Lebensdaten
1901 – 1979
Geburtsort
München
Sterbeort
Garmisch-Partenkirchen
Beruf/Funktion
Althistorikerin ; Schriftstellerin
Konfession
-
Namensvarianten
  • Welskopf-Henrich, Liselotte
  • Welskopf, Elisabeth Charlotte (eigenlich)
  • Henrich, Elisabeth Charlotte (geborene)
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Zitierweise

Welskopf, Liselotte, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz140366.html [27.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Rudolf Henrich (1866–1926), RA in M. u. Stuttgart, Leiter d. Lebensvers. d. dt. Kriegerbundes in B., S d. Julius u. d. Anna Henrich;
    M Marie (1872–1954), T d. Karl Bernbeck (1838–1891) u. d. Wilhelmine Fanny Küchler (1834–1908);
    Berlin 1946 Rudolf (1902–79), S d. Karl Welskopf (* 1869, vermißt) u. d. Emilie Mick (1872–1955);
    1 S Rudolf W. (* 1948), Soziol. (s. W, L).

  • Biographie

    W.s Familie lebte bis 1907 in München, zog dann nach Stuttgart und übersiedelte 1913 nach Berlin. W. wechselte vom Lyzeum zum Realgymnasium, dann an ein humanistisches Mädchen-Gymnasium (Abitur 1921). Sie studierte als Werkstudentin Ökonomie, Geschichte und Philosophie an der Univ. Berlin. Akademische Lehrer waren die Nationalökonomen Hermann Schumacher (1868–1952) und Werner Sombart (1863–1941), der Philosoph und Pädagoge Eduard Spranger (1882–|1963) sowie der Althistoriker Ulrich Wilcken (1862–1944). 1925 wurde W. mit der Dissertation „Die Organisation des internationalen Schuhwarenhandels“ zum Dr. phil. promoviert. Die Hoffnung auf eine akademische Laufbahn im Fach Alte Geschichte mußte sie aus finanziellen Gründen aufgeben. 1925–27 arbeitete W. als Angestellte in einem Warenhaus, 1927–28 in der Sozialen Frauenschule Berlin-Charlottenburg, 1928–45 im Statistischen Reichsamt.

    Im ‚Dritten Reich‘ unterstützte W. verfolgte Juden und half KZ-Häftlingen (u. a. 1944 Beihilfe zur Flucht von Rudolf Welskopf aus dem KZ). Mit Kriegsende wechselte W. in die Berliner Bezirksverwaltung, die von der Roten Armee neu aufgebaut wurde. 1946–49 arbeitete sie in leitender Stellung in der kommunalen Baustoffversorgung.

    Im Frühjahr 1949 bewarb sich W. erfolgreich um eine dreijährige Habilitationsaspirantur an der Humboldt-Universität zu Berlin. Auf Anregung aus dem Parteivorstand der SED wollte sie – durch den Einfluß ihres Mannes inzwischen zur Kommunistin geworden und 1946 in die KPD eingetreten – alle Äußerungen von Marx, Engels, Lenin und Stalin zur Antike und zum Alten Orient zusammenstellen und kommentieren. Die eingereichte Arbeit wurde 1954 wegen wiss. Mängel als Habilitationsschrift nicht anerkannt, aber in Überarbeitung 1957 unter dem Titel „Die Produktionsverhältnisse im Alten Orient und in der griech.-röm. Antike“ veröffentlicht. 1959 habilitierte sich W. mit der Arbeit „Probleme der Muße im Alten Hellas“ (gedr. 1962). Trotz fehlender Habilitation wurde sie bereits 1952 mit der Wahrnehmung einer Dozentur beauftragt. Ab Mai 1958 leitete sie kommissarisch die Abteilung Altertum des Instituts für Allgemeine Geschichte (ab 1. 1. 1961 regulär). 1960 wurde sie zum Dozenten und zum Professor mit Lehrauftrag ernannt. Diese Beförderungen waren v. a. politisch motiviert. 1961–68 hatte sie – obwohl emeritiert – erneut die kommissarische Leitung der Abteilung Altertum inne.

    W.s Forschungsinteressen erstreckten sich neben der antiken Wirtschaftsgeschichte auf nahezu alle Bereiche der antiken Gesellschaft. 1969 konzipierte sie unter Rückgriff auf ein unter Wilcken 1923 begonnenes Spezialthema ein internationales Forschungsprojekt („Hellenische Poleis, Krise – Wandlung – Wirkung“, 4 Bde., 1974). Dieses Werk verhalf W. endgültig zu internationalem Ansehen. 1973 begann sie ihr nächstes internationales Großprojekt: „Soziale Typenbegriffe im alten Griechenland und ihr Fortleben in den Sprachen der Welt“ (7 Bde., postum 1981–85). Beide Projekte finanzierte sie zum großen Teil privat aus den Honoraren ihrer Romane.

    Thematischer Schwerpunkt ihrer schriftstellerischen Tätigkeit waren die nordamerik. Indianer in Geschichte und Gegenwart. 1951 erschienen „Die Söhne der Großen Bärin“ (gleichnamiger DEFA-Film 1966), später zu einem sechsbändigen Werk unter demselben Titel erweitert. Zwischen 1963 und 1978 reiste sie mehrfach nach Kanada und in die USA, nahm Kontakt mit Stammesgruppen der Dakota auf und beteiligte sich an deren öffentlichen Aktionen. Die fünf Bände der Reihe „Das Blut des Adlers“ (1966–80) spielen in den Reservaten der nordamerik. Indianer.

    W., die 1956 unter dem Eindruck des Volksaufstandes in Ungarn ihre stalinistischen Positionen aufgegeben hatte, setzte sich für Kollegen und Studenten ein, die politisch-ideologisch verdächtigt wurden. Während die DDR-Geschichtswissenschaft weitgehend vom Marxismus-Leninismus ideologisch dominiert wurde, akzeptierte W. einen Theorien- und Methodenpluralismus. Seit Mitte der 50er Jahre verband W. eine enge Freundschaft mit der Philosophiehistorikerin und Altertumswissenschaftlerin Marie Simon, geb. Jalowicz (1922–98).

  • Auszeichnungen

    |Erster Preis f. Jugendlit. d. DDR (1951);
    VVO (Bronze 1958, Silber 1961);
    o. Mitgl. d. Dt. Ak. d. Wiss. (1964);
    Pestalozzi-Medaille (1965);
    Banner d. Arbeit (1966);
    Friedrich-Gerstäcker-Preis f. Jugendlit. d. Stadt Braunschweig (1968);
    Nat.preis d. DDR III. Kl. (1972);
    Hervorragender Wissenschaftler d. Volkes (1974);
    – Ehrenname „Lakota-Tashina“ („Schutzdecke der Dakota“).

  • Werke

    Weitere W z. Alten Gesch.: Zum Begriff e. antiken Abendlandes heute, in: Wiss. Zs. d. HU Berlin 9, 1959–60, S. 145–60;
    Die Analyse v. Herrschafts- u. Knechtschaftsformen durch Aristoteles, in: Acta antiqua Philippopolitana, 1963, S. 11–16;
    Elitevorstellungen u. Elitebildung in d. hellen. Polis, in: Klio 43–45, 1965, S. 49–64;
    Über d. Charakter d. antiken Sklaverei als ökonom. u. als jur. Verhältnis, ebd. 52, 1970, S. 491–95;
    Neue Btrr. z. Gesch. d. alten Welt, I: Alter Orient u. Griechenland, 1964, II: Röm. Reich, 1965 (Hg.);
    Zu d. Problemen v. Ethik u. Moral in Ökonomie u. Pol. d. Antike, in: Jb. f. Wirtsch.gesch., 1966, T. 4, S. 75–95;
    Zu Problemen d. asiat. Produktionsweise, Vorbemm., ebd., 1967, T. 4, S. 165–80;
    Belletristik: Jan u. Jutta, 1953 u. ö. (autobiogr. Roman);
    Zwei Freunde, 3 Bde., 1956, ab 1963 2 Bde.;
    Bertholds neue Welt, 2015 (aus d. Nachlaß);
    W-Verz. v. Dr. Rudolf Welskopf im Internet (s. L).

  • Literatur

    |I. Stark (Hg.), E. C. W. u. d. Alte Gesch. in d. DDR, 2004, darin u. a.: H. Kloft, Die Ökonomie als Herausforderung, Beobachtungen zu e. antiken Wirtsch.gesch. in d. DDR, S. 134–51, W. Nippel, Wiedergelesen, W.s „Produktionsverhältnisse im Alten Orient u. in d. griech.-röm. Antike“, S. 170–83, B. Florath, Zur Diskussion um d. asiat. Produktionsweise, S. 184–200;
    K. Raaflaub, Die Bedeutung d. „Hellenischen Poleis“ u. d. „Sozialen Typenbegriffe“ n. dreißig Jahren, S. 252–65;
    I. Stark, Die Alte Gesch. in Berlin (DDR), Zur Bedeutung v. E. C. H., S. 229–51, Th. Kramer, „Die Söhne d. Gr. Bärin“ u. „Das Blut d. Adlers“, L. W.-H.s Indianerbücher 1951–1980, S. 206–28;
    E. Lorenz, L. W.-H. u. d. Indianer, Eine Biogr., 2009;
    – Internetseite v. Dr. Rudolf Welskopf, seit 2001 (W-Verz., P);
    Killy;
    Wer war wer DDR;
    Historikerinnen.

  • Autor/in

    Isolde Stark
  • Zitierweise

    Stark, Isolde, "Welskopf, Liselotte" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 751-753 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz140366.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA