Lebensdaten
1906 – 1989
Geburtsort
Langfuhr bei Danzig
Sterbeort
Düsseldorf
Beruf/Funktion
Industrieller ; Verbandspolitiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 119006995 | OGND | VIAF: 8188269
Namensvarianten
  • Sohl, Hans-Günther
  • Sohl, Hans-Günther
  • Sohl, Hans Günther
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Zitierweise

Sohl, Hans-Günther, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119006995.html [24.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Georg (1871–1937), Jur., Kriegsgerichtsrat am Reichsmil.gericht in Berlin-Charlottenburg, Ministerialrat seit 1917 in Berlin, mit K. Elsner v. Gronow Vf. v. „Mil.strafrecht f. Heer u. Marine d. Dt. Reichs, Hdb. f. Kommando- u. Gerichtsstellen, f. Offz. u. Jur., 1906, auch wiss. u. literar. tätig, S d. Louis, ltd. Bankier b. d. Darmstädter Bank, u. d. Käthe N. N.;
    M Elly (1877–1946), aus Fabr.- u. Offz.fam. in Darmstadt, T d. Wilhelm Grodhaus u. d. Anna N. N.;
    Roisdorf b. Bonn 1938 Annelis (Anna-Elisabeth) (1910–2006), aus Bonn, T d. Ferdinand Frhr. v. Wrede-Melschede (1852–1923), preuß. Rittmeister, u. d. Maria v. Conring (1874–1970);
    1 S Wilfried (1940–2004, Manuela Freiin v. Elverfeldt, * 1950), Dr. iur., Dir. d. Dresdner Bank AG in Hamburg, 2 T (1 früh †) Brigitte (* 1939, Josef Riederer Frhr. v. Paar zu Schönau, * 1936, Dipl.-Ing., Vorstandsmitgl. d. Thyssen Handelsunion AG, Vors. d. Vorstandsrats d. Bundesverbands Dt. Stahlhandel); Schwager Theodor Frhr. v. Wrede-Melschede (1888–1973), Gen.lt., Clemens Frhr. v. Wrede-Melschede (1897–1991), Dr. rer. pol., Dipl.kaufm., Oberst d. Luftwaffe, Ferdinand Frhr. v. Wrede-Melschede (1898–1969), Dipl.landwirt, Korvettenkpt.

  • Biographie

    S. wuchs seit 1917 in Berlin auf, wo er 1924 das Abitur bestand und an der dortigen TH Bergbau studierte, nachdem er wegen seiner musikalischen Begabung zeitweise auch eine Laufbahn als Pianist ins Auge gefaßt hatte. Nach dem Bergreferendariat (1929–32) in verschiedenen dt. Montanrevieren und der Bergassessoren-Prüfung zunächst bei der Gewerkschaft Mathias Stinnes, Essen angestellt, wechselte er 1933 zur „Fried. Krupp AG“, Essen und wurde bald Vorstandsassistent von Arthur Klotzbach (1877–1938). 1935 erhielt er Prokura und wurde 1937 zum Abteilungsdirektor ernannt. Mitte der 1930er Jahre ehrenamtlicher Geschäftsführer der „Gesellschaft zur Untersuchung deutscher Eisenerzlagerstätten mbH“ betonte er betriebswirtschaftliche Aspekte gegenüber der NS-Autarkiepolitik. 1941 ging S. als Vorstandsmitglied zur „Vereinigte Stahlwerke AG“ (VSt), zuständig für Rohstoffe. 1943, beim Wechsel im Vorstandsvorsitz der VSt auf Walter Rohland (1898–1981), wurde S. stellv. Vorstandsvorsitzender. Während sich Rohland in der NS-Rüstungswirtschaft exponierte, blieb S. im Hintergrund (seit 1933 NSDAP-Mitglied; Mitglied Reichsvereinigung Kohle, Roheisen-Verband). Vom 30.11.1945 bis 17.5.1947 war S. interniert. Einen vergleichbaren Prozeß wie gegen Krupp, Flick oder die IG Farbenindustrie AG gab es gegen die VSt nicht. Im Entnazifizierungsverfahren wurde S. von der brit. Militärregierung am 3.12.1947 in die Kategorie IV (Mitläufer ohne Vermögenssperre) eingestuft.

    Seit Jan. 1948 wieder Vorstandsmitglied der VSt, gestaltete er als Liquidator mit drei Vorstandskollegen den Prozeß der Entflechtung der VSt seit 1.10.1950. Unterstützt durch enge Kontakte zur Politik in den USA und Westdeutschland (Konrad Adenauer, Robert Pferdmenges), konnte S. 1949 die vollständige Demontage des größten dt. Hüttenwerks, der „August Thyssen-Hütte“ (ATH) in Duisburg-Hamborn verhindern, auf deren Wiederaufbau er sich seit 1952 konzentrierte. Seit 1953 Vorstandsvorsitzender der ATH, zählte S. in den 1960er und frühen 1970er Jahren zu den führenden Unternehmern Westdeutschlands.

    Mit Alfred Michel (1898–1976) gewann S. einen hervorragenden Techniker (Erbauer des Stahlwerks Linz der „Reichswerke Hermann Göring“) als Vorstandsmitglied, der die Modernisierung des zu großen Teilen demontierten Werks und die Neuausrichtung von einem Zulieferer für die Investitionsgüter- zu einem für die Konsumgüterindustrie kongenial begleitete (1955 Warmbreitbandstraße, 1962 Werk Beeckerwerth). Dabei war die ATH selten technischer Vorreiter, sondern übernahm eher ausgereifte neue Technologien. 1973 erfolgte der Bau des ersten Großhochofens in Duisburg-Schwelgern. Die seit Mitte der 1950er Jahre von S. gestaltete Expansion der ATH (1956 Niederrhein. Hütte, 1958 Dt. Edelstahlwerke AG, 1964 Phoenix-Rheinrohr AG Vereinigte Hütten- und Röhrenwerke, 1968 Hüttenwerk Oberhausen AG) stellten größtenteils Produktdiversifikationen dar (vertikale Integration). S. hatte frühzeitig auf einen eigenen dt. Steinkohlen- und Erzbergbau zugunsten ausländischer Erzgruben (Brasilien/Liberia: Bong Mining) verzichtet und sich auf die Stahlerzeugung ohne Weiterverarbeitungsbereiche konzentriert (1970 sog. „Mannesmann-Vereinbarung“). Die ATH war seit den 1960er Jahren der größte Stahlproduzent Europas und der fünftgrößte der Welt bei erster Diversifikation in den Bereichen Edelstahl, Handel und Verarbeitung. Der Ende der 1960er Jahre einsetzenden Stagnation der weltweiten Stahlproduktion begegneten S. und der von ihm zu seinem Nachfolger aufgebaute Dieter Spethmann (* 1926) mit der Diversifizierung zum technologischen Mischkonzern (Erwerb 1973 Rhein. Stahlwerke, 1978 The Budd Company, USA). 1973–81 Aufsichtsratsvorsitzernder, anschließend Ehrenvorsitzender, überwarf sich S. mit Spethmann in Fragen der weiteren strategischen Ausrichtung des Konzerns.

    S. gehörte zahlreichen weiteren Aufsichtsräten an (Allianz Versicherungs AG 1966–1983, seit 1972 Vors., Berliner Kraft- u. Licht AG [Bewag] 1977–84, Vors., Demag AG|1955–73, seit 1967 Vors., Dresdner Bank AG 1954–81, Gelsenkirchener Bergwerks AG/Gelsenberg AG 1955–74, Vors., RWE 1955–83, 1956–1978 stellv. Vors., Siemens-Schuckertwerke AG/Siemens AG 1958–77). Er war auch Mitglied im Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn (Finanzausschuß, 1975–80). Daneben wirkte er in verschiedenen Wirtschaftsverbänden mit (1954–56 stellv. Vors., dann bis 1956–69 Vors. d. Wirtsch.vereinigung Eisen- u. Stahlind.; 1956–72 Präsidiumsmitgl., 1972–76 Präs. d. BDI, 1977/78 erneut kommissarisch; anschließend Ehrenvors.). S. reorganisierte die Unternehmensverbände (Struktur, Finanzen) und bereitete die Doppelpräsidentschaft von Hanns-Martin Schleyer bei BDI/BDA vor. Wirtschaftspolitisch befürwortete S. die Montanunion, förderte den Ausgleich zunächst mit den franz. Stahlindustriellen (Michelkreis) und initiierte 1967 die Gründung des „International Iron and Steel Institute“, Brüssel, dessen erster Präsident er war.

  • Auszeichnungen

    Kriegsverdienstkreuz 1. u. 2. Kl.;
    Dr.-Ing. E. h. (TH Aachen 1957, Bergbauak. Ouro Preto, Brasilien 1974);
    Gr. BVK (1956, mit Stern 1969, Schulterband 1971);
    Ehrenmitgl. d. VDEh (1971);
    Medaille d. Internat. Eisen- u. Stahlinst. (1971);
    Offz.kreuz d. Ordens d. franz. Ehrenlegion (1975);
    Gr. Band d. japan. Ordens v. Hl. Schatz (1988);
    Präs. d. Frhr.-vom-Stein-Ges. (1980–84).

  • Werke

    Rohstoffgrundlagen d. d. Eisenind., in: Der Dt. Volkswirt, Sonderh. zu Nr. 9 v. 29. 11. 1935, S. 16–18;
    Die Wirtsch. im neuen Dtld. in Einzeldarst., 12. F., Die Eisenind. Dtld.s u. d. Welt, S. 16–18;
    Unverzichtbare Elemente unternehmer. Handelns, in: Dt. Inst. z. Förderung d. industr. Führungsnachwuchses (Hg.), Schwerpunkte unternehmer. Handelns, Schrr. d. Baden-Badener Unternehmergespräche, 1971, S. 12–28;
    Weichenstellung f. d. Zukunft, Gedanken z. dt. Wirtsch.pol., 1980;
    Aus meiner Thyssen-Zeit, Privatdr., 1981;
    Betrachtungen z. Kreativität d. Alters, Vortrag anläßl. d. Einladung v. Merck, Finck & Co. am 16. 3. 1983, 1983;
    Notizen, Privatdr., 1983, ⁴1988.

  • Literatur

    M. v. der Grün, H.-G. S., Ein Porträt d. Präs. d. Bundesverbandes d. Dt. Ind., in: Bll. f. Dt. u. Internat. Pol. 20, 1975, S. 544–51;
    H. O. Eglau, Erste Garnitur, Die Mächtigen d. dt. Wirtsch., 1980, S. 45–49;
    H.-G. S. z. Gedenken, Privatdr. [1989];
    T. Pierenkemper, H.-G. S., Funktionale Effizienz u. autoritäre Harmonie in d. Eisen- u. Stahlind., in: ders. u. P. Erker (Hg.), Dt. Unternehmer zw. Kriegswirtsch. u. Wiederaufbau, 1999, S. 53–107;
    S. Markus, Bilanzieren u. Sinnstiften, Erinnerung v. Unternehmern im 20. Jh., 2002, S. 192–243;
    Munzinger;
    Altpreuß. Biogr. IV;
    Qu
    ThyssenKrupp Konzernarchiv, Duisburg;
    Hist. Archiv Krupp, Essen;
    Landesarchiv NRW HStA Düsseldorf.

  • Porträts

    Ölgem. v. H. Kallmann, 1966 (Düsseldorf, Stahl-Zentrum), Abb. in: Portraits im Stahl-Zentrum, 2006, S. 42.

  • Autor/in

    Manfred Rasch
  • Zitierweise

    Rasch, Manfred, "Sohl, Hans-Günther" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 537-539 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119006995.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA