Dates of Life
1909 – 1942
Place of birth
Kiel
Place of death
Berlin-Plötzensee
Occupation
Widerstandskämpfer ; Offizier
Religious Denomination
evangelisch
Authority Data
GND: 118935437 | OGND | VIAF: 13106637
Alternate Names
  • Schulze-Boysen, Harro
  • Boysen, Harro S.-
  • Boysen, Harro Schulze-

Objekt/Werk(nachweise)

Places

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Citation

Schulze-Boysen, Harro, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118935437.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogy

    V Erich Edgar S. (1880-1974), Marineoffz., S d. Georg (1846–1932), Dr. phil., 1887-1912 Dir. d. Franz. Gymn. in Berlin, u. d. Olga v. Tirpitz;
    M Marie-Luise (1884–1972), T d. Wilhelm Boysen, Dr. iur., RA, u. d. Luise Tönnies;
    Gr-Ov Alfred v. Tirpitz (1849–1930), Großadmiral;
    Gr-Om Ferdinand Tönnies (1855–1936), Dr. phil., Prof. f. Philos. u. Soziol. in Kiel;
    1 Schw Helga (* 1910), 1 B Hartmut (* 1922);
    1936 Libertas Haas-Heye (s. 2).

  • Biographical Presentation

    S., der als Gymnasiast dem nationalistischvölkischen, jugendbündischen „Jungdeutschen Orden“ beitrat, studierte seit 1928 Jura in Freiburg (Br.) und Berlin. Ende 1931 brach er das Studium ab, um sich ganz der Mitarbeit an der Zeitschrift „Gegner“ zuzuwenden. Diese Monatsschrift, deren Schriftleiter und Herausgeber S. 1932 wurde, strebte eine Querverbindung der „wertvollen“ Ideen und Personen aus allen politischen und sozialen Lagern an. Diese gleichermaßen nationalrevolutionäre, sozialromantische und elitäre Position brachte S. sowohl zu den etablierten Parteien als auch zur NSDAP und KPD in Distanz. Im April 1933 wurde der „Gegner“ verboten, S. kurzzeitig von der SS inhaftiert und gefoltert. Der Einfluß seiner Eltern verhalf ihm 1933/34 zu einer Ausbildung als Seebeobachter an der Verkehrsfliegerschule in Warnemünde und seit April 1934 zu einer Anstellung in der Abteilung „Fremde Luftmächte“ im Reichsluftfahrtministerium, wo er v. a. mit der Auswertung der ausländischen Presse befaßt war (zuletzt als Referent u. Oberlt. d. Res.). Seit 1935 bildete sich in Berlin um S. ein loser Freundeskreis regimekritisch eingestellter junger Künstler und Intellektueller Zunächst nicht mehr als eine gesellige Diskussionsrunde, veranlaßte die aggressive NS-Außenpolitik die kleine Gruppe seit 1938 zu einzelnen Widerstandsaktionen, die erst 1941/42 systematischer wurden. Der Kreis verband sich nach 1940 mit der Gruppe um Arvid Harnack (1901–42) sowie anderen oppositionellen Zirkeln und Einzelpersonen, war aber keine straffe, von S. geführte Widerstandsorganisation, sondern ein lockeres Gruppenkonglomerat. Auch politisch gab es zwischen dem sozialrevolutionären Nationalisten S. und einem unorthodoxen Marxisten wie Harnack oder einem Kommunisten wie John Sieg (1903–42) beträchtliche Unterschiede. Einigkeit herrschte in der Ablehnung des NS-Regimes und in der Hoffnung auf die Sowjetunion. Die Widerstandstätigkeit von S. und seinen Mitstreitern erstreckte sich v. a. auf die Verbreitung selbstverfaßter Flugschriften („Die innere Front“) sowie auf die Nachrichtenbeschaffung für den sowjet. Geheimdienst. Im März 1941 warnte S., für einige Monate in die Nachrichtenzentrale der Luftwaffe in Potsdam kommandiert, das Volkskommissariat des Innern (NKWD) vor dem geplanten dt. Angriff, doch sein Hinweis wurde in Moskau nicht genügend beachtet. Später war er zu schlecht informiert und ausgestattet, um der sowjet. Seite nachhaltig zu nützen. Am 31.8.1942 wurde S. verhaftet und anschließend vom Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt.

    Dasselbe Schicksal ereilte in diesen Wochen 42 weitere Mitglieder der „Roten Kapelle“, wie die Gestapo die weitgefächerten Kreise um S. und Harnack nannte. Noch lange nach dem Krieg galt S. v. a. als Spion und Verräter, den zahlreiche Legenden umgaben. Erst in den 1990er Jahren setzte sich eine sachlichere historische und politisch-ethische Bewertung durch. Seine Haltung zum stalinistischen Regime wird kritisch bewertet, dennoch ist S. als zentrale Figur innerhalb eines autonomen Widerstandskreises und damit überhaupt innerhalb der dt. Opposition gegen Hitler zu sehen.

  • Literature

    H. Höhne, Kennwort Direktor, Die Gesch. d. Roten Kapelle, 1970;
    A. Bahar, Soz.revolutionärer Nationalismus zw. Kons. Rev. u. Sozialismus, H. S.-B. u. d. „Gegner“-Kreis, 1992;
    R. Griebel u. a., Erfasst? Das Gestapo-Album z. Roten Kapelle, Eine Fotodok., 1992 (P);
    H. Coppi, H. S.-B., Wege in d. Widerstand, Eine biogr. Studie, 1993 (P);
    ders., in: Biogr. Lex. Schleswig-Holstein 11, 2000, S. 338-42;
    ders., J. Danyel u. J. Tuchel (Hg.), Rote Kapelle im Widerstand gegen d. NS, 1994;
    H. Coppi u. G. Andresen (Hg.), Dieser Tod paßt zu mir, H. S.-B., Grenzgänger im Widerstand, Briefe 1915 bis 1942, 1999 (P);
    D. Klose, Das Ende d. Roten Kapelle, in: Das Parl. v. 22.7.2002 (P);
    Lex. Widerstand;
    Biogr. Lex. Drittes Reich.

  • Author

    Johannes Hürter
  • Citation

    Hürter, Johannes, "Schulze-Boysen, Harro" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 729-730 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118935437.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA