Lebensdaten
1860 – 1937
Geburtsort
Neustadt/ Orla
Sterbeort
Bad Hofgastein
Beruf/Funktion
Geologe
Konfession
evangelisch
Namensvarianten
  • Walther Johannes Kuno
  • Walther, Johannes
  • Walther Johannes Kuno
  • mehr

Verknüpfungen

Verknüpfungen auf die Person andernorts

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Walther, Johannes, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz138865.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V (Wilhelm) Kuno (1825–1917), 1848 Hauslehrer in E., dann Lehrer in Ruhla u. Jena, 1855 Archidiakon in N., 1867 Sup. u. Pfarrer in Dermbach, 1881 Sup. u. Oberpfarrer in Weida, S d. Wilhelm Christian (* 1788), Oberpostkontrolleur, u. d. Jeanette Henriette Röhlig;
    M Luise (Marianne Louise) (1840–1923), T d. Gottlob Moritz Schwabe (1809–74), KR in N., u. d. Charlotte Marianne Franziska Louise Herzog;
    Urur-Gvv Johann Andreas (1713–86), Hauslehrer, später Pfarrer in Großenlupnitz;
    Ur-Gvv Ernst Wilhelm Heinrich (1752–1810), Pfarrer in Eckstädt;
    Dresden 1899 Janna (Johanna) (1872–1956), T d. Eduard Hentschel (1832–97), Textilfabr., u. d. Maria Autrytt (Audrit, d’Autryd);
    1 S, 1 T;
    Schwager Willibald Hentschel (1858–1947, Hellen Zimmermann, 1861–1947, T d. Leiters e. großfürstl. Lederfabrik in Kiew), Chemiker, völk. Schriftst. (s. L).

  • Biographie

    Während seiner Jugendzeit in Dermbach von seinem Vater in den humanistischen Fächern vorgebildet, besuchte W. das Gymnasium in Eisenach und setzte nach einer krankheitsbedingten Unterbrechung seine Ausbildung im Selbststudium fort (ohne Abitur). Seit 1879 studierte er erst Landwirtschaft, dann Naturwissenschaften und Philosophie an der Univ. Jena bei Ernst Haeckel (1834–1919), Eduard Strasburger (1844–1912), Ernst Stahl (1848–1919) und Rudolf Eucken (1846–1926). Während der Studienzeit begann die lebenslange Freundschaft mit dem Chemiker und späteren Industriellen Carl Duisberg (1861–1935). 1882 wurde W. mit einer bei Oscar Hertwig (1849–1922) angefertigten Arbeit zum Dr. phil. promoviert; die mündliche Promotionsprüfung wurde von Haeckel, Stahl und Eucken vorgenommen. 1882 / 83 vervollständigte er seine Studien, v. a. der Geologie und Paläontologie, in Leipzig bei Hermann Credner (1841–1913) und Ferdinand Zirkel (1838–1912) sowie 1883 / 84 in München bei Karl v. Zittel (1839–1904) und Wilhelm v. Gümbel |(1823–98). Es folgten 1883 / 84 – erneut 1885 und 1910 – Aufenthalte an der Zoologischen Station in Neapel und Forschungsreisen durch Italien, nach Sizilien und Tunis, wo er im Umland die Wüste kennenlernte. Als Volontär der k. k. Geologischen Reichsanstalt zu Wien nahm er an der Kalkalpenkartierung unter Edmund v. Mojsisovics (1839–1907) teil. 1886 habilitierte sich W. für Allgemeine Geologie und Paläontologie in Jena, unternahm Exkursionen an die Ostküste Schwedens und nach Gotland sowie 1887 nach Ägypten, hauptsächlich auf die Sinaihalbinsel, wo er Korallenriffe und die Wüstenbildung studierte. Er begegnete dort dem Afrikaforscher Georg Schweinfurth (1836–1925).

    W. ging 1888 nach England, Schottland und Irland, 1888 / 89 nach Indien und Ceylon, 1891 nach Washington, Kalifornien und Arizona sowie 1897 nach Rußland (Kaukasus, Zentralasien). 1890 zum Extraodinarius in Jena ernannt, erhielt er 1894 dort die besser dotierte „Haeckel-Professur“ für Geologie und Paläontologie aus Mitteln der Ritter-Stiftung. 1906 wurde er Professor für Geologie und Paläontologie und Direktor des Mineralogischen Instituts der Univ. Halle, wo er nach der Umorganisation das Geologisch-Paläontologische vom Mineralogischen Institut trennte. Seine Reisen setzte W. 1911 u. a. zur Wüstenforschung nach Ägypten und Sudan sowie in die Libysche Wüste und in das Äthiopische Bergland fort. Auf Einladung der British Association for the Advancement of Science besuchte er 1914 Australien, um u. a. das Innere von Westaustralien zu erkunden. Der Weltkrieg zwang ihn, auf abenteuerliche Weise über Java, Suez und Italien nach Deutschland zurückzukehren. 1926 bereiste er Spanien und Portugal. Im folgenden Jahr hielt er Gastvorlesungen in Baltimore bzw. New York und unternahm eine Studienreise durch Florida. 1928 emeritiert, wurde W. bis 1929 mit der Weiterführung der Institutsleitung betraut.

    In einer von den Nachwirkungen der Inflation geprägten Zeit wurde W. 1924 Präsident der Leopoldina. Er reorganisierte die Akademie, führte Zusammenkünfte der Mitglieder aus dem Raum Halle ein und initiierte Projekte (u. a. zu Goethe u. Naturwiss.). Verwaltungsquerelen und das Scheitern von Konsolidierungsbemühungen zwangen W. 1931 zur Niederlegung des Präsidentenamtes. Differenzen mit seinem Nachfolger Emil Abderhalden (1877–1950) führten 1935 zum Austritt aus der Akademie. Für den letzten Lebensabschnitt siedelte W. nach Berlin über.

    W. gilt als Begründer der modernen Sedimentforschung und der Biogeologie, die biologische und geologisch-paläontologische Fragestellungen verbindet. Erdgeschichtliche Vergangenheit und Gegenwart werden in historischer Anschauung miteinander verknüpft, die Bildungsumstände der Gesteine erfaßt (Lithogenese), Evolutions- und Ökologieaspekte berücksichtigt. In seinem Hauptwerk „Einleitung in die Geologie als historische Wissenschaft“ (3 Bde., 1893–94) bezeichnete W. seine vergleichende Betrachtungsweise rezenter und fossiler geologischer Vorgänge im Gegensatz zu der bereits älteren „aktualistischen“ Anschauung als „ontologische Methode“.

    W. war auch ein bedeutender Küstenforscher und Meeresgeologe. Er untersuchte Korallen in (sub-)tropischen Regionen und Fragen der Riffbildung. Das von ihm formulierte „Gesetz von der Korrelation der Fazies“ (Walthersche Faziesregel) gilt als Meilenstein der Geowissenschaften. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Forschung waren Charakteristika von Wüsten und Probleme der Wüstenbildung. In detailreichen exakten Geländebeobachtungen auf verschiedenen Erdteilen analysierte er Erosions- und Sedimentationsprozesse (Das Gesetz d. Wüstenbildung in Gegenwart u. Vorzeit, 1900, ⁴1924). Er beschäftigte sich ebenso mit der Regionalgeologie Deutschlands und gab mit seiner „Geologischen Heimat(s)kunde von Thüringen“ (1902, ⁶1927) eine leicht verständliche und weit geschätzte Zusammenfassung geologischer Fragen heraus. W. bemühte sich, die Geologie in der Öffentlichkeit zu popularisieren und geologisches Wissen für Lehrer und Schulen bereitzustellen. Durch sein Engagement für den Halleschen Verband für die Erforschung der mitteldt. Bodenschätze förderte er enge Verbindungen der Geowissenschaften an der Univ. Halle zum mitteldt. Bergbau, die mit den Geiseltalgrabungen unter seinem Schüler und Nachfolger Johannes Weigelt (1890–1948) weitergeführt wurden. W.s Belegmaterialien sind ein wertvoller Bestandteil der Geologisch-Paläontologischen Universitätssammlungen in Halle.

  • Auszeichnungen

    |u. a. Mitgl. d. Leopoldina (1892), d. Ak. gemeinnütziger Wiss. z. Erfurt (1911), d. Geological Soc. of America, d. Geol. Ges. v. Valparaíso u. d. Ges. d. Freunde d. Naturwiss. Moskau;
    korr. Mitgl. d. Geological Soc. of London (1896, ausw. Mitgl. 1912 / 13);
    Dr. sc. h. c. (Perth u. Melbourne 1914);
    Dr. med. h. c. (Halle 1925);
    Ehrenmitgl. u. a. d. Ungar. Geogr. Ges. in Budapest (1922), d. Geol. Ges. in Wien (1923), d. Russ. Ak. d. Wiss. Leningrad (1930) u. d. Geol. Ges. in Peking;
    korr. Mitgl. d. Sächs. Ak. d. Wiss. z. Leipzig (1930).

  • Werke

    Weitere W Die Entwicklung d. Deckknochen am Kopfskelett d. Hechtes (Esox lucius), in: Jenaische Zs. f. Naturwiss. 16, NF 9, 1882, S. 59–87 (Diss.);
    Unterss. über d. Bau der Crinoiden, mit bes. Berücksichtigung d. Formen aus d. Solenhofener Schiefer u. d. Kelheimer Diceraskalk, in: Palaeontographica 32, 1886, S. 155–200, Nachdr. 2017 (Habil.schr.);
    Korallenriffe d. Sinaihalbinsel, geol. u. biol. Beobachtungen, in: Abhh. d. math.-phys. Classe d. Kgl. Sächs. Ges. d. Wiss. 14, 1888, Nr. 10;
    Die Denudation in d. Wüste u. ihre geol. Bedeutung, ebd. 16, 1891, Nr. 3;
    Allg. Meereskde., 1893;
    Die Geol. im Schulunterr., in: Btrr. z. Frage d. naturwiss. Unterr. an d. höheren Schulen, hg. v. M. Verworn, 1904, S. 70–77;
    Vorschule d. Geol., 1905, ⁷1920;
    Gesch. d. Erde u. d. Lebens, 1908;
    Mineral. u. Geol. in Forsch., Lehre u. Unterr., in: Natur u. Schule 4, 1905, H. 12, S. 545–53;
    Lehrb. d. Geol. v. Dtld., 1910, ⁴1923;
    Geol. Strukturkarte v. Dtld. u. seinen Nachbargebieten mit Erl., 1920 / 21;
    Bau u. Bildung d. Erde, 1925, ²1928;
    Die Aufgaben d. Ak. in Vergangenheit u. Gegenwart, in: Leopoldina, Berr. d. ksl. Dt. Ak. d. Naturforscher z. Halle 1, 1926, S. 1–20;
    Allg. Palaeontol., 1919–1927;
    Dtld., d. natürl. Grundlagen seiner Kultur, hg. v. d. ksl. Leopoldin. Ak. d. Naturforscher z. Halle, 1928 (Hg.);
    Goethe als Seher u. Erforscher d. Natur, 1930 (Hg.);
    Die Natur in Goethes Weltbild, 1932;
    Mediterranis, Dr. A. Petermanns Mitt. aus Justus Perthes’ Geograph. Anstalt, Erg.h. 225, 1936;
    Im Banne Ernst Haeckels, Jena um d. Jh.wende, aus d. Nachlaß, hg. v. G. Heberer, 1953.

  • Literatur

    |J. Weigelt, Der Lebensgang v. J. W., in: R. Disselhorst, E. Abderhalden u. ders. (Hg.), FS f. J. W., Berr. d. ksl. Dt. Ak. d. Naturforscher z. Halle 6, 1930, S. 3–10;
    ders., in: Zs. d. dt. Geol. Ges. 89, 1937, S. 647–56;
    I. Seibold, Der Weg z. Biogeol., J. W. (1860–1937), e. Forscherleben im Wandel d. dt. Univ., 1992 (P);
    R. N. Ginsburg, E. Gischler u. W. Schlager (Hg.), J. W. on Reefs, Pioneering Concepts of Biogeology 1885–1910, in: Geological Milestones 2, 1994;
    E. Gischler u. K. W. Glennie (Hg.), J. W., The Law of Desert Formation, Present and Past, Translation of the Fourth Revised Ed. of 1924, ebd. 4, 1997;
    M. Kaasch u. J. Kaasch, Zw. Inflationsverlust u. gr.dt. Anspruch, d. Leopoldina unter d. Präsidenten Gutzmer u. W. v. 1921 bis 1932, in: B. Parthier u. D. v. Engelhardt (Hg.), 350 J. Leopoldina, Anspruch u. Wirklichkeit, FS d. dt. Ak. d. Naturforscher Leopoldina 1652–2002, 2002, S. 187–225 (P);
    H. Okada u. A. Kenyon-Smith, The Birth of Sedimentology, Henry Clifton Sorby and J. W., in: Geology Today 25, 2009, H. 6, S. 211–18;
    N. Hauschke u. a., J. W. (1860–1937), Zw. Riff u. Wüste, Spurensicherung in 3D anlässl. seines 150. Geb.tages, Begleith. z. Sonderausst. d. Martin-Luther-Univ. Halle-Wittenberg, 2010 (P);
    M. Schwab, N. Hauschke u. M. Hellmund, J. W. (1860–1937), dem Begründer d. Faziesregel u. Ordinarius d. Martin-Luther-Univ. Halle-Wittenberg z. 150. Geb.tag, in: Hallesches Jb. f. Geowiss. 32 / 33, 2011, S. 1–18 (P);
    Forscher u. Erfinder;
    Complete DSB;
    zu Willibald Hentschel: D. Löwenberg, W. H., 1858–1947, seine Pläne z. Menschenzüchtung, sein Biologismus u. Antisemitismus, Diss. Mainz 1978;
    Hdb. völk. Wiss.

  • Porträts

    P Ölgem. v. W. Jahn, um 1950 (Halle/ Saale, Leopoldina).

  • Autor/in

    Michael Kaasch
  • Zitierweise

    Kaasch, Michael, "Walther, Johannes" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 379-381 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz138865.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA