Lebensdaten
1780 – 1811
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
am Kleinen Wannsee bei Berlin
Beruf/Funktion
Freundin Heinrich von Kleists
Konfession
evangelisch
Namensvarianten
  • Vogel, Adolphine (verheiratete)
  • Keber, Henriette Sophie Adolphine (geborene)
  • Keber, Adolphine (eigentlich)
  • mehr

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Zitierweise

Vogel, Henriette, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz137039.html [25.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Carl Adolph Keber (1745–1815), Kaufm. in B.;
    M Caroline-Marie Tugendreich (1749–1803), T d. Johann Samuel Saf(f)t ( 1771), Pfarrer in Mariendorf u. Marienfelde;
    Ur-Gvm Henning Saf(f)t, Kantor u. Pfarrer in B.-Kölln;
    Berlin 1799 Friedrich Ludwig (Louis) Vogel (1773–1842), Kanzleisekr., später Landrentmeister in B. (s. W), S d. Johann Abraham ( v. 1822), Vikar u. Organist in Havelberg, u. d. Sophie Dorothea Charlotte v. der Linden ( 1800);
    4 K (3 früh †) Johanna Ida Pauline (1802–92, Gottlieb Wilhelm Eck, 1795–1848, Dr. med., Rgt.arzt in B., 1844 Subdir. d. med.-chirurg. Friedrich-Wilhelm-Inst., Prof. an d. med.-chirurg. Ak. f. d. Militär u. an d. Univ. Berlin, Gen.arzt, Mitred. d. Cholera-Archivs u. d. Med. Ztg. d. Ver. f. Heilkde. in Preußen, 1833 Geh. Med.rat, s. BLÄ);
    6 E (1 früh †) Paul (1822–89), Johanne (1825–91), Franz (* 1827), Marie (1830–97), Ernst (1838–1901);
    Urur-E Ulrich v. Hassell (1881–1944 Berlin-Plötzensee), Pol., Widerstandskämpfer d. 20. Juli 1944;
    Urururur-E Wolfgang Petri, in Herford (s. L).

  • Biographie

    Das Wissen über Adolphine V., die sich nur in ihrer Beziehung zu Heinrich v. Kleist (1777–1811) und wohl wegen des Anklangs an seinen Vornamen „Henriette“ nannte, ist sehr begrenzt. Es speist sich, neben den von Horst Häker ermittelten Daten und Fakten, hauptsächlich aus wenigen Briefen von ihrer und von Kleists Hand, aus Augenzeugenberichten zum Geschehen am Kleinen Wannsee (damals: Stolper Loch) und den Obduktionsprotokollen sowie Äußerungen von Mitlebenden. Ihrem Freund Ernst Friedrich Peguilhen (1769–1845) zufolge war sie hochgebildet, eine ausgezeichnete Pianistin, auch Sängerin, neigte allerdings zu religiöser Schwärmerei (in Berlin um 1810 nichts Ungewöhnliches), worin sie sich mit Kleist getroffen haben soll. Clemens Brentano (1778–1842) und Karl August Varnhagen v. Ense (1785–1858) sagten ihr Liebesverhältnisse mit Adam Müller (1779–1829) und Franz Theremin (1780–1846) nach. Der Umstand, daß ihr Ehemann Louis Vogel ein halbes Jahr nach V.s Tod erneut heiratete, gab Anlaß zu der Vermutung, die Ehe sei zerrüttet gewesen. Hierauf könnte Kleists Mitteilung an seine Cousine Marie v. Kleist hindeuten, Vogel sei „großmüthig genug“ gewesen, ihm V. „abtreten zu wollen“ (Brief v. 10. 11. 1811). Dem widersprechen allerdings Peguilhens Mitteilungen und die|letzten von V. an ihren Gatten gerichteten Briefe.

    V.s Bekanntschaft mit Kleist datiert vermutlich vom Frühjahr 1810. Am 16. 11. 1810 fungierten beide – neben vielen anderen – als Taufpaten von Müllers Tochter Cäcilie. Daß es zu einer gelebten Liebesbeziehung gekommen wäre, darf man trotz der beiderseitigen Hymnen (der sog. Todeslitaneien) bezweifeln. Im Brief vom 10. 11. 1811 schrieb Kleist, daß V., „obschon sie Mittel genug in Händen hätte mich hier zu beglücken mit mir sterben will“. Sie selbst stellte in einem Brief an ihren Gatten die Dinge so dar, als folge umgekehrt Kleist ihrem Wunsch nach einem gemeinsamen Tod. Ursache hierfür war ihr Glaube, unheilbar an Gebärmutterkrebs erkrankt zu sein. Am 21. 11. 1811 erschoß Kleist V. und sich selbst in der Nähe des Kleinen Wannsees. Dieser Doppelselbstmord erregte europaweit Aufsehen und wurde meist moralisch verurteilt.

    Die Erwähnung von V. galt lange Zeit nahezu als Peinlichkeit. Auf den wechselnden Grabsteinen am gemeinsamen Grab war bis zum Gedenkjahr 2011 nie von ihr die Rede. Der fast 200 Jahre währenden Mißachtung V.s versuchte Karin Reschke mit einem fiktiven „Findebuch der Henriette Vogel“ 1982 entgegenzuwirken, jedoch finden sich hier gravierende Fehlinformationen, insbesondere zu V.s Mutter. Näher an der Realität blieb Tanja Langers fiktional angereicherte Darstellung der letzten Nacht von V. und Kleist (2011).

  • Werke

    W (ungesichert) Einzelne, e. Freundin hinterlassene Gedanken H.s, in: E. v. Bülow, Heinrich v. Kleist’s Leben u. Werke, 1848, S. 276–79;
    Briefe an Louis Vogel, Caroline Amalia Manitius u. Amöne Schultze, in: Kleists letzte Stunden (s. L), S. 59–62;
    gemeinsam mit Kleist verf. Briefe in: Heinrich v. Kleist, Sämtl. Werke u. Briefe, Bd. 4, hg. v. K. Müller-Salget u. S. Ormanns, 1997, S. 511 f., S. 513–16;
    „Todeslitaneien“, ebd., S. 519 f.

  • Literatur

    |R. Steig, Heinrich v. Kleist’s Berliner Kämpfe, 1901, S. 657–67;
    G. Minde-Pouet, Kleists letzte Stunden, T. 1, 1925;
    H. Sembdner (Hg.), Heinrich v. Kleists Lebensspuren, Dok. u. Berr. d. Zeitgenossen, 1957, Neuausg. 1996;
    ders. (Hg.), Heinrich v. Kleists Nachruhm, Eine Wirkungsgesch. in Dok., 1967, Neuausg. 1996;
    K. Reschke, Verfolgte d. Glücks, Findebuch d. H. V., 1982, Neudr. 1996 (P), ital. 1989, span. 2005;
    H. Häker, Zu einigen Berliner Bekanntschaften Adam Müllers u. Heinrich v. Kleists in d. J. 1810 / 11, in: Euphorion 84, 1990, S. 367–96, erneut in: H. Häker, Überwiegend Kleist, Vortrr., Aufss., Rezensionen 1980–2002, 2003, S. 86–112;
    H. Helbig, Herr v. Kleist u. Frau V. beschließen ihren Tod u. verwirren d. Wiss., Der Briefwechsel zw. Heinrich v. Kleist u. H. V. als philol. Grenzsituation, in: Grenzsituationen, Wahrnehmung, Bedeutung u. Gestaltung in d. neueren Lit., hg. v. D. Lauterbach u. a., 2002, S. 107–30;
    T. Langer, Wir sehn uns wieder in d. Ewigkeit, Die letzte Nacht v. H. V. u. Heinrich v. Kleist, 2011;
    G. Blamberger, Heinrich v. Kleist, 2011;
    K. Müller-Salget, H. V. als Sterbende hl. Magdalena? Eine Klarstellung, in: Kleist-Jb., 2011, S. 163 f.;
    B. Brinkmann, Obduktionsprotokolle Kleist u. H. V. aus heutiger Sicht, in: Heilbronner Kleist-Bll. 23, 2012, S. 184 f.;
    Mitt. v. Wolfgang Petri, Herford.

  • Porträts

    |Miniatur, anon., vermutl. 1797 / 98 (verschollen), Abb. in: H. Häker, Kleists Berliner Aufenthalte, Ein biogr. Btr., 1989, S. 119;
    Miniatur, anon., um 1802 (Kleist-Mus., Frankfurt/ Oder), Abb. ebd. u. in: Heinrich v. Kleist 1777–1811, Leben, Werk, Wirkung, Blickpunkte, Kat. d. Dauerausst. d. Kleist-Mus., hg. v. W. Barthel u. H.-J. Marquardt, 2000, S. 268.

  • Autor/in

    Klaus Müller-Salget
  • Zitierweise

    Müller-Salget, Klaus, "Vogel, Henriette" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 20-21 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz137039.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA