Lebensdaten
1488 oder 1489 – 1524
Geburtsort
Zütphen (Geldern)
Sterbeort
Heide (Holstein)
Beruf/Funktion
Prediger der Reformation ; Augustiner
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118773763 | OGND | VIAF: 8414149198273574940008
Namensvarianten
  • Heinrich
  • Frater hinricus gelrie de zutphania
  • Henrich von Sudphen
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Zitierweise

Heinrich von Zütphen, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118773763.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Schon früh trat H. in eins der drei niederländischen Augustinerklöster ein (vermutlich Dordrecht), die der reformierten sächsischen Kongregation angehörten. Im Sommer 1508 ließ er sich als Student in Wittenberg einschreiben (1509 baccalaureus, 1511 magister artium). Wie Luther wohnte er damals in dem Kloster der Augustinereremiten, das Staupitz führte. Im Dienst seines Ordens wirkte er kurze Zeit in Köln und wurde dann bereits 1516 in die angesehene Stellung des Priors im Dordrechter Augustinerkloster berufen. Hier stieß er auf Widerstand, als er den Konvent zu strengerer Disziplin anhalten wollte. Dabei mußte er sich auch mit Herzog Karl von Geldern und dem Dordrechter Senat auseinandersetzen. Wiederholt seines Amtes enthoben und mit allen Ehren erneut eingesetzt, mußte H. seinen Gegnern schließlich doch weichen. 1520 ging er wieder nach Wittenberg, wo er 1521 den theologischen Baccalaureat erwarb und vermutlich noch im gleichen Jahr Licentiat wurde. In dieser Zeit war er besonders mit Luther und Melanchthon befreundet. Aus den Thesen, die er in diesen Jahren in zahlreichen Disputationen verteidigte, kann man erkennen, daß er sich die neuen reformatorischen Gedanken selbständig angeeignet hatte und für sie einzutreten wußte. Die Verfolgungen, von denen die Evangelischen in den Niederlanden betroffen waren, veranlaßten H., im Sommer 1522 nach Antwerpen zu gehen, wo er als Nachfolger von Jakob Propst zum Prior ernannt wurde. Wegen seiner Predigten wurde er jedoch wie dieser sehr bald gefangen gesetzt. Durch eine Volkserhebung befreit, konnte er aus Antwerpen fliehen. Er kam nach Bremen und hielt hier am 9.11.1522 in Sankt Anschari die erste evangelische Predigt. Damit begann auch hier in Bremen die Reformation, die sich bald gegen den Widerstand von Erzbischof und Domkapitel durchsetzte. 1524 folgte H. der Bitte des Kirchherrn Nikolaus Boye in Meldorf, den Dithmarschen das Evangelium zu predigen. Auf Betreiben des Dominikanerpriors von Meldorf, Augustinus Torneborch, wurde er überfallen, nach Heide verschleppt und hier am 10.12.1524 verbrannt. Seines Martyriums gedachte Luther in einem Trostbrief an die Bremer Kirche.

  • Literatur

    ADB XI;
    M. Luther, Von B. Henrico ynn Diedmar verbrand, sampt dem zehenden Psalmen ausgelegt, in: Weimar. Lutherausg. 18, S. 215 ff.;
    D. Ebersbach, Das Glaubensbekünntniß d. seel. Märtyrers Bruder Henrichs v. Sudphen, Hamburg 1713;
    C. H. van Herwerden, Het Aandenken van Hendrik van Zutphen, ²Arnheim 1864;
    J. Friedrich Iken, H. v. Z., 1886;
    NNBW V, Sp. 1179 ff.;
    PRE;
    RGG.

  • Autor/in

    Henneke Gülzow
  • Zitierweise

    Gülzow, Henneke, "Heinrich von Zütphen" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 431 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118773763.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Heinrich von Zütphen, ein Augustinermönch im Anfange der Reformationszeit, der mit kühner Beredsamkeit an mehreren Orten für die evangelische Sache auftrat, bald aber einen grausamen Märtyrertod erlitt. Die Stadt Bremen verdankt ihm den Anstoß zur Einführung der Reformation. H., dessen Familienname unbekannt ist (die frühere Annahme, er habe Moller oder Müller geheißen, hat sich als ein Irrthum erwiesen), trägt seinen Beinamen von seiner Vaterstadt Zütphen in den Niederlanden, wo er wahrscheinlich 1488 geboren ist. lieber seine Jugendzeit wissen wir nichts. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts trat er zu Dordrecht unter die Augustiner und erhielt den Klosternamen Johannes, den er jedoch später nie gebraucht hat. 1508 finden wir ihn unter den Studirenden an der neugegründeten Universität Wittenberg. Die Gemeinsamkeit des Ordens und Congenialität der Gesinnung brachte ihn Luther nahe, der ihn in seinen Briefen mit Auszeichnung nennt. 1509 wurde H. Vorleser im Wittenberger Kloster, bald aber berief man ihn nach Köln als stellvertretenden Prior des dortigen Angustinerklosters; 1515 finden wir ihn als Prior des heimischen Klosters zu Tordrecht. Bei solchem Bildungsgange mußte H. ein Anhänger der Bewegung werden, die 1517 von Wittenberg ausging und namentlich in den Niederlanden einen empfänglichen Boden fand; wurden doch die Augustiner fast überall Parteigänger Luther's. Schon 1517 und 1518 hören wir von einer Verfolgung der Evangelischen in Dordrecht. H. scheint daran noch nicht betheiligt gewesen zu sein, hat aber muthmaßlich seine Priorstelle niedergelegt, da sich 1520 für diese ein anderer Name findet. Wir treffen H. in diesem Jahre wieder in Deutschland und zwar, vielleicht auf Luther's Empfehlung, in der Umgebung des sächsischen Kurfürsten, mit dem er zu Köln der Uebergabe der päpstlichen Bannbulle wider Luther durch Carracioli und Aleander am 10. December beiwohnte. Er hat darüber einen noch erhaltenen Bericht verfaßt. Dann kam er aufs neue nach Wittenberg, wo er unter Melanchthon seine Studien fortsetzte und die akademischen Grade eines Baccalaureus und eines Licentiaten erwarb, 1521. Nun aber fühlte er sich reis genug, in seiner Heimath für die Reformation auszutreten, 1522. Ein Edict Karls V. und dessen blutige Ausführung durch die Statthalterin Margarethe schien zwar alle Mühe daselbst vergeblich zu machen; angesichts der zahlreichen Hinrichtungen hatte selbst Heinrichs Freund, der Antwerpener Augustinerprior Jacob Probst, widerrufen, derselbe, der später, seinen Widerruf bereuend, H. nach Bremen gefolgt ist; H. aber scheute sich nicht, gerade in Antwerpen aufzutreten. Das Volk strömte ihm zu, aber die Feinde ruhten nicht. Am 29. Septbr. 1522 wurde der kühne Mönch bei einer Predigt am User der Schelde verhaftet. In der Nacht sollte er nach Brüssel geschleppt werden, sein Schicksal schien entschieden. Aber das Volk, an der Spitze die Frauen, erbrach das Gefängniß mit Gewalt und setzte den bewunderten Prediger in Freiheit. H. floh. Er sah für den Augenblick keine Möglichkeit, in den Niederlanden zu wirken, und beschloß, nach Wittenberg zurückzukehren. Auf dieser Reise, die er über seine Vaterstadt Zütphen und, wol der Sicherheit halber, auf einem Umwege machte, kam er nach Bremen, wo er einen ungeahnten Wirkungskreis finden sollte. — Die Stadt Bremen hatte sich, wie ganz Niedersachsen, der Reformation bisher fern gehalten, obwol Empfänglichkeit für sie vorhanden war. Man wußte hier von Heinrichs Schicksal und seinem Kommen; deshalb wurde er von angesehenen Männern sofort angehalten und um eine Predigt ersucht. H. war bereit und predigte am Sonntag den 9. November 1522 in einer Capelle der Anscharii-Kirche. Man bat ihn nun zu bleiben, und mit Bewilligung seines Provinzialoberen blieb H. in Bremen, dessen Reformator er jetzt werden sollte. Die Geistlichkeit setzte natürlich alle Mittel in Bewegung, den Neuerer zu hindern oder seiner habhaft zu werden, der Rath aber, der allerdings keine entschiedenen Schritte für H. that, duldete ihn doch und hinderte das Volk nicht, sich seiner und seiner Sache thatkräftig anzunehmen. Man ließ H. auf das vom Erzbischof Christoph (s. Bd. IV. S. 235 ff.) angesetzte Provincialconcil zu Buxtehude (10. März 1523) nicht ziehen, zerstörte die der Stadt nahe und gefährlich gelegene Abtei St. Pauli, und berief an die Stadtkirchen zwei neue Prediger des Evangeliums, nämlich jenen Freund Heinrichs Jacob Probst und den Amsterdamer Johann Timann (1524). Bei diesem günstigen Verlauf der Dinge glaubte H. einem neuen Rufe folgen zu müssen. Er war aufgefordert worden, nach Meldorf im Lande Dithmarschen zu kommen, wo seit einiger Zeit der evangelische Prediger Nicolaus Boje (s. Bd. III. S. 85) für die Reformation arbeitete. Nur wenigen Bremern zeigte er sein Vorhaben an und zog, um die Feinde nicht aufmerksam zu machen, heimlich fort (28. November 1524). Auf dem neuen Schauplatz ging es anfangs gut. In Meldorf nahm man den Fremdling freudig auf und hörte begierig seine Rede. Aber es sollte nicht lange dauern. Das stolze Bauernvolk der Dithmarsen, welches solange seine Freiheit gegen die umliegenden Fürsten behauptet, liebte keine Glaubensänderung. Dem Prior des Meldorfer Dominikanerklosters, Augustinus Torneborch, wurde es daher leicht, die Gemüther gegen den Ketzer zu entflammen. Es wurde ein heimlicher Schlag gegen denselben beschlossen und ausgeführt. Man überfiel in einer Nacht das Meldorfer Pfarrhaus und schleppte den unglücklichen Mönch unter den rohesten Mißhandlungen nach dem Orte Heide, wo er am anderen Morgen einen qualvollen Tod im Feuer fand. Das war am 11. December 1524. Ein jähes Ende hatte den 36jährigen Mann aus einer verheißungsvollen Laufbahn gerissen. Aber auch das trug seine Frucht. In Wittenberg beklagten Luther und Melanchthon den Frühvollendeten aufs schmerzlichste, und ersterer sandte den Bremern einen Trostbrief nebst einer Erzählung von Heinrichs Wirken und Märtyrertod, die nicht wenig zu der ernsten Durchführung der Reformation in Bremen beitrugen. Auch im Lande Dithmarschen fand dieselbe bald Eingang. Das Andenken des Blutzeugen aber hat sich der evangelischen Kirche unvergeßlich eingeprägt. Seit 1830 erhebt sich an der Stelle seines Märtyrertodes ein Denkmal. Viele Schriften haben sein Leben und Leiden dargestellt.

    • Literatur

      Luther's Historie von der Marter des seligen Heinrich von Zütphen, 1525 (Luther's Werke v. Walch, XXI. 104 ff.). Crocius, Märtyrerbuch von 1572 (Bremen 1682), S. 166 ff. — Unter den älteren Bearbeitungen vorzüglich zu nennen: D. Ebersbach, Das Glaubensbekenntniß des seligen Märtyrers H. v. H., mit dessen Geschichte und Bildniß (Hamburg 1713). Muhlius, Dissertatio de vita et gestis Henrici Zutphaniensis (Kiel 1714). Neue Bearbeitungen: Herwerden, Het Aandenken van Hendrik van Zutphen (Tweete druk 1864). Krafft, Briefe und Dokumente aus der Reformationszeit (Elberfeld 1876). Iken, Die erste Epoche der Bremischen Reformation, im Brem. Jahrbuch, VIII. S. 40 ff. und IX. S. 55 ff. Fromme, Erforschtes und Erlebtes, I., Hinrich von Zütphen (Hermannsburg 1878).

    • Korrektur

      Korrektur: Jetzt zu vgl.: J. Fr. Iken, Heinrich v. Zütphen (Schriften des Vereins für Reformationsgesch. 12), Halle, in Commission von Max Niemeyer. 1886.

  • Autor/in

    Iken.
  • Zitierweise

    Iken; l. u., "Heinrich von Zütphen" in: Allgemeine Deutsche Biographie 11 (1880), S. 642-643 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118773763.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Müller: Heinrich M. ist nach gewöhnlicher Annahme der ursprüngliche Name des als Bruder Heinrich von Zütphen bekannten Märtyrers, über den Band XI, S. 642 f. das Nöthige mitgetheilt ist. Statt Müller wird er auch Muler, Moller und Möller genannt. Nach den neueren Forschungen hat aber Heinrich von Zütphen nicht so geheißen; als sicher darf gelten, daß er der im Sommer 1505 in Wittenberg inscribirte Fr. hinricus gelrie de zutphania ord. S. Augustini ist, in welchem Falle sein Familienname Gelrie (oder falls eine ungenaue Angabe vorliegt, jedenfalls ähnlich) gelautet hätte. Da das Lied:|"Hilf Gott, daß mir gelinge, du edler Schöpfer mein“ nach den Anfangsbuchstaben der Verse jedenfalls von einem Dichter namens Heinrich Muler (wo immerhin Muler für Muller oder Müller stehen könnte) verfaßt ist, so kann es nicht von Heinrich von Zütphen gedichtet sein. Auch der Professor Heinrich Moller, 1589, den Wetzel für den Verfasser hält (Wetzel nennt ihn Müller), kann es nicht sein; vgl. unten am Schlusse dieses Bandes den Artikel Heinrich Moller. Wer der Verfasser des genannten Liedes ist, das schon 1524 gedruckt ward, läßt sich demnach nicht sagen. Hingegen hat Heinrich von Zütphen wohl sicher zwei andere Lieder verfaßt.

    Förstemann, Album, p. 26. — Goedeke I (1. Aufl.), S. 221. — Wackernagel, Das deutsche Kirchenlied III, S. 81—85. — Koch, Geschichte des Kirchenlieds u. s. f., 3. Aufl., I, S. 411 ff.

  • Autor/in

    l. u.
  • Zitierweise

    CC-BY-NC-SA