Lebensdaten
1837 – 1906
Geburtsort
Fritzow bei Cammin (Pommern)
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Prähistoriker ; Museologe ; Direktor am Museum für Völkerkunde in Berlin
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 117495123 | OGND | VIAF: 45081965
Namensvarianten
  • Voß, Albert Franz Ludwig
  • Voss, Albert
  • Voß, Albert
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Voß, Albert, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117495123.html [26.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ernst Carl Johann Wilhelm (* 1806), S d. Christoph u. d. Dorothea Jäger (1790–1855);
    M Charlotte Polzenhagen;
    Adelheid Schmidt;
    kinderlos.

  • Biographie

    Nach Besuch des Friedrich-Wilhelms-Gymnasiums in Berlin studierte V. 1856–59 Medizin an den Univ. Würzburg und Berlin (1860 Dr. med.), beides zu dieser Zeit Wirkungsstätten von Rudolf Virchow (1821–1902). 1862 ließ sich V. als Arzt in Berlin nieder. 1868 begleitete er seinen akademischen Lehrer Virchow erstmals zu einer archäologischen Ausgrabung. Als dieser sich 1869 anschickte, mit der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte einen der damals einflußreichsten Interessenverbünde für die „Wissenschaft vom Menschen“ zu etablieren, fand er in V. nicht nur ein überzeugtes Gründungsmitglied, sondern erhielt einen engagierten Mitstreiter auf Lebenszeit. Nach dem Dt.-Franz. Krieg tauschte V. die eigene Arztpraxis gegen die archäologische Profession ein. Er erhielt 1874 eine Anstellung als „wissenschaftlicher Hülfsarbeiter“ an der Sammlung Nordischer Altertümer der Kgl.

    Museen zu Berlin, gelangte 1876 in Nachfolge Friedrich Försters (1791–1868) und Adolf Bastians (1826–1905) in die Position eines beamteten Direktorialassistenten und wurde 1886 schließlich Direktor der Vorgeschichtlichen Abteilung im neu errichteten Berliner Völkerkundemuseum. Den ihm anvertrauten Fundus von Denkmälern zur Ur- und Frühgeschichte Preußens, 1829 durch Karl Frhr. v. Stein zum Altenstein (1770–1840) aus der Kunstkammer der Hohenzollern herausgelöst und bis 1873 durch Leopold v. Ledebur (1799–1877) kuratiert, entwickelte V. qualitativ und quantitativ zu jener wissenschaftlichen Studiensammlung von europäischer Ausrichtung und internationalem Rang, den die dt. Prähistorische Archäologie als aufstrebende Wissenschaftsdisziplin in der Phase ihrer fachlichen Konsolidierung und institutionellen Etablierung als überregionales Kompetenzzentrum für den Norden und Osten des Dt. Reiches dringend benötigte. Das von V. konzipierte und ab 1880 dort eingesetzte mehrstufige Dokumentationssystem gehörte während des letzten Viertels des 19. Jh. zu den modernsten seiner Art in dt. Museen und wurde vielfach adaptiert und weiterentwickelt.

    V. betrachtete die prähistorische Forschung im interdisziplinären Kontext mit verschiedenen naturwissenschaftlichen und kulturhistorischen Disziplinen, insbesondere der Anthropologie und der Ethnologie. Mit der von ihm konzipierten und in Kooperation mit Wissenschaftlern aus dem gesamten dt.sprachigen Raum realisierten „Ausstellung prähistorischer und anthropologischer Funde Deutschlands“ gelang ihm 1880 in Berlin die erste gesamtdt. Darstellung zum Forschungsstand und zum Denkmälerbestand der Prähistorischen Archäologie sowie deren methodischer Ergänzung durch die Archäoanthropologie. Exponate aus 116 öffentlichen und 90 privaten Sammlungen wurden in dem von ihm begleitend dazu herausgegebenen Kataloghandbuch wissenschaftlich diskutiert. Seit 1881 gehörte V. zusammen mit Virchow und Bastian zur Redaktionskommission der „Zeitschrift für Ethnologie“.

    Als der preuß. Staat 1887 als vorläufigen Ersatz für eine politisch noch nicht durchsetzbare bodendenkmalpflegerische Gesetzgebung dem Berliner Völkerkundemuseum einen privilegierten Zugriff auf die archäologischen Bodenfunde von fiskalischem Gebiet rechtsverbindlich einräumte, flankierte V. diese Maßnahme fachlich in innovativer Weise durch die Entwicklung eines „Merkbuchs, Altertümer aufzugraben und aufzubewahren“ (1888, ²1894), welches Behörden, Vereine, Unternehmen und Privatpersonen gleichermaßen befähigte, die Bergung prähistorischer Bodenfunde auch ohne einen vor Ort anwesenden Archäologen fachgerecht auszuführen. Es fand im gesamten dt.sprachigen Raum rasch Verbreitung. Zusammen mit dem „Merkbuch“ entwickelte V. einen Fragebogen, der archäologischen Laien zu einer fachgerechten Verschriftlichung ihrer Beobachtungen verhalf und sie landesweit in die Sammlungs- und Forschungsarbeit der Berliner Archäologen einband.

    Ab 1893 verfolgte V., von Virchow darin bestärkt, die Idee eines kulturhistorischen Zentralmuseums, unter dessen Dach die bedeutendsten Exponate und Sammlungen zur Prähistorischen Archäologie und Ethnologie Deutschlands und Europas zusammengetragen und in ihrem vielfältigen Beziehungsgefüge einer breiten Öffentlichkeit dargestellt werden sollten. Diese Planungen blieben jedoch unausgeführt. Indes gelang es dem 1888 durch V. maßgeblich mit ins Leben gerufenen „Verein für das Museum für Deutsche Volkstrachten und Erzeugnisse des Hausgewerbes“, als Sammlung für deutsche Volkskunde ab 1904 die Trägerschaft durch den preuß. Staat zu erwirken. Aus ihr ging das spätere Museum für Volkskunde und heutige Museum Europäischer Kulturen in Berlin hervor.

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. d. Berliner Ges. f. Anthropol., Ethnol. u. Urgesch. (o. 1869, Vorstandsmitgl. 1869–71 u. 1876–1906), d. Dt. Ges. f. Anthropol., Ethnol. u. Urgesch. (o. 1870, Mitgl. d. Zentralkomm. f. prähist. Typenkarten, Mitgl. d. Komm. z. Schutz vorgeschichtl. Denkmäler), d. Leopoldina (1880), d. Ges. f. Pommersche Gesch. u. Altertumskde. (korr. 1880, Ehrenmitgl. ca. 1895) d. Anthropol. Ges. Wien (korr. 1887), d. Ver. f. d. Mus. f. Dt. Volkstrachten u. Erzeugnisse d. Hausgewerbes (stellv. Vors. 1888–1900), d. Gesamtvorstandes d. Röm.-German. Zentralmus., Mainz (1900) u. d. Wiss. Beirats d. Märk. Mus. Berlin;
    Geh. Reg.rat (1899).

  • Werke

    Weitere W u. a. Verz. d. in Dtld. u. einigen angrenzenden Ländern befindl. öff. u. privaten Slgg. v. anthropol., ethnol. u. urgeschichtl. Gegenständen, 1876;
    Die Bronzeschwerter d. Kgl. Mus. in Berlin, 1878 (mit A. Bastian);
    Kat. d. Ausst. praehist. u. anthropol. Funde Dtld.s, 1880 (mit C. Günther);
    Vorgeschichtl. Alterthümer aus d. Mark Brandenburg, 1887, ²1890 (mit G. Stimming);
    Der gr. Silberkessel v. Gundestrup in Jütland, ein misthräisches Denkmal im Norden, in: FS f. Adolf Bastian z. 70. Geb.tage, 1896;
    Zur Forsch. über alte Schiffstypen auf d. Binnengewässern u. an d. Küsten Dtld.s u. d. angrenzenden Länder, in: Corr.-Bl. d. Dt. Ges. f. Anthropol., Ethnol. u. Urgesch. 33, 1902, S. 36–42 (mit J. Ranke u. K. Brunner);
    Begründer u. Hg. d. Nachrr. über dt. Altertumsfunde, 1890–1905 (mit R. Virchow);
    Aufss. ebd. u. in d. Zs. f. Ethnol.

  • Literatur

    |A. Lissauer, in: Zs. f. Ethnol. 38, 1906, S. 761 f.;
    J. Ranke, in: Korr.-Bl. d. Dt. Ges. f. Anthropol., Ethnol. u. Urgesch. 37, 1906, S. 104–07;
    K. Brunner, in: Mitt. aus d. Ver. d. Kgl. Slgg. f. dt. Volkskde. 2, 1902 / 06, S. 142 f.;
    Jb. d. Preuß. Kunstslgg. 28, 1907, H. 4, S. I–IV (P);
    H. Gummel, Forsch.gesch. in Dtld., 1938, S. 465 f.;
    B. Niemeyer, Der Prähist. A. V., unveröff. Seminararb., HU, Lehrstuhl f. Ur- u. Frühgesch., 2001;
    T. Gärtner, Begr. e. internat. vgl. Forsch., Adolf Bastian u. A. V. (1874–1906), in: Das Berliner Mus. f. Vor- u. Frühgesch., FS z. 175-j. Bestehen, hg. v. W. Menghin, Acta Praehistorica et Archaeologica 36 / 37, 2005, S. 80–102;
    H. Junker, Zur Dok. archäol. Slgg. u. Archivierung v. Qu.material am Mus. f. Vor- u. Frühgesch., Die Zeit v. 1829 bis 1945, ebd., S. 415–71, bes. 424–48;
    ders. u. H. Wieder, Zur personellen Ausstattung d. Mus. f. Vor- u. Frühgesch. seit 1829, ebd., S. 513–91, bes. 535 u. 580 f.;
    Kürschner, Lit.-Kal.;
    BJ XI, Tl.

  • Quellen

    |Archiv d. Berliner Ges. f. Anthropol., Ethnol. u. Urgesch.; Archiv d. Ethnol. Mus., Staatl. Mus. zu Berlin, Stiftung Preuß. Kulturbes.; Archiv d. Mus. f. Vor- u. Frühgesch., Staatl. Mus. zu Berlin, Stiftung Preuß. Kulturbes. (W, P); Geh. StA Preuß. Kulturbes.; – Nachlaß seit 1945 verschollen (bis dahin im Staatl. Mus. f. Vor- u. Frühgesch. Berlin).

  • Porträts

    |Photogrr. v. C. Günther, 1889, 1901 u. o. J. (Archiv d. Berliner Ges. f. Anthropol., Ethnol. u. Urgesch.).

  • Autor/in

    Horst Junker
  • Zitierweise

    Junker, Horst, "Voß, Albert" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 125-127 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117495123.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA