Lebensdaten
1888 – 1968
Geburtsort
Leipzig
Sterbeort
Kiel
Beruf/Funktion
Arbeitsrechtler
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 128609133 | OGND | VIAF: 2533711
Namensvarianten
  • Nikisch, Arthur Philipp
  • Nikisch, Arthur
  • Nikisch, Arthur Philipp
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Zitierweise

Nikisch, Arthur, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd128609133.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Arthur (s. 1);
    M Amélie Heusner (Heußner);
    Köln (?) 1914 Grete Merrem (1887–1970, kath.) aus Düren (Rheinland), sächs. Kammersängerin (s. Gr. Sängerlex., hg. v. K. L. Kutsch, L. Riemens, II, 1987; W); kinderlos.

  • Biographie

    N. wurde hineingeboren in eine von der Kunst bestimmte, hochgebildete, weitgehend sorgenfreie familiäre Umgebung; seine Kindheit verbrachte er in Boston (1889–92) und Budapest (1892–95), seit 1895 in Leipzig. Nach dem Abitur am Thomasianum 1907 begann er ein Jurastudium in Freiburg (1907), Berlin (1907/08), München (1908) und Leipzig (1908/09), das er mit besten Examina (1911, 1915) abschloß. Aus kurzem Militärdienst (Febr. 1915) forderte ihn der sächs. Minister des Inneren für das Landeslebensmittelamt an, wo er bis Februar 1920 blieb. Bis März 1921 arbeitete er als persönlicher Referent des Dresdener Oberbürgermeisters Blüher, bis Frühjahr 1923 als Regierungsrat bei|der Amtshauptmahnschaft Dresden-Altstadt, dann bei der Kreishauptmannschaft als Vorsitzender der neugebildeten Schlichtungsausschüsse und seit Nov. 1923 als Geschäftsführer des bedeutenden Verbandes der Sächs. Metallindustriellen bis zu dessen Auflösung 1933. Seine relativ späte Hinwendung zur Rechtswissenschaft wurde eingeleitet durch Walter Kaskel (1888–1928), den damals führenden Berliner Arbeitsrechtler, aufgrund einer ersten arbeitsrechtlichen Veröffentlichung 1924 und den „Seiteneinstieg“ über die TH Dresden.

    Die Stellung bei den Schlichtungsausschüssen hatte N. zu seiner Lebensaufgabe Arbeitsrecht geführt. Nach der Habilitation über „Die Grundformen des Arbeitsvertrages und der Anstellungsvertrag“ (1926) für Arbeits- und Verwaltungsrecht im Juli 1926 in der Kulturwissenschaftlichen Abteilung der TH Dresden unterrichtete er dort Arbeitsrecht, Bürgerliches Recht und Zivilprozeßrecht, seit 1931 als ao., seit Januar 1935 als o. Professor. Als eher Deutschnationaler und Konservativer profitierte er 1935, ohne Parteigenosse zu sein, auch von der neuen politischen Lage (Erinnerungen, S. 60). Seine Karriere führte ihn nach Kiel (für Siebert 1938), Straßburg (1941–44), Leipzig (1945) und wieder Kiel (für Dietz 1950–57). Nach 1945 zog N. mit großer Kraft Bilanz in grundlegenden Darstellungen. Zum systematisch schwierigen und kontroversen Gebiet Arbeitsrecht legte er 1955-66 die erste große Darstellung nach 1945 vor (3 Bde., ca. 2000 S.). Sie steht unerreicht und original neben der von Alfred Hueck/Hans Carl Nipperdey. N. konnte hier seine ungewöhnlich breite praktische Erfahrung und seine strenge zivilrechtliche Ausbildung nutzen, die bereits in kleineren Grundrissen sichtbar geworden waren (1930, 1936/38, 1944; Arbeitsrecht, 1951). Neben dem Arbeitsrecht leistete N. im Prozeßrecht Bedeutendes mit seinem „Zivilprozeßrecht, Ein Lehrbuch“ (1947/48, 11950, ²1952). Sein Werk zeichnet sich insgesamt aus durch Sprachkraft, klaren Problemzugriff, Grundsätzlichkeit, praktischen Durchblick, eindeutige Wertungen und rechtspolitisches Gespür (s. z. B. Gedanken zur Neuordnung des Arbeitsverhältnisses, in: Arbeitsrecht 1933, Sp. 353-66 und Dt. Arbeitsrecht 1933, S. 141-46; Das Arbeitsgesetzbuch und die Lehre vom Arbeitsverhältnis, in: FS E. Molitor, 1962, S. 85-105), meist in etwas konservativer Prägung. Das alles machte ihn auch zu einem gesuchten Gutachter. In der NS-Zeit schrieb er zwar weniger radikal volksgemeinschaftlich als etwa Wolfgang Siebert, aber doch deutlicher konform als Nipperdey oder Hueck. Er wurde nicht Mitglied der Partei und der Akademie für Deutsches Recht, aber doch Mitarbeiter an letzterer. Eine gewisse Distanz wahrte er durch betonte Wissenschaftlichkeit. Vor 1933 und nach 1945 unterstrich N. die Verbindung zum Zivilrecht und die Normtextbindung auch des Arbeitsrichters. Aber mit seiner bekannten „Eingliederungstheorie“ zum Wesen des Arbeitsverhältnisses vertrat er kontinuierlich seit 1926 eine „objektive“ Anknüpfung an den realen Eintritt in Betrieb oder Betriebsgemeinschaft, also eine stets antiliberale „kollektive“ Lösung entgegen dem Vertragsansatz des BGB. Ähnlich verstand er die Tarifverträge nicht als reinen „Vertrag“, sondern als objektive Normen. Er war darin zeitgemäß „sozial“, mit allen politischen Ambivalenzen. N. gehört neben H. C. Nipperdey und A. Hueck zu den führenden Arbeitsrechtlern der 30er bis 60er Jahre und gilt als großer, feinsinniger Gelehrter, der in seinem Privatleben die von der Kunst geprägte Lebensweise seines Elternhauses bewahrte.|

  • Auszeichnungen

    Gr. BVK (1958).

  • Werke

    Weitere W Der rechtl. Charakter d. Schuldbeitritts, Ein Btr. z. Theorie d. kumulativen Schuldübernahme, Diss. iur. Leipzig 1911;
    Kommentar z. VO üb. d. Arbeitszeit, 1929;
    Friedenspflicht, Durchführungspflicht u. Realisierungspflicht, 1932;
    Der Streitgegenstand im Zivilprozeß, 1935;
    Das Arbeitsverhältnis im Betriebe, 1944;
    Das Recht d. Schuldverhältnisse I, 1947;
    Bodenrecht, 1948;
    Arbeitsger.gesetz, Kommentar (mit R. Dietz), 1954;
    Wiss. u. Kunst, Lebenserinnerungen, hg. v. Grete Nikisch, 1969 (P);
    üb. 50 Aufss. u. a.:
    Der Begriff d. Betriebsstillegung, in: Neue Zs. f. Arbeitsrecht, 1924, S. 577-88;
    Die Vereinheitlichung d. Arbeitsrechts, in: Reichsarbeitsbl., Nichtamtl. T. 1927, S. 30 ff.;
    Der Anstellungsvertrag, in: Jherings Jbb. 80, 1929, S. 1-139;
    Das Gesetz z. Ordnung d. nat. Arb. u. d. neue Arbeitsrecht, in: Jur. Wschr. 1935, S. 1288-91;
    Betätigungsverträge, in: Zs. d. Ak. f. Dt. Recht 1940, S. 369-72;
    Individualismus u. Kollektivismus im heutigen Arbeitsrecht, in: Recht d. Arb. 1953, S. 81-85;
    Die Schlichtung v. Arbeitsstreitigkeiten, in: FS 100 J. Dt. Juristentag, 1960, S. 317-43;
    Über faktische Vertragsverhältnisse, in: FS H. Dölle, 1963, S. 79-102. – W-Verz. fehlt, auch in d. FS 1958 (P) (entgegen Nipperdey);
    für d. NS-Zeit vgl. W. Schubert (Hg.), Ak. f. Dt. Recht 1933-1945, Protokolle d. Aussschüsse, III/3, 1990, S. 71 f.

  • Literatur

    Würdigungen u. Nachrufe: R. Dietz, in: Juristenztg. 13, 1958, S. 762;
    G. Paulus, Ehe u. Fam., 1959, S. 38;
    H. Dölle, in: Neue Jur. Wschr. 1968, S. 2372;
    G. Schnorr, in: Arb. u. Recht 1968, S. 273 f.;
    H. C. Nipperdey, in: Recht d. Arb., 1968, S. 320 f.;
    zur zentralen „Eingliederungstheorie“:
    S. Simitis, Die faktischen Vertragsverhältnisse als Ausdruck d. gewandelten soz. Funktion d. Rechtsinstitute d. Privatrechts, 1957, S. 273 ff., 329 ff.; Kontext, bes. zur NS-Zeit:
    E. Döhring, Gesch. der jur. Fak. Kiel|1665-1965, 1965, S. 219, 222. – Eigene Archivstud. (Landesarchiv Schleswig-Holstein).

  • Autor/in

    Joachim Rückert
  • Zitierweise

    Rückert, Joachim, "Nikisch, Arthur" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 257-259 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd128609133.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA