Lebensdaten
1876 – 1944
Geburtsort
Klein-Landau (Elsaß)
Sterbeort
Schutzstaffel der NSDAP-Sicherungslager Schirmeck-Vorbrück (Elsaß)
Beruf/Funktion
katholischer Kirchenhistoriker ; Missionswissenschaftler
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118881469 | OGND | VIAF: 89683740
Namensvarianten
  • Schmidlin, Joseph
  • Schmidlin, Giuseppe
  • Schmidlin, J.
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Schmidlin, Joseph, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118881469.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Augustinus (1841–1915), Volksschullehrer in K.-L., Hauptlehrer in Blotzheim;
    M Maria Anna Hoefferlin (1843–1908), Amtsschreiberin;
    2 B u. a. August (1878–1943), kath. Geistlicher, Kirchenmusiker (s. NDBA), 3 Schw.

  • Biographie

    Nach dem Besuch der Grundschule in Blotzheim, der Knabenschule in Zillisheim und des Gymnasiums St. Stephan in Straßburg (Abitur 1894) trat S. in das Große Seminar von Straßburg ein. Nach Abschluß der philosophischen und theologischen Ausbildung empfing er dort 1899 die Priesterweihe. Anschließend nahm er das Studium der klassischen Philologie und Geschichte an der Univ. Freiburg (Br.) auf und wurde 1901 mit einer Arbeit über „Ursprung und Entfaltung der habsburg. Rechte im Oberelsaß“ (gedr. 1902) bei Heinrich Finke (1855–1938) zum Dr. phil. promoviert. Auf Einladung von Ludwig Pastor (1854–1928) ging S. nach Rom, um durch eine Materialsammlung aus den Archiven und der Bibliothek des Vatikans an dessen Papstgeschichte mitzuarbeiten. Die theol. Promotion erfolgte 1904 bei|Julius Mayer wiederum in Freiburg (Die geschichtsphilos. u. kirchenpol. Weltanschauung Ottos v. Freising, 1906). Nach der Rückkehr aus Rom kurze Zeit Vikar in Gebweiler, habilitierte sich S. 1906 in Straßburg, das er aber wegen Spannungen mit dem Ordinarius für Geschichte, Albert Ehrhard (1862–1940), verließ. 1907 erfolgte die Umhabilitierung für Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit bzw. für Dogmengeschichte und Patristik in Münster. Hier begann S. 1909/10 als ao. Professor für Kirchengeschichte mit missionswissenschaftlichen Vorlesungen und war seit 1914 Inhaber des ersten Lehrstuhls für kath. Missionswissenschaft in Deutschland. Regimekritische Äußerungen und entsprechendes Verhalten gegenüber dem Nationalsozialismus führten zur vorzeitigen Emeritierung Ende April 1934. Nach mehreren Inhaftierungen und Zwangseinweisung in eine Nervenheilanstalt wurde S. im Okt. 1943 von der Gestapo festgenommen und im Dezember in das Lager Schirmeck-Vorbrück überführt, wo er an den Folgen von Mißhandlungen verstarb.

    S., der sich früh lokalhistorischen Studien widmete, leistete Pionierarbeit bei der Institutionalisierung der Missionswissenschaft als neuer Disziplin im kath.-theol. Fächerkanon. Seine ersten missionstheoretischen Arbeiten waren inhaltlich von der ev. Missionslehre Gustav Warnecks (1834–1910) geprägt, an dem sich S. orientierte, den er bewunderte und von dem er sich gleichzeitig absetzte. Missionswissenschaft gliedert sich nach S. in Missionskunde, die sich sowohl mit der faktischen Situation als auch mit der Geschichte der Mission befaßt, und in Missionstheorie, welche nach deren Grund (Missionstheol.) und dem „Wie“ (Missionsmethodik) fragt. Darüber hinaus trug er mit wissenschaftsorganisatorischen Beiträgen wesentlich zur Etablierung des Fachs bei, indem er u. a. 1911 die Errichtung des Internat. Instituts für missionswissenschaftliche Forschungen anregte und im selben Jahr die „Zeitschrift für Missionswissenschaft“ begründete, die er bis 1937 herausgab. Bald wurde von einer „Münsteraner Schule“ gesprochen, zu der auch Schüler von S. – wie Anton Freitag (1882–1968), Johannes Thauren SVD (1892–1954), Johannes Beckmann SMB (* 1901), Laurentius Kilger OSB (* 1890) und Benno Biermann OP (* 1884) – gehören. Die von Münster ausgegangene Profilierung der Missionswissenschaft zeigte schnell nationale und internationale Wirkung. So errichtete die Univ. München 1919 einen missionswissenschaftlichen Lehrstuhl; in Italien, Österreich, Spanien, Frankreich und den Niederlanden war bald von der neuen Disziplin die Rede, und in allen Fällen läßt sich Einfluß und Bedeutung der in Münster ergriffenen Initiativen nachweisen. Im außeruniversitären Bereich förderte S. durch Kurse und Kongresse, Gründung von Vereinen u. a. den Missionsgedanken. Seine Gründung eines akademischen Missionsvereins in Münster 1910 wurde binnen kurzem Vorbild für Vereinsgründungen in Tübingen und Passau; eine von S. 1912 in Münster initiierte Priester-Missionsvereinigung fand bereits im folgenden Jahr Nachahmung in anderen Diözesen.

  • Werke

    Weitere W Einf. in d. Missionswiss., 1917;
    Kath. Missionslehre im Grundriß, 1919, ²1923;
    Kath. Missionsgesch., 1925;
    Papstgesch. d. neuesten Zeit, 4 Bde., 1933-39;
    Autobiogr., in: Die Rel.-wiss. in Selbstdarst. 3, 1927, S. 167-91.

  • Literatur

    K. Müller, J. S. (1876-1944), Papsthist. u. Begr. d. kath. Missionswiss., 1989 (W, P);
    J. Dörmann, in: J. Kniffka (Hg.), Martyria, 1989, S. 122-29;
    H. Rzepkowski, Zw. Vision u. Sendung, Zur Vorstellung d. „Dt. Kirche“ b. J. S., in: Zs. f. Missions- u. Rel.wiss. 80, 1996, S. 82-128;
    ders., Gustav Warneck u. d. kath. Missionswiss., in: D. Becker u. A. Feldtkeller (Hg.), Es begann in Halle …, Missionswiss. v. G. Warneck bis heute, 1997, S. 55-86;
    G. Collet, „… bis an d. Grenzen d. Erde“, Grundfragen heutiger Missionswiss., 2002, S. 76-108;
    NDBA;
    LThK³;
    BBKL (W, L);
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L); – zur Fam.:
    P. J. Weber, Die Familien S., Zwei vorderösterr. Beamtenfamilien vom Elsaß bis nach Wien, in: Die Habsburger im dt. Südwesten, hg. v. F. Quarthal, 2000, S. 365-414.

  • Autor/in

    Giancarlo Collet
  • Zitierweise

    Collet, Giancarlo, "Schmidlin, Joseph" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 162-163 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118881469.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA