Lebensdaten
1869 – 1928
Geburtsort
Schleswig
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Staatsmann
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 118674242 | OGND | VIAF: 77109804
Namensvarianten
  • Brockdorff-Rantzau, Ulrich Karl Christian Graf von
  • Brockdorff-Rantzau, Ulrich Graf von
  • Brockdorff-Rantzau, Ulrich Karl Christian Graf von
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Zitierweise

Brockdorff-Rantzau, Ulrich Graf von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118674242.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    VHermann (1840–72), preußischer Regierungsassessor, S des Landrats und AmtmannsErnst Graf zu Rantzau aus dem Hause Oppendorf und derAgnes Gräfin zu Rantzau aus dem Hause Rastorf;
    M Juliane, T desFriedrich Graf von Brockdorff auf Kletkamp und derCharlotte Freiin von Grote; ein Groß-Om Graf von Brockdorff vererbte Ulrich, der 1891 den Namen Brockdorff-Rantzau annahm, den Landsitz Annettenhöh vor Schleswig;
    Zwillings-B Ernst Graf zu Rantzau (1869–1930), Geheimer Regierungsrat; ledig.

  • Biographie

    B. studierte 1888-91 die Rechte in Neuchâtel, Freiburg (Breisgau), Berlin und Leipzig, wo er 1891 promovierte. Da er noch zu jung war für den Eintritt ins Auswärtige Amt, wurde er 1891 Fahnenjunker und alsbald Leutnant im 1. Garderegiment zu Fuß. 1894 war er als Attaché im Auswärtigen Amt tätig, 1894-96 der Gesandtschaft in Brüssel zugeteilt, 1896 bis 1897 im Auswärtigen Amt, 1897-1901 als Legationssekretär in St. Petersburg, 1901-09 in Wien, wo er bald Legationsrat und - nach kurzer Unterbrechung im Haag - 1905 Botschaftsrat wurde. 1909-12 war er politischer Generalkonsul in Budapest, im Mai 1912 Gesandter in Kopenhagen. Als Gegner der preußischen Dänenpolitik suchte er das deutschdänische Verhältnis zu bessern, drängte nach Kriegsausbruch ultimativ zur dänischen Neutralität und hielt während des Krieges den wichtigen Handel mit Dänemark (Kohle gegen Lebensmittel) aufrecht. Anfang Januar 1919 trat er auf Drängen Eberts und Scheidemanns das Amt des Staatssekretärs (im Februar Minister) des Auswärtigen an.

    Aristokrat aus Tradition und im Lebensstil, Demokrat aus politischer Überzeugung, verfolgte er eine konsequente Linie: vorbehaltlose Anerkennung der neuen deutschen Staatsform unter der Voraussetzung, daß die innere Stabilität gegen die Revolution von links gesichert wurde, Verfolgung des demokratischen Weges auch in der Außenpolitik, d. h. Forderung des Selbstbestimmungsrechts für die Deutschen ebenso wie für die anderen Völker, ein „Frieden des Rechts“ gemäß den Verheißungen Wilsons, daher Wiedervereinigung des Deutschen Reichs mit Deutsch-Österreich, all dies gipfelnd in der Volkerbundsidee zur Sicherung des Weltfriedens. Als Leiter der deutschen Delegation auf der Pariser Friedenskonferenz wies er in seiner Rede vom 7.5. die These der Alleinschuld Deutschlands und Österreichs am Kriege zurück, ohne eine Mitschuld, besonders in der belgischen Frage zu leugnen, und wies auf die für beide, Teile bindende Grundlage der 14 Punkte Wilsons für den Friedensvertrag hin. Unter B.s Leitung wurden die deutschen Gegenvorschläge ausgearbeitet, die mit der Mantelnote am 29.5. übergeben wurden. B. wandte sich gegen die seiner Ansicht nach falsche Alternative „Unterzeichnen“ oder „Nicht unterzeichnen“, um auf dem Wege schriftlicher Verhandlungen, da Unterredungen verboten waren, einen zwar opferreichen, aber doch nicht ungerechten und entehrenden Frieden zu erreichen. Erst als nach der Antwort der Siegermächte und der in Deutschland für die Unterzeichnung gefallenen Entscheidung seine Bemühungen gescheitert waren, reichte B. am 20.6. sein Abschiedsgesuch ein, da er nunmehr gegen die Unterschrift unter das „Diktat“ eintrat.

    In den folgenden Jahren nahm B. lebhaft Anteil an der Außenpolitik und äußerte sich mehrfach öffentlich im Sinne einer Revision des Friedensvertrages und einer vernunftgemäßen Völkerrechtsordnung. Am 15.7.1922 warnte er Ebert in einer geheimen Denkschrift vor den Gefahren des Vertrages von Rapallo, an den die Westmächte militärische Befürchtungen knüpften. Eine „Bismarck-Politik“ sei gegenwärtig nicht mehr durchführbar. Gleichwohl trat er, nachdem er im November 1922 Botschafter in Moskau geworden war, für eine Annäherung an die Sowjet-Union ein, ohne eine östliche Festlegung zu befürworten. Unter dem Eindruck der russischen Reaktion auf die Locarno-Verträge äußerte sich B. zu diesen sehr kritisch. Es gelang ihm, die Russen im April 1926 zur Unterzeichnung eines Freundschafts- und Neutralitätsabkommens („Berliner Vertrag“) zu bewegen. Damit schien ihm das Gleichgewicht der deutschen Politik zwischen West und Ost wieder hergestellt. B. hatte eine geachtete Stellung in Moskau und unterhielt ein gutes persönliches Verhältnis zum sowjetischen Außenkommissar Tschitscherin. Er blieb Botschafter bis zu seinem Tode während eines Urlaubs in Berlin.

  • Werke

    Patronat u. Compatronat, Diss. Leipzig 1890 bis 1891;
    Dokumente, 1922;
    Dokumente u. Gedanken um Versailles, ³1925.

  • Literatur

    W. Frhr. Weber v. Rosenkrantz, Verbesserungen z. d. Repertorium d. altadl. Fam. B. v. Cay Graf v. B., in: Zs. d. Ges. f. schleswig-holstein. Gesch. 41, 1911, S. 287-92 (vgl. Bd. 9 u. 11);
    Europ. Gespräche, In memoriam Cf. B.-R., 1929;
    E. Stern-Rubarth, Gf. B.-R., Wanderer zw. zwei Welten, Ein Lb., 1929 (P);
    L. v. Kohl, Ein dt. Staatsmann, Persönl. Erinnerungen an Gf. B. -R., in: Berliner Mhh., Jg. 16, 1938, S. 1070–92;
    H. v. Dirksen, Moskau-Tokio-London, Erinnerungen u. Betrachtungen z. 20. J. dt. Außenpolitik, 1919–1939, 1949;
    DBJ IX (Totenliste 1928, L).

  • Porträts

    v. M. Liebermann u. M. Slevogt.

  • Autor/in

    Werner Conze
  • Zitierweise

    Conze, Werner, "Brockdorff-Rantzau, Ulrich Graf von" in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 620-621 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118674242.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA