Winnacker, Karl
- Lebensdaten
- 1903 – 1989
- Geburtsort
- Barmen (Wuppertal)
- Sterbeort
- Königstein im Taunus
- Beruf/Funktion
- Unternehmer ; Chemiker ; Hochschullehrer
- Konfession
- -
- Normdaten
- GND: 118769375 | OGND | VIAF: 113292846
- Namensvarianten
-
- Winnacker, Karl Hugo
- Winnacker, Karl
- Winnacker, Karl Hugo
- Winnacker-Küchler
- Winnacker-Weingaertner
- Winnacker, Carl
- Winnacker, Carl Hugo
- Winnacker-Cüchler
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Winnacker, Karl Hugo
| Unternehmer, * 21.9.1903 Barmen (Wuppertal), † 5.6.1989 Königstein (Taunus).
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Genealogie
V →Ernst Emil (1861–1914), Gymn.lehrer, S d. →Friedrich Wilhelm (1829–1907), Spediteur, Zollbeamter, u. d. Friederica Weber (1835–1908);
M Margarethe Therese Martha (1862–1934), T d. →Johann Gustav Theodor Wallis (1832–1894), Lehrer, u. d. Maria Theresia Weniger (1825–1908);
⚭ 1936 Gertrud (1912–99), T d. →Ludwig Deitenbeck (1881–1958), aus Höchst b. Frankfurt/M., 1910–32 Pfarrer in Sossenheim b. Frankfurt/M., 1934–51 Dekan in Frankfurt/M.,·u. d. Hedwig Gertrud Adelheid Stein (1890–1981);
K u. a. →Ernst-Ludwig (* 1941), Molekularbiol., 1977 Prof. f. Biochemie an d. Univ. München, 1984–97 Dir. d. Labors f. Molekularbiol. am Genforsch.zentrum ders., 1998–2006 Präs. d. DFG, 2007–09 Gen.sekr. d. Europ. Forsch.rats, Mitgl. d. NRW Ak. d. Wiss., d. Berlin-Brandenburg. Ak. d. Wiss., d. Leopoldina u. d. Dt. Ak. d. Technikwiss., Robert-Koch-Medaille in Gold, Leibniz-Medaille (s. Kürschner, Gel.-Kal. 2013);
wohl Verwandter →Erich (1889–1944), aus B., Oberberghptm., Bergwerksdir., Mitgl. d. Vorstands d. Vereinigte Stahlwerke AG (s. Lilla, Reichsrat). -
Biographie
Nach dem Abitur 1922 in Barmen studierte W. an der TH Braunschweig, ab 1925 an der TH Darmstadt Chemie, v. a. bei →Ernst Berl (1877–1946), einem Pionier auf dem Gebiet der chemischen Technologie und Verfahrenstechnik. Nach dem Diplom-Examen 1928 wurde W. 1929 Privatassistent Berls und von diesem 1930 zum Dr. rer. nat. promoviert.
Nach der NS-Machtübernahme 1933 verlor Berl als Jude seinen Lehrstuhl und emigrierte in die USA; W. konnte durch Berls Beziehungen im Sept. 1933 in das Werk Höchst der „I.G. Farbenindustrie AG“ eintreten, wo ihn der Werksleiter →Ludwig Hermann (1882–1938) und die Vorstandsmitglieder →Fritz ter Meer (1884–1967) und →Friedrich Jähne (1879–1965) förderten. 1936 übernahm er die neue Abteilung „Verfahrenstechnik“, 1938 die „Anorganische Abteilung“; von ter Meer wurde er auf Führungspositionen in die I.G.-Werke Uerdingen und Schkopau entsandt. 1943 war W. verantwortlich für die gesamte Chemikaliensparte und Kandidat für die Leitung des|Werks Höchst, das unter dem zunehmenden Einfluß des NS-Regimes stand.
W. wurde 1933 Mitglied der SA, 1937 der NSDAP. Er hielt engen Kontakt zu Berl, führte dessen Arbeiten fort und ermöglichte 1935 das Erscheinen von dessen Werk „Chemische Ingenieur-Technik“. In seiner Führungsposition war W. mitverantwortlich für die Anforderung und Ausbeutung von mehr als 8000 Fremd- und Zwangsarbeitern. Seine Tätigkeit führte auch zu Kontakten mit dem I.G.-Werk Auschwitz/Monowitz; inwieweit er Kenntnis von den dortigen Verbrechen hatte, ist nicht geklärt.
Im Frühjahr 1945 wurde W. von der US-amerik. Besatzungsmacht entlassen, arbeitete zeitweise als Gärtner und seit 1947 bei der Duisburger Kupferhütte in seinem früheren Forschungsgebiet. 1948 leitete er den Wiederaufbau des Karbid-Werks Knapsack bei Köln. 1950 erschien der erste Band des von ihm mitherausgegebenen Handbuchs „Chemische Technologie“. 1951 wurde er als technischer Leiter Vorstandsmitglied der nach der Entflechtung der I.G. Farbenindustrie AG im Dez. 1951 gegründeten „Farbwerke Hoechst Aktiengesellschaft vormals Meister Lucius & Brüning“ und 1952 Vorstandsvorsitzender.
In dieser Funktion stellte W. auch in der NS-Zeit belastete ehemalige I.G. Farben-Mitarbeiter wieder ein.
Unter W.s Leitung begann für die spätere „Hoechst AG“ (1974) eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Das Werk war im 2. Weltkrieg nicht zerstört worden. W.s Initiativen führten zu großen Veränderungen: Es erfolgte die Umstellung der Rohstoffbasis von Kohle auf Erdöl, die 1954 von dem späteren Nobelpreisträger →Karl Ziegler (1898–1973) erworbene Lizenz zur Herstellung von Niederdruckpolyethylen wurde zur Grundlage der Kunststoffsparte. 1954 wurde die Kunstfaser Diolen, 1955 Trevira hergestellt. Hoechst wurde zum größten Pharmaunternehmen der Welt, baute eine erfolgreiche Auslandsorganisation auf und behielt durch den Erwerb ausländischer Lizenzen Anschluß an neue technische Entwicklungen. Der Umsatz des Unternehmens stieg von 976 Mio. DM 1952 auf 9640 Mio. DM 1969.
W. führte auch seine wissenschaftlich-publizistische Tätigkeit auf dem Gebiet der chemischen Technologie fort und engagierte sich verbands- und wirtschaftspolitisch. In der Kerntechnik sah er eine Zukunftstechnologie. Als Präsident des Dt. Atomforums (1957–79) war er am Aufbau einer dt. Kernenergie-Industrie beteiligt. In den 1950er Jahren einer der wichtigsten Industriemanager mit politischem Einfluß in Deutschland, pflegte er enge Kontakte u. a. zu Bundeskanzler →Konrad Adenauer (1876–1967). 1969 trat W. vom operativen Geschäft bei Hoechst zurück und wechselte als Vorsitzender in den Aufsichtsrat (bis 1980); sein Nachfolger im Vorstandsvorsitz wurde →Rolf Sammet (1920–1997). In jüngerer Zeit wurden einige nach W. benannte Auszeichnungen wegen seiner Verstrickung in der NS-Zeit umbenannt.
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Auszeichnungen
|Kriegsverdienstkreuz (1943);
Gr. Goldenes Ehrenzeichen f. Verdienste um d. Rep. Österr. (1957);
bayer. Verdienstorden (1961);
Gauß-Weber-Medaille d. Univ. Göttingen (1962);
Gr. BVK mit Stern u. Schulterband (1963);
Goethe-Plakette (1963) u. Ehrenplakette (1968) d. Stadt Frankfurt/M.;
Carl-Duisberg-Plakette (1968);
Werner-v.-Siemens-Ring (1972);
Ehrenkommandeur d. brit. Empire-Ordens (1974);
Gr.kreuz d. Verdienstordens d. Italien. Rep. (1975);
Mitgl. d. Ak. d. Wiss. u. d. Lit. Mainz (1977);
Aachener u. Münchener Preis f. Technik u. angew. Naturwiss. (2002, postum);
Dr. h. c. (Braunschweig, Mainz, Marburg, Complutense de Madrid, Lund);
– K.-W.-Stipendium d. Hoechst AG (1960–2011);
K.-W. Inst. d. chem. Fachges. DECHEMA (1970–2011);
K.-W.-Preis d. Marburger Univ.-Bundes (1990–2009). -
Werke
|Btrr. z. Kenntnis d. Oxydationsvorgänge v. Motorbetriebsstoffen, 1930 (Diss.);
Nie d. Mut verlieren, Erinnerungen an Schicksalsj. d. Dt. Chemie, 1971, engl. 1972;
Chemie im Wandel d. Zeit, 1972;
Grundzüge d. Chem. Technik, 1974 (mit H. Biener);
Das unverstandene Wunder, Kernenergie in Dtld., 1975, franz. 1977 (mit K. Wirtz);
Schicksalsfrage Kernenergie, 1978;
Schicksalsfrage Kernenergie, Stationen d. Atompol., Radioaktivität u. Sicherheit, 1980;
– Mithg.: Chem. Technol., 5 Bde., 1950–56, ²1958–61 (hg. mit E. Weingärtner u. a.), 3. Aufl. in 7 Bdn., 1970–75 (hg. mit H. Baldus u. a.), ⁴1981–86 (hg. mit L. Küchler u. a.), 5. Aufl. u. d. T. Chem. Technik, hg. v. R. Dittmeyer u. a., 8 Bde., 2004–06. -
Literatur
|D. Babel, K. W. 80 J., in: Alma mater Philippina, Bd. WS 1983/84, 1984, S. 1–4;
W. Metternich, in: ders. (Hg.), K. W. 1903–1989, Untern. u. Förderer d. Wiss., 2003, S. 6 ff. (P);
St. Lindner, Hoechst, Ein I.G. Farben Werk im Dritten Reich, 2005;
A. Kühne, K. W., Ehrung mit Schatten, in: Der Tagesspiegel v. 23.5.2011 (P). -
Porträts
|Photogrr. (Firmenarchiv d. Hoechst AG;
Ver. f. Gesch. u. Altertumskde. Frankfurt a. Main-Höchst e. V.);
Bronzemedaille v. H. K. Burgeff, 1969 (Münzkab. d. Staatl. Museen zu Berlin). -
Autor/in
Wolfgang Metternich -
Zitierweise
Metternich, Wolfgang, "Winnacker, Karl Hugo" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 254-255 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118769375.html#ndbcontent