Lebensdaten
1877 – 1927
Geburtsort
Kleinvarchow, Kreis Waren (Mecklenburg)
Sterbeort
bei Schleiz
Beruf/Funktion
Diplomat ; deutscher Botschafter
Konfession
reformiert?
Normdaten
GND: 119062569 | OGND | VIAF: 59885890
Namensvarianten
  • Maltzahn, Ago Freiherr von
  • Maltzahn, Adolf Georg Otto Freiherr von
  • Maltzan, Adolf Georg Otto Freiherr von
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Zitierweise

Maltzan, Ago Freiherr von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119062569.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ulrich (1846–1931), auf Großenluckow, S d. Adolf (1809–91), auf Großenluckow, u. d. Luise v. Treuenfels;
    M Adelheid (1857–1924), T d. Hermann Bierbaum, auf Rosnowo, u. d. Maria v. Bötticher;
    Magdeburg 1914 Edith (1886–1976), T d. Industriellen Hermann Gruson (1855–1938) u. d. Carola Martin;
    Gvv d. Ehefrau Hermann Gruson (1821–95), Industrieller (s. NDB VII);
    1 T Edith ( 2] Berthold v. Bohlen u. Halbach, * 1913, Vorstandsmitgl. d. Wasag-Chemie AG).

  • Biographie

    M. studierte Rechtswissenschaft, war zunächst im preuß. Justizdienst tätig und wechselte 1906 in den diplomatischen Dienst des Reiches über. 1911/12 war er Legationssekretär an der Botschaft in St. Petersburg, dann bis 1917 in Peking, wo er zeitweise als Geschäftsträger fungierte. Als China 1917 unter dem Druck der Alliierten Deutschland den Krieg erklärte, kehrte M. nach Deutschland zurück und war dann bis zum Sommer 1919 Legationsrat in Den Haag unter dem Gesandten Friedrich Rosen, dem späteren Außenminister. Als das Auswärtige Amt umorganisiert wurde, übernahm M. als Vortragender Rat die Leitung des Rußlandreferats innerhalb der neugebildeten Ostabteilung. Während des russ. Bürgerkriegs stand er zunächst auf seiten der Weißen. Da deren Stern zu sinken begann, hielt M. – nachweisbar seit Januar 1920 – einen Modus vivendi mit dem bolschewistischen Regime für erforderlich. Er wurde nun zum konsequentesten Befürworter einer „Ostorientierung“ innerhalb der deutschen Regierung. Er riet zunächst zu Anknüpfungen in der Frage der gegenseitigen Repatriierung der Kriegsgefangenen. Als sich auch das Bedürfnis nach Wiederbelebung der Wirtschaftsbeziehungen regte, führte er auf deutscher Seite die Verhandlungen mit Rußland, die am 6.5.1921 zum Abschluß eines Abkommens über die gegenseitige Anerkennung von Handelsvertretungen führten. Im Oktober drohte sein Einfluß auf die deutsche Rußlandpolitik jäh zu enden, als er zum deutschen Gesandten in Athen ernannt wurde. Da jedoch damals das Kabinett Wirth zurücktrat, kam es nicht mehr zu dieser „Kaltstellung“. Das neue Kabinett, in dem Wirth wieder Reichskanzler und zugleich Außenminister war, schien einen neuen Weg in der Rußlandpolitik gehen zu wollen. M. kehrte ins Auswärtige Amt zurück und wurde im Dezember 1921 als Ministerialdirektor Leiter der Ostabteilung. Er hatte nun freie Hand, das Wirtschaftsabkommen vom 6.5.1921 zu einem politischen Vertrag auszubauen. Dafür besaß er die Rückendeckung des Reichskanzlers. Ziel sollte sein, aus der Sackgasse der „Erfüllungspolitik“ mit dem Westen durch einen Ausbruch nach dem Osten herauszukommen. M. ergriff Anfang Januar 1922 die Initiative zu Besprechungen mit Karl Radek, die trotz der Ernennung des westlich orientierten Rathenau zum Außenminister (31.1.1922) fortgesetzt wurden. Es kam zu einer vorläufigen prinzipiellen Einigung über die Hauptstreitpunkte, besonders den Syndikatsplan Lloyd Georges für Rußland: Deutschland versprach, sich daran nicht zu beteiligen; Rußland verzichtete im Gegenzug auf die Anwendung des § 116 des Versailler Vertrags, der ihm Reparationsansprüche an Deutschland vorbehalten hatte. Der Widerstand Rathenaus verhinderte indes eine vertragliche Fixierung, die erst – unter teilweise dramatischen Umständen – während der internationalen Konferenz von Genua am 16.4.1922 in Rapallo erfolgte. M. kann als der Architekt dieses vielbeachteten deutsch-russischen Vertrags gelten, der die deutsche Außenpolitik aus ihrer Isolierung herausführte.

    Im Dezember 1922 wurde M. Staatssekretär des Auswärtigen Amtes. Zwei Jahre später, im Dezember 1924, bekam er den Botschafterposten in Washington, wo er mithalf, den Umschwung zu einer deutschfreundlichen Stimmung in die Wege zu leiten. Er kam 1927 bei einem Flugzeugunglück bei Schleiz – erst 50jährig – ums Leben. – Der engl. Botschafter Lord d'Abernon hat M. den „vielleicht klügsten“ unter den Männern genannt, die seit dem Krieg im Auswärtigen Amt tätig waren. In Deutschland wurde er vielfach angefeindet und wegen seiner Verbindungen zur SPD und zum bolschewistischen Regime als der „rote Baron“ bezeichnet. Er selbst betrachtete sich gern als Schüler des Staatssekretärs Kiderlen-Waechter. Tatsächlich war er ein Realpolitiker, der die Ostorientierung Deutschlands frei von ideologischen Einflüssen angebahnt und durchgesetzt hat.

  • Literatur

    H. Helbig, Die Träger d. Rapallo-Pol., 1958;
    T. Schieder, Die Entstehungsgesch. d. Rapallo-Vertrags, in: HZ 204, 1967, S. 545-609;
    H. G. Linke, Dt.-Sowjet. Beziehungen bis Rapallo, 1970;
    H. Pogge-von Strandmann, Rapallo - Strategy in Preventive Diplomacy. New Sources and New Interpretations, in: The Age of Total War, ed. V. R. Berghahn u. M. Kitchen, 1981, S. 123-46;
    Akten z. dt. auswärtigen Pol., Serie A, Bd. 1 ff.;
    1982 ff., Serie B, Bd. 1-6, 1966-74.

  • Porträts

    Phot. in: G. Stresemann, Vermächtnis III, 1933, zw. S. 480/81.

  • Autor/in

    Winfried Baumgart
  • Zitierweise

    Baumgart, Winfried, "Maltzan, Ago Freiherr von" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 743-744 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119062569.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA