Lebensdaten
um 1490 – 1534
Geburtsort
Schwäbisch Gmünd
Sterbeort
Torgau
Beruf/Funktion
Dichter ; Übersetzer
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 12221532X | OGND | VIAF: 5145857764723020846
Namensvarianten
  • Warbeck, Veit
  • Wahrbeck, Vitus
  • Warbeck, Veyt
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Warbeck, Veit, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd12221532X.html [23.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Thoman ( 1524), Sensenhändler u. Bgm. in Sch. G., Bundesrat d. Schwäb. Bundes, S d. Thoman ( 1500), Wirt in Nördlingen, seit 1456 als Zunftmeister (wohl d. Bäcker) Mitgl. d. Rats, 1462 bis Mitte d. 1480er J. Mitgl. d. Alten Rats, u. d. Katharina Rösser ( 1] N. N. Renbolt, Weinschenk in Nördlingen);
    M Anna ( 1539), T d. Ulrich Hack ( 1489 / 90), Sensenhändler, Ratsherr u. Bgm. in Sch. G., u. d. Katharina N. N.;
    1527 Barbara, verw. Wald(e)ner (1494–1532), T d. N. N. Wager, Ratsherr in T.;
    2 S Emanuel, Ernst ( 1577), 1 T Anna ( 1586, 1553 Paul Luther, 1533–93, Dr. med., Prof. d. Med. in Jena, s. ADB 19, NDB 15*, S d. Martin Luther, 1483–1546, Reformator, s. NDB 15, u. d. Katharina v. Bora, 1499–1552, s. NDB II), 1 Stief-T Katharina Waldner ( 1550 Philipp Melanchthon, 1525–1605, Univ.notar in Wittenberg, S d. Philipp Melanchthon, 1497–1560, Reformator, s. NDB 16, u. d. Katharina Krapp, 1497–1557).

  • Biographie

    W., dessen Vater geschäftliche Kontakte nach Frankreich pflegte, studierte seit 1506 an der Univ. Paris. Nach dem Erwerb des Titels eines Magister artium ging er 1514 zum Studium der Rechte nach Wittenberg, wurde hier zum Anhänger Luthers und befreundete sich mit Georg Spalatin (1484–1545), mit dem er bis 1527 einen regen Briefwechsel führte. Nach dem Studium übernahm W., der seit 1519 eine Kanonikerpfründe am Stift St. Georg zu Altenburg besaß, wichtige Ämter am kursächs. Hof Friedrichs des Weisen (1463–1525) in Weimar. 1519 war er bei der Disputation Luthers mit Johannes Eck (1486–1543) anwesend, 1521 auf dem Wormser Reichstag. Von Friedrichs Nachfolger seit 1532, Kf. Johann Friedrich von Sachsen (1503–54), wurde W. zum kursächs. Rat und Vizekanzler nach Torgau berufen. Johann Friedrich ist auch W.s Prosaroman „Magelone“ gewidmet, vermutlich aus Anlaß von dessen Vermählung mit Sibylle von Jülich-Kleve-Berg (1512–54) am 2. 6. 1527.

    W.s Quelle war eine franz. „Magelone“-Erzählung, die, ähnlich wie „Kamar ez-Zamân“ aus „1001 Nächten“, Jean Renarts „L’Escoufle“, der mhdt. „Bussard“ und die „Istoria di due nobilissimi amanti Ottinello e Giulia“, dem mit einem Kleinodraub verbundenen Handlungsschema von Trennung, Prüfung und Wiederfinden folgen. Ursprünglich wohl eine Gründungslegende der Kathedrale von Maguelonne, existierten seit der Mitte des 15. Jh. die zwei Redaktionen *B und *C der franz. „Magelone“. Die in zahlreichen Drucken tradierte Fassung *C war Vorlage zweier frühneuhochdt. Prosaübersetzungen, von denen sich W.s breit überlieferte „Histori von dem Ritter mit den silbern schlüsseln und der schönen Magelonne“ (Gotha, Forsch.bibl., Cod. Chart. B 437) durchsetzte: Peter, Sohn des Grafen der Provence, entführt die seiner Werbung entgegenkommende neapolitan. Königstochter Magelone. Auf der Flucht gerät er in die Gewalt von Seeräubern, die ihn an den Sultan von Alexandrien verkaufen. Magelone, mittlerweile als Pilgerin in die Provence gekommen, gründet dort ein Spital. Nach längeren Verwicklungen gelangt Peter arm und krank in seine Heimat, wird, ins Spital aufgenommen, von Magelone erkannt und herrscht fortan mit ihr über Neapel und die Provence.

    W. übertrug seine Vorlage, der er sich eng anschloß, geschickt in den frühneuhochdt. Sprachduktus, tilgte aber aus Rücksicht auf das ev. Bekenntnis seiner Adressaten dezidiert kath. Motive, wodurch der Text Züge humanistischer Exemplarik gewinnt. W.s Mentor Spalatin stellte den von ihm seit 1535 veranlaßten Druckausgaben (⁸1545) eine an weibliche Leser gerichtete Vorrede voran, die den Text als Warnung vor der Wandelbarkeit irdischen Glücks und kindlichem Ungehorsam sowie als Ersatz für „pestiferi libri“ preist. Kaum verändert, wurde W.s „Magelone“ bis in die Volksbüchersammlungen des 19. Jh. überliefert, von den slaw. und skandinav. Literaturen rezipiert und mehrfach bearbeitet, am frühesten, vielleicht durch Joachim Greff (um 1510–52), als fünfaktiges Drama (Historia Magelonae spielweiß, in deudsche reimlein gebracht durch einen studenten, Leipzig 1539 u. Augsburg 1540). Auch Hans Sachs (1494–1576) dramatisierte W.s Prosaerzählung 1554 / 55 mit geschickten Kürzungen (Comedi mit 19 personen: die schön Magelona) und bearbeitete sie als Meistergesang im Rosenton (Die ganz histori der schönen Magelona) und als Spruchgedicht (Historia der schönen Magelona). Eng der Vorlage folgt die in seine Schuldramen-Ausgabe (1566) aufgenommene „Schoene Tragedi von dem Ritter Peter und der schoenen Magelona“ des Augsburger Meistersängers Sebastian Wild (1547–83). In der Romantik bearbeitete Ludwig Tieck (1773–1853) W.s „Magelone“ im Rahmen seines Programms einer Erneuerung „volkstümlicher“ Erzählstoffe des Mittelalters (Wundersame Liebesgesch. d. schönen Magelone u. d. Gf. Peter aus d. Provence, in: Volksmährchen, Bd. 2, hg. v. P. Leberecht, 1797, u. in: Phantasus, 1812); Johannes Brahms (1833–97) schuf dazu 1861–69 15 Romanzen (op. 33). Eine parodistische Bearbeitung des Stoffs stammt von Peter Bichsel (* 1935) (Der Busant, Von Trinkern, Polizisten u. d. schönen Magelone, 1985).

  • Werke

    |Die schöne Magelone, hg, v. J. Bolte, 1894 (Einl. d. Hg. S. III–LX);
    Die schöne Magelona, hg. v. H. G. Roloff, 1969;
    Magelone, hg. v. R. Noll-Wiemann, 1975.

  • Literatur

    |ADB 41;
    G. H. Gerould, Forerunners, Congeners, and Derivatives of the Eustache Legend, in: Publications of the Modern Language Ass. of America 19, 1904, S. 335–448;
    H. Nusser, Die Dramatisierungen d. Magelonenstoffes im 16. Jh., Diss. Wien 1963;
    A. Birner, „Magelone“, in: Roman. Volksbücher, Querschnitte z. Stoffgesch., hg. v. F. Karlinger, 1978, S. 98–157;
    W. Theiss, Die „Schöne Magelone“ u. ihre Leser, in: Euphorion 73, 1979, S. 132–48;
    F. Simmler, Syntakt. Strukturen im Prosaroman d. 16. Jh., Die Schoen Magelona, in: Sprachwiss. 8, 1983, S. 137–87;
    M. Mostert, V. W. u. d. kurzweilige Historia v. d. Schönen Magelone, Ausst.kat. Städt. Mus. Schwäb. Gmünd, 1985 (W, L);
    W. Röcke, Minne, Weltflucht u. Herrschaftslegitimation, Wandlungen d. späthöf. Romans am Bsp. d. „Guten Frau“ u. V. W.s „Magelone“, in: G. Stötzel (Hg.), Germanistik, Forsch.stand u. Perspektiven, Bd. 2, 1985, S. 144–59;
    ders., Erzähltes Wissen, „Loci communes“ u. „Romanen-Freyheit“ im „Magelonen“-Roman d. Spätma., in: Wissenslit. im MA u. in d. Frühen Neuzeit, hg. v. H. Brunner u. N. R. Wolf, 1993, S. 209–26;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    Vf.-Lex. MA² (unter Magelone);
    Killy¹⁺²;
    Enz. Märchen;
    zur Fam.: K. Graf, V. W., d. Übersetzer d. „Schönen Magelone“ u. seine Fam., in: Einhorn-Jb. Schwäb. Gmünd, 1986, S. 139–50.

  • Autor/in

    Norbert H. Ott
  • Zitierweise

    Ott, Norbert H., "Warbeck, Veit" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 418-419 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd12221532X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Warbeck: Veit W., der Uebersetzer der Schönen Magelone, ist um 1490 zu Schwäbisch Gmünd geboren. Sein Vater, der angesehene Bürger Thomas W., den Kaiser Friedrich III. durch Verleihung eines Wappens ehrte, bestimmte ihn als jüngeren Sohn für die diplomatische Laufbahn und sandte ihn auf die Universität Paris, wo er 1508 zum Magister der freien Künste promovirt wurde. Seine Kenntniß der französischen Sprache empfahl ihn, nachdem er sich 1514 nach Wittenberg begeben hatte, bei dem Kurfürsten Friedrich dem Weisen, der ihn als Secretär an seinen Hof zog, auf seinen Reisen mitnahm und zu vertraulichen Sendungen benutzte. So wohnte er 1519 in Leipzig der Disputation seines innig verehrten Lehrers Luther mit Eck bei und sah 1521 Luther's Einzug in Worms mit an. Mit seinem Freunde Spalatin pflog er in diesen Jahren einen intimen Briefwechsel. Seit 1522 lebte er zu Weimar als Hofgeistlicher (er hatte 1519 die Weihen empfangen) des Prinzen Johann und unterwies auch dessen Sohn, den späteren Kurfürsten Johann Friedrich, in der französischen Sprache. Als dieser 1532 zur Regierung kam, machte er seinen früheren Hofmeister zum Vicekanzler. Doch starb W. schon am 4. Juni 1534 zu Torgau. Er hinterließ aus seiner Ehe mit Anna v. Hacken zwei Söhne und eine Tochter Anna, die 1554 Luther's Sohn Paul heirathete.

    Warbeck's einzige litterarische Leistung ist die Verdeutschung des französischen Romans von Peter von der Provence und der schönen Magelone, die er 1527 dem Kurprinzen Johann Friedrich zu seiner Vermählung widmete, die aber erst Spalatin nach seinem Tode zum Drucke beförderte (Augsburg 1535). Er hatte damit unter den französischen Ritterromanen, für die damals am kursächsischen Hofe ein entschiedenes Interesse herrschte, eine gute Wahl getroffen; denn vor andern zeichnet sich diese Erzählung, die den aus Tausend und einer Nacht bekannten Stoff von der Trennung eines mit einander flüchtenden Liebespaares und seiner wunderbaren Wiedervereinigung an den Küsten des Mittelmeeres localisirt, durch die zarte Anmuth der Darstellung und die Vermeidung alles Schwulstes|und aller Effecthascherei aus. Das Verfahren des Uebersetzers vermögen wir genau zu verfolgen, da außer Warbeck's eigener Handschrift auch das von ihm benutzte Exemplar des französischen Originals, ein zierlicher Pergamentcodex mit einer (vermuthlich von W. selbst herrührenden) lateinischen Interlinearversion auf uns gekommen ist. W. hat sich also gleich dem Pfaffen Konrad, der vierhundert Jahre vorher das Rolandslied zuerst ins Lateinische und daraus in deutsche Zunge übertrug, einer wortgetreuen lateinischen Uebersetzung, der auch grammatische Erläuterungen beigefügt sind, als Hülfsmittel bedient. Er übersetzt gewissenhaft, ohne in Wortwahl und Ausdruck je undeutsch zu werden. Durch kleine Zusätze verdeutlicht er die Seelenstimmung der handelnden Person oder macht die Situation anschaulicher. Eine Annäherung an das deutsche Ritterideal ist es, wenn er an Peter von Provence die „Zucht“ hervorhebt und aus seinen grünlichen Augen und röthlichen Haaren „freuntliche augen und gel har als golt“ macht. Als entschiedener Protestant streicht er consequent alle Spuren der Heiligenverehrung, also die Gebete zu Petrus und Maria, wie er auch catholique stets durch „christlich“ wiedergibt. Warbeck's Verdeutschungsarbeit gewann rasch eine große Verbreitung, und zwar nicht nur in Deutschland, wo Hans Sachs sie dreimal dichterisch gestaltete und Ludwig Tieck sie 1796 einer zart empfundenen Modernisirung unterzog, sondern auch im Auslande. Aus einer niederdeutschen Uebertragung ging das dänische Volksbuch hervor, das in Island und Schweden nachgeahmt wurde; auf dem hochdeutschen Texte fußt die böhmische Uebersetzung, aus der eine polnische und eine russische flossen.

    • Literatur

      Die schöne Magelone, aus dem Französischen übersetzt von Veit Warbeck 1527. Nach der Originalhandschrift herausgegeben von J. Bolte, Weimar 1894.

  • Autor/in

    J. Bolte.
  • Zitierweise

    Bolte, Johannes, "Warbeck, Veit" in: Allgemeine Deutsche Biographie 41 (1896), S. 165-166 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd12221532X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA