Lebensdaten
1886 – 1965
Geburtsort
Moskau
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Diplomat
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118704826 | OGND | VIAF: 100383549
Namensvarianten
  • Hilger, Gustav
  • Chilʹger, Gustav

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Zitierweise

Hilger, Gustav, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118704826.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Otto (1857–1945), Kaufm. in Moskau, S d. Kaufm. Gustav in Remscheid u. d. Marie Hasenclever;
    M Luise Julie (1860–1924), T d. Arthur Rabeneck (1836–64), Textilfabr. u. Bes. e. Weberei in Moskau, u. d. Elisabeth Quack;
    Moskau 1912 Marie (1893–1969), T d. Friedrich Hackenthal (1857–1938), Armaturenfabr. in Moskau, u. d. Louise Ernst;
    1 S (⚔), 1 T.

  • Biographie

    H. verbrachte Kindheit und Jugend in Rußland. 1903 begann er sein Studium in Deutschland (1908 Ingenieur-Diplom Darmstadt). 1910 kehrte er nach Rußland zurück und hatte bis zum Kriegsausbruch einen verantwortlichen Posten in der Fabrik seines Schwiegervaters inne. Im Krieg war er bis Dezember 1917 im Gouvernement Vologda interniert. April 1918 wurde er in die Deutsche Hauptkommission für Kriegs- und Zivilgefangene in Moskau berufen. Bis zur Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen November 1922 war er als Beauftragter der „Reichszentrale für Kriegs- und Zivilgefangene“ wichtiges Bindeglied zwischen Berlin und Moskau. Januar 1923 übernahm ihn Brockdorff-Rantzau in den Stab der deutschen Botschaft, der er als Sachverständiger für Wirtschaftsfragen (im Range eines Legationsrats, seit November 1939 eines Botschaftsrats) bis zum Ausbruch des deutsch-sowjetischen Krieges Juni 1941 ohne Unterbrechung angehörte. In Berlin wurde er dann als Rußlandexperte im Auswärtigen Amt verwendet und gelegentlich auch von Hitler zu Rate gezogen. H. setzte sich für die Durchführung der Pläne General Vlasovs ein und nahm 1944 an der Gründung des „Komitees zur Befreiung der Völker Rußlands“ in Prag teil. Die ganze Aktion endete als Fehlschlag, da das Mißtrauen dagegen im Führerhauptquartier unüberwindlich war. In der Internierung stellte H. sich 1946 der amerikanischen Besatzungsmacht zur Verfügung. Es war ein seltener Fall, daß ein bis zuletzt unter Hitler dienender Beamter sogleich in den Dienst der amerikanischen Behörden übernommen wurde. Von 1948 ab arbeitete H. in der Ostabteilung des State Department in Washington. Mai 1953 kehrte er als Berater für Ostfragen ins Auswärtige Amt zurück. 1956 trat er in den Ruhestand.

    H., der Deutschland als Vaterland, Rußland aber als seine Heimat betrachtete, nahm in den deutsch-russischen Beziehungen der Zwischenkriegszeit eine Mittlerstellung ein. Als überzeugter Anhänger des Rapallo-Kurses einer Annäherung zwischen Berlin und Moskau und als einer der besten Kenner der russischen Industrie-, Handels- und Finanzverhältnisse war er maßgeblich an den Arbeiten zum deutsch-russischen Wirtschaftsvertrag vom August 1939 beteiligt. Noch während des Krieges und besonders in der Ausbildung der Machtkonstellation nach dem Kriege gelangte er zu der Auffassung, daß für die Bundesrepublik eine eigenständige Politik sachgebundener Zusammenarbeit mit Rußland nicht mehr möglich sei, daß sie vielmehr nur in Anlehnung an die Westmächte sich behaupten könne. Ein entwaffnetes, neutralisiertes Deutschland würde Rußland dazu verleiten, auf dem Wege über eine Art „Volksfrontregierung“ es zu seinem Satelliten zu machen. Das deutsche Volk vor einer solchen Entwicklung zu schützen betrachtete H. als vornehmstes Ziel der Außenpolitik.

  • Werke

    The Incompatible Allies, A Memoir-Hist. of German-Soviet Relations 1918–41, 1953 (mit Alfr. G. Meyer), dt. Überarb.: Wir u. d. Kreml, dt.-sowjet. Beziehungen 1918–41, Erinnerungen e. dt. Diplomaten, 1955, ³1964;
    Stalin, Aufstieg d. UdSSR z. Weltmacht, 1959, ²1964 (niederländ. u. span. Überss.).

  • Literatur

    Akten z. dt. auswärtigen Pol., Serie B II, 1967, Serie D IV, VIII-XI, 1951 ff.

  • Autor/in

    Winfried Baumgart
  • Zitierweise

    Baumgart, Winfried, "Hilger, Gustav" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 143 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118704826.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA