen konnte. Der eigentliche Maßstab zur Beurtheilung der Größe Eugens liegt aber darin, daß er nach jeder dieser drei Richtungen zugleich unübertroffen dastand, daß er so viele Eigenschaften in sich vereinigte, deren jede für sich allein ihn schon zu einen großen Manne gemacht hätte, und daß sie von einem Charakter getragen wurden, dessen Adel und fleckenlose Reinheit die höchste Bewunderung verdienen.

    • Literatur

      Histoire militaire du Prince Eugène de Savoye, par Rousset et Dumont, La Haye 1729, 2 Bde. — Des großen Feldherrn Eugenii, Herzogs von Savoyen, Heldenthaten, Nürnberg 1739, 4 Bde. — Histoire du Prince Francois Eugène de Savoye (von Mauvillon). Amsterdam und Leipzig, 5 Bde. —
      Briefe des Prinzen Eugen von Savoyen an den Grafen Guido Starhemberg. Aus dem Archive zu Riedeck mitgetheilt von Chmel in Ridler's Oesterr. Archiv für Geschichte etc. Jahrg. 1831, 1832, 1833. —
      Das Leben des Prinzen Eugen von Savoyen, hauptsächlich aus dem militärischen Gesichtspunkte, von H. v. Kausler. Freiburg i. Br. 1838, 1839, 2 Bde. —
      Feldzüge des Prinzen Eugen in einer Reihe von Jahrgängen der österr. milit. Zeitschrift, zumeist von Schels und Heller. —
      Arneth, Eugen von Savoyen. Wien 1858, 3 Bde. — Feldzüge des Prinzen Eugen von Savoyen. Nach den Feldacten herausgegeben von der Abtheilung für Kriegsgeschichte des k. k. Kriegsarchives. Wien 1876. Erste Serie, Bd. I—III.

  • Autor/in

    v. Arneth.
  • Zitierweise

    Arneth, Alfred Ritter von, "Eugen" in: Allgemeine Deutsche Biographie 6 (1877), S. 406-421 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118605941.html#adbcontent

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