Lebensdaten
1831 – 1914
Geburtsort
London
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Geologe ; Paläontologe
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 118757709 | OGND | VIAF: 32123739
Namensvarianten
  • Suess, Eduard
  • Sueß, Eduard
  • Suess, Eduard
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Orte

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Zitierweise

Sueß, Eduard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118757709.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus vogtländ. Musiker- u. Pfarrerfam.;
    V Adolf (1797–1845), Geschäftsmann, betrieb mit Eduard Zdekauer (s. u.) e. Wollhandlung in L., übersiedelte 1834 n. Prag, S d. Erdmann (* 1752), Pfarrer in Bodenneukirchen (Vogtland), u. d. Sofie Friederike Gottschaldt (* 1767), Pfarrers-T;
    M Eleonore (* um 1806), kath.), T d. Moritz Zdekauer (1770–1845, jüd., später kath.), Bankier in Prag, u. d. Charlotte Frankl (* 1786);
    Ur-Gvv Johann Georg (1701–71, Stadtmusicus in Adorf (Vogtland);
    Om Eduard Zdekauer (1809–56), Wollhändler in L.;
    B Friedrich (1833–1907), Industr., Mitgl. d. Abg.hauses d. österr. Reichsrats, Gen.rat d. österr.-ungar. Bank, Stifter, Ehrenbürger v. Rudolsheim u. Franzensbad (s. Wurzbach; BJ XII, Tl.);
    1855 Hermine, T d. Franz Strauß, aus M., Dr. med., Arzt in W., u. d. Aloysia Partsch;
    3 S u. a. Franz (1867–1941, Olga Frenzl), 1891 Assistent an d. TU Prag, 1893 an d. k. k. Geolog. Reichsanstalt in Wien, 1905 ao., 1911–38 o. Prof. f. Geol. in Wien, wirkl. Mitgl. d. Ak. d. Wiss., Wien, korr. Mitgl. d. Ac. reale delle scienze, Turin (s. Pogg. IV–VI; Personenlex. Österr.; Hdb. österr. Autoren jüd. Herkunft), 2 T; E Hans E. (1909–93), Prof. f. Chemie an d. Univ. of California in La Jolla (s. Biographical Memoirs d. Nat. Ac. of Sciences 87, 2005);
    Om d. Ehefrau Paul Partsch (1791–1856, Mineral., Geol., Vorstand d. Hofmineralienkab. in W. (s. ADB 25; Pogg. VIIa; Hist. Lex. Wien);
    N d. Ehefrau Moritz Hoernes|(1852–1917), o. Prof. f. prähist. Archäol. in W. (s. NDB IX).

  • Biographie

    S. wurde in London geboren, wo sein Vater mit Eduard Zdekauer eine Wollhandlung betrieb. Nach der Übersiedlung der Familie nach Prag 1834 besuchte S. das dortige Dt. Gymnasium. 1846 erfolgte der Umzug nach Wien, wo S. Naturwissenschaften am Polytechnikum studierte. An der Revolution von 1848 beteiligte er sich als Mitglied der „Akademischen Legion“. Nach kurzem Aufenthalt in Prag kehrte S. 1849 nach Wien zurück, wo er 1851 kurzzeitig inhaftiert wurde und vor ein Kriegsgericht kam, jedoch ohne Anklage wieder freigelassen wurde. Sein Studium konnte S. aber nicht mehr beenden. 1852 zunächst Kustosadjunkt am ksl. Hofmineralienkabinett, wurde S. – als geologischer und paläontologischer Autodidakt – aufgrund ausgezeichneter Leistungen 1857 ao. Professor für Paläontologie an der Univ. Wien und 1867 Ordinarius für Geologie (1901 em.).

    In seinen beiden Hauptwerken „Die Entstehung der Alpen“ (1875) und „Das Antlitz der Erde“ (3 Bde., 1883–1909) befaßte sich S. mit der Formung von Gebirgen sowie der Erdoberfläche. Er nahm an, daß die Erdkruste eine radiale, senkende, und eine tangentiale, faltende und überschiebende Bewegung aufweise. Wegen der langsamen Auskühlung der Erde breche die Oberfläche allmählich in sich zusammen, was zur Entstehung von Gebirgszügen und Einbrüchen führe. Letztere würden mit Wasser überflutet und bildeten die Ozeane. Das heutige Mittelmeer deutete er als Überrest des ehemaligen Tethys-Meeres. Auf S. geht auch die Prägung mehrerer neuer Fachausdrücke wie Biosphäre, Lithosphäre oder Hydrosphäre zurück. Zwar gelten S.s Ansichten heute als überholt, doch wurde sein „Antlitz der Erde“ häufig als geologisches Lehrbuch genutzt. Gegen S.s Auffassung vom Zusammenbruch der Erdkruste, der zur Formung der Erdoberfläche in Kontinente und Ozeane führe, wandte sich Alfred Wegener. Er versuchte, die Entstehung der Oberflächenstrukturen durch seine Hypothese der Kontinentaldrift zu erklären. Dabei griff er jedoch ebenfalls auf die von S. geprägten Begriffe wie SiMa (ozeanische Erdkruste, bestehend v. a. aus Silizium und Magnesium) sowie SiAl (kontinentale Erdkruste, bestehend v. a. aus Silizium und Aluminium) zurück. S. zählt zu den wichtigsten Geologen der zweiten Hälfte des 19. und des beginnenden 20. Jh. Er gilt als Mitbegründer der geologischen Deckentheorie, die sich mit Überschiebungen einzelner Teile der Erdkruste befaßt, welche an geologischen Bruchflächen oder Faltungen entstehen.

    Politisch engagierte sich S. 1863–73 im Wiener Gemeinderat. 1869 wurde er zudem Mitglied des niederösterr. Landtages und 1873 des Abgeordnetenhauses des österr. Reichsrates. S. zählte zum linken Flügel der liberalen Verfassungspartei. Im Wiener Gemeinderat war er in der Wasserversorgungskommission tätig und maßgeblich am Bau der ersten Wiener Hochquellenwasserleitung beteiligt, deren Bau 1864 beschlossen worden war. 1873 eröffnet, versorgt sie die Stadt bis heute mit Quellwasser aus dem Rax- und Schneeberggebiet. Die Zahl der Typhuserkrankungen im Stadtgebiet ging in den Folgejahren deutlich zurück. Ebenso war S. als Mitglied der Donau-Regulierungskommission an den Maßnahmen zur Regulierung der Donau zwischen Nußdorf und Albern beteiligt. Der neue Donaukanal entstand 1870–75 und schützt Wien seither vor den in der Vergangenheit mehrfach aufgetretenen schweren Überschwemmungen.

  • Auszeichnungen

    A korr. Mitgl. d. Ak. d. Wiss., Wien (1860, wirkl. 1867, Sekr. d. math.-naturwiss. Kl. 1885–90, Stellv. d. Gen.sekr. 1890–93, Vizepräs. 1893–98, Präs. 1898–1911), d. Russ. Akad. d. Wiss., St. Petersburg (1887) u. d. Ak. d. Wiss., Paris (1889);
    ausw. Mitgl. d. Royal Soc., London (1894);
    Mitgl. d. Dt. geol. Ges.;
    Ehrenmitgl. d. holl. Soz. d. Wiss.;
    Rr.kreuz d. portugies. Erlöserordens (1863);
    Ehrenbürger v. Wien (1873);
    Wollaston-Medaille d. Geological Soc., London (1896);
    Copley-Medaille d. Royal Soc., London (1903).

  • Werke

    Der Boden d. Stadt Wien, Nach seiner Bildungsweise, Beschaffenheit u. seinen Beziehungen z. bürgerl. Leben, 1862;
    Die Zukunft d. Goldes, 1877, Nachdr. 1977;
    Die Zukunft d. Silbers, 1892, engl. 1893;
    Erinnerungen, 1916 (P).

  • Literatur

    | E. Plener, in: NÖB 1, 1923, S. 70–77 (P);
    E. S. zum Gedenken, hg. v. G. Hamann, 1983;
    H. Jäger-Sunstenau, Die Ehrenbürger u. Bürger ehrenhalber d. Stadt Wien, 1992 (P);
    T. Cernajsek u. a., „. . . hat durch bedeutende Leistungen…das Wohl der Gemeinde mächtig gefördert“, E. S. u. d. Entwicklung Wiens zur modernen Großstadt, 1999 (L, P);
    J. Seidel (Hg.), E. S. u. d. Entwicklung d. Erdwiss. zw. Biedermeier u. Sezession, 2009 (P);
    A. M. C. Şengör, Globale Geologie u. ihr Einfluss auf d. Denken v. E. S., 2009;
    Biogr. Judaica Bohemiae;
    Pogg. III–V;
    Personenlex. Österr. (P);
    Hdb. österr. Autoren jüd. Herkunft;
    Lex. Naturwiss.;
    Lex. bed. Naturwiss. (P);
    Complete DSB;
    Nachlaß:
    Fam.archiv Suess im Archiv d. Österr. Ak. d. Wiss., Wien.

  • Autor/in

    Martin Schneider
  • Zitierweise

    Schneider, Martin, "Sueß, Eduard" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 678-679 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118757709.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA