Lebensdaten
1883 – 1953
Geburtsort
Lemberg (Galizien)
Sterbeort
Boston (USA)
Beruf/Funktion
Physiker ; Mathematiker
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 119161303 | OGND | VIAF: 56655074
Namensvarianten
  • Mises, Richard Edler von
  • Von Mises, Richard
  • De Misès, Richard
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Mises, Richard Edler von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119161303.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    B Ludwig (s. 1);
    1943 Hilda (1893–1973, 1] Felix Pollaczek, * 1892, Prof. d. Math.), Prof. d. Math. in Berlin 1933, Istanbul 1934-39 u. an mehreren amerikan. Universitäten (s. BHdE II), T d. Ludwig Geiringer (* 1858), Inh. e. Baumwollwarenfabrik in Mähr.-Krumau, u. d. Martha Wertheimer (* 1869); Schwager Karl Geiringer (1899-1989), Musikwissenschaftler (s. Riemann mit Erg.bd.; MGG; BHdE II).

  • Biographie

    M. besuchte die Volksschule in Wien und seit 1893 das dortige Akademische Gymnasium, das er 1901 mit ausgezeichneten Leistungen in Mathematik und Latein abschloß. Anschließend studierte er Maschinenbau an der TH Wien. Anfang 1906 ging er unmittelbar nach Ablegung der zweiten Staatsprüfung für Ingenieure als Assistent von Georg Hamel an die Deutsche TH Brünn. Mit einer Arbeit zur „Ermittlung der Schwungmassen im Schubkurbelgetriebe“ promovierte er 1908 an der TH Wien. Noch im selben Jahr habilitierte er sich in Brünn mit seiner „Theorie der Wasserräder“ und wurde Honorardozent für Maschinenwesen. Daneben arbeitete er als Ingenieur in einem Unternehmen. 1909|übernahm er die ao. Professur H. E. Timerdings für angewandte Mathematik an der Univ. Straßburg. Bei Kriegsausbruch meldete M. sich freiwillig zu den k. u. k. Fliegertruppen, kam aber nur kurz als Pilot zum Einsatz; überwiegend war er mit organisatorischen Aufgaben betraut, hielt Vorlesungen über Fluglehre für Offiziere und leitete Konstruktion und Bau eines Großflugzeugs. Nach dem Krieg mußte M. Straßburg verlassen. Er erhielt einen Lehrauftrag für angewandte Mathematik, insbesondere für Flugwesen, an der Univ. Frankfurt/Main, bevor er 1919 dem Ruf auf den neuen Lehrstuhl für Festigkeitslehre, Hydro- und Aerodynamik der TH Dresden folgte. Seine größte Wirkung entfaltete M. an der Berliner Universität, wohin er 1920 als persönlicher Ordinarius und Direktor des neugegründeten Instituts für Angewandte Mathematik berufen wurde. Auf die Entwicklung seines Faches nahm er nicht nur durch die Organisation des Studiums Einfluß, sondern auch als Herausgeber der von ihm gegründeten Zeitschrift für angewandte Mathematik und Mechanik (1921–33) und geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Gesellschaft für angewandte Mathematik und Mechanik (1922–33). Ebenfalls in seiner Berliner Zeit gab er zusammen mit Philipp Frank ein zum Standardwerk gewordenes Buch über Differential- und Integralgleichungen heraus, für das er selbst mehrere Kapitel verfaßte. Angesichts der politischen Lage nahm M. 1933 den Ruf auf eine Professur für reine und angewandte Mathematik, verbunden mit der Leitung des mathematischen Instituts der Univ. Istanbul, an. 1939 ging er in die USA, wo er an der School for Engineering der Harvard University in Cambridge, Massachusetts, anfangs als Lecturer, später als Associate Professor und seit 1944 als Gordon McKay Professor of Aerodynamics and Applied Mathematics wirkte.

    M. war einer der bedeutendsten angewandten Mathematiker des 20. Jahrhunderts; er lieferte zu fast allen Teilgebieten wichtige Beiträge. Seine über 150 wissenschaftlichen Veröffentlichungen betreffen daneben jedoch auch andere Gebiete wie Literatur und Philosophie. Der Schwerpunkt seiner Forschungen verlagerte sich im Laufe der Zeit von technischen Problemen, etwa der Hydromechanik, hin zu den zugrundeliegenden mathematischen Fragestellungen. Früh schon wandte er sich auch an einen allgemein interessierten Leserkreis. Der Einfluß und die Aktualität seiner Schriften zeigt sich an den zahlreichen, z. T. noch nach Jahrzehnten kaum veränderten Auflagen und Übersetzungen. In seinem ursprünglichen Arbeitsgebiet der Ingenieurwissenschaft und Mechanik lieferte er wichtige Beiträge zur Festigkeits- und Strömungslehre, hier vor allem zur Theorie der Tragflügelprofile und Grenzschichten, sowie zur Elastizitäts- und Plastizitätstheorie, wo die von ihm 1913 aufgestellte Fließbedingung noch heute verwandt wird. In der Mathematik ragt seine häufigkeitstheoretische Grundlegung der Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik heraus. Als fruchtbar erwiesen sich auch seine Untersuchungen zu den statistischen Funktionalen. Daneben finden sich Arbeiten zur Numerik, der konstruktiven Geometrie und der Analysis. Seine philosophische Haltung ist von Ernst Mach und dem Wiener Kreis geprägt, deren Mitgliedern er zum Teil auch persönlich nahestand. Zu Leben und Werk Rainer Maria Rilkes besaß er die größte zeitgenössische Privatsammlung.

  • Werke

    Die Ermittlung d. Schwungmassen im Schubkurbelgetriebe (Diss.), in: Zs. d. Österr. Ingenieur- u. Architekten-Ver. 58, 1906, S. 577-82, 589-94, 606-10;
    Theorie d. Wasserräder, in: Zs. f. Math. u. Physik 57, 1909, S. 1-120;
    Dynam. Probleme d. Maschinenlehre, in Enc. d. math. Wiss. IV, 2. Teilbd., 1911, Art. 10, S. 153-355;
    Mechanik d. festen Körper im plast.-deformablen Zustand, in: Nachrr. v. d. Kgl. Ges. d. Wiss. zu Göttingen, Math.-physikal. Kl., ausd. J. 1913, S. 582-92;
    Zur Theorie d. Tragflächenauftriebes, 1. Mitt., in: Zs. f. Flugtechnik u. Motorluftschiffahrt 8, 1917, S. 157-63;
    2. Mitt., ebd. 11, 1920, S. 68-73, 87-89;
    Fluglehre, Vorträge üb. Theorie u. Berechnung d. Flugzeuge in elementarer Darstellung, 1918, ⁷1957 (engl. 1945, 1959;
    poln. 1929;
    russ. 1926);
    Grundlagen d. Wahrscheinlichkeitsrechnung, in: Math. Zs. 5, 1919, S. 52-99, Berichtigung dazu, ebd. 7, 1920, S. 323;
    Über d. Aufgaben u. Ziele d. angew. Math., in: Zs. f. angew. Math. u. Mechanik 1, 1921, S. 1-15;
    Mechanik d. plast. Formänderung v. Kristallen, ebd. 8, 1928, S. 161-85;
    Prakt. Verfahren d. Gleichungsauflösung (1), ebd. 9, 1929, S. 58-77, 152-64 (mit Hilda Pollaczek-Geiringer);
    Wahrscheinlichkeit, Statistik u. Wahrheit, 1928, ⁴1972 (engl. 1939, ²1957;
    span. 1946;
    russ. 1930);
    Vorlesungen aus d. Gebiete d. Angew. Math., I: Wahrscheinlichkeitsrechnung u. ihre Anwendung in d. Statistik u. theoret. Physik, 1931, Nachdr. 1945;
    Kl. Lehrbuch d. Positivismus, Einf. in d. empirist. Wiss.auffassung, 1939 (engl. 1951, ²1968);
    On the Asymptotic Distributions of Differentiable Statistical Functions, in: Annals of Mathematical Statistics 18, 1947, S. 309-48;
    Selected Papers of R. v. M., I: Geometry, Mechanics, Analysis, hrsg. v. Ph. Frank u. a., 1963;
    II: Probability and Statistics, General, 1964 (W-Verz.);
    Fluid Dynamics (mit K. O. Friedrichs), 1971. – Hrsg.: Die Differential- u. Integralgleichungen d. Mechanik u. Physik, 1. (math.) T., unter Mitwirkung v. L. Bieberbach, C. Carathéodory, R. Courant, K. Löwner, H. Rademacher, E. Rothe, G. Szegö, 1925, 2. T., 1927, ²1930/35 (Nachdr.), ³1945. |

  • Nachlass

    Nachlaß: Harvard University Archives.

  • Literatur

    A. Basch, in: Österr. Ingenieur-Archiv 7, 1953, S. 73-76 (P);
    H. Bernhardt, Zum Leben u. Wirken d. Mathematikers R. v. M., in: NTM – Schriftenreihe f. Gesch. d. Naturwiss., Technik u. Med. 16 (2), 1979, S. 40-49;
    dies., R. v. M. u. sein Btr. z. Grundlegung d. Wahrscheinlichkeitsrechnung im 20. Jh., Diss. Berlin 1984 (W);
    K.-R. Biermann, Die Math. u. ihre Dozenten an d. Berliner Univ. 1810-1933, 1988 (P);
    G. Birkhoff, R. v. M. – Years at Harvard, in: Zs. f. angew. Math. u. Mechanik 63, 1983, S. 283 f.;
    L. Collatz, R. v. M. als numer. Mathematiker, ebd., S. 278-80;
    G. S. S. Ludford, Mechanics in the Applied-Mathematical World of v. M., ebd., S. 281 f.;
    G. Birkhoff, G. Kuerti, G. Szegö (Hrsg.), Studies in Mathematics and Mechanics, Presented to R. v. M. by Friends, Colleagues, and Pupils, 1954 (W-Verz., P);
    Ph. Frank, The Work of R. v. M., 1883-1953, in: Science 119, 1954, S. 823 f.;
    S. Goldstein, R. v. M. 1883-1953, in: Selected Papers I (s. W), S. IX-XIV;
    Zur Wahrscheinlichkeitstheorie:
    H. Cramer, R. v. M. – Work in Probability and Statistics, in: Annals of Mathematical Statistics 24, 1953, S. 657-62 (W);
    K. Dörge, Eine Axiomatisierung d. v. M.schen Wahrscheinlichkeitstheorie, in: Jb. d. Dt. Mathematiker-Vereinigung 43, 1934, S. 39-47;
    D. V. Lindley, R. v. M. (edited and complemented by Hilda Geiringer), Mathematical Theory of Probability and Statistics, 1964 (Rez.), in: Annals of Mathematical Statistics 37, 1966, S. 747-54;
    P. Martin-Löf. The Literature on v. M.s Kollektivs Revisited, in: Theoria 35, 1969, S. 12-37;
    A. Wald, Die Widerspruchsfreiheit d. Kollektivbegriffes, in: Actualités scientifiques et industrielles 735, 1938, S. 79-99;
    H. Bernhardt, Der Berliner Mathematiker R. v. M. u. sein Wahrscheinlichkeitstheoret. Konzept, in: Wiss. Zs. d. Humboldt-Univ. zu Berlin, R. Math./Naturwiss., 39, 1990, S. 205-09;
    Pogg. V-VII a;
    Encyclopedia of Statistical Sciences IX, 1988, S. 502-05. – Eigene Archivstud.

  • Porträts

    Phot. in: Zs. f. angew. Math. u. Mechanik 63, 1983, S. 277;
    Jb. d. Dt. Mathematiker-Vereinigung 71, 1969, S. 183.

  • Autor/in

    Karl Märker
  • Zitierweise

    Märker, Karl, "Mises, Richard Edler von" in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 564-566 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119161303.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA