Lebensdaten
zwischen 1500 und 1510 – 1580 oder 1581
Geburtsort
Straubing
Sterbeort
Regensburg
Beruf/Funktion
Forschungsreisender ; Conquistador ; Verfasser eines Reiseberichts
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118945882 | OGND | VIAF: 27410389
Namensvarianten
  • Schmidel, Ulrich
  • Schmiedel, Utz
  • Schmidt, Ulrich
  • mehr

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Zitierweise

Schmidl, Ulrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118945882.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus seit 1395 in St. nachweisbarer Fam., die im 15. Jh. im Metzgerhandwerk u. im Viehhandel zu Wohlstand gelangte; nach Aufnahme in d. „Herrenstand“, das städt. Patriziat, stellten die S. mehrere hohe Amtsträger;
    V Wolfgang (um 1465/70-April 1511), studierte 1477 in Ingolstadt u. 1479 in Wien, 1495 Ratsmitgl., Stadtkämmerei, Spitalmeister, Vertr. v. St. b. d. Bayer. Landschaft u. Bgm., erhielt 1500 Azlburg b. St. als Lehen d. Bf. v. Regensburg, S d. Erhard d. Ä. seit 1438 im Rat nachweisbar, später Spitalmeister u. Stadtkämmerer in St.;
    M Dorothea, T d. Balthasar Neumair, Kammerer in Dingolfing;
    Halb-B Friedrich (1522–40 in St. nachweisbar), Thomas (vor 1498-20.9.1554, 1] Magdalena Schellner, 1528, 2] Margaretha Maller [Moller], 1557/58), studierte 1506 in Ingolstadt, Ratsherr, Spitalmeister u. Bgm. v. St., fürstl. Rat;
    1) wohl Straubing 1558 Juliana (um 1510–73/74 in R.), Wwe d. Wolfgang Hueber, 2) Regensburg 1574 Benigna (um 1524–77 in R.), T d. Christoph Matthias Reichlin v. Meldegg ( 1566 in Überlingen), ksl. Rat, u. d. Apollonia v. Stotzingen, Wwe d. Hans Amman, 3) Regensburg 1578 Ehrentraud, T d. Wilhelm Stockhammer ( 1565), bayer. Rat, u. d. Margarethe Ligsalz; keine ehel. K;
    4 Stief-K aus 1); außerehel. K im La Plata-Gebiet.

  • Biographie

    Über S.s Ausbildung ist nichts Näheres bekannt. Nach eigenen Angaben 1534, tatsächlich aber wohl erst ein Jahr später reiste er von Antwerpen nach Spanien. In Cádiz schiffte er sich als Söldner mit über 2500 Seeleuten und Soldaten auf der 14 Schiffe umfassenden Flotte ein, die unter dem Kommando Pedro de Mendozas in das Gebiet des Río de la Plata (heute Argentinien) segelte. Das Schiff, auf dem sich S. mit 80 weiteren Deutschen und Niederländern befand, wurde von Jakob Welser (1468–1541) und Sebastian Neidhart ( 1554) finanziert und ausgerüstet. Die Flotte stach Anfang Sept. 1535 von Sanlúcar de Barrameda aus in See und erreichte im Jan. 1536 die Mündung des La Plata. Im März desselben Jahres war S. zugegen, als Mendoza die Stadt Buenos Aires gründete. Nachdem der erkrankte Mendoza 1537 den Oberbefehl auf Juan de Ayolas übertragen und die Heimreise nach Spanien angetreten hatte, begleitete S. Ayolas auf einem Vorstoß, der den Paraná und den Paraguay flußaufwärts führte. Im Gebiet der zur Gruppe der Tupí-Guaraní-Indianer gehörenden Carios gründete dieser Trupp die Siedlung Asunción. Während Ayolas bei der Durchquerung des Chaco verschollen ging, kehrte S. mit dem neuen Kommandeur Domingo Martínez de Irala nach Asunción zurück. 1543 nahm er an einem Zug ins Landesinnere unter dem inzwischen zum Oberbefehlshaber ernannten Álvar Núñez Cabeza de Vaca teil. Vom Oberlauf des Paraguay aus drang S. mit einem Stoßtrupp unter Hernando de Ribero bis ins Quellgebiet des Amazonas vor. Aufgrund einer Meuterei unter Cabeza de Vacas Soldaten mußte diese Expedition jedoch abgebrochen werden. Unter dem Kommando Iralas unternahm S. noch einen dritten, sehr entbehrungsreichen Zug, der 1548/49 durch den Gran Chaco bis an den Fuß der Anden führte. Am weiteren Marsch in das peruan. Hochland wurde die Expedition durch den Gouverneur von Peru, Pedro de la Gasca, gehindert, der nach der Niederschlagung des von Gonzalo Pizarro angefühlten Conquistadorenaufstands weitere Unruhen befürchtete.

    Nachdem er 1552 eine Nachricht seines Halbbruders Thomas erhalten hatte, entschloß sich S. zur Rückkehr nach Europa. Nach eigenem Bekunden legte er auf einem sechsmonatigen Marsch in Begleitung von zwanzig Guaraní-Indianern den rund 1000 km langen Landweg von Asunción zum brasilian. Hafen São Vicente zurück. Ein Schiff des Antwerpener Kaufmanns Erasmus Schetz brachte ihn im Sommer 1553 nach Lissabon. Über Sevilla und Antwerpen erreichte S. im Sommer 1554 seine Heimatstadt Straubing, wo er im selben Jahr in den Rat gewählt wurde und nach dem Tod seines kinderlosen Halbbruders Thomas einen Teil von dessen Vermögen erbte. Infolge seines Übertritts zum Protestantismus mußte er 1562 die Stadt verlassen und zog mit seiner Familie nach Regensburg. Im folgenden Jahr erhielt er das Bürgerrecht der Reichsstadt,|wo er Hausbesitz erwarb und bis zu seinem Tod lebte.

    Kurz nach seiner Rückkehr nach Europa verfaßte S. einen Bericht über seine Erlebnisse in Südamerika, der im Manuskript erhalten ist (Stuttgart, Württ. Landesbibl.). Erstmals gedruckt wurde er 1567 in einem Sammelwerk des Frankfurter Verlegers Sigmund Feyerabend. Nach Neuausgaben durch Theodor de Bry in Frankfurt (1597) und Levinus Hulsius in Nürnberg (1599) avancierte S.s Reisebeschreibung zu einem Klassiker der Reiseliteratur, der immer wieder neu aufgelegt und ins Lateinische, Niederländische, Spanische, Französische und Englische übersetzt wurde. Obwohl S. nur knappe ethnographische Informationen über Kleidung, Schmuck, Waffen, Kriegstechnik und Ernährung der indianischen Stämme in seinen Text einstreute und seine geographischen Angaben als ungenau gelten, handelt es sich um einen der wichtigsten Berichte über die Eroberung des La Plata-Gebiets. Neben der Darstellung der Feldzüge nimmt der Alltag der Conquista breiten Raum ein, wobei S. Grausamkeiten an der indian. Bevölkerung nicht verschweigt. Aus der Perspektive des einfachen Soldaten schildert S. die Machtkämpfe zwischen den span. Anführern und betont deren Abhängigkeit von der Zustimmung ihrer Untergebenen. Hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Passagen, die den Kannibalismus der Indianer Brasiliens und Paraguays schildern, sind allerdings Zweifel geäußert worden, da S. offenbar auf Topoi anderer Autoren (F. Martyr, H. Staden) zurückgriff.

  • Werke

    Ausgg. d. Reiseber. u. a.: Warhafftige vnd liebliche Beschreibung etlicher fuernemen Jndianischen Landtschafften vnd Jnsulen/die vormals in keiner Chronicken gedacht/vnd erstlich in der Schiffart Vlrici Schmidts von Straubingen mit grosser gefahr erkuendigt/vnd von jhm selber auffs fleissigst beschrieben vnd dargethan, in: Ander theil dieses Weltbuchs von Schifffahrten, Warhafftige Beschreibunge aller vnd mancherley sorgfeltigen Schifffarten/auch viler vnbekanten erfundnen Landtschafften/Jnsulen/Koenigreichen/vnd Stedten/von derselbigen gelegenheyt/wesen/gebreuchen/sitten/Religion …, Frankfurt am Main 1567;
    Das VII. Theil America, Warhafftige vnnd liebliche Beschreibung etlicher fuernemmen Jndianischen Landschafften vnd Jnsulen/die vormals in keiner Chronicken gedacht/vnd erstlich in der Schiffart Vlrici Schmidts von Straubingen mit grosser gefahr erkuendigt …, Frankfurt am Main 1597;
    Vierte Schiffart, Warhafftige Historien, Einer Wunderbaren Schiffart/welche Vlrich Schmidel von Straubing/von Anno 1534. biß Anno 1554, in Americam oder Neuwewelt/bey Brasilia vnd Rio della Plata gethan …, 2. Aufl. Nürnberg 1602, Nachdr. 1962 (mit Vorw. v. H. Plischke);
    U. S.s Reise nach Süd-Amerika in d. J. 1534 bis 1554, Nach d. Münchener Hs. hg. v. V. Langmantel, 1889;
    U. S.s Reise nach Südamerika in d. J. 1534 bis 1554, Nach der Stuttgarter Hs., hg. v. J. Mondschein, 1893;
    Die Reisebeschreibung U. S. nach d. Hamburger Hs., hg. v. W. Friedrich, in: Jber. d. Hist. Ver. f. Straubing u. Umgebung 103 (2001), 2002, S. 119-212.

  • Literatur

    ADB 31;
    J. E. Mondschein, U. S. v. Straubing u. seine Reisebeschreibung, 1881;
    Th. G. Werner, Die Beteiligung d. Nürnberger Welser u. d. Augsburger Fugger an d. Eroberung d. Rio de la Plata u. d. Gründung v. Buenos Aires, in: Btrr. z. Wirtsch.gesch. Nürnbergs, 1967, S. 494-592;
    H. Andrä, Neue Ergebnisse d. U.-S.-Forsch., in: Staden-Jb. 33, 1985, S. 91-100;
    R. Walter, Nürnberg, Augsburg u. Lateinamerika im 16. Jh., Die Begegnung zweier Welten, in: Pirckheimer-Jb. 2, 1987, S. 45-82;
    W. Neuber, Fremde Welt im europ. Horizont, Zur Topik d. dt. Amerika-Reiseberr. d. Frühen Neuzeit, 1991;
    U. Bitterli, Die Entdeckung Amerikas, ³1992;
    A. Menninger, Die Macht der Augenzeugen, Neue Welt u. Kannibalen-Mythos 1492-1600, 1995;
    W. Friedrich, U. S., Bürger u. d. Rats zu Straubing, Ein Btr. z. Geneal. d. Fam. S., in: Jber. d. Hist. Ver. f. Straubing u. Umgebung 98 (1996), 1997, S. 93-130;
    ders., U. S. v. Straubing, Bürger zu Regensburg, Zur Biogr. seiner zweiten u. dritten Ellefrau, ebd. 98 (1996), 1997, S. 131-48;
    F. Obermeier, Die Rezeptionsgesch. v. U. S.s Wahrhaftige Beschreibung v. 1567 bis heute, ebd. 103 (2001), 2002, S. 213-55;
    Kosch, Lit.-Lex.³;
    Killy;
    Henze, Entdecker.

  • Autor/in

    Mark Häberlein
  • Zitierweise

    Häberlein, Mark, "Schmidl, Ulrich" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 161-162 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118945882.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Schmidl: Ulrich S. auf Straubing a. D., Verfasser einer Konquistadorenrelation, um 1510 geboren, entstammte einem der angesehensten und begütertsten Bürgergeschlechter, dessen Mitglieder Generationen hindurch in häufiger Wiederholung die Bürgermeisterwürde und andere wichtige Aemter der Stadt bekleideten. In Antwerpen faßte der junge Ulrich, welcher, wie aus mehreren Stellen seines Berichts hervorgeht, lateinischen Unterricht genossen hatte, aus Abenteuerlust, wie es scheint, den Entschluß, nach der neuen Welt zu gehen und sich der eben in Ausrüstung begriffenen großen Expedition Don Pedro de Mendoza's nach dem neuentdeckten Silberstrom anzuschließen. Am 1. September 1534 segelte Mendoza's Flotte, bestehend aus 14 großen Schiffen mit 2500 Spaniern und 150 Hochdeutschen, Niederländern und Sachsen nebst 72 Pferden an Bord, von Cadix ab. Das Schiff, auf welchem S. sich mit 80 deutschen Landsleuten befand, gehörte Sebastian Neithart und Jakob Welser in Nürnberg und war von deren Factor Heinrich Paime befehligt. Nach der Landung an der La Plata-Mündung im Januar 1535 wurde Buenos Ayres gegründet, bald aber brach eine Hungersnoth unter den Ankömmlingen aus, welche im Verein mit den Kämpfen gegen die Eingebornen binnen kurzem nahezu vier Fünftel der Expedition hinwegraffte. Der Rest zog stromaufwärts und gründete Buona Esperanza und Asuncion, welch letztere Stadt nach der Aufgabe von Buenos Ayres der Hauptstützpunkt|der Erobererschaar blieb. S. schildert nun in seinem Werke die zahlreichen von Asuncion ausgehenden Kriegszüge, von denen einer bis in die Breite des Titicaca-Sees, ein anderer nach Peru gelangte, die heftigen Kämpfe mit den Eingeborenen und die nicht minder heftigen Streitigkeiten der wechselnden Führer unter sich mit großer Anschaulichkeit und Lebendigkeit. Mitten in diesem wechselvollen Abenteurerleben erhielt er am 25. Juli 1552 durch Vermittlung des Factors der Fugger in Sevilla, Christoph Raiser, einen Brief mit der Bitte um Heimkehr, welchen Sebastian Neithart im Namen des Bruders Thomas Schmidt, fürstlichen Raths in Straubing geschrieben hatte. S. nahm daraufhin seinen Abschied und zog in sechsmonatlichem höchst beschwerlichem Marsche von Asuncion quer zu Lande nach S. Vincente, wo er sich am 13. Juni 1553 auf einem dem Erasmus Schetz in Antwerpen gehörigen und von dessen Factor Peter Rössel befehligten Schiffe nach der Heimath einschiffte. Am 26. Januar 1554 betrat er nach nahezu 20jähriger Abwesenheit und nachdem er durch Schiffbruch alle seine Habe verloren hatte, zu Antwerpen den Boden des Vaterlandes wieder, ebenso arm als er ihn verlassen. In seine Vaterstadt zurückgekehrt, schloß er sich der Reformation an und mußte in Folge dessen auf den Ausweisungsbefehl Herzog Wilhelm's 1562 die Stadt verlassen. Er begab sich nach Regensburg, wo er sich ankaufte und als Bürger aufgenommen ward und wo er, nachdem er sich noch verheirathet, ohne männliche Nachkommen zu hinterlassen, um 1579 starb. In Regensburg wird er auch seine Erlebnisse aufgezeichnet haben. S. tritt uns in seiner Relation als ehrlicher deutscher Landsknecht entgegen, der die Schicksale und Begebnisse eines wilden Abenteurerlebens schlicht und einfach erzählt. Die Erzählung, welche als eine der wichtigsten Quellen für die Entdeckungsgeschichte des La Plata-Gebietes anzusehen ist, trägt durchaus das Gepräge des ungeschminkt Wahren, wie sie denn nur Selbsterlebtes enthält. Sie ist in zwei Handschriften erhalten, von denen eine, die Originalniederschrift, die K. Bibliothek zu Stuttgart, die andere die Münchener Hof- und Staatsbibliothek verwahrt.

    • Literatur

      Vergl. Ulrich Schmidl und seine Reisebeschreibung. Programm der K. Realschule Straubing für 1880/81. — V. Langmantel, U. Schmidl's Reise nach Südamerika. Nach der Münchener Handschrift (184. Publ. d. litter. Ver. in Stuttgart). 1890.

  • Autor/in

    Mondschein.
  • Zitierweise

    Mondschein, "Schmidl, Ulrich" in: Allgemeine Deutsche Biographie 31 (1890), S. 702-703 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118945882.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA