Lebensdaten
1903 – 1963
Geburtsort
Schwientochlowitz (Oberschlesien)
Sterbeort
Bern
Beruf/Funktion
Wirtschaftspolitiker ; Diplomat
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 106753606 | OGND | VIAF: 66963884
Namensvarianten
  • Müller, Carl-Hermann (bis 1950)
  • Silens, Constantin (Pseudonym)
  • Mueller-Graaf, Carl-Hermann
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Zitierweise

Müller-Graaf, Carl-Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd106753606.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Karl Müller (1871–1934), Dr. med., prakt. Arzt u. Leiter d. Hüttenlazaretts in Sch.;
    M Anna Graaf (1879–1967);
    1935 Adelhaid T d. Karl Justi (1873–1949), Prof., Pathologe in Marburg, Tropenmediziner, Heimatforscher, u. d. Maria Külz (1880–1960);
    3 T;
    Gvv d. Ehefrau Ferdinand Justi (1837–1907), Orientalist (s. NDB X).

  • Biographie

    M. besuchte Gymnasien in Kattowitz, Naumburg/Saale und Königshütte. Er studierte Rechtswissenschaften in Gießen und Breslau, wo er das Staatsexamen (1926) und die Doktorprüfung (1927) ablegte. Danach war er Amtsgerichtsrat beim Berliner Kammergericht und trat 1931 als Referent in das Reichswirtschaftsministerium ein. 1940-42 bearbeitete er in der Handelspolitischen Abteilung des Auswärtigen Amts die Ungarn-Angelegenheiten. Zum Ministerialrat befördert, war M. seit 1942 beim Generalinspekteur für Wasser und Energie mit der Erdölwirtschaft und dem Ausbau der Wasserkraftwerke in Österreich befaßt. Nach einer Operation Anfang 1945 in Bern und monatelanger Rekonvaleszenz zog er sich bei Kriegsende nach Adelboden im Berner Oberland zurück; 1946-48 lebte er in Genf. 1946 erschien (damals unter d. Ps. „Constantin Silens“) M.s vielbeachtetes Buch „Irrweg und Umkehr, Betrachtungen über das Schicksal Deutschlands“ (wieder 1948). Auf der Suche nach Gründen für die Katastrophe Deutschlands schlug M. einen Bogen von Bismarcks Reichsgründung über den Imperialismus des wilhelminischen Deutschland bis zum Weltherrschaftsstreben Hitlers. Er forderte einen radikalen Neubeginn unter Besinnung auf das altpreuß. Erbe, wie es Ludwig v. Gerlach repräsentiert habe, auf einen christlichen Humanismus und die seit der Reichsgründung verschüttete Tradition des deutschen Föderalismus. Im Juli 1949 trat M. als Referatsleiter für Ost- und Südosteuropa bei der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebiets in Frankfurt/Main ein und wurde 1950 ins Bundesministerium für Wirtschaft übernommen. Hier leitete er die Unterabteilung Handelspolitik mit dem Ausland und war besonders mit der Herstellung der vollen Konvertierbarkeit der Währungen innerhalb der Europ. Zahlungsunion befaßt. M. übernahm die Delegationsleitung bei den Wirtschaftsverhandlungen mit Österreich, den Niederlanden, Belgien und der Schweiz. 1952 war er Delegationsmitglied bei den Wiedergutmachungsverhandlungen mit Israel und der Conference on Jewish Material Claims in Wassenaar, Der handelspolitische Teil des Vertrags, der die Ausfuhr jährlicher Warenkontingente nach Israel regelte, war M.s Werk. Anschließend führte er auf deutscher Seite den Vorsitz der deutsch-israel. Kommission zur Durchführung des Vertrags.

    Als im November 1953 – noch vor Aufnahme diplomatischer Beziehungen – eine Deutsche Wirtschaftsdelegation in Wien eingerichtet wurde, übernahm M. deren Leitung im Rang eines Gesandten. Mit Bundeskanzler Raab, mehr noch mit Außenminister Figl verband ihn ein Vertrauens- und Freundschaftsverhältnis. Es gelang ihm, eine atmosphärische, nach seiner Ernennung zum Botschafter am 21.12.1955 auch eine substantielle Verbesserung der deutsch-österr. Beziehungen herbeizuführen. Diese bedurften wegen der rechtlichen Folgen der Annexion Österreichs von 1938 und der im österr. Staatsvertrag 1955 getroffenen Regelungen über das deutsche Eigentum in Österreich einer grundlegenden Neuordnung. In jahrelangen Verhandlungen wurden Fragen des Staatsbürgerschaftsrechts (1956), des deutschen Reichs- und Privateigentums in Österreich (Vermögensvertrag 1957/58) und der Wiedergutmachung im deutsch-österr. Finanz- und Ausgleichsvertrag (Kreuznacher Abkommen 1961/62) geregelt, wobei die von den österr. Sozialisten 1959 unter Berufung auf das Anschlußverbot des Staatsvertrags geführte Kampagne gegen den Beitritt Österreichs zur EWG und die vom „linkskath.“ Flügel der Österr. Volkspartei, seit 1959 auch von Teilen der Sozialisten propagierte Abgrenzung einer „österr. Nation“ von der deutschen den Erfolg von M.s Mission zeitweilig zu gefährden drohten. Der Politik von Außenminister Bruno Kreisky, die die Teilung Deutschlands festschreiben wollte und eine Lösung der deutschen Frage allenfalls im Rahmen eines West- und Osteuropa einigenden liberalen Sozialismus für möglich hielt, trat M. entgegen. Im Juni 1961 übernahm er die Leitung der deutschen Vertretung bei der OECD in Paris.|

  • Auszeichnungen

    Gr. BVK mit Stern (1956).

  • Werke

    Weitere W Die rechtl. Natur d. Zwangsversteigerung, Diss. Breslau 1927;
    Die devisenrechtl. Beschränkung d. Kapitalverkehrs, in: Bank-Archiv 34,|1935, S. 235-73;
    Grundriß d. Devisenbewirtschaftung, 1938, ²1939;
    Demokratie ohne Demokraten, in: Dt. Rdsch. 75, 1949, S. 686-95;
    Die Rolle d. OECD in d. Wirtsch.pol. d. freien Welt, 1963 (Vortrag);
    weitere Aufsätze im Wirtschaftsteil d. FAZ 1950–53.

  • Literatur

    Irrweg u. Umkehr, in: Dt. Rdsch. 75, 1949, S. 280-85;
    W. Schulze, Dt. Gesch.wiss. nach 1945, 1989;
    M. Pape, in: Ostdt. Gedenktage 1993, 1992, S. 179-81 (W, P);
    ders., Die dt.-österr. Beziehungen zw. 1945 u. 1955, in: Hist.-pol. Mitt. 2, 1995, S. 149-72;
    N. Hansen, Eine peinl. Mission, Wien, 14. Mai 1955: Wider d. Enteignung dt. Vermögens durch d. österr. Staatsvertrag, ebd., S. 223-46.

  • Autor/in

    Matthias Pape
  • Zitierweise

    Pape, Matthias, "Müller-Graaf, Carl-Hermann" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 497-498 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd106753606.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA