Zweig, Arnold

Lebensdaten
1887 – 1968
Geburtsort
Glogau (Niederschlesien)
Sterbeort
Berlin (-Ost)
Beruf/Funktion
Schriftsteller ; Germanist ; Philosoph ; Psychologe ; Dramatiker
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 118637452 | OGND | VIAF: 29547693
Namensvarianten

  • Zweig, Arnold
  • Ṣwayg, Arnôld
  • Cvejg, Arnol'd
  • Cwejg, Arnolʹd
  • Cvejg, Arnolʹd
  • Tsṿaig, Arnold
  • Tsṿaig, A.
  • צוויג, ארנולד

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Zitierweise

Zweig, Arnold, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118637452.html [28.12.2025].

CC0

  • Zweig, Arnold

    | Schriftsteller, * 10.11.1887 Glogau (Niederschlesien), † 26.11.1968 Berlin (-Ost), ⚰ Berlin, Dorotheenstädtischer Friedhof (Ehrengrab). (jüdisch)

  • Genealogie

    Aus dt.-jüd. Handwerkerfam.;
    V Adolf (1856–1923), Spediteur in G., 1896 Sattlermeister in Kattowitz, S d. Isaak (* 1820?) u. d. Beate Gadiel (1821–1890);
    M Bianca (1853–1928), T d. N. N. van Spandow, Spediteur in G.;
    B Hans (Rudolf) (1890–1970), emigrierte n. Argentinien, Schw Ruth (* 1892), lebte 1935–51 in Haifa, danach b. ihrem B Hans in Buenos Aires;
    Berlin 1916 Beatrice (Dita) (1892–1971), aus B., Bildhauerin, Malerin, Cousine 2. Grades (s. A, W, L), T d. Karl Zweig (1850–1929), Handelsuntern. f. Schneiderart. in B., u. d. Regina Abraham (1865–1924);
    2 S Michael (* 1920), Angest. in München, Adam Z.-(Strauss) (* 1924, Hanna Z.-Strauss, 1931–2014, Ärztin, Hist. in Egg, Kt. Zürich), in Egg, Psychiater u. Psychotherapeut in Bern, Gründer u. Leiter (bis 1990) d. Schweizer. Ges. f. Symbolforsch. 1983;
    Schwager Alexander (1881–1934 ermordet), aus Oels, Dr. med., Arzt in Hirschberg (Niederschlesien), Bes. e. Sanatoriums, Med.schriftst., Homöopath, Hans (1888–1942, in Maly Trostinez ermordet), Schwägerin Marie (Miriam) (1893–1972, 1923–25 Hans Sochaczewer, später José Orabuena, 1892–1978, jüd., später kath., aus B., Schriftst., emigrierte n. Großbritannien, s. L), Pianistin, Klavierpäd., Z. widmete ihr seinen Roman „Junge Frau v. 1914“, 1931, emigrierte 1933/34 n. Palästina, ließ sich in d. 1960er J. in München nieder.

  • Biographie

    Z. besuchte 1898–1907 das Realgymnasium in Kattowitz und studierte anschließend in Breslau, Rostock, Göttingen und München Germanistik, Philosophie, Psychologie und Kunstwissenschaft, ohne einen Abschluß zu erlangen. Bereits während der Studienzeit verfaßte er literarische Werke; sein erster Erfolg waren die „Novellen um Claudia“ (1912).

    Die Schriften Martin Bubers (1878–1965) machten ihn mit Problemen des Ostjudentums und des Zionismus vertraut, denen er sich u. a. in seinem 1915 mit dem Kleist-Preis ausgezeichneten Drama „Ritualmord in Ungarn“ (1915) widmete. Seit 1915 diente er freiwillig als Armierer in der dt. Armee in Belgien, Serbien und vor Verdun sowie seit 1917 in der Presseabteilung Ober-Ost. Nach Kriegsende lebte Z. in Starnberg bei München und schloß eine lebenslange Freundschaft mit Lion Feuchtwanger (1884–1958). 1923 übersiedelte Z. nach Berlin, wo er vorübergehend Redakteur der zionistischen „Jüdischen Rundschau“ war, die politisch einen linksliberalen Kurs vertrat. Ein literarischer Welterfolg wurde sein in 14 Sprachen übersetzter Roman „Der Streit um den Sergeanten Grischa“ (1927, verfilmt 1930, Regie: H. Brenon, u. 1968, Regie: H. Schiemann), in dem er – wie Erich Maria Remarque (1898–1970) in „Im Westen nichts Neues“ (1928) – eine kriegskritische Haltung bezog. Mit diesem Werk eröffnete Z. seinen Romanzyklus „Der große Krieg der weißen Männer“, in dessen Rahmen „Junge Frau von 1914“ (1931, verfilmt 1970, Regie: E. Günther), „Erziehung vor Verdun“ (1935, verfilmt 1973, Regie: E. Günther), „Einsetzung eines Königs“ (1937), „Die Feuerpause“ (1954) und „Die Zeit ist reif“ (1957) folgten und dessen z. T. autobiographisch konzipierter Protagonist unter dem Einfluß von Karl Liebknecht-Anhängern eine tiefgreifende Wandlung vom überzeugten Patrioten zum Kriegsgegner durchmacht.

    Nach einer psychoanalytischen Behandlung nahm Z. 1929 enge Beziehungen zu Sigmund Freud (1856–1939) auf. In dieser Zeit begann er – wegen sich verstärkender Sehbehinderungen seit Anfang der 1920er Jahre auf die Hilfe von Sekretärinnen angewiesen – die enge Zusammenarbeit mit seiner Sekretärin und Geliebten Lily Offenstadt (1909–1967). Z. wandte sich nicht nur publizistisch gegen den Nationalsozialismus, sondern trat auch gegen den Antisemitismus, das Abtreibungsverbot sowie für die Abschaffung des § 175 ein, der Homosexualität kriminalisierte. Am 14.3.1933 emigrierte Z. über Wien und die Schweiz nach Sanary-sur-Mer (Südfrankreich), wo er im Haus Feuchtwangers seinen Essay „Bilanz der deutschen Judenheit“ (Amsterdam 1934, Neuausg. hg. v. K. Pätzold, 1991) diktierte. Im Dez. 1933 folgte er seiner Frau und den Söhnen nach Haifa (Palästina) (Aberkennung d. dt. Staatsbürgerschaft u. Vermögensbeschlagnahme 1936). Hier gründete Z., der 1939 am Internationalen PEN-Club-Kongreß in New York teilnahm, mit dem ebenfalls nach Palästina emigrierten Sozialpsychologen, Physiker und Journalisten Wolfgang Yourgrau (1908–1979) gegen den Widerstand zionistischer Rechtsextremisten 1942 das antifaschistische Wochenblatt „Orient“. 1943 erschien „Das Beil von Wandsbek“ (dt. 1947, verfilmt 1951, Regie: F. Harnack, u. 1982, Regie: H. Königstein u. H. Breloer) als erstes seiner Bücher in hebr. Sprache. In dem Roman versuchte Z., anhand eines Justizskandals die Auswirkungen der nationalsozialistischen Machtübernahme in Hamburg darzustellen. 1948 wurde Z. auf Vermittlung Louis Fürnbergs (1909–1957) und Johannes R. Bechers (1891–1958) die Rückkehr nach Ost-Berlin ermöglicht, wo er sich anfangs v. a. im „Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“ betätigte, den er 1949–67 in der Volkskammer der DDR vertrat. Seit 1949 Mitglied des „Weltfriedensrats“, trat er für diesen auf Konferenzen auf, u. a. 1952 in Paris und Warschau. Sein Amt als Präsident der Dt. Akademie der Künste, für das er 1950 ernannt worden war, legte er 1953 nieder (danach Ehrenpräs.), um sich wieder verstärkt literarischen Arbeiten zu widmen. 1952 und 1958 besuchte er die Sowjetunion. Z. war 1956 Gründungsmitglied der „Pirckheimer-Gesellschaft“ beim „Kulturbund“ und fungierte seit 1957 als Präsident des Dt. PEN-Zentrums Ost und West (seit 1967 PEN-Zentrum DDR). 1967 wurde der letzte Band der „Ausgewählten Werke“ (16 Bde., 1953–67) publiziert; seit 1996 erscheint die von Frank Hörnigk (1944–2016) in Zusammenarbeit mit Julia Bernhard herausgegebene, auf 18 Bände veranschlagte kritische „Berliner Ausgabe“ der Werke Z.s. Aufgrund seiner Entscheidung für die DDR erzielten seine Romane dort hohe Auflagen, während sie in der Bundesrepublik kaum beachtet wurden.

  • Auszeichnungen

    |Kleist-Preis (1915);
    Mitgl. d. P.E.N.-Clubs (1926);
    Nat.preis 1. Kl. d. DDR (1950);
    Dr. h. c. (Leipzig 1952);
    Lenin-Friedenspreis (Moskau 1958);
    Vaterländ. Verdienstorden d. DDR (1962);
    Prof. e. h. (1962);
    Orden „Banner d. Arb.“ (1963);
    – Gedenktafel am Haus Zikadenweg 59, Berlin-Westend;
    A.-Z.-Grundschule, Berlin;
    zu Beatrice: B.-Z.-Str., Berlin-Niederschönhausen (seit 2014).

  • Werke

    Weitere W Aufz. über e. Fam. Klopfer, 1911;
    Abigail u. Nabal, Tragödie, 1913;
    Geschichtenbuch, 1916;
    Das ostjüd. Antlitz, 1920;
    Die Umkehr des Abtrünnigen, Drama, 1925;
    Der Spiegel d. gr. Kaisers, Novelle, 1926;
    Caliban oder Pol. u. Leidenschaft, Versuch über d. menschl. Gruppenleidenschaften, dargetan am Antisemitismus, 1927, Neuausg. 2000;
    Juden auf d. dt. Bühne, 1928;
    Pont u. Anna, Roman, 1928;
    De Vriendt kehrt heim, Roman, 1932;
    Allerleirauh, Geschichten, 1949;
    Über d. Nebeln, Novelle, 1950;
    Westlandsaga, Erz., 1952;
    Traum ist teuer, Roman, 1962;
    Essays, 1967;
    Freundschaft mit Freud, Ein Ber., 1996;
    Briefe: Briefwechsel Sigmund Freud, A. Z., hg. v. E. L. Freud, 1968;
    Der Briefwechsel zw. Louis Fürnberg u. A. Z., Dok. e. Freundschaft, 1978;
    Lion Feuchtwanger, A. Z., Briefwechsel 1933–1958, 2 T., hg. v. H. v. Hofe, 1984;
    A. Z., Beatrice Zweig, Helene Weyl, Komm her, wir lieben Dich, Briefe e. ungewöhnl. Freundschaft zu dritt, hg. v. I. Lange, 1996;
    „Das nenne ich ein haltbares Bündnis!“, A. Z., Beatrice Zweig u. Ruth Klinger, Briefwechsel (1936–1962), hg. v. L. Heid, 2005;
    Bibliogr.: M. Rost, Bibliogr. A. Z., 2 Bde., 1987;
    Nachlaß: A.-Z.-Archiv (seit 1970), Archiv d. Ak. d. Künste, Berlin (Internet, P).

  • Literatur

    |G. Lukács, A. Z.s Romanzyklus über d. imperialist. Krieg 1914–1918, in: ders., Schicksalswende, 1948, S. 277–313;
    J. Rudolph, Der Humanist A. Z., 1955;
    P. Huys, A. Z., 1959;
    P. Toper, A. Z., 1960;
    H.-W. Baum, A. Z., Leben u. Werk, 1967;
    E. Kaufmann, A. Z.s Weg z. Roman, 1967;
    E. Hilscher, A. Z., Leben u. Werk, 1967 (P);
    H. Kamnitzer, Der Tod d. Dichters, 1974 (P);
    G. V. Davis, A. Z. in d. DDR, 1977;
    G. Wenzel, A. Z., 1887–1968, Werk u. Leben in Dok. u. Bildern, 1978 (P);
    D. R. Midgley, A. Z., Zu Werk u. Wandlung 1927–1948, 1980;
    M. Wiznitzer, A. Z., Das Leben e. dt.-jüd. Schriftst., 1983 (P);
    H.-A. Walter, A. Z.s „Das Beil v. Wandsbek“, 1986;
    A. Z., Materialien zu Leben u. Werk, hg. v. W. v. Sternburg, 1987;
    J. Hermand, A. Z. mit Selbstzeugnissen u. Bilddok., 1990 (P);
    ders., Engagement als Lebensform, Über A. Z., 1992;
    S. Thielking, Auf d. Irrweg ins „Neue Kanaan“, Palästina u. d. Zionismus im Werk A. Z.s vor d. Exil, 1990;
    U. Schumacher, Die Opferung Isaaks, Zur Manifestation des Jüd. b. A. Z., 1996;
    W. v. Sternburg, Um Dtld. geht es uns, A. Z., Die Biogr., 1998 (P);
    J. Bernhard u. J. Schör, Deutscher, Jude, Europäer im 20. Jh., A. Z. u. d. Judentum, 2004;
    – Dok.film d. DEFA v. J. Huisken, 1963;
    zu Beatrice: U. Jung, B. Z., Deutsche zu sein ist unmöglich, in: D. Baath, S. Bludau-Ebelt u. dies.,|Spurensuche, Frauen in Pankow, 1996, S. 41–49 (P);
    zu Hans Sochaczewer (José Orabuena): W. Reif, Literat u. Dichter, H. S. alias J. O., 2022, KLL;
    Heuer.

  • Porträts

    |10-Pfennig- (1968) u. 20-Pfennig-Briefmarke d. DDR (1987);
    Bronzegedenktafel v. J. Jostram, 1982, Homeyerstr. 13, Berlin-Niederschönhausen.

  • Autor/in

    Jost Hermand
  • Zitierweise

    Hermand, Jost, "Zweig, Arnold" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 792-794 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118637452.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA