Lebensdaten
1928 – 2014
Geburtsort
Mannheim
Sterbeort
Mannheim
Beruf/Funktion
Historiker ; Politikwissenschaftler
Konfession
konfessionslos
Namensvarianten
  • Weber, Hermann Ludwig
  • Weber, Hermann Ludwig Leo
  • Wunderlich, Hermann (Pseudonym)
  • mehr

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Zitierweise

Weber, Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz139352.html [27.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hermann (1900–66), Metallarb. in M., S d. Josef;
    M Maria Rutz (1907–90), Arb.;
    2 B Karl (* 1933), Tischler, Friedrich (* 1941);
    Düsseldorf 1951 Gerda (* 1923), besuchte 1947 d. Parteihochschule „Karl Marx“ d. SED in Liebenwalde bzw. in Kleinmachnow b. Berlin, 1. Sekr. d. Demokrat. Frauenbundes Dtld.s, 1953 in Unters.haft wegen „Rädelsführerschaft in e. staatsfeindl. Vereinigung“ in Heidelberg, 1954 KPD-Ausschluß, dann Vertr. f. Haushaltsgeräte, Lehrerin, Journ., Stifterin (s. Kosch, Lit.-Lex.³), T d. Bernhard Röder (1897–1933), Tischler, u. d. Maria Dornauer, geb. Groß (1903–67);
    kinderlos.

  • Biographie

    W. war der Sohn eines Arbeiters und Kommunisten, der zeitweise von der Gestapo inhaftiert wurde. Er besuchte die Volksschule in Mannheim und 1943 / 44 die Lehrerbildungsanstalt in Bad Rippoldsau. Nach Kriegsende trat er 1945 in Mannheim der KPD bei und studierte 1947–49 unter dem Decknamen „Hermann Wunderlich“ an der Parteihochschule „Karl Marx“ der SED in Liebenwalde bzw. in Kleinmachnow bei Berlin. Anschließend übernahm er die Leitung der FDJ-Zeitung in der Bundesrepublik „Das Junge Deutschland“ in Frankfurt/M., seit 1950 in Düsseldorf. Anfang Juni 1950 wurde W. von Erich Honecker (1912–94) wegen mangelnder Würdigung eines Stalin-Telegramms als Chefredakteur abgesetzt, arbeitete aber als Kulturredakteur weiter. Im März 1953 in der Bundesrepublik wegen illegaler Tätigkeit für die FDJ inhaftiert, kam er im Okt. 1953 frei. Wegen seiner fortgesetzten Kritik an der stalinistischen Politik der KPD und der SED wurde W. im Sept. 1954 aus der KPD ausgeschlossen. Als Anzeigenverkäufer für Zeitungen, später als freier Journalist und Publizist (u. a. Chefred. d. „Jungen Gemeinschaft“, d. Zs. d. Organisation „Der Falken“, „Der dritte Weg“, „Das Parl.“, „SBZ-Archiv“ bzw.Dtld.-Atlas“, „Vorwärts“) verdiente W. mit seiner Frau Gerda den Lebensunterhalt. Für einen Aufsatz über Friedrich Engels erhielt er 1955 einen Preis der Ev. Akademie und erntete erste wissenschaftliche Anerkennung. Im selben Jahr trat W. in die SPD ein. Vom Historiker und Politikwissenschaftler Erich Matthias (1921–83) ermuntert, studierte er Geschichte und Politikwissenschaft seit 1964 in Marburg, seit 1966 in Mannheim. 1968 wurde er von Matthias in Mannheim mit der Arbeit „Veränderung der innerparteilichen Struktur der Kommunistischen Partei Deutschlands (1924–1929)“ zum Dr. phil. promoviert. 1970 folgte die kumulative Habilitation ebenfalls in Mannheim. 1973 wurde W. apl. Professor, 1975 o. Professor für Politische Wissenschaft und Zeitgeschichte an der Univ. Mannheim. Rufe nach Darmstadt (1973) und Oldenburg (1974) lehnte er ab.

    In Mannheim war W. 1980 Mitinitiator eines Trotzkismus-Archivs, das 2004 an die Friedrich Ebert Stiftung übergeben wurde. 1981 gründete er in Mannheim den „Arbeitsbereich für Geschichte und Politik der DDR“, den er nach seiner Emeritierung 1993 bis 1998 leitete. Bis 1998 gehörte er auch beiden Bundestagsenquete-Kommissionen zur DDR-Aufarbeitung an und setzte sich für die Gründung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (1998) ein, deren Stiftungsratsmitglied er bis 2011 war. 2003 gründeten W. und seine Frau unter dem Dach der Bundesstiftung die „Gerda-und-Hermann-Weber-Stiftung“, die die Kommunismus- und DDR-Forschung fördert. W. war 1998 Gründungs- und später Ehrenmitglied der „Gemeinsamen Kommission für die Erforschung der jüngeren Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen“. 1993 begründete er das „Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung“, dessen Herausgeber er bis 2007 blieb.

    Als „Fund seines wissenschaftlichen Lebens“ bezeichnete W. die Entdeckung des jahrzehntelang nicht auffindbaren Originaltexts des Protokolls des Gründungsparteitags der KPD 1918 / 19 1968 (Der Gründungsparteitag d. KPD, 1969; neu hg. u. eingel. u. d. T. Die Gründung d. KPD, Protokoll u. Materialien d. Gründungsparteitages d. KPD 1918 / 1919, Mit e. Einf. z. angebl. Erstveröff. durch d. SED, 1993). Kurz vor seinem Tod erschien die von ihm mit Jakov Drabkin, Bernhard H. Bayerlein und Aleksandr Galkin herausgegebene Dokumentation „Deutschland, Russland, Komintern“ (2 Bde., 2013 / 14). W. gilt als Nestor der historischen Kommunismus- und DDR-Forschung. Seine Studien und Dokumentationen zur Geschichte des Kommunismus, der KPD sowie der DDR (v. a. Die Wandlung d. dt. Kommunismus, Die Stalinisierung d. KPD in d. Weimarer Rep., 2 Bde., 1969; Die DDR 1945–1986 [später: 1945–1990], 1988; 5., aktualisierte Aufl. 2012) wurden Standardwerke. Zu seinen Schülern zählen u. a. Wolfgang Alles, Bernhard H. Bayerlein, Klaus-Jürgen Becker, Günter Braun, Horst Dähn, Stephan Fingerle, Jan Foitzik,| Peter Lübbe, Ulrich Mählert, Werner Müller und Siegfried Suckut.

  • Auszeichnungen

    |BVK 1. Kl. (1998);
    Hans-Böckler-Medaille (1998);
    Dr. phil. h. c. (Rostock 2002);
    Wiss. Beirat d. Haus d. Gesch. Bonn;
    Mitgl. d. Hist. Komm. d. SPD (seit 1981) u. d. Kuratoriums Stiftung Archive d. Parteien d. DDR (seit 1999).

  • Werke

    |u. a. Schein u. Wirklichkeit in d. DDR, 65 Fragen an d. SED, 1958 (mit L. Pertinax);
    Ulbricht fälscht Gesch., Ein Kommentar mit Dok. z. „Grundriß d. Gesch. d. dt. Arbeiterbewegung, 1964;
    Lenin-Chron., Daten zu Leben u. Werk, 1974 (mit Gerda Weber);
    Gesch. d. DDR, 1985, aktualisierte u. erw. Neuausg. 1999;
    „Weiße Flecken“ in d. Gesch., Die KPD-Opfer d. Stalinschen Säuberungen u. ihre Rehabilitierung, 1989, erw. Aufl. 1990;
    Aufbau u. Fall e. Diktatur, Krit. Btrr. z. Gesch. d. DDR, 1991;
    Terror, Stalinist. Parteisäuberungen 1936–1953, 2001 (mit U. Mählert);
    Damals als ich Wunderlich hieß, Vom Parteihochschüler z. krit. Sozialisten, Die SED-Parteihochschule „Karl Marx“ bis 1949, 2002 (Autobiogr.);
    Der Thälmann-Skandal, Geh. Korr. mit Stalin, 2003 (mit B. H. Bayerlein);
    Leben n. d. „Prinzip links“, Erinnerungen aus fünf J.zehnten, 2006 (mit Gerda Weber;
    P);
    Verbrechen im Namen d. Idee, 2007 (mit U. Mählert);
    Dt. Kommunisten, Biogr. Hdb. 1918–1945, 2004, 2., überarb. u. stark erw. Aufl. 2008 (mit A. Herbst);
    dass., Suppl., 2013;
    Bibliogr.: Internetangebot d. Mannheimer Zentrums f. europ. Soz.forsch. (mzes) (P);
    Nachlaß: Bundesstiftung z. Aufarbeitung d. SED-Diktatur, Berlin.

  • Literatur

    |Sozialismus u. Kommunismus im Wandel, H. W. z. 65. Geb.tag, hg. v. K. Schönhoven u. D. Staritz, 1993 (P);
    Bilanz u. Perspektiven d. DDR-Forsch., hg. v. R. Eppelmann u. a., 2003;
    K. Schönhoven, Zeitzeuge u. Zeithist., H. W. (1928–2014), Rede auf d. Trauerfeier am 28. Jan. 2015 in Mannheim, in: ZfG 63, 2015, S. 117–23;
    U. Mählert, Statt e. Vorworts, Nachruf auf H. W., in: Jb. f. Hist. Kommunismusforsch. 2015, S. VII–XI;
    ders., in: Frankfurter Rdsch. v. 5. 1. 2015;
    S. F. Kellerhoff, Der Mann, d. alles über d. DDR wusste, in: Die Welt v. 5. 1. 2015 (P);
    K. Vesper, Saladin d. Kommunismusforsch., Zum Tode d. Mannheimer Gesch.prof. H. W., in: Neues Dtld. v. 6. 1. 2015 (P);
    Kürschner, Gel.-Kal.2013;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    Munzinger.

  • Autor/in

    Andreas Herbst, Ulrich Mählert
  • Zitierweise

    Herbst, Andreas; Mählert, Ulrich, "Weber, Hermann" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 497-498 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz139352.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA