Lebensdaten
1904 – 1968
Geburtsort
Berlin-Wilmersdorf
Sterbeort
Berlin-Zehlendorf
Beruf/Funktion
Publizistin ; Verlegerin ; Widerstandskämpferin ; Politikerin ; Widerstandskämpferin
Konfession
bis 1932 evangelisch-lutherisch, seit 1945 römisch-katholisch
Normdaten
GND: 116849800 | OGND | VIAF: 5015614
Namensvarianten
  • Rosenthal, Annedore
  • Leber, Annedore
  • Rosenthal, Annedore
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Zitierweise

Leber, Annedore, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116849800.html [24.04.2024].

CC0

  • Seit 1927 mit Julius Leber (1891–1945) verheiratet, beteiligte sich Annedore Leber am Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Nach dem Ende der NS-Diktatur bemühte sie sich als SPD-Politikerin, Publizistin und Verlegerin mit Erfolg darum, das Erbe der Opposition gegen den Nationalsozialismus nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Mit den Sammelbiografien „Das Gewissen steht auf“ (1954) und „Das Gewissen entscheidet“ (1957) prägte sie das öffentliche Bild des Widerstands in den 1950er und 1960er Jahren.

    Lebensdaten

    Geboren am 18. März 1904 in Berlin-Wilmersdorf
    Gestorben am 28. Oktober 1968 in Berlin-Zehlendorf
    Grabstätte Waldfriedhof Zehlendorf (seit 1970 Ehrengrab) in Berlin
    Konfession bis 1932 evangelisch-lutherisch, seit 1945 römisch-katholisch
    Annedore Leber (InC)
    Annedore Leber (InC)
  • Lebenslauf

    18. März 1904 - Berlin-Wilmersdorf

    1914 - Fürstenwalde (Brandenburg)

    Übersiedlung der Familie

    1918 - Lübeck

    Übersiedlung der Familie

    1922 - Rudolstadt (Thüringen)

    Abitur als Externe

    Gymnasium

    1922 - 1925 - München

    Studium der Rechtswissenschaften (ohne Abschluss)

    Universität

    1925 - 1927 - Lübeck

    Übersiedlung; Ausbildung zur Schneiderin

    1927

    Mitglied

    SPD

    1927 - 1933 - Lübeck

    Hausfrau

    1933 - 1937 - Lübeck; seit 1935 Berlin

    Verhaftung und Inhaftierung des Ehemanns

    1933 - 1935

    Schneiderin

    1935 - 1938 - Berlin-Zehlendorf

    Schneidermeisterin; Geschäftsführerin

    Modeatelier Leber

    1938 - 1939 - Berlin

    Abteilungsleiterin der Schnittmusterherstellung

    Deutscher Verlag

    1941 - 1944 - Berlin

    Leiterin des Schnittmusterateliers; seit ca. 1942 Leiterin der gesamten Mode- und Schnittmuster-Produktion

    Deutscher Verlag

    7.8.1944 - 30.9.1944 - Berlin

    Sippenhaft nach Verhaftung des Ehemanns

    Untersuchungsgefängnis Moabit

    1945 - 1964 - Berlin

    Angestellte, seit 1946 Inhaberin

    Kohlenhandlung Bruno Meyer Nachf.

    1945 - Berlin

    Mitbegründerin

    Hauptausschuss der Opfer des Faschismus beim Magistrat

    Oktober 1945 - 1946 - Berlin

    Leiterin des Frauensekretariats; Mitglied des Zentralausschusses

    SPD

    1946 - 1950 - Berlin

    Telegraf (Tageszeitung)

    1946 - 1950 - Berlin

    Abgeordnete der SPD

    Stadtverordnetenversammlung

    1947 - 1949 - Berlin

    Herausgeberin; Autorin

    Mosaik (Monatsmagazin)

    1947 - Berlin

    Gründerin; Leiterin

    Mosaik-Verlag, seit 1961 Verlag Annedore Leber

    1951 - Köln

    Mitglied

    Deutsche UNESCO Kommission

    1952 - Braunschweig

    Nebenklägerin im Remer-Prozess

    Landgericht

    1953 - Berlin-Britz

    Gründerin

    Berufsbildungswerk, seit 1974 Annedore-Leber-Berufsbildungswerk

    1955 - 1957 - Berlin

    Bezirksverordnete

    Bezirksverordnetenversammlung Zehlendorf

    1955 - ca. 1967 - Bonn

    Mitglied des Personalgutachterausschusses für die Streitkräfte

    Bundeswehr

    1959 - 1962 - Berlin

    Bezirksverordnete

    Bezirksverordnetenversammlung Zehlendorf

    1960 - London

    Rede über den Widerstand

    European Union of Women, British Section

    1963 - 1967 - Berlin

    Abgeordnete der SPD

    Abgeordnetenhaus

    28. Oktober 1968 - Berlin-Zehlendorf
  • Genealogie

    Vater Georg Otto Wilhelm Rosenthal 23.1.1874–16.3.1934 aus jüdischer Familie; Dr. phil.; Lehrer, seit 1918 Oberstudiendirektor am Katharineum in Lübeck; 1933 Entlassung aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“
    Großvater väterlicherseits N. N. Rosenthal Kaufmann
    Mutter Auguste Emilie Franziska Rosenthal, geb. Bauch gest. 1955
    Bruder Helmut Rosenthal 13.2.1901–1936
    Heirat 21.11.1927 in Lübeck
    Ehemann Julius Leber 16.11.1891–5.1.1945 aus Biesheim (Oberelsass, heute Département Haut-Rhin, Frankreich); Dr. rer. pol.; Chefredakteur des „Lübecker Volksboten“; SPD-Politiker; Widerstandskämpfer (hingerichtet)
    Schwiegervater Jean Baptiste Leber 1865–1926 Maurer
    Schwiegermutter Katharina Leber, geb. Schubetzer 1868–1948 Hausfrau
    Tochter Katharina Christiansen-Leber, geb. Leber 31.3.1929–26.9.2008 Journalistin
    Sohn Matthias Georg Leber 21.4.1933–18.8.1963 Mediziner; Suizid
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Leber, Annedore (1904 – 1968)

    • Vater

      Georg Otto Wilhelm Rosenthal

      23.1.1874–16.3.1934

      aus jüdischer Familie; Dr. phil.; Lehrer, seit 1918 Oberstudiendirektor am Katharineum in Lübeck; 1933 Entlassung aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“

      • Großvater väterlicherseits

        Rosenthal

        Kaufmann

    • Mutter

      Auguste Rosenthal

      gest. 1955

    • Bruder

      Helmut Rosenthal

      13.2.1901–1936

    • Heirat

      in

      Lübeck

      • Ehemann

        Julius Leber

        16.11.1891–5.1.1945

        aus Biesheim (Oberelsass, heute Département Haut-Rhin, Frankreich); Dr.·rer.·pol.; Chefredakteur des „Lübecker Volksboten“; SPD-Politiker; Widerstandskämpfer (hingerichtet)

  • Biografie

    alternativer text
    Julius und Annedore Leber (InC)

    Aufgewachsen in Berlin-Wilmersdorf, Fürstenwalde (Brandenburg) und Lübeck, erhielt Leber Privatunterricht durch ihren Vater und legte 1922 im thüringischen Rudolstadt unter ihrem Geburtsnamen Annedore Rosenthal das Abitur als Externe ab. Ihr anschließendes Studium der Rechtswissenschaften an der Universität München brach sie 1925 ab und siedelte nach Lübeck über, wo sie eine Ausbildung zur Schneiderin absolvierte (1935 Schneidermeisterin). Seit November 1927 mit dem sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Julius Leber (1891–1945) verheiratet, trat sie im selben Jahr der SPD bei und lebte bis 1933 in Lübeck.

    Nach der Verhaftung ihres Ehemanns durch die Nationalsozialisten verdiente Leber seit März 1933 den Lebensunterhalt der Familie als Schneiderin. Seit Oktober 1935 wohnte sie in Berlin und führte als Schneidermeisterin von ihrem Zuhause aus ein eigenes Modeatelier mit zehn Angestellten. 1937 erwirkte Leber durch unablässigen Einsatz die Befreiung ihres Mannes aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen, der seine Widerstandstätigkeit sogleich wieder aufnahm. Um die im Hause Leber stattfindenden konspirativen Gespräche nicht zu gefährden, gab sie 1938 das Modeatelier auf und ging als Leiterin der Schnittmusterherstellung an den Deutschen Verlag Berlin, in dem sie um 1942 Leiterin der gesamten Mode- und Schnittmuster-Produktion wurde. Von ihrem Arbeitsplatz aus übernahm Leber organisatorische und kommunikative Aufgaben für den Widerstand; überliefert ist, dass sie seit 1938 von Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg (1902–1944), einem der Mitverschwörer des 20. Juli 1944, im Verlag besucht wurde.

    Nach der erneuten Verhaftung ihres Ehemanns, der Anfang Juli 1944, also vor dem Attentat des 20. Juli, von einem Spitzel verraten worden war, wurde Leber für zwei Monate im Untersuchungsgefängnis Moabit in Berlin in Sippenhaft genommen. Nach dem Ende des NS-Regimes amtierte sie 1945/46 als Leiterin des Frauensekretariats der SPD, die sie von 1946 bis 1950 als Abgeordnete der Berliner Stadtverordnetenversammlung, von 1954 bis 1962 als Bezirksverordnete von Zehlendorf und von 1963 bis 1967 als Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin-West vertrat.

    Neben ihrem politischen Engagement verfolgte Leber eine publizistische und verlegerische Karriere. Von 1946 bis 1950 gab sie mit Paul Löbe (1875–1967) und Arno Scholz (1904–1971) die erste freie Tageszeitung im britischen Sektor Berlins, „Telegraf“, heraus und gründete im September 1947 den Mosaik-Verlag (seit 1961 Verlag Annedore Leber), den sie bis zu ihrem Lebensende leitete und in dem v. a. politische und pädagogische Werke, Kinderbücher und Publikationen der UNESCO erschienen. Von 1947 bis 1949 gab sie mit der Zeitschrift „Mosaik“ ein auf Frauen zugeschnittenes Monatsmagazin heraus, das praktische Hilfestellung für den Nachkriegsalltag sowie politische Bildungsangebote umfasste und aktive Politikerinnen wie Eleanor Roosevelt (1884–1962) als weibliche Vorbilder präsentierte.

    Die publizistisch bedeutendsten und zugleich verlegerisch kommerziell erfolgreichsten Veröffentlichungen Lebers waren „Das Gewissen steht auf. 64 Lebensbilder aus dem deutschen Widerstand 1933–1945“ (1954) und der Ergänzungsband „Das Gewissen entscheidet. Bereiche des deutschen Widerstandes von 1933–1945 in Lebensbildern“ (1957), die sie mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt (1913–1992), und dem Politikwissenschaftler Karl Dietrich Bracher (1922–2016) herausgab. Die mit bis dahin unbekannten Fotografien aus den Schauprozessen des Berliner Volkgerichtshofs bebilderten Bände zeigten anschaulich die soziale Bandbreite und unterschiedlichen Motivlagen des Widerstands gegen den Nationalsozialismus und fanden in der Presse große Anerkennung, u. a. bei Marion Gräfin Dönhoff (1909–2002). Leber avancierte in der bundesdeutschen Nachkriegsgesellschaft zu einer der wichtigsten Instanzen zum Thema Widerstand, dem sie beim Wiederaufbau der deutschen Demokratie große öffentliche Sichtbarkeit verlieh.

  • Auszeichnungen

    1968 Annedore-Leber-Grundschule, Berlin
    1979 Annedore-Leber-Oberschule, Berlin
    1979 Annedore-Leber-Berufsbildungswerk, Berlin (weiterführende Informationen)
    2004 Gedenktafel, Pariser Str 14a, Berlin-Charlottenburg
    seit 2014 Annedore-Leber-Preis des Annedore-Leber-Berufsbildungswerks, Berlin
    2016 Arbeitskreis „Lern- und Gedenkort Annedore und Julius Leber“, Berlin-Schöneberg (weiterführende Informationen)
    2016 Annedore Leber-Park, Berlin-Schöneberg
  • Quellen

    Nachlass:

    Bundesarchiv, Koblenz, N 1732. (Nachlass Julius Leber und Familie) (weiterführende Informationen)

    Weitere Archivmaterialien:

    Archiv der sozialen Demokratie, Bonn, Personalia 6 057: Annedore Leber.

  • Werke

    Monografien:

    Den toten immer lebendigen Freunden. Eine Erinnerung zum 20. Juli 1944, 1946.

    Annedore Leber/Helena Hartwig, 313 Berufe für junge Mädchen, [1952], 61969.

    Annedore Leber/ Freya Gräfin von Moltke, Für und wider. Entscheidungen in Deutschland 1918–1945, 1961, 101969.

    Doch das Zeugnis lebt fort. Der jüdische Beitrag zu unserem Leben, 1965.

    Herausgeberschaften:

    Mosaik. Das Monatsblatt der Zeit, 1947–1949. (weiterführende Informationen)

    Annedore Leber/Gustav Dahrendorf (Hg.), Ein Mann geht seinen Weg. Schriften, Reden und Briefe von Julius Leber, 1952.

    Annedore Leber/Walter May (Hg.), Nikolas und Nikolinchen. Lehrstücke für den gemeinschaftlichen Unterricht in der Grundschule, 2 Bde., 1953.

    Annedore Leber/Walter May (Hg.), Der Weltgarten. Ein großer Plan für alle Kinder, 1953.

    Das Gewissen steht auf. 64 Lebensbilder aus dem deutschen Widerstand 1933–1945, gesammelt v. Annedore Leber, hg. in Zusammenarbeit mit Willy Brandt u. Karl Dietrich Bracher, 1954, 111966, erw. Neuausg. hg. v. Karl Dietrich Bracher, 1984, engl. 1957, franz. 1996.

    Das Gewissen entscheidet. Bereiche des deutschen Widerstandes von 1933–1945 in Lebensbildern, gesammelt v. Annedore Leber, hg. in Zusammenarbeit mit Willy Brandt u. Karl Dietrich Bracher, 1957, 61963.

  • Literatur

    Dorothea Beck, Julius Leber. Sozialdemokrat zwischen Reform und Widerstand, 1983.

    Ditmar Staffelt, Der Wiederaufbau der Berliner Sozialdemokratie 1945/46 und die Einheitsfrage. Ein Beitrag zur Nachkriegsgeschichte der unteren und mittleren Organisationsgliederungen der SPD, 1986, S. 431.

    Antje Dertinger, Frauen der ersten Stunde. Aus den Gründerjahren der Bundesrepublik, 1989, S. 60–68.

    Werner Breunig/Siegfried Heimann/Andreas Herbst (Hg.), Biografisches Handbuch der Berliner Stadtverordneten und Abgeordneten 1946–1963, 2011, S. 164.

    Frauke Geyken, „Wir standen nicht abseits“. Frauen im Widerstand gegen Hitler, 2014, S. 9–15, 28–30, 47–57, 140–148, 157–166, 175–184, 201–210, 217–230, 257–263 u. 272–281.

    Frauke Geyken, Annedore Leber, in: FemBio. Frauen-Biographieforschung, 2014. (P) (Onlineressource)

    Frauke Geyken, „Nur Mut!“ Annedore Leber und ihre Zeitschrift „Mosaik“, 1947–1949, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 68 (2017), S. 213–219.

    Frauke Geyken, Annedore Leber. Widerstandskämpferin und Demokratin der ersten Stunde, in: Blog Münchner Stadtbibliothek, 2020. (P) (Onlineressource)

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    Fotografien, Julius und Annedore Leber Archiv, München. (weiterführende Informationen)

    Fotografien, Archiv der sozialen Demokratie, Bonn.

  • Autor/in

    Frauke Geyken (Göttingen)

  • Zitierweise

    Geyken, Frauke, „Leber, Annedore“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/116849800.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA