Lebensdaten
1908 – 1987
Geburtsort
Konstanz
Sterbeort
Horgen (Kanton Zürich)
Beruf/Funktion
Germanist ; Literaturwissenschaftler
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 118752588 | OGND | VIAF: 108231384
Namensvarianten
  • Staiger, Emil
  • Shutaigā, Emīru
  • Shutaigā, Ēmīru
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Zitierweise

Staiger, Emil, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118752588.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Richard (1869–1908), aus Esslingen, Kaufm. u. Fabr. in Kreuzlingen (Thurgau), S d. Gottfried Gottlob (1837–98), Schuhmachermeister, Mitgl. d. Bürgerausschusses d. Stadtgde. Esslingen, u. d. Maria Christina Hemminger (1841–1924);
    M Emma Maria (1872–1943), T d. August Seiler (1837–1902, Gde.amtmann in Kreuzlingen, u. d. Maria Ursula Müller (1848–1919;
    Wigoltingen (Thurgau) 1938 Sibylle Margaretha (1916–2001), T d. Emil Zwicky (1890–1961), Fabr. in Müllheim (Thurgau), Präs. d. Verw.rats d. Schweizer. Schälmühle E. Zwicky AG, Bez.richter, u. d. Anna Margaretha Häberlin (1891–1980;
    1 S Hans Rudolf (* 1945, Brigitte Doris Gayler, * 1947, lic. phil.), Dr. iur., RA in Z., 1 T Sonja Eleonore (* 1939, Hans Jost Frey, * 1933,o. Prof. d. Komparatistik an d. Univ. Zürich), Dr. phil., Germanistin, Schriftst., Tit.prof. f. Neuere Dt. Lit. an d. Univ. Zürich.

  • Biographie

    S. wurde mit dt. Staatsbürgerschaft geboren; nach dem frühen Tod seines Vaters nahm seine Mutter für sich, ihre zwei Kinder und zwei Stiefkinder das durch Heirat verlorene Schweizer Bürgerrecht wieder an. S. wuchs in Kreuzlingen auf, besuchte das Gymnasium in Konstanz bis zum Abitur 1926 und nahm anschließend das Studium der Theologie und Germanistik in Genf auf. Nach einem Semester wechselte er nach Zürich und studierte dort (im Sommersemester 1928 auch in München) Germanistik und Klassische Philologie. 1932 wurde er mit einer Arbeit über „Annette v. Droste-Hülshoff“ (1933, ³1967) bei Emil Ermatinger (1873–1953) zum Dr. phil. promoviert, 1934 habilitierte er sich (Habil.schr. gedr. u. d. T. Der Geist d. Liebe u. d. Schicksal, Schelling, Hegel u. Hölderlin, 1935). 1943 wurde er Ermatingers Nachfolger als o. Professor für die Geschichte der dt. Literatur an der Univ. Zürich (Dekan 1958–60, em. 1976). Seit 1940 war S. zudem Hauptmann der schweizer. Infanterie (Entlassung 1965), 1961–79 Präsident des Verwaltungsrats der „Schweizer. Schälmühle E. Zwicky AG“ und bis 1968 Mitglied des Verwaltungsrats der Theater AG des Opernhauses Zürich.

    Im Vorfeld der Habilitation und im Hinblick auf sie verabschiedete S. sein ursprüngliches Projekt, Dekadenz und Ästhetizismus literaturwissenschaftlich und zugleich auch politisch (1932–34 war er Mitglied der rechtsgerichteten „Nationalen Aktion“) zu bekämpfen, und konzentrierte sich fortan allein auf die Wissenschaft. In den Jahren als Privatdozent entwickelte er – Ideen aus der Philosophie von Kant bis Heidegger aufnehmend – eine eigenständige Konzeption der Literaturwissenschaft (Die Zeit als Einbildungskraft d. Dichters, Unterss. zu Gedichten v. Brentano, Goethe u. Keller, 1939, ⁵1965, Nachdr. 1976). Diese wurde unter dem Namen „werkimmanente Interpretation“ bekannt, den S. selbst mit vollem Recht als unpassend abgelehnt hat. Denn gemeint war eine Literaturwissenschaft, die durch aufmerksame Beobachtung literarischer Texte und über diese hinausgehend zur Konstruktion der Einbildungskraft ihres Autors kommt, welche als eine individuelle Modifikation der reinen Anschauungsform Zeit begriffen wird und umgekehrt die Einheit und den unverkennbaren Stil eines Autors stiftet und ermöglicht. Literaturwissenschaft arbeitet nach S. der Anthropologie zu, indem sie die vermeintlich universelle transzendentale Ausstattung ,des` Menschen historisch und individuell differenziert.

    Die Gattungssystematik „Grundbegriffe der Poetik“ (1946, ⁸1968, Nachdr. ⁵1980; engl., ital., japan., korean., portugies. Überss.) und zahlreiche Interpretationen, gesammelt in „Meisterwerke dt. Sprache aus dem neunzehnten Jh.“ (1943, ⁴1961, Nachdr. 1973) und „Die Kunst der Interpretation, Studien zur dt. Literaturgeschichte (1955, ⁴1963, Nachdr. ⁵1982), machten S. zu einem der international renommiertesten Germanisten, wovon u. a. (abgelehnte) Rufe an amerik. Universitäten, Gastprofessuren in den USA und der große Zulauf auch ausländischer Studenten zu seinen Vorlesungen und Seminaren zeugen. Durch die Dankesrede für den Zürcher Literaturpreis (1966) „Literatur und Öffentlichkeit“, die sich polemisch gegen alles Unschöne in der Gegenwartsliteratur wandte und den „Zürcher Literaturstreit“ (mit Max Frisch u. a. als Kontrahenten) auslöste, verlor S. seinen Einfluß auf die Entwicklung seines Faches. Im Ruhestand wandte er sich wieder der Musik und dem Übersetzen antiker Dichtung zu. Zu seinen Schülern zählen Beda|Allemann, Johannes Anderegg, Michael Böhler, Bernhard Böschenstein, Marianne Burkhard, Peter v. Matt, Adolf Muschg, Karl Pestalozzi, Kaspar Spinner und Peter Szondi.

  • Auszeichnungen

    A Gottfried-Keller-Preis d. Martin-Bodmer-Stiftung (1962);
    Sigmund-Freud-Preis d. Dt. Ak. f. Sprache u. Dichtung (1966);
    Goethe-Preis der Goethe-Stiftung Zürich (1973);
    Dr. h. c. (TH Karlsruhe 1982);
    Österr. Ehrenzeichen f. Wiss. u. Kunst (1975);
    Pour le mérite f. Wiss. u. Künste (1966);
    korr. Mitgl. d. Goethe Ak., São Paulo (1949), d. Dt. Ak. f. Sprache u. Dichtung, Darmstadt (1967), d. British Ac. (1971), d. Heidelberger Ak. d. Wiss. (1977) u. d. Bayer. Ak. d. Schönen Künste (1982);
    ausländ. Mitgl. d. Suomalainen Tiedeakatemia, Helsinki (1966);
    Ehrenmitgl. d. Vetenskap Societen, Lund (1954), d. Modern Language Ass. of America (1960) u. d. Österr. Ak. d. Wiss. (1975).

  • Werke

    Adalbert Stifter als Dichter d. Ehrfurcht, 1943, ³1967;
    Musik u. Dichtung, 1947, ⁵1980;
    Goethe, I, 1952, ⁶1981, II, 1956, ⁴1970, III, 1959, ⁴1979;
    Stilwandel, Stud. z. Vorgesch. d. Goethezeit, 1963;
    Friedrich Schiller, 1967;
    Geist u. Zeitgeist, 1964, ²1969;
    Spätzeit, Stud. z. dt. Lit., 1973;
    Gipfel d. Zeit, Stud. z. Weltlit., 1973;
    Vor drei Bildern, G. F. Kesting, C. D. Friedrich, J. L. Agasse, 1983;
    Briefe:
    Der Briefwechsel zw. Martin Heidegger u. E. S., in: Gesch. d. Germanistik 25/26, 2004, S. 26–33;
    M. Inglin, Die Briefwechsel mit Traugott Vogel u. E. S., hg. v. F. R. Hangartner, 1992;
    P. Szondi, Briefe, hg. v. Ch. König u. Th. Sparr, 1993;
    Nachlaß:
    Zentralbibl. Zürich (P);
    L Der Zürcher Lit.streit, in: Sprache im techn. Za. 22, 1967, S. 83–206;
    P. Salm, Drei Richtungen d. Lit.wiss., Scherer, Walzel, S., 1970;
    W. Clemen, in: Orden pour le mérite f. Wiss. u. Künste, Reden u. Gedenkworte 22, 1992, S. 97–100 (P);
    E. Kaleri, Methodologie d. lit. Stilinterpretation, 1993;
    J. Schütt, Germanistik u. Pol., Schweizer Lit.wiss. in d. Zeit d. NS, 1996, bes. S. 57–71 u. 322–27 (W);
    B. Böschenstein, E. S.s „Grundbegriffe“, ihre romant. u. klass. Ursprünge, in: Zeitenwechsel, hg. v. W. Barner u. Ch. König, 1996, S. 268–81;
    L. Danneberg, Zur Theorie d. werkimmanenten Interpretation, ebd., S. 313–43;
    W. Wögerbauer, in: Wiss.gesch. d. Germanistik in Porträts, hg. v. Ch. König u. a., 2000, S. 239–49;
    G. Kaiser, Vom allmähl. Abhandenkommen d. Platzierungssinns, Denkstil u. Resonanzkalkül in „verteilersprachlichen“ Texten E. S.s, in: Semant. Umbau d. Geisteswiss. nach 1933 u. 1945, hg. v. G. Bollenbeck u. C. Knobloch, 2001, S. 132–57;
    F. Breithaupt, E. S. u. d. Anthropol., in: Mhh. f. dt.sprachige Lit. u. Kultur 95, 2003, S. 6–13;
    K. Weimar, Lit.wiss. Konzeption u. pol. Engagement, Eine Fallstud. über Emil Ermatinger u. E. S., in: Lit.wiss. u. NS, hg. v. H. Dainat u. L. Danneberg, 2003, S. 271–86;
    Y. Wübben, Propaganda, polemisch, Zur Aktualität v. E. S.s Stilkritik, in: Mitt. d. Dt. Germanisten-Verbandes 53, 2006, S. 60–72;
    J. Rickes u. a. (Hg.), 1955–2005, E. S. u. „Die Kunst d. Interpretation“ heute, 2007;
    P. v. Matt, Hingerissen u. erbittert, Vor hundert J. wurde d. Germanist E. S. geboren, in: NZZ v. 8. 2. 2008 (P);
    Bewundert viel u. viel gescholten, Der Germanist E. S. (1908–1987), Vortrr. d. internat. Forsch.koll. u. d. Ausst. zu S.s 100. Geb.tag v. 5. bis 9. Febr. 2008 in Zürich, hg. v. J. Rickes, 2009 (P);
    Internat. Germanistenlex. (W, L);
    Metzler Lex. Lit.- u. Kulturtheorie;
    Schweizer Lex.;
    Killy;
    Munzinger;
    HLS.

  • Porträts

    Photogrr. (Zentralbibl. Zürich).

  • Autor/in

    Klaus Weimar
  • Zitierweise

    Weimar, Klaus, "Staiger, Emil" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 38-39 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118752588.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA