Lebensdaten
1875 – 1944
Geburtsort
Kemberg (Kreis Wittenberg, Sachsen)
Sterbeort
Berlin-Plötzensee
Beruf/Funktion
Diplomat ; Widerstandskämpfer
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118999036 | OGND | VIAF: 45102228
Namensvarianten
  • Schulenburg, Friedrich Werner Erdmann Matthias Johann Bernhard Erich Graf von der
  • Schulenburg, Friedrich-Werner Graf von der
  • Schulenburg, Friedrich Werner Erdmann Matthias Johann Bernhard Erich Graf von der
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Schulenburg, Friedrich-Werner Graf von der, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118999036.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus d. Weißen Stamm, Zweig „Tressow“ d. I. Linie;
    V Bernhard (1839–1902), preuß. Oberstlt., S d. Werner (1803–43) u. d. Henriette Freiin v. Waidenfels (1811-42);
    M Margarete (1847–1918), T d. Albrecht Frhr. v. Waldenfels (1816–84), auf Jeßnitz u. Gr.-Oßnig, u. d. Anna Häußler (1825–66);
    1 B Matthias Johann (1878–1937), preuß. Reg.rat;
    Berlin 1908 1910 Elisabeth (1875–1955), T d. Ludwig v. Sobbe, preuß. Oberstlt., u. d. Bertha Baum;
    1 T Christa-Wernfriedis (1908–93, Max Wolfgang Frhr. v. Lindenfels, 1908–82), Kunstmalerin;
    Vt Friedrich (1865–1939, s. 2), Gr-N Friedrich-Achaz (* 1957), Dipl.-Volkswirt in Nabburg, Stephan (* 1959), Dr. phil., Kunsthist. in Frankfurt/M.

  • Biographie

    S. studierte Jura in Lausanne, München und Berlin, war Gerichtsreferendar und Regierungsassessor in Braunschweig und schlug im Juni 1901 die konsularische Laufbahn im Auswärtigen Dienst ein. Nach Verwendungen in Barcelona, Lemberg, Prag und Neapel verlagerte sich seine Tätigkeit 1907 auf das russ. Zarenreich, 1907-11 als Vizekonsul in Warschau, 1911-14 als Konsul in Tiflis. Nach Beginn des 1. Weltkriegs war er als Reserveoffizier an der Westfront eingesetzt, bevor er seit Mitte 1915 nacheinander mehrere Konsulate im Nahen Osten leitete (Erzerum, Beirut, Damaskus). Nach einem Zwischenspiel bei der dt. Delegation im Kaukasus wurde S. 1919 als Referent in die Politische Abteilung des Auswärtigen Amts berufen (März 1921 Vortragender Legationsrat). Anfang 1923 ging er als Gesandter nach Teheran und war dort für acht Jahre mit den dt.-pers. Beziehungen, aber auch mit der Sowjet. Außenpolitik befaßt. Dasselbe galt für seine anschließende Zeit als Gesandter in Bukarest (1931–34). Im Juni 1934 wurde der bewährte Karrierediplomat, Rußlandexperte und Anhänger der Rapallo-Politik. der 1934 der NSDAP beitrat, Botschafter in Moskau, obwohl die nationalsozialistische Außenpolitik mit der Rapallo-Politik inzwischen gebrochen hatte. S., nach wie vor davon überzeugt, daß gute Beziehungen zur Sowjetunion die Voraussetzung für die vollständige Revision des Versailler Vertrags bildeten, warnte die Berliner Stellen davor, die innere Stabilität und militärische Schlagkraft der Sowjetunion zu unterschätzen. Entsprechend erleichtert war er über den dt.-sowjet. Nichtangriffspakt vom 23.8.1939, an dessen Zustandekommen er beteiligt war. Die Illusion freundschaftlicher Beziehungen wurde allerdings schon ein Jahr später zerstört, als S. von den Angriffsabsichten Hitlers erfuhr. Bis zuletzt versuchte er, die dt. Führung vom Überfall auf die Sowjetunion abzubringen, etwa im April 1941 in einem großen Memorandum und bei einem Treffen mit Hitler. Auch der Sowjet. Regierung gegenüber ließ er die Gefahr eines unmittelbar bevorstehenden Krieges durchblicken. Der dt. Angriff am 22.6.|1941 markierte das völlige Scheitern der jahrelangen Bemühungen des Botschafters. Nach Deutschland zurückgekehrt und als Leiter des „Rußland-Gremiums“ im Auswärtigen Amt kaltgestellt, verfolgte S. die verbrecherische Besatzungsherrschaft in der Sowjetunion mit Sorge und Ablehnung. Seit Ende 1942 trat er in immer engere Beziehungen zu Berliner Widerstandskreisen und galt bald neben Ulrich v. Hasseil (1881–1944) als aussichtsreichster Kandidat für den Außenministerposten sowie als möglicher Vermittler eines Verhandlungsfriedens mit Stalin. Nach dem Attentat auf Hitler verhaftet, wurde er im Okt. 1944 vom Volksgerichtshof zum Tod durch den Strang verurteilt.

    S. war ein wichtiger Vertreter jener traditionellen Gruppe in der dt. Diplomatie, die sich für ein enges Zusammengehen mit Rußland bzw. der Sowjetunion einsetzte, damit das Dt. Reich seine Großmachtpolitik ohne die Gefahr eines Zweifrontenkriegs effektiv betreiben könne. So war es v. a. der harte Konfrontationskurs Hitlers gegenüber der Sowjetunion, der diesen nationalkonservativen Diplomaten in Distanz, schließlich in Gegnerschaft zum NS-Regime brachte.

  • Literatur

    S. Wegner-Korfes, Gf. v. d. S., Mitverschwörer d. 20. Juli 1944, in: ZfG 32, 1984, S. 681-99;
    dies., Botschafter F. W. Gf. v. d. S. u. d. Vorbereitung v. „Barbarossa“, in: B. Wegner (Hg.), Zwei Wege nach Moskau, Vom Hitler-Stalin-Pakt bis z. „Unternehmen Barbarossa“, 1991, S. 185-202;
    G. Wollstein, Botschafter v. d. S., Überlegungen z. Problem d. „Normalität“ dt.-Sowjet. Beziehungen, in: F. Knipping u. K.-J. Müller (Hg.), Machtbewußtsein in Dtld. am Vorabend d. Zweiten Weltkrieges, 1984, S. 131-41;
    K. F. Sommer, Botschafter Gf. S., Her letzte Vertr. d. Dt. Reiches in Moskau, 1987, ²1989;
    I. Fleischhauer, Diplomat. Widerstand gegen „Unternehmen Barbarossa“, Die Friedensbemühungen d. Dt. Botschaft Moskau 1939-1941, 1991;
    Rhdb. (P);
    Das Dt. Führerlex., 1934;
    Braunschweig. Biogr. Lex.

  • Autor/in

    Johannes Hürter
  • Zitierweise

    Hürter, Johannes, "Schulenburg, Friedrich-Werner Graf von der" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 679-680 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118999036.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA