Lebensdaten
1797 – 1861
Geburtsort
Nürnberg
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Zoologe ; Paläontologe
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 104136308 | OGND | VIAF: 100304276
Namensvarianten
  • Wagner, Johann Andreas
  • Wagner, Andreas
  • Wagner, Johann Andreas
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Wagner, Andreas, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd104136308.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Georg, Kastenknecht;
    M Christina Margaretha N. N.;
    Erlangen 1832 Augusta Sophia Henriette (* 1809), T d. Wolfgang Kluß, Schreinermeister u. d. Barbara N. N.;
    2 S (1 früh †) August Friedrich Gotthilf Heinrich (* 1840), in Weilheim (Schongau).

  • Biographie

    W. wurde 1809–14 an der neu gegründeten Real-Studien-Anstalt in Nürnberg unterrichtet, mit deren Direktor und späterem Universitätsprofessor, dem Naturhistoriker und Naturphilosophen Gotthilf Heinrich Schubert (1780–1860), ihn zeitlebens eine Freundschaft verband. W. studierte an den Universitäten in Würzburg und Halle/ Saale, seit 1816 in Erlangen Naturgeschichte und Kameralwissenschaften. Im Dez. 1823 legte er hier bei Schubert und dem Mathematiker Johann Wilhelm Andreas Pfaff (1774–1835) ein Examen ab, nach dem er bis 1826 als Gymnasiallehrer in Erlangen arbeitete. Auf Empfehlung Schuberts beendete er das durch Friedrich Heinrich Wilhelm Martini (1729–78) begonnene und durch Johann Hieronymus Chemnitz (1730–1800) fortgeführte „Neue systematische Conchylien-Cabinet“ (Bd. 12 / 1, 1829) unter Einbeziehung von Materialien der ksl. Naturaliensammlung in Wien und des Muséum d’Histoire Naturelle in Paris, wo er 1827 einen Studienaufenthalt verbrachte. Zusätzlich wurde W. im Aug. 1827 mit der Bearbeitung einer durch Johann Baptist Spix (1781–1826) hinterlassenen Sammlung brasilian. Schnecken und Muscheln (De nonnullis Testaceis Brasilianibus necdum cognitis) an der Univ. Erlangen zum Dr. phil. promoviert. Ende 1827 wurde er Gehilfe am Mineralienkabinett und hielt hier Vorlesungen zur Zoologie. Nach seiner Habilitation für Naturgeschichte und Zoologie 1829 unternahm er naturhistorische Exkursionen in Franken, bei denen er Mineralien, Gesteinsproben und Fossilien sammelte. Im Okt. 1832 wurde W. Adjunkt an der Zoologisch-Zootomischen Staatssammlung in München und 1849 2. Konservator. Seit 1833 war er ao. Professor und seit 1836 o. Professor für Zoologie an der Univ. München. Anläßlich der Überführung der „Petrefakten“ (Fossilien) in eine selbständige Paläontologische Staatssammlung 1843 wurde W. deren 1. Konservator. Seit den 1850er Jahren widmete er sich ganz der Paläontologie.

    Als im Anschluß an die systematischen Werke Linnés die regionalen Faunen, Floren und Erdoberflächen im Einzelnen beschrieben wurden, erarbeitete W. für Bayern die Grundlagen für Unterricht und Forschung in der Zoologie, Geologie und Paläontologie. Die Sammlungen der Universitäten in Erlangen, München und Würzburg bereicherte er, die Staatssammlungen in München wurden durch ihn maßgeblich aufgebaut. Durch Sammeln, Konservieren und Klassifizieren sowie Erstbeschreibungen der Objekte unter Einbeziehung der Bestände auswärtiger Museen schuf er 1835–55 systematische Werke, besonders zur Säugetier- und Vogelkunde. Mit seiner Bearbeitung von fossilen Säugetieren (Affen, Pferden u. a.) aus der mit Johannes R. Roth (1815–58) erschlossenen Fundstelle Pikermi in Griechenland erbrachte er wichtige Erkenntnisse zur Systematik.

    W.s Interpretationen geologischer und paläontologischer Phänomene in der Übersichtsdarstellung „Geschichte der Urwelt“ (1845, 2 Bde., 1857–58) waren geprägt durch seine tiefe Religiosität. Er versuchte nachzuweisen, daß selbst beobachtete geologische Gegebenheiten mit biblischen Aussagen zur Genesis zu vereinbaren seien. Diese Position vertrat W. ohne Erfolg im Materialismusstreit gegen den Naturwissenschaftler Hermann Burmeister (1807–92) und den Mediziner, Zoologen und Geologen Carl Vogt (1817–95). Die in seinen letzten Lebensjahren aufkommende Evolutionstheorie Darwins sowie die Theorie von der Veränderlichkeit der Arten lehnte W. ab; in Anlehnung an Georges Cuvier nahm er eine Theorie der unveränderlichen Typen an, die wie große erdgeschichtliche Umwälzungen durch übernatürliche schöpferische Kräfte zustande gekommen sein sollten. Dementsprechend weigerte er sich, einen der ersten Funde der Überreste eines Flugsauriers (Archaeopteryx species) als eine evolutive Übergangsform vom Reptil zum Vogel anzuerkennen, sondern betrachtete seinen „Griphosaurus“ als einen bis dahin unbekannten Typus eines Reptils mit Federn in seiner vielfach erörterten Publikation „Ein neues, angeblich mit Vogelfedern versehenes Reptil“ (SB d. kgl. bayer. Ak. d. Wiss. zu München 2, 1861, S. 146–54). Seine religiösen Prämissen beeinträchtigten jedoch nicht die Anerkennung|seiner sorgfältigen taxonomischen Arbeiten mit zahlreichen Erstbeschreibungen von rezenten und fossilen Tieren.

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. d. Bayer. Ak. d. Wiss. (ao. 1835, o. 1842), d. naturwiss. Gesellschaften in Erlangen, Nürnberg, Regensburg, Halle/ Saale u. Hamburg (1847), d. zool.-botan. Ver. in Wien (1853) u. d. Leopoldina (1857);
    Goldenes Rr.kreuz d. Erlöser-Ordens d. Kg. v. Griechenland (1848);
    Rr. d. bayer. Civil-Verdienst-Ordens v. Hl. Michael (1851);
    korr. Mitgl. d. Ac. of Natural Sciences of Philadelphia (1853) u. d. Ak. d. Wiss. in St. Petersburg (1856).

  • Werke

    Weitere W De animalium invertebratorum distributione commentatio, 1829 (Habil.schr.);
    Naturgesch. d. Thierreichs, 1831, ²1837, ³1853;
    Die Säugthiere in Abb. nach d. Natur u. mit Beschreibungen v. Johann Christian Daniel v. Schreber u. August Goldfuß, fortges. v. J. A. W., T. 5–7, 1835–46, Suppl.bd. 1–5, 1840–55;
    Gesch. d. Urwelt, mit bes. Berücksichtigung d. Menschenrassen u. d. mosaischen Schöpfungsber., 1845, erweitert auf 2 Bde. 1857–58;
    Die geogr. Verbreitung d. Säugthiere, 1.–3. Abtheilung, in: Abhh. d. math.-physikal. Classe d. kgl. Bayer. Ak. d. Wiss. 1844, Bd. 4, 1. Abtheilung, 1846, S. 1–146, 1845, Bd. 4, 2. Abtheilung, 1846, S. 37–108 u. 1846, Bd. 4, 3. Abtheilung, 1846, S. 3–114;
    Btrr. z. Kenntniß d. Säugthiere Amerikas, 1.– 3. Abtheilung, ebd. 1847, Bd. 5, 1. Abtheilung, 1850, S. 119–208, 1848, Bd. 5, 2. Abtheilung, 1850, S. 269–332 u. 1848, Bd. 5, 3. Abtheilung, 1850, S. 405–80;
    Urweltl. Säugthier-Ueberreste aus Griechenland, ebd. 1848, Bd. 5, 2. Abtheilung, 1850, S. 333–78;
    Die fossilen Knochenüberreste v. Pikermi in Griechenland …, ebd. 1854, Bd. 7, 2. Abtheilung, 1854, S. 371–464 (mit J. Roth);
    Neue Btrr. z. Kenntniß d. fossilen Säugthier-Ueberreste v. Pikermi, ebd. 1857, Bd. 8, 1. Abtheilung, 1860, S. 109–58;
    Monogr. d. fossilen Fische aus d. lithogr. Schiefern Bayerns, 1. Abtheilung, Plakoiden u. Pyknodonten, ebd. 1862, Bd. 9, 2. Abtheilung, 1863, S. 277–352;
    Monogr. d. fossilen Fische aus d. lithogr. Schiefern Bayerns, 2. Abtheilung, Ganoiden, ebd. 1862, Bd. 9, 3. Abtheilung, 1863, S. 611–748;
    Naturwiss. u. Bibel im Gegensatze z. d. Köhlerglauben d. Herrn Carl Vogt, als des wiedererstandenen u. aus d. Franz. ins Dt. übers. Bory, 1855;
    W-Verz.: A. Alaoui Soulimani, 2001, S. 529–58 (s. L).

  • Literatur

    |ADB 41;
    C. Fr. Ph. v. Martius, in: SB d. kgl. bayer. Ak. d. Wiss. z. München 2, 1862, S. 166–76;
    B. Hoppe, in: Die Ludwig-Maximilians-Univ. in ihren Fakultäten, hg. v. L. Boehm u. J. Spörl, Bd. 1, 1972, S. 354–89;
    R. Dehm, in: Jber. 1976 d. Gen.direktion d. staatl. naturwiss. Slgg. Bayerns, 1977, S. 44–52;
    E. J. Fittkau, in: Chron. d. zool. Staatsslg. München, 1992, S. 24–34;
    H. Mayr, in: Jber. 1992 u. Mitt. d. Freunde d. bayer. Staatsslg. f. Paläontol. u. hist. Geol. 21, 1993, S. 29–41;
    A. Alaoui Soulimani, Naturkde. unter d. Einfluss christl. Rel., J. A. W. 1797–1861, e. Leben f. d. Naturkde. in e. Zeit d. Wandlungen in Methode, Theorie u. Weltanschauung, Diss. Univ. München 2001;
    Pogg. II–III;
    Qu u. a. Archive d. Bayer. Ak. d. Wiss., München, u. d. Natural Hist. Mus., London;
    Niedersächs. Staats- u. Univ. bibl. Göttingen.

  • Autor/in

    Brigitte Hoppe
  • Zitierweise

    Hoppe, Brigitte, "Wagner, Andreas" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 226-227 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd104136308.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Wagner **)Zu Bd. XL, S. 519.: Johann Andreas W. wurde am 21. März 1797 als Sohn eines einfachen Bürgers in Nürnberg geboren. Nach Absolvirung der Realschule seiner Vaterstadt studirte er anfangs auf der Universität Würzburg, später in Erlangen Naturwissenschaften und widmete sich hauptsächlich dem Studium der Zoologie. Nachdem er 1826 promovirt, unternahm er eine Reise nach Paris, um die dort von Cuvier aufgespeicherten zoologischen Schätze kennen zu lernen. Nach seiner Rückkehr wurde er Privatdocent an der Universität Erlangen. Bald darauf veröffentlichte er sein erstes bedeutenderes Werk, die Beschreibung der von Spix und Martius in Brasilien gesammelten Süßwasserconchylien, „Testacea fluviatilia“ Monachii (1828). Darauf schrieb er die erste Hälfte des zwölften Bandes zu dem berühmten Conchylienwerke von Chemnitz|und Martini (1829). Da jedoch das Material, welches ihm in den Conchyliensammlungen Deutschlands zur Verfügung stand im Verhältniß zu denen des Auslandes nicht ausreichend war, so gab er die Fortsetzung dieses Werkes auf. Bald darauf erschien ein „Handbuch der Naturgeschichte“ (Kempten 1830), welches Anerkennung fand. Auch wagte es der junge Gelehrte in einer geognostischen Abhandlung über den Dolomit von Muggendorf (Isis 1831) gegen Leopold v. Buch aufzutreten, indem er dessen Hypothese von der Entstehung des Dolomits durch Sublimation der Magnesia bekämpfte. Am 22. October 1832 wurde W. als Professor und Adjunct des zoologischen Cabinets nach München berufen. Jetzt wandte er sich dem Gebiete zu, auf welchem er sich besonders große und bleibende Verdienste erworben hat, der Säugethierkunde und Ornithologie. Zunächst brachte er die von Schreber begonnene und von Goldfuß fortgeführte Naturgeschichte der Säugethiere zum Abschluß, indem er den schon vorhandenen 4 Bänden noch drei weitere folgen ließ und als Ergänzung, welche die Fortschritte der Wissenschaft erforderten, noch 5 Supplementbände hinzufügte. Ein wesentlicher Fortschritt gegen die ersten Bände lag darin, daß nach Cuvier's Vorgange auf die Skelettbildung Rücksicht genommen wurde. Dieses Werk zeugt von umfassender Kenntniß der Litteratur und außerordentlicher Gründlichkeit. Durch eine Reihe von kleineren monographischen Arbeiten hat W. die zoologische Systematik nicht unwesentlich gefördert. Dahin gehören namentlich: „Critische Revision der von Spix beschriebenen Affen" (Isis 1833); „Gruppirung der Gattungen der Nager“ (Archiv für Naturgeschichte 1841); „Diagnose neuer brasilianischer Säugethiere“ (Archiv für Naturgeschichte 1842); „Ueber die Stellung des Didus ineptus“ (Bull. Akad., München 1847); „Beiträge zur Kenntniß der Säugethiere Amerikas“ (Abhandlungen der bairischen Akademie 1847, 1848); „Die Faulthierarten“ (Bull. Akad., München 1850). Ferner hat W. auch bei der Bearbeitung der Säugethiere in Agassiz's Nomenclator zoologicus mitgewirkt und über die neuen Entdeckungen auf dem Gebiete der Säugethierkunde und Ornithologie in Troschel's Archiv für Naturgeschichte von 1839—1855 Bericht erstattet. Auch noch auf anderem Gebiete hat sich W. ausgezeichnet. Zu dem ihm unterstellten zoologischen Cabinet gehörte auch die paläontologische Sammlung. Hierdurch wurde er zum Studium der vorweltlichen Thiere geführt. Mit regem Eifer hat er selbst Ausgrabungen veranstaltet und in einer Reihe von Abhandlungen die vorweltlichen Thiere Baierns beschrieben und dadurch eine Grundlage für die bairische Paläontologie geschaffen. Ein größeres Werk auf diesem Gebiete ist „Die Geschichte der Urwelt“ (Leipzig 1841). Im Anschluß hieran sind seine Untersuchungen über die geognostische Verbreitung der Thiere zu erwähnen, welche er in den Abhandlungen der bairischen Akademie, Band XIX, 1846 niedergelegt hat. Den Standpunkt des wissenschaftlichen Forschers wußte W. mit dem eines streng gläubigen Christen zu vereinigen und trat namentlich gegen Burmeister und Karl Vogt auf: „Abweisung der vom Herrn Professor Burmeister zu Gunsten des geologisch vulkanischen Fortschrittes und zu Ungunsten der mosaischen Schöpfungsurkunden vorgebrachten Behauptungen“ (Leipzig 1845) und „Naturwissenschaft und Bibel im Gegensatze zu dem Köhlerglauben des Herrn Karl Vogt“ (Stuttgart 1855). Ein großes Verdienst erwarb sich W. auch durch die Vervollständigung und Nutzbarmachung der ihm untergestellten Sammlungen, die er mit unablässigem Eifer bis zu seinem Tode betrieb. Er starb am 17. December 1861.

  • Autor/in

    W. Heß.
  • Zitierweise

    Heß, Wilhelm, "Wagner, Andreas" in: Allgemeine Deutsche Biographie 41 (1896), S. 776-777 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd104136308.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA