Lebensdaten
1871 – 1946
Geburtsort
Gollantsch Kreis Wongrowitz (Provinz Posen)
Sterbeort
Paris
Beruf/Funktion
Schriftsteller ; Philosoph
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 118586076 | OGND | VIAF: 59135104
Namensvarianten
  • Friedlaender, Salomo (Mynona ist Pseudonym seit 1909)
  • Friedlaender, Salomon (gesetzlicher Name)
  • Mynona (Pseudonym)
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Zitierweise

Mynona (Pseudonym), Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118586076.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ludwig (Eliezer) Friedlaender ( 1898), Arzt u. Stadtverordneter in G., S d. Eliezer, jüd. Gde.vorsteher in Westpreußen;
    M Ida Weiss ( 1891);
    Schw Anna (1874–1942, Salomon Samuel, 1867–1942, Oberrabbiner in Essen, beide zuletzt in Theresienstadt, Vt);
    - Berlin 1911 Marie Luise Schwinghoff (1883–1968); Vt Ernst Samuel (Ps. Anselm Ruest, 1878–1943), Schriftst., emigrierte 1933 nach Frankreich (s. W, L);
    1 S Heinz-Ludwig Friedlaender (1913–88), Radiotechniker (s. L).

  • Biographie

    Nach dem Abitur in Freiburg (Breisgau) studierte M. seit 1894 Medizin und Zahnheilkunde in München und Berlin, seit 1896 Philosophie, Geschichte und Germanistik. 1899 lernte er in Essen den Philosophen Ernst Marcus kennen, der ihn nachhaltig beeinflußte. 1902 wurde er in Jena mit der Dissertation „Versuch einer Kritik der Stellung Schopenhauer's zu den erkenntnistheoretischen Grundlagen der, Kritik der reinen Vernunft'“ promoviert. Im selben Jahr übersiedelte M. nach Berlin, wo er sich zunächst als Autor populärwissenschaftlicher Schriften einen Namen machte („Julius Robert Mayer“, 1905). Zugleich wurde er durch die 1904-08 in der Zeitschrift „Charon“ veröffentlichten Jugendstil-Gedichte als Lyriker bekannt („Durch blaue Schleier“, 1908). In diesen frühen, im Stil der Boheme verbrachten Jahren kam M. auch mit zahlreichen Schriftstellern in Kontakt; befreundet war er mit Paul Scheerbart, Samuel Lublinski, Herwarth Walden, Georg Simmel und Martin Buber.

    Seit 1910 spielte M. in den Berliner expressionistischen Kreisen eine wichtigte Doppelrolle als Philosoph und Schriftsteller. 1911 erschien unter seinem bürgerlichen Namen die vielbeachtete theoretische Studie „Friedrich Nietzsche, Eine intellektuale Biographie“. 1918 veröffentlichte er unter demselben Namen sein philosophisches Hauptwerk „Schöpferische Indifferenz“(²1926). Mit der auf Schopenhauer, Nietzsche, Kant und Stirner aufbauenden These vom absoluten einheitlichen Selbst, das sich in den von ihm geschaffenen polar-gegensätzlichen Differenzen der äußeren Welt verwirklichen soll, reagierte er auf in diesen Jahren virulente metaphysische Fragestellungen. Als Querdenker beeinflußte er neben anderen Zeitgenossen die bildenden Künstler Alfred Kubin, Arthur Segal und Raoul Hausmann.

    Parallel zu den zahlreichen Publikationen unter bürgerlichem Namen veröffentlichte er, angeregt durch Ludwig Rubiner, unter dem Namen „Mynona“ (Anagramm v. „anonym“) seit 1909 auch belletristische Texte. So prägte M. als Schriftsteller und Mitarbeiter vonHerwarth Waldens „Sturm“ und Franz Pfemferts „Aktion“ die Kurzprosaform der Groteske. Mit den ersten Sammlungen „Rosa die schöne Schutzmannsfrau“ (1913), „Schwarz-Weiß-Rot“ (1916) und dem Roman „Die Bank der Spötter“ (1919) begeisterte er die Berliner Boheme und beeinflußte Expressionisten und Dadaisten. Seine zahlreichen literarischen Texte verfolgen die Intention, die philosophischen Thesen umzusetzen, sind aber zugleich auch durch sprachlich und inhaltlich groteske Einfälle bestimmt. Bereits in den zwanziger Jahren ließ das Interesse an seinen Arbeiten nach. Mit dem Roman „Graue Magie“ (1922, ²1931, ³1989), der Tarzan-Parodie „Tarzaniade“ (1924) oder den Groteskensammlungen „Das widerspenstige Brautbett“ (1921), „Das Eisenbahnglück oder der Anti-Freud“ (1925) und „Mein hundertster Geburtstag“ (1928) konnte M. sein Publikum zwar weiterhin unterhalten, seine didaktischen Schriften aber, die von Thesen des späten Kant und des Philosophen Ernst|Marcus ausgehen (S. Friedlaender, Kant für Kinder, 1924), fanden ebenso wie seine satirischen Polemiken gegen die Moderne (Hat Erich Maria Remarque wirklich gelebt?, 1929) nur wenige – Im Oktober 1933 emigrierte M. mit seiner Familie nach Paris, wo er die deutsche Besatzung überlebte und verarmt und vergessen starb. 1935 erschien in einem Pariser Exilverlag seine letzte Buchveröffentlichung (Der lachende Hiob und andere Grotesken); das umfangreiche philosophische Spätwerk (u. a. Das magische Ich; Experiment Mensch) ist bis heute unpubliziert.

  • Werke

    Weitere W u. a. Ich, Autobiogr. Skizze, 1936 (ungedr.).Hrsg.: Der Einzige (Berlin) 1, 1919 (mit A. Ruest, eigtl. Ernst Samuel, Neudr. 1980). – Ausgg.: Ich verlange e. Reiterstandbild, Der Schöpfer – Tarzaniade – Der antibabylon. Turm, Prosa, 2 Bde., hrsg. v. H. Geerken, 1980 (Bibliogr. in II, S. 219-76). |

  • Nachlass

    Nachlaß: Dt. Lit.archiv, Marbach/Neckar; Ak. d. Künste, Berlin; Friedlaender/M.-Archiv Geerken, Herrsching/Ammersee.

  • Literatur

    M. Weyembergh-Boussart, S. Friedlaender-M., in: Revue des Langues Vivantes (Bruxelles) 41, 1975, S. 498-516, 614-34, 42, 1976, S. 37-55;
    M. Kuxdorf, S. Friedlaender/M., Werk u. Wirkung, Forschungsber., in: Zeitgesch. 5, 1977, H. 3, S. 95-105;
    P. Cardorff, Friedlaender (M.) zur Einf., 1988;
    Maßnahmen d. Verschwindens, S. Friedlaender/M., Anselm Ruest, Heinz-Ludwig Friedlaender im franz. Exil, Ausst. u. Hörspiele v. H. Geerken, Bayer. Rundfunk u. Kulturreferat München, 1993 (L, P);
    L. Exner, Ergg. z. Bibliogr. S. Friedlaender/M., in: dies., M., Die Bank d. Spötter, Mag.arb. Wien 1990 (ungedr.), S. 163-76;
    dies., Fasching als Logik, Über S. Friedlaender/M., 1996 (P);
    Kosch, Lit.-Lex.³;
    Kunisch-Wiesner;
    Killy;
    BHdE (jeweils unter „Friedlaender“). – W-Verz.: P. Raabe u. I. Hannich-Bode, Die Autoren u. Bücher d. literar. Expressionismus, 1985, S. 353-56;
    J. Serke, Die verbrannten Dichter, 1977, S. 263.

  • Porträts

    Zeichnungen, Aquarelle, Collagen v. M. Oppenheimer, L. Meidner u. a., Abb. in: S. Friedlaender/M. 1871-1946, Ausst.kat., Ak. d. Künste, Berlin, 1972.

  • Autor/in

    Lisbeth Exner
  • Zitierweise

    Exner, Lisbeth, "Mynona" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 670-671 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118586076.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA