Dates of Life
1884 – 1948
Place of birth
Affaltrach (Württemberg)
Place of death
Havanna (Kuba)
Occupation
kommunistischer Politiker und Theoretiker
Religious Denomination
konfessionslos
Authority Data
GND: 11862153X | OGND | VIAF: 35249660
Alternate Names
  • Aldebaran (Pseudonym)
  • Thalheimer, August
  • Aldebaran (Pseudonym)
  • more

Objekt/Werk(nachweise)

Porträt(nachweise)

Relations

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Citation

Thalheimer, August, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11862153X.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogy

    V Moses Löb (Moritz) (1855–1922), aus A., Weingärtner, Immobilienhändler, Kaufm. in Bad Canstatt;
    M Karoline (1858–1922), aus A.;
    Schw Bertha (1883–1959, 1920–33 Karl Wilhelm Schöttle, Mechaniker), vertrat 1915/16 mit Ernst Meyer d. „Gruppe Internationale“ auf d. Konferenzen in Zimmerwald u. Kienthal, 1919 Mitgl. d. KPD, seit 1929 d. KPDO, 1943 n. Theresienstadt deportiert (s. Dt. Kommunisten);
    Braunschweig 1916 Cläre Schmidt (1892–1990), aus Idar-Oberstein;
    S Ruben (Roy) (1920–91), in Australien, T Sita (1918–92, Rudolph Selke), Stenotypistin, zuletzt in Mexiko.

  • Biographical Presentation

    T. absolvierte das Realgymnasium in Stuttgart und studierte seit 1902 in München zunächst Medizin, seit 1903 Sprachwissenschaften und Völkerkunde. Studienaufenthalte führten ihn 1903/04 nach Oxford und London, 1904/05 nach Berlin und 1905–07 nach Straßburg, wo er 1907 mit einer Dissertation über die Sprachen Mikronesiens zum Dr. phil. promoviert wurde. 1904 wurde er Mitglied der SPD, bei deren radikalem Organ, der Göppinger „Freien Volkszeitung“, er seit 1909 Chefredakteur war. 1912 trat er aus der Redaktion wieder aus. Er gehörte zum linksradikalen Flügel der SPD, war mit den Württ. Linken (um Clara Zetkin) und mit den Berliner Linken um Rosa Luxemburg, Franz Mehring und Karl Liebknecht eng befreundet und schloß sich bei Kriegsausbruch 1914 sofort der Gruppe Internationale an. Er arbeitete mit an der ersten Nummer der „Internationale“, war Teilnehmer der I. Reichskonferenz der Linken im Jan. 1916 in Berlin und 1914–16 Leiter des Braunschweiger „Volksfreund“. Im Mai 1916 zum Kriegsdienst eingezogen, wurde er verwundet und kehrte 1918 nach Stuttgart zurück, wo er sich aktiv an der Vorbereitung der Revolution in Württemberg am 9. 11. 1918 beteiligte, kurzzeitig inhaftiert und vom 10.–18. 11. 1918 Vorsitzender des Stuttgarter Arbeiterrates war. Auf dem Gründungsparteitag der KPD 1918/19 wurde er in die erste Zentrale der Partei berufen und bis 1923 in diese Position regelmäßig wiedergewählt. T. galt nach der Ermordung Rosa Luxemburgs 1919 (zunächst neben Paul Levi) als führender Theoretiker der KPD, war Redakteur der „Internationale“ und zeitweise Chefredakteur der „Roten Fahne“. 1921 war er einer der Begründer der von Lenin mißbilligten linken „Offensivtheorie“, blieb aber seitdem immer auf dem rechten Parteiflügel; er verfaßte 1922 den Entwurf des Parteiprogramms. Gemeinsam mit Heinrich Brandler (1881–1967), der als politischer Kopf der KPD auftrat, verteidigte er nach der Oktoberniederlage 1923 (Hamburger Aufstand) die Taktik der Zentrale und rückte an die Spitze der Rechten, die aber auf dem IX. Parteitag 1924 keinen Rückhalt mehr hatte. T. ging ebenso wie Brandler im selben Jahr nach Moskau, wo er bis 1927 am Marx-Engels-Institut und als Professor für dialektischen Materialismus an der Sun Yatsen Univ. arbeitete. Im Mai 1928 ging er gegen den Willen der Komintern wieder nach Berlin, sammelte die rechte Gruppe in der KPD um sich und wurde deshalb im Jan. 1929 aus der Komintern und der KPdSU, der er seit 1924 angehörte hatte, ausgeschlossen. 1928/29 war er Mitbegründer der „Kommunistischen Partei-Opposition“ (KPO) und führend tätig in deren Reichsleitung. T. entwickelte eine scharfsichtige Faschismustheorie und warnte vor der Bedrohung der Arbeiterbewegung durch Hitler.

    Nach dessen Machtübernahme emigrierte T. nach Frankreich, von wo aus er mit Brandler die KPO leitete. Von den franz. Behörden 1939 in verschiedenen Lagern interniert, konnte T. 1941 mit Brandler nach Kuba entkommen, lebte in Havanna und verfaßte mehrere politische Werke. Nach 1945 verweigerten ihm die alliierten Besatzungsbehörden die Einreise nach Westdeutschland. T. gab der dt. „Gruppe Arbeiterpolitik“, der Nachfolgeorganisation der KPO, bis zu seinem Tod von Kuba aus in den „Briefen aus der Ferne“ politische Empfehlungen.

    T.s Texte wurden in Westdeutschland seit Mitte der 1960er Jahre in den faschismustheoretischen Diskussionen der Studentenbewegung wieder rezipiert. In der DDR galt er als „Parteifeind“, seine Rolle in der KPD wurde erst in den 1980er Jahren teilweise thematisiert.

  • Works

    W Einf. in d. Dialekt. Materialismus, 1928, Neudr. 1973, span. 1932, amerik. Ausg. 1936, argentin. Ausg. 1946;
    Spinozas Stellung in d. Vorgesch. d. Dialekt. Materialismus, 1928 (mit A. Deborin);
    Um was geht es, Zur Krise d. KPD, 1929, Neudr. 1970/1975;
    1923: Eine verpaßte Rev.?, 1931, Neudr. 1970;
    Wie schafft d. Arbeiterklasse d. Einheitsfront gegen d. Faschismus?, 1932;
    Grundlinien u. Grundbegriffe d. Weltpol. nach d. Zweiten Weltkrieg, 1946, ²1950 (Ps. Aldebaran);
    zahlr. Broschüren;
    – Über d. Faschismus, in: W. Abendroth (Hg.), Faschismus u. Kapitalismus, Theorien über d. soz. Ursprünge u. d. Funktion d. Faschismus, 1967, S. 19–38;
    Über d. Kunst d. Rev. u. d. Rev. d. Kunst, Aufss. z. hist.-materialist. Ästhetik u. Anwendung d. hist.materialist. Methode auf d. Gebiet d. Lit.gesch., Mit e. krit. Einl. hg. v. Erhard H. Schütz, 1972 (W-Verz.);
    „So ist die Vernunft selbst weltlich“, Ausgew. phil. u. rel.krit. Schrr., hg. v. H. Jestrabek, 2008.

  • Literature

    L J. Kaestner, Die pol. Theorie A. T.s, 1982;
    H. Jentsch, Die pol. Theorie A. T.s 1919–1923, 1993;
    Th. Bergmann u. M. Keßler (Hg.), Ketzer im Kommunismus, 2000;
    Th. Bergmann, Gegen d. Strom, Die Gesch. d. KPD (Opposition), 2001;
    ders., Die T.s, Gesch. e. Fam. undogmat. Marxisten, 2004;
    Biogr. Lex. Weimarer Rep.; Dt. Kommunisten (P).

  • Author

    Hermann Weber †
  • Citation

    Weber, Hermann, "Thalheimer, August" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 76-77 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11862153X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA