Lebensdaten
erwähnt 15. – 20. Jahrhundert
Beruf/Funktion
Nürnberger und Ulmer Zweig der Welser-Kaufmannsfamilie
Konfession
evangelisch
Namensvarianten
  • Welser von Neunhof (seit 1814)
  • Welser, Freiherren von (seit 1819)
  • Welser
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Zitierweise

Welser, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz140333.html [19.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Der Nürnberger Zweig der ursprünglich Augsburger Patrizierfamilie W. war von der Zuwanderung 1493 bis 1806 ständig prominent in Politik und Wirtschaft der Reichsstadt vertreten: 24 männliche Familienmitglieder amteten als Genannte des Größeren Rats, davon waren 18 auch im Inneren Rat vertreten, von diesen gelangten vier ins Septemvirat als der eigentlichen reichsstädtischen Regierung. Töchter aus der Gesamtfamilie W. waren mindestens 37 Mal mit Genannten des Größeren Rats verheiratet; von ihren Ehemännern kamen wenigstens 15 auch in den Inneren Rat. Die Heiratspartner dieser Familienmitglieder stammten überwiegend aus Familien der reichsstädtischen Führungsspitze.

    Bereits der erste Nürnberger Bürger der Familie W., Jacob (1468–1541), wurde 1494, ein Jahr nach Erwerb des Bürgerrechts, Genannter des Größeren Rats, sowie 1504 und 1523–29 auch in den Inneren Rat gewählt. Eine besondere Rolle in der ersten Hälfte des 16. Jh. spielte er als Leiter einer weltweit agierenden Handelsgesellschaft mit gewaltigen Engagements im Montanbereich (Böhmen, Thüringen, Tirol) sowie als Financier von Königen und Kaisern. Jacob startete seine Karriere nicht als Faktor der Augsburger W.-Gesellschaft in Nürnberg, sondern wurde 1493 durch seine Heirat mit Ehrentraud ( 1529), der Tochter von Hans Thumer ( 1498), in die bedeutende Handelsgesellschaft seines Schwiegervaters und seines Schwagers Niclas Groß (1453–1500) eingebunden. Nach dem Tod Thumers und Groß’ führte Jacob deren Gesellschaft in großen Teilen fort, investierte sein Kapital aber auch in Augsburg als stiller Teilhaber in den Gesellschaften der W. und der Fugger. Zeugnisse seiner Bau- und Stiftungstätigkeit prägen teils bis heute die Stadt Nürnberg, so der bedeutende W.altar in der Frauenkirche (Anfang d. 19. Jh. abgebaut) oder das 1509 erworbene und umgebaute große Handelshaus der Familie Stromer (Theresienstr. 7), das als repräsentativer Prachtbau (W.hof) im Zentrum Nürnbergs für fast 100 Jahre der Familienstammsitz blieb.

    Mit strategischer Weitsicht etablierte Jacob seine Familie in Nürnberg: Seine acht Töchter heirateten in die Nürnberger Führungselite ein, sein Sohn Sebastian (1500–66) setzte den Nürnberger Familienzweig fort. Er heiratete 1528 Barbara ( 1555), eine von zwei Erbtöchtern des aus einer Septemviratsfamilie stammenden Montanunternehmers Hans Nützel (1482–1524). Gleich nach der Heirat seines Sohnes resignierte Jacob im Inneren Rat, um diesem die Gelegenheit einer Ratskarriere zu geben. Sebastian war von 1530 bis zu seinem Tod „Alter Genannter“ und konnte aus dieser Position seine Söhne und Schwiegersöhne entsprechend fördern. Er führte auch das Nürnberger Handelsunternehmen zunächst erfolgreich fort, mußte aber hohe Verluste bei den span. und franz. Staatsbankrotten Mitte des 16. Jh. verkraften. Seitdem hatte das Handelshaus entsprechende, kaum mehr zu realisierende Aktivschulden in der Bilanz.

    Von den Söhnen Sebastians erwies sich Hans (1534–1601, 1) Regina Manlich, 1582, 2] Jacobina Weiß, 1630) als der Erfolgreichste, speziell in der Politik. Seine Ratskarriere setzte mit der Genanntenwahl 1561 ein. 1584 wurde er der erste Septemvir der Familie, 1595 Oberster Hauptmann und 1598 Zweiter Losunger. Dagegen bestand das Handelsunternehmen nur noch in stark reduzierter Form, was nach dem Tod Hans’ zum sofortigen Verkauf des W.hofs für 23000 fl. an den Montanunternehmer Gabriel Scheurl (1551–1618) führte. Bis 1610 wurde die Handelsgesellschaft aufgelöst und das Restkapital in die 1539 errichtete und bis heute bestehende Familienstiftung überführt. Diese investierte speziell in den Aufbau einer Grundherrschaft: 1572 wurde das Gut Wunderburg bei Marloffstein, 1615 Deberndorf bei Cadolzburg und 1633 Mörlach bei Hilpoltstein erworben; diese Güter wurden 1658 / 64 wieder verkauft, um 1660 / 61 die ausgedehnten Besitzungen der Familie Geuder in und um Neunhof bei Lauf erwerben zu können, dem seitdem namengebenden Sitz der Familie. 1688–1749 bauten die W. dort drei Schlösser, zwei gehören noch heute der Familienstiftung. Eine separate Stipendienstiftung für den Aufbau und Unterhalt der späteren Univ. Altdorf|hatte Sebald (1557–89, Magdalena Imhoff, 1559–1608) errichtet; ihr Kapital ging unter der bayer. Stiftungsverwaltung im 19. Jh. verloren.

    Bedeutende Nürnberger Politiker des 17. und 18. Jh. waren Carl (1635–97, Magdalena Barbara Schlüsselfelder, 1645–1704) als Septemvir und Kirchenpfleger, Hans Carl (1685–1754, 1] Juliana Regina Geuder, 1687–1713, 2] Maria Helena Haller, 1696–1764) als Septemvir bzw. Vorderster Losunger und Paul Carl (1722–88, Maria Clara Scheurl, 1724–78) als Septemvir und Kirchenpfleger. Zudem führte Christoph Carl (1690–1756, Maria Sabina Fürer, 1695–1759) als Baumeister 1736–56 wichtige Infrastrukturprojekte wie systematische Brückenertüchtigungen durch. Nach dem Übergang Nürnbergs an das Kgr. Bayern wurden die W. 1814 in den einfachen bayer. Adel immatrikuliert, 1819 in den Freiherrenstand erhoben.

    Der Nürnberger Zweig der Familie W. starb mit Christof Jacob Carl (1808–78, Augusta Rusina Sophie Dargler, 1818–94) im Mannesstamm aus und wurde von der sog. Ulmer Linie beerbt. Dieser bis heute blühende Familienzweig übernahm 1878 die Führung der Familienstiftung. Die Linie wurde begründet durch Marcus Christof (1589–1649, 1] Elisabeth, 1621, Tochter d. Ulmer Ratsältesten Albrecht Baldinger (1547–1625), 2] Benigna Krafft, 1680). Er war in Ulm geboren, da sein Vater Christof (1548–1602, Felicitas Rem, 1623) Augsburg aus Glaubensgründen 1585–95 verlassen hatte. Nach der Ausbildung zum Kaufmann etablierte er sich in Ulm durch seine erste Heirat 1614 in herausgehobener Position, wurde 1625 in den Ulmer Rat und 1648 zu einem der beiden Ratsälteren gewählt.

    Im Gegensatz zur Nürnberger Verwandtschaft engagierten sich die Ulmer W. im 17. Jh. nicht nur in Politik und Verwaltung bzw. Aufbau einer Grundherrschaft, sondern auch noch längere Zeit im Großhandel und in Finanzgeschäften. Marcus Christof (1661–1726, Maria Besserer, 1734), der Enkel Marcus Christofs, war seit 1712 regierender Bürgermeister, 1721–26 Ratsälterer in Ulm. Durch eine langwierige Auseinandersetzung mit Ratskollegen bzw. -gremien wegen Amtskompetenzen, die 1696–1708 vor dem Reichshofrat ausgetragen wurde, löste er eine Verfassungskrise in seiner Heimatstadt aus. Im 19. Jh. verlegte Johann Michael (1808–75, 1] Friderika Rosa v. Leonrod, 1817–39, 2] Cölestine Amalie v. Leonrod, 1877), zuletzt Bezirksgerichtsdirektor, seinen Lebensmittelpunkt berufshalber 1857 nach Nürnberg. Sein Sohn Ludwig (1841–1931, 1] Charlotte Friederika Elisabetha Eleonore v. Haller, 1844–73, 2] Johanna v. Haller, * 1847), 1892–1902 Regierungspräsident der Pfalz, 1902–09 Mittelfrankens, 1904 Mitgründer und 1905–12 Vorsitzender der Gesellschaft für fränk. Geschichte, übernahm den Vorsitz der Familienstiftung. Nach ihm wurde eine Straße in Nürnberg-Schoppershof benannt.

    Das Wappen der Familie v. W. ist von Silber und Rot gespalten mit einer Lilie in verwechselten Tinkturen.

  • Quellen

    |StadtA Nürnberg; Fam.archiv W. v. Neunhof, Schloß Neunhof b. Lauf, verwaltet v. StadtA Lauf.

  • Literatur

    |Die W., Des Frhrn. Johann Michael v. W. Nachrr. über d. Fam., für d. Druck bearb. v. Ludwig Frhrn. v. Welser, 2 Bde., 1917;
    P. Fleischmann, Rat u. Patriziat in Nürnberg, 2008, S. 1075–98;
    H. Bock, Die Fam.gesch.schreibung d. W., in: Mitt. d. Ver. f. d. Gesch. d. Stadt Nürnberg 95, 2008, S. 93–162;
    M. Häberlein, Nürnberg im Handelsnetz d. Augsburger W.-Ges. (1496–1551), ebd. 101, 2014, S. 79–114;
    W. Bauernfeind, Jacob W. (1468–1541) als homo novus in d. Reichsstadt Nürnberg;
    in: Neunhofer Dialog, Bd. I: Einblicke in d. Gesch. d. Handelshauses W., hg. v. A. Westermann u. Stephanie v. Welser, 2009, S. 225–54;
    Stadtlex. Nürnberg;
    Nürnberger Künstlerlex.;
    Adelslex. 16, GHdA 137, 2005.

  • Porträts

    |mehr als 100 Zeichnungen, Kupf. u. Photogrr. (StadtA Nürnberg);
    zahlr. Ölgem., Kupf. u. Photogrr. (Fam.archiv W., Neunhof b. Lauf).

  • Autor/in

    Walter Bauernfeind
  • Zitierweise

    Bauernfeind, Walter, "Welser" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 750-751 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz140333.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA