Lebensdaten
1670 – 1733
Geburtsort
Dresden
Sterbeort
Warschau
Beruf/Funktion
Kurfürst von Sachsen ; König von Polen ; Markgraf von Meißen
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118505084 | OGND | VIAF: 56618625
Namensvarianten
  • August der Starke
  • August II. (als König von Polen)
  • Friedrich August I. von Sachsen
  • mehr

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Zitierweise

Friedrich August I., Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118505084.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Kf. Joh. Gg. III. v. S. (1647–91);
    M Anna Sophie (1647–1717), T d. EB Frdr. II. v. Bremen ( 1670), Hzg. v. Schlesw.-Holst., dän. Kg. (s. NDB V);
    B Kf. Joh. Gg. IV. v. S. (1668-94);
    Vt Hzg. Chrstn. Aug. v. Sachsen-Zeitz (1666–1725), Bischof v. Raab, EB v. Gran, Kardinal, vor ihm legte F. 1097 s. Bekenntnis z. Katholizismus ab (s. ADB IV);
    Bayreuth 1693 Christiane Eberhardine (1671–1727), T d. Mgf. Chrstn. Ernst v. Brandenburg-Bayreuth ( 1712, s. NDB III);
    S Kf. Frdr. Aug. II. v. S. ( 1763, s. NDB V); zahlr. außerehel. Verbindungen, u. a. Aurora Gfn. v. Königsmarck ( 1728, s. ADB 16, ihr S: Gf. Moritz v. S. [ 1750], Marschall v. Frankr.), Ursula Kath. Fürstin v. Teschen, gesch. Fürstin Lubomirska, geb. v. Boccum (1680–1743, s. ADB 19, ihr S: Joh. George Chevalier de Saxe [1704–74], sächs. FM, s. ADB XIV), Türkin Fatime (ihr S: Frdr. Aug. Gf. Rutowski [ 1764], sächs. FM), Anna Constanze Gfn. v. Cosel, gesch. Freifrau v. Hoym, geb. v. Brockdorf (1680–1765, ihr S: Frdr. Aug. Gf. v. C. [1712-70], sächs. Gen., beide s. ADB IV).

  • Biographie

    F. war, namentlich in jüngeren Jahren, von eindrucksvoller Gesamterscheinung, wenn auch nur von mittlerer Körpergröße; aber er besaß erhebliche Körperkräfte. Diesem Umstand verdankt er schon bald den vieldeutigen Zunahmen „der Starke“ in der europäischen Öffentlichkeit. Seine Laufbahn als Kurfürst und bald als Bewerber um den polnischen Thron begann mit stürmischen militärischen Unternehmungen, die sich zunächst nicht ungünstig anließen. Die polnische Krone war allerdings mehr erheblichen Bestechungsgeldern und den Auswirkungen eines verwirrenden Ringens der großen europäischen Mächte zu verdanken als militärischen Erfolgen. Der Tod seines Bruders, des Kurfürsten Johann Georg IV., 1694 brachte den erst 24jährigen F. unerwartet rasch auf den Thron. Er war auf die Aufgaben eines Landesherrn, Reichsfürsten und, wie seine Neigungen bald ergeben sollten, europäischen Politikers nur sehr flüchtig vorbereitet. Die Angleichung der Staatsgebilde Sachsen und Polen, die in so wesentlichen Punkten völlig verschieden waren, stellte eine äußerst schwierige Aufgabe für ihn dar. Dabei zeigten sich seine außenpolitischen Neigungen als erheblich von der Phantasie und romanhaft-romantischen Vorstellungen beeinflußt. Die politische Welt Europas, in die er nun mit Nachdruck und Leidenschaft eintrat, war von Spannungen erfüllt. Der machtpolitische Aufstieg Rußlands unter Peter I., mit dem er rasch in Beziehungen trat, und der militärisch politische Genius Karls XII. von Schweden, dessen Kräfteentfaltung noch gar nicht abzusehen war, bestimmten Osteuropa so sehr, daß sich F. bei seinen vergleichsweise geringeren Kräften und Mitteln nur mit großer Anstrengung zu behaupten bestrebt sein konnte. Im Hintergrunde spielte sich das ganz Mitteleuropa erschütternde Ringen der Dynastien Bourbon und Habsburg um die Vormacht ab. Langsam wichen die Türken aus Mitteleuropa zurück, während im Ostseeraum der diesen dann so lange beherrschende englisch-russische Gegensatz heraufdämmerte. Ruhmsucht und Kraftbewußtsein des jungen Wettiners suchten sich stürmisch auszuleben, wie er als Kurfürst seit 1694 und als polnischer König seit 1697 auch auf persönlichem Gebiete Idealen zustrebte, die seinen Ruf an den Fürstenhöfen und durch die Lande verbreiteten. Livland war das erste Ziel seines Expansionsstrebens, aber seine leichtfertigen kriegerischen Unternehmungen zogen ihm bald die ersten Niederlagen im Felde durch die schwedischen Waffen zu. An der unteren Düna, bei Riga, blieben die erhofften Erfolge aus, und nur zu rasch folgte die schwedische Armee seinen nach Sachsen zurückweichenden Truppen. Karl XII. besetzte Sachsen, und es kam schließlich zu den lange sich hinziehenden Friedensverhandlungen von Altranstädt, die mit dem schimpflichen Verzicht F.s auf die polnische Krone 1706 endeten. In der Folgezeit wurden F.s diplomatische Planungen zwar im ganzen vorsichtiger, aber in der Praxis und den Zielen nicht gehemmt. Der Altranstädter Verzicht wurde aufgekündigt, und der Sachse behauptete sich in Polen, insbesondere nach der entscheidenden Niederlage Karls XII. durch Peter I. bei Pultawa 1709. Die Bedeutung des russischen Einflusses auf die Entwicklung in Polen wurde auch bei dem Sachsen nicht verkannt, aber er erreichte doch in den folgenden Jahren eine gewisse Stabilität für sein Königtum im Lande. Gleichzeitig festigten sich die weniger von Rivalität als von gleichlaufenden Interessen bestimmten nachbarlichen Beziehungen zwischen Kursachsen und Brandenburg-Preußen. Im Stile der Zeit wechselten oft die Kombinationen der Staaten und der Staatengruppen, aber von der Politik F.s in seiner Spätzeit läßt sich sagen, daß in den Wandlungen eine gewisse Ernüchterung, aber auch Beruhigung eingetreten ist. Sein Übertritt zum Katholizismus und noch mehr die von ihm veranlaßte Konversion seines Sohnes waren natürlich Sensation für die Öffentlichkeit, beeinträchtigten aber den protestantischen Charakter seines Stammlandes kaum. Ebenso sind seine Anläufe zur Zentralisierung der staatlichen Verwaltung in Kursachsen und sein Bemühen um eine Ausschaltung der entscheidenden Macht der Landstände nicht zu nennenswerten Erfolgen gediehen. Aber es spricht doch für den Erfolg seiner Politik, daß ihm durch die Verheiratung seines Sohnes mit der Tochter Kaiser Josephs I. der Zugang zur höchsten Aristokratie Europas eröffnet wurde, daß ihm ferner die Vererbung der polnischen Krone auf seinen Sohn gelang und daß endlich eine für Sachsen wohl erträgliche Liquidation des Nordischen Krieges eintrat. Wenn unterdessen über das weite polnische Land der Schatten Rußlands immer drohender heraufstieg und wenn sein Verhältnis zur Rivalität Frankreichs und Österreichs immer mehr die habsburgische Komponente auch in der sächsischen Politik überwiegen sah, so zeigte sich beim Eintritt seines verhältnismäßig frühen Todes 1733 die Situation Sachsens als keineswegs hoffnungslos und so ungünstig, wie das die spätere historische Kritik des Liberalismus im 19. Jahrhundert zu beobachten vermeinte.

    Aber wesentlich bedeutsamer ist die Regierungszeit F.s durch das Ausmaß der künstlerischen und kulturellen Erfolge. Im Dienste seiner Feste und Stimmungen hat die Kunst in Sachsen, zumal in Dresden und der Umgebung, Werke geschaffen, die unvergänglich sind. Diese haben den Charakter der Hauptstadt bleibend bestimmt und sie für immer in die Reihe der großen Kunststädte eingereiht. Andere Plätze des Landes stehen naturgemäß hinter Dresden zurück, aber die Rückwirkung der landesherrlichen Anregungen auf die öffentliche und private Bautätigkeit und auf die allgemeine Geschmackskultur sind doch nirgends zu verkennen. Bauwerke, allen voran der Dresdener Zwinger, das Japanische Palais, die Neumarkt-Anlage, die Anlagen in Pillnitz und Moritzburg künden den Ruhm der Pöppelmann, de Bodt, Longuelune nicht weniger als den der Bildhauer, unter denen Permoser einen besonderen Platz einnimmt. Gleichzeitig schmückte F. aber auch seine polnische Hauptstadt Warschau mit dem Sächsischen Palais und großartigen Park- und Straßenanlagen. Nicht auf gleicher Höhe stand die Malerei. Sie hielt sich in den Bahnen des konventionellen Geschmacks und Könnens. Aus den Bildnissen der beiden Mengs spricht lebensvoll das sächsische Volk der augusteischen Zeit. Die Feste und exotischen Aufzüge schuf Dinglingers Kunst in der Kleinplastik nach. Die berühmten Dresdener Sammlungen (vor allem das Grüne Gewölbe) gehen wesentlich, wenn auch nicht in ihren Anfängen so doch in ihrem weiteren Ausbau, auf F. zurück. Des Orgelbauers Silbermann ist ebenso zu gedenken wie der die ruhmvolle Überlieferung des 17. Jahrhunderts bewahrenden, wenn auch kaum mehr führenden Dresdener Oper. Ferner wurden von großer Bedeutung die Erfindung des Porzellans durch Böttger und die Errichtung der Meißner Manufaktur. Das repräsentative Bauwesen und die einer verständnisvollen eigenen Initiative nicht entbehrende Förderung der Künste sind biographisch gesehen zwar nur Parallelen seines Bemühens um die Gunst schöner Frauen, ohne daß diese jedoch je einen bestimmenden Einfluß in politischer Hinsicht auf F. zu gewinnen vermocht hätten. Aber es trägt doch zur Abrundung des Bildes dieses Mannes, seines Wollens und seiner Leistung in vielbewegter Zeit ohne Zweifel bei. – Die maßvolle Toleranzpolitik auf konfessionellem Gebiete hat Beachtung und Resonanz in Deutschland gefunden.

  • Literatur

    ADB VII;
    C. Gurlitt, Aug. d. Starke, 2 Bde., 1924 (P);
    P. Haake, Aug. d. Starke, 1926;
    P. Haake, Christiane Eberhardine u. Aug. d. Starke, 1930;
    E. Haenel u. E. v. Watzdorf, Aug. d. Starke, 1933;
    R. Kötzschke u. H. Kretzschmar, Sächs. Gesch. II, 1935 (P);
    J. Gierowski, Ein preuß. Plan f. e. Staatsstreich in Polen 1715, in: Przeglad historyczny 50,4, Warschau 1959, S. 753-67;
    I. Becker-Glauch, in: MGG I, Sp. 841 f. (L).

  • Porträts

    Ölgem. v. L. de Silvestre u. a., Abb. in: Rave, u. J. L. Sponsel, Fürsten-Bildnisse a. d. Hause Wettin, 1906 (u. weitere P);
    Marmorbüste v. P. Heermann, Abb. ebd.;
    Stich v. J. Gole (Wien, Albertina).

  • Autor/in

    Hellmut Kretzschmar
  • Zitierweise

    Kretzschmar, Hellmut, "Friedrich August I." in: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 572-573 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118505084.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Friedrich August I., Kurfürst von Sachsen, als König von Polen August II., geboren den 12. Mai 1670, als jüngerer Sohn des Kurfürsten Johann Georgs III., ein Fürst von nicht gewöhnlichen Geistesgaben und einer herculischen Körperkraft, die ihm den Beinamen des Starken eingetragen hat, aber beide vergeudete er in unbändiger Sinnlichkeit, die schon auf der von ihm als Prinz unternommenen großen Cavaliertour durch Südeuropa in wilden Liebesabenteuern Befriedigung suchte. Durch den kinderlosen Tod seines Bruders, des Kurfürsten Johann Georgs IV., 1694 zur Regierung berufen, trat er|der großen Allianz gegen Frankteich bei, übernahm aber, um nicht unter dem Markgrafen von Baden dienen zu müssen, lieber den Oberbefehl gegen die Türken in Ungarn, legte denselben jedoch nach mehrfachen Beweisen seiner Unfähigkeit zum Feldherrn 1696 wieder nieder. Dagegen trieb ihn seine Eitelkeit, sowie das Beispiel Friedrichs III. von Brandenburg, der an der Erhebung Preußens zu einem Königreiche arbeitete, als Bewerber um den erledigten polnischen Thron aufzutreten. Das Hinderniß seines protestantischen Glaubens wurde beseitigt, indem er am 1. Juni 1697 zu Baden bei Wien unter Vermittlung seines Vetters Christian August zu Sachsen-Zeitz, Bischofs von Raab, zur katholischen Kirche übertrat, deren prächtiger Cultus, verbunden mit der laxen Moral der Jesuiten, ohnehin eine mächtige Anziehungskraft auf ihn übten, und obgleich die Majorität der Polen den Prinzen von Conti gewählt hatte, wurde F. von einer durch seinen Abgesandten v. Flemming gewonnenen Minorität als König proclamirt; F. eilte hierauf in Person herbei, ließ sich, nachdem er die demüthigenden Pacta conventa beschworen, zu Krakau am 5./15. September mit unermeßlicher Pracht krönen und verschaffte sich theils mit Hülfe sächsischer Truppen, theils durch Bestechungen nach und nach die allgemeine Anerkennung. Tiefe Trauer rief Friedrich Augusts Apostasie in Sachsen hervor. Seine ohnehin durch fortgesetzte Verletzungen der ehelichen Treue von ihm gekränkte Gemahlin Christiane Eberhardine (von Baireuth), eine eifrige Protestantin, weigerte sich anfangs den königlichen Titel anzunehmen und zog sich, alle Bekehrungsversuche von sich weisend, nach Pretzsch bei Wittenberg zurück, wo sie am 5. Sept. 1727 starb. Seinen Unterthanen gab zwar F. von Lobskowa am 27. Juli und von Krakau aus am 29. September die feierliche Erklärung, daß sein Glaubenswechsel ein rein persönlicher sei und ihre Gewissensfreiheit in keiner Weise angetastet werden solle; daß er sich aber in Wahrheit und bewußtermaßen zum Werkzeuge der katholischen Propaganda hergab, bewies zuerst seine Weisung an den sächsischen Gesandten am Reichstag, durch welche er den Protest gegen die ryswicker Clausel unwirksam machte, sodann die Ernennung des Fürsten von Fürstenberg, eines Katholiken und Ausländers, zum Statthalter von Sachsen zu dem doppelten Zwecke, die Ausbreitung des Katholicismus daselbst zu fördern und die der souveränen Willkür hinderlichen Schranken der Landesverfassung zu beseitigen. Der Einrichtung katholischen Gottesdienstes erst in Moritzburg, dann in Dresden selbst folgte die halb erzwungene Conversion des Kurprinzen, durch die Errichtung des Geheimen Cabinets wurde das alte Mitregiment der Stände in enge Grenzen gewiesen. Nicht minder verhängnißvoll wurde die polnische Krone dadurch, daß sie Friedrich Augusts Theilnahme am nordischen Kriege veranlaßte. Obgleich von der Abneigung der Polen gegen einen Angriff auf Schweden unterrichtet, schloß er, getrieben von dem eiteln und unreifen Wunsche, durch Eroberung von Livland sich auf seinem Throne zu befestigen und seine sächsischen Truppen, deren Entfernung der Reichstag verlangte, in Polen behalten zu können, am 11. 21. November 1699 als Kurfürst von Sachsen mit Czar Peter ein Bündniß gegen Schweden und versicherte sich der Neutralität Brandenburgs durch Anerkennung der preußischen Königswürde am 2. November 1700. Die Leichtfertigkeit, mit der sich F. in den Krieg stürzte, wurde nur durch den Unverstand übertroffen, mit dem er ihn führte. Die Verwahrlosung des sächsischen Heeres, der Leichtsinn des Königs, der auch durch die schwersten Unfälle sich nicht in seinen Orgien stören ließ, und gleichzeitig einen Theil seiner Truppen dem Kaiser zum Krieg gegen Frankreich vermiethete, die Weigerung der Polen, ihn in dem eigenmächtig unternommenen Kriege zu unterstützen und ihr begründeter Argwohn, daß F. sich des russischen Beistandes auch gegen die Freiheit Polens zu bedienen beabsichtige, machten einen unglücklichen Ausgang|unvermeidlich. Nach der Niederlage der Sachsen bei Clissow, 19. Juli 1702, wurde F. durch eine Generalconföderation am 14. Febr. 1704 des Thrones für verlustig erklärt; die Aushebung der Prinzen Sobieski zwischen Ohlau und Breslau befreite ihn zwar für den Augenblick von gefährlichen Prätendenten, aber am 2. Mai wurde seine Entthronung öffentlich bekannt gemacht, am 12. Juli Stanislaus Leszinski unter dem Schutz der schwedischen Waffen zum König gewählt und nur die Planlosigkeit, mit der Karl XII. den Krieg führte, gestattete ihm, sich auch nach der Niederlage bei Punitz, 7. November, noch in einem Theil von Polen zu behaupten. Einen Augenblick dachte der entmuthigte König an Verzicht auf den polnischen Thron, aber bald gelang es Patkul, dem Hauptanstifter des Kriegs, ihn beim Bunde mit Rußland festzuhalten, der November 1705 zu Grodno erneuert wurde. Doch ließ es F., des lästigen Mahners überdrüssig, unbeanstandet geschehen, daß Patkul, damals russischer Gesandter in Dresden, auf Anstiften seiner dortigen Feinde plötzlich verhaftet und auf den Königstein gebracht wurde. Der Einbruch Karls XII., der die Sachsen abermals bei Fraustadt am 13. Februar 1706 aufs Haupt geschlagen hatte, in sein Erbland nöthigte ihn endlich, im Frieden zu Altranstädt, 24. September, auf den polnischen Thron zu verzichten. Nachdem er sich dem Bereiche der über den Frieden erzürnten Russen entzogen, hatte er am 17. December mit dem Sieger eine persönliche Zusammenkunft zu Gunthersdorf, ohne eine Milderung der harten Bedingungen erreichen zu können; selbst die bedungene Auslieferung Patkul's wurde vollzogen. Gefühllos gegen das Elend seines Landes unterbrach F. selbst jetzt den Taumel seiner Vergnügungen nicht einen Augenblick. Nachdem er 9000 mit Gewalt zum Dienst gepreßte Landeskinder an die Seemächte vermiethet hatte, folgte er denselben 1708 in Person in die Niederlande, aber nur, um den Freuden des Feldlagers und den Genüssen Brüssels zu leben. Den Altranstädter Frieden aufrichtig zu halten, war F. nie gesonnen gewesen. Bereits am 28. Juni 1709 hatte er die Allianz mit Dänemark erneuert; die Schlacht bei Pultawa gab ihm den Muth, sich offen, in einem Manifest vom 8. October, von dem Frieden loszusagen; die Unterhändler desselben, Pfingsten und Imhoff, wurden wegen angeblicher Ueberschreitung ihrer Vollmacht zur Rechenschaft gezogen. An der Spitze seines Heeres zog F. zur Wiedereroberung des polnischen Thrones aus, erneuerte in Thorn persönlich das Bündniß mit dem Czaren, fiel, nachdem Karl XII. das Haager Concert verworfen hatte, in Schwedisch-Pommern ein und schloß mit Dänemark und Rußland einen Vertrag über die Theilung der schwedisch-deutschen Länder; aber auch die Früchte dieses Feldzuges gingen durch die in Polen ausbrechende Zerrüttung wieder verloren. Friedrich Augusts deutlich hervortretendes Streben, ein absolutes Regiment aufzurichten, entzündete daselbst 1715 einen erbitterten Kampf, der Czar warf sich zum Vertheidiger der adlichen Freiheit auf und um ferneren Vergewaltigungen vorzubeugen, mußte der König 1717 versprechen, nie mehr als 18000 Mann Truppen zu halten, die, unabhängig von ihm, nur unter dem Reichstage stehen sollten. Doch gab F. deshalb den Gedanken, die Erblichmachung des polnischen Thrones zu erreichen, nicht auf. Während er in Polen den Jesuiten freie Hand gegen die Dissidenten ließ, wie dies am grellsten bei dem sog. Thorner Blutbad hervortrat, suchte er auch den Kaiser durch das Versprechen der Garantie der pragmatischen Sanction zu gewinnen. Aber gewohnt, auch in der Politik nur ein frivoles Intriguenspiel zu sehen, ähnlich dem, wie es in den Liebesabenteuern seines Hofes gespielt wurde, unterhandelte er gleichzeitig auch mit den Gegnern des Kaisers und bot zuletzt sogar Preußen und Osterreich gegen Unterstützung der Erblichkeit eine Theilung Polens an, wonach jenes Polnisch-Preußen, einen Theil Großpolens und Kurlands, dieses die Zips erhalten sollte, aber diese|Pläne durchschnitt sein Tod. Nachdem er in Nachäffung der zu Berlin gesehenen Heerschau mit unsinniger Pracht 1730 das berühmte große Campement bei Zeithain und Mühlberg veranstaltet hatte, starb er am 1. Februar 1733 zu Warschau. Für Sachsen war Friedrich's Regierung in hohem Grade verderblich nicht blos durch die systematische Aussaugung des Landes, sondern ebensosehr durch die willkürlichen Eingriffe in die Verfassung und die Verderbtheit des Hoflebens. Die ungeheuren Summen, welche die Erwerbung und Behauptung der polnischen Krone, die unsinnige Pracht und Verschwendung des Hofes verschlang, mußten durch die bedenklichsten Finanzmaßregeln, selbst durch Verkauf oder Verpfändung von Gebietstheilen beschafft werden. Die Sitten der höheren Stände lockerten sich durch das Beispiel sinnlicher Ausschweifungen, welches der unablässig mit seinen Maitressen wechselnde König gab. Die Kessel, Aurora v. Königsmark, die Gräfin Esterle, die Türkin Fatime (Frau Spiegel), die Fürstin Lubomirska (Reichsfürstin von Teschen). die Cosel, die Duval, die Renard, die Tänzerin Duparc, die Dönhoff, Osterhausen, Dieskau u. a. erfreuten sich der Reihe nach seiner Gunst und gaben ihm eine Schaar natürlicher Kinder, während er von seiner Gemahlin nur einen Sohn, seinen Nachfolger, hatte. Dennoch hat F. A. durch die von ihm geübte Begünstigung der Künste seiner Regierung einen Mit- und Nachwelt blendenden Glanz verliehen. Wennschon er selbst ohne edleren Kunstsinn war, vielmehr in den Künsten nur die Mittel zur Erhöhung des Lebensgenusses und zur Befriedigung seiner Eitelkeit sah, unternahm er es. seine Residenz durch eine Reihe von Prachtbauten den von ihm bewunderten Hauptstädten des Südens ebenbürtig zu machen. Ein französisches Theater und eine italienische Oper wurden errichtet, die Dresdner Kapelle zählte bedeutende Künstler, das Leben am Hofe bildete eine fast nie abreißende Kette von glänzenden Festlichkeiten, an denen F. A., ein Feind langweiliger Etikette, auch das Volk theilnehmen zu lassen liebte; aber doch kann dieser Schimmer nicht täuschen über die tiefe Unsittlichkeit, welche den Grundzug seines privaten, wie öffentlichen Lebens bildet.

    • Literatur

      D. Faßmann, Glorwürdigstes Leben und Thaten Friedrich Augusts des Großen etc., Hamburg 1733, vermehrt von J. G. Horn, Frankfurt 1734. — (J. F. de Wolframsdorf)) Portrait de la Cour de Pologne (auch u. d. T. Charactères de la Cour de Saxe), Cologne 1739.
      Pöllnitz, La Saxe galante, erzählt romanhaft und unzuverlässig Friedrich Augusts Liebesaffairen. —
      F. Förster, Die Höfe und Cabinette Europas im achtzehnten Jahrhundert, 1839, 3. Band. — A. Theiner, Gesch. der Zurückkehr der Häuser Braunschweig und Sachsen in den Schooß der katholischen Kirche, 1843, womit zu vergl. W. G. Soldan, Dreißig Jahre des Proselytismus in Sachsen und Braunschweig, 1845.

  • Autor/in

    Flathe.
  • Zitierweise

    Flathe, Heinrich Theodor, "Friedrich August I." in: Allgemeine Deutsche Biographie 7 (1878), S. 781-784 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118505084.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA