Lebensdaten
1882 – 1968
Geburtsort
Puerto Cabello (Venezuela)
Sterbeort
Eckernförde
Beruf/Funktion
Schriftsteller
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118571095 | OGND | VIAF: 32013456
Namensvarianten
  • Lehmann, Wilhelm
  • Lehmann, Wilhelm H.
  • Lehmann, Wilhelm Heinrich

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Zitierweise

Lehmann, Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118571095.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Friedrich (1851–95), Kaufm. in Venezuela, Hamburg u. Mexiko, S d. Joh. Heinr. Frdr. Wilh., Hornist u. Gastwirt in Lübeck, u. d. Johanna Wulf;
    M Agathe (1855–1918), T d. Chrstn. Wilh. Heinr. Carl Wichmann (1827–83), Wundarzt in Hamburg, u. d. Caroline Wilhelmine Juliane Nahr;
    B Walter (1883–1941), Theologe u. Schriftsteller;
    - 1) Flintbek b. Kiel 1906 ( 1912) Martha Wohlstadt (1867–1947), Stief-T d. Sanitätsrats Georg Dreis in Kiel, 2) Heide (Holstein) 1913 Frieda (1889–1975), T d. Propstes Brar Volkert Riewerts (1842–1933) in Neumünster u. d. Caroline Marie Knudsen;
    2 S aus 1) (1 jung †) Berthold (* 1908), Gen.musikdir. in Hagen, 1 S, 1 T aus 2).

  • Biographie

    L., der mit seiner Mutter 1885 aus Venezuela nach Deutschland zurückkehrte, wuchs im noch ländlichen Wandsbek b. Hamburg auf. Dort geriet er schon früh in den Bann der ihn sein Leben lang faszinierenden Pflanzen- und Tierwelt. Er studierte in Tübingen (1900), Straßburg (1900–01) und Berlin (1901–02) englische Philologie sowie Philosophie und Botanik. Hier lernte er 1901 Moritz Heimann, den Lektor im S. Fischer Verlag, kennen. Dieser wurde ihm ein väterlicher Freund; er förderte ihn in seinen dichterischen Bemühungen und machte ihn mit Schriftstellern und Künstlern, vornehmlich aus dem Umkreis des Verlags und der Berliner Donnerstagsgesellschaft, bekannt. In Kiel wurde L. 1905 mit der Arbeit „Das Präfix uz- im Altenglischen“ promoviert, 1908 legte er das Staatsexamen ab. In der Folgezeit unterrichtete er in Kiel (1908–09) und Neumünster (1909–12) sowie an der progressiven Freien Schulgemeinde Wickersdorf (1912–17). Mehrere sprachwissenschaftliche Aufsätze wurden 1906-12 veröffentlicht. Auf den Rat Heimanns begann L., Erzählungen und Romane mit deutlich autobiographischen Zügen zu schreiben und, zunächst bei S. Fischer, zu veröffentlichen. So spiegeln sich seine Tätigkeit in Wickersdorf und die Auseinandersetzung zwischen den Pädagogen Gustav Wyneken und Martin Luserke im Roman „Der Bilderstürmer“ (1917). Seine frühe Prosa, von einer Fülle botanischer Details überwuchert, war anfangs vom literarischen Jugendstil beeinflußt und tendierte dann mit den kühnen Bildern ihrer Naturschilderung zum Expressionismus. 1917 wurde L. eingezogen. Nach für ihn qualvollem Dienst an der Westfront versuchte er kurz vor Kriegsende, zum Feind überzulaufen. Seine Erlebnisse als Soldat sind in dem 1925-27 entstandenen, aber erst 1962 publizierten Roman „Der Überläufer“ dargestellt. Nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft (1919) war L. drei Jahre Lehrer im Landschulheim am Solling b. Holzminden, bis er 1923 nach Eckernförde übersiedelte, wo er wieder in den staatlichen Schuldienst eintrat. Seine in den 20er Jahren geschriebenen Werke wie „Weingott“ (1921) und „Der Überläufer“ sind stilistisch weniger extrem bildhaft, aber so unzeitgemäß, daß sie trotz großen Lobes von Kritikern und Dichtern wie Heimann, Döblin und dem mit L. befreundeten Oskar Loerke keine größere Leserschaft fanden, weshalb L. bald Schwierigkeiten hatte, einen Verlag zu finden. Alle Prosawerke L.s ähneln sich darin, daß er stets die Suche seines Helden nach einer mythischen Einheit von Mensch und Natur als Thema wählt. In den 20er und 30er Jahren konnte L. einige Auslandsreisen unternehmen (1925 Italien, 1929 Dalmatien, 1931 Irland, 1931 und 1932 Schweiz, 1933 England). Nachdem eine Netzhautablösung trotz langer klinischer Behandlung (1934–35) zur Erblindung des rechten Auges führte, unternahm er zunächst nur noch kurze Reisen nach Dänemark (1936, 1937).

    In den 20er Jahren hatte L. begonnen, Gedichte von eigener Tonart zu schreiben und in verschiedenen Zeitschriften zu veröffentlichen. 1935 erschienen diese gesammelt unter dem Titel „Antwort des Schweigens“ im Widerstandsverlag von Ernst Niekisch. In diesen Gedichten beschwört L. durch genau beobachtete Naturbilder die zeitlose Allgegenwart eines ursprünglichen Naturzustandes neu herauf. Von der offiziellen Kritik zunächst kaum wahrgenommen, hat dieses Buch (wie auch die späteren Gedichtbände) stark auf die jüngeren Lyriker (Günter Eich, Elisabeth Langgässer u. a.) bis in die 50er Jahre gewirkt. Obwohl L. keineswegs nationalsozialistisch gesinnt war, wurde er, wie viele Beamte, schon früh Mitglied der NSDAP. Allerdings konnte er so nicht verhindern, daß er wegen seiner Verbindung mit dem Nationalbolschewisten Niekisch doch dem Regime mißliebig wurde. Trotzdem fand sich 1942 ein Verleger (Otto Müller) bereit, den Gedichtband „Der grüne Gott“ zu veröffentlichen, der aber kaum Echo fand. L.s Abgeschiedenheit in Schleswig-Holstein und seine durch die Auswanderung jüd. Freunde und den Tod der beiden engen Freunde Heimann (1925) und Loerke (1941) verursachte Einsamkeit wurde durch den Mangel an literarischem Erfolg zu dieser Zeit noch verstärkt.

    Nach Kriegsende stieg L.s Ansehen schnell. Schon 1946 erschien der Gedichtband „Entzückter Staub“, gefolgt 1947 von einem Band Erzählungen. Im selben Jahr kam auch der erste Band von Aufsätzen („Bewegliche Ordnung“) heraus, in denen er sich mit dem Wesen des Gedichts auseinandersetzte, eine Reihe subtiler Dichter-Porträts zeichnete und die Besonderheit seines Verhältnisses zur Natur erläuterte. Ein Romaufenthalt als Gast in der Villa Massimo (1959), zahlreiche Vortragsreisen (auch ins Ausland: 1964 England, 1966 Schweiz) und Radiolesungen sowie die Aufnahme in Akademien (Darmstadt, Mainz und Hamburg) und den deutschen PEN-Klub bestätigen seinen Ruhm zu dieser Zeit. L. zählt zu den großen deutschen Lyrikern des 20. Jh. und gilt mit Loerke als Hauptvertreter der Naturmagischen Schule. In durchweg gereimten Gedichten läßt er mythologische Figuren und Gestalten der Weltliteratur in einer genau geschauten Naturszenerie erscheinen und feiert so die zeitlose Allgegenwart einer Einheit von Mensch und Natur.|

  • Auszeichnungen

    Kleist-Preis (1923, mit Robert Musil), Kunstpreis d. Landes Schleswig-Holstein (1952), Lessing-Preis (1953), Schiller-Preis (1959), Gr. Bundesverdienstkreuz (1957), Kulturpreis d. Stadt Kiel (1963).

  • Literatur

    H. Bruns, W. L., Sein Leben u. Dichten, 1962 (W, L);
    B. Barrett, Nature and Myth in the Lyrics of W. L., Diss. Indiana University, Bloomington (USA) 1966;
    Gegenwart d. Lyrischen, Essays z. Werk W. L.s, hrsg. v. W. Siebert, 1967 (W);
    H. D. Schäfer, W. L., Stud. z. s. Leben u. Werk, 1969 (W);
    K. Graucob, W. L., Lyrik u. Bukol. Tagebücher, Eine vgl. Unters., 1970;
    B. Channer, Lyrical Structure in Two Novels of W. L.: Der Bilderstürmer and Weingott, Diss. Ohio State University, Columbus (USA) 1971;
    M. Lorman, Die Lyrik u. Poetik W. L.s, Diss. University of California, Riverside (USA) 1971;
    D. Scrase, The Dialectic in W. L.s Nature Imagery, Diss. Indiana University, Bloomington (USA) 1972;
    J. Jung, Mythos u. Utopie, Darst. z. Poetol. u. Dichtung W. L.s, 1975;
    W. L., hrsg. v. U. Doster, 1982;
    Kosch, Lit.-Lex.;
    Kunisch;
    Kindlers Lit.-Lex., II, S. 1418, 1518, V, S. 4576, IX, S. 8512, XI, S. 10169.

  • Porträts

    Ölgem. v. A. v. Assaulenko, 1958 (Marbach, Dt. Lit.archiv);
    Zeichnung v. E. Orlik (ebd.).

  • Autor/in

    David A. Scrase
  • Zitierweise

    Scrase, David A., "Lehmann, Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 96-97 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118571095.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA